Protokoll der Sitzung vom 29.03.2007

Ich rufe auf:

10 Transparenz im Strommarkt herstellen

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/4020

Eine Beratung ist heute nicht vorgesehen. Die Beratung soll nach Vorlage der Beschlussempfehlung des Ausschusses erfolgen.

Wir kommen deshalb unmittelbar zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/4020 an den Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie. Wer ist für diese Überweisung? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist diese Überweisung einstimmig angenommen.

Ich rufe auf:

11 Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Nordrhein-Westfalen (ÖPNVG NRW)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 14/3976

erste Lesung

Zur Einbringung des Gesetzentwurfs erteile ich vonseiten der Landesregierung Herrn Minister Wittke das Wort, der, sobald er sein Manuskript gefunden hat, am Pult ist. – Bitte schön, Herr Minister.

Vielen Dank, Herr Präsident! Sie sollten immer mit der Schnelligkeit dieser Landesregierung rechnen.

(Martin Börschel [SPD]: Da kann man sich aber ordentlich verrechnen!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Rahmenbedingungen für den öffentlichen Personennahverkehr und insbesondere seine Finanzierung haben sich in den vergangenen Monaten weitreichend geändert.

Die gewichtigste Änderung …

(Martin Börschel [SPD]: Nicht so schnell!)

Kommen Sie nicht mit? – Sie müssen sich an das Tempo dieser Landesregierung gewöhnen. Das ist nicht mehr gemächlich, sondern etwas schneller.

(Beifall von CDU und FDP – Martin Börschel [SPD]: Sie reden zu schnell!)

Die gewichtigste Änderung ist die gegen die Stimmen Nordrhein-Westfalens im Bundesratsverfahren vollzogene Kürzung der Regionalisierungsmittel. Wir, Landesregierung und Landtag, müssen durch die Änderung des ÖPNV-Gesetzes Nordrhein-Westfalen die notwendigen Konsequenzen ziehen.

Zielrichtung der Änderung ist es, den veränderten Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen und sie als Chance zu nutzen, um erstens die Effizienz des Einsatz der für den ÖPNV verbleibenden Mittel zu steigern, um zweitens die Organisation des Nahverkehrssektors zu verschlanken und zu dezentralisieren und um schließlich drittens das Finanzierungssystem zu entbürokratisieren und zu deregulieren.

Ich will die vorgesehenen gesetzlichen Änderungen wie folgt zusammenfassen.

Erstens: Organisationen im SPNV. Die drei Kooperationsräume sind die künftigen Aufgabenträger für den Schienenpersonennahverkehr. Sie

werden von den Kreisen, kreisfreien Städten oder den bestehenden Zweckverbänden als Zweckverbände oder gemeinsame Anstalten öffentlichen Rechts gegründet. Die Organisationen lösen für die Förderung von Investitionen im besonderen Landesinteresse die fünf Bezirksregierungen als zuständige Bewilligungsbehörden ab. Das heißt, die Zuständigkeit wird damit auf drei kommunale Träger konzentriert.

Zweitens: SPNV-Netz im besonderen Landesinteresse. Das Land wird ein Netz von SPNV-Linien und -Haltestellen, Taktfolge und Bedienungsqualität festlegen. Zu diesem Landes- oder Kernnetz sollen hauptsächlich überregionale, für die Erschließung des Landes bedeutende SPNVAngebote gehören. Konkret wird es hauptsächlich um die Linien des RegionalExpress-Systems in Nordrhein-Westfalen gehen. Die Finanzierung dieses Netzes hat absoluten Vorrang. Die Festlegung erfolgt im Einvernehmen mit den SPNVAufgabenträgern und dem Verkehrsausschuss des Landtags.

Drittens: Pauschalierung der ÖPNV-Förderung. Die bisherige ÖPNV-Förderung wird pauschaliert. Das heißt, wir reduzieren einerseits die Zahl der Förderprogramme, erweitern andererseits aber die Gestaltungsfreiheit der kommunalen Träger bei der Verwendung der Mittel. Die Pauschalen gliedern sich in eine SPNV-Pauschale in Höhe von 800 Millionen €, eine ÖPNV-Pauschale in Höhe von zunächst 110 Millionen € und ab 2012 sogar 240 Millionen € und in eine Investitionspauschale in Höhe von 150 Millionen € auf.

Viertens: Investitionen in besonderem Landesinteresse. Auch künftig wird das Land besonders bedeutende Investitionsmaßnahmen fördern. Hierzu gehören Großvorhaben wie etwa der Stadtbahnbau, die Modernisierung von Großbahnhöfen und die Investitionen zur Förderung neuer Technologien.

Die Umsetzung der vorgesehenen Regelungen bedarf natürlich der Vorarbeiten vor Ort. Sie müssen kurzfristig aufgenommen werden, wenn die Umstellung des Systems zum 1. Januar 2008 greifen soll. Deshalb wäre es hilfreich, wenn das Gesetz zügig, das heißt noch vor der Sommerpause, verabschiedet werden könnte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, lassen Sie mich aus aktuellem Anlass eine weitere Bemerkung machen. Wir wissen, dass die Decke bei der Ausfinanzierung von ÖPNV und SPNV in NordrheinWestfalen kurz wird. Wir wissen genauso, dass

das auf Kürzungen auf Bundesebene zurückzuführen ist.

Ich will noch einmal das Gleiche sagen wie im vergangenen Jahr, als es in einigen Verkehrsverbünden zu Tariferhöhungen kam, die ich nicht nachvollziehen konnte: Es ist wenig kreativ, auf weniger Mittel mit Streckenstilllegungen, Leistungskürzungen oder Fahrgelderhöhungen zu reagieren.

(Beifall von der CDU)

Deshalb appelliere ich an dieser Stelle noch einmal an die Nahverkehrsverbünde in unserem Land: Nutzen Sie schon im Vorgriff die neuen Möglichkeiten zu mehr Flexibilität und zu mehr Freiheit vor Ort. Achten Sie darauf, zunächst einmal Potenziale im eigenen Laden zu nutzen, bevor Sie Fahrpreiserhöhungen auf die Fahrgäste abwälzen.

(Vorsitz: Vizepräsidentin Angela Freimuth)

Ich bin mir sicher, es wird zwar ein steiniger, aber ein gangbarer Weg werden. Dafür setzen wir mit unserem neuen ÖPNV-Gesetz wichtige Maßstäbe. Dafür schaffen wir unserem neuen ÖPNVGesetz eine wichtige Grundlage. Ich freue mich auf die Beratungen der nächsten Wochen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Als nächster Redner hat Herr Kollege Wißen von der SPD-Fraktion das Wort.

(Minister Oliver Wittke: Da war ich schneller als Sie, Herr Kollege!)

Ich habe es auch im Rücken.

(Minister Oliver Wittke: Ist das mangelndes Rückgrat?)

Herr Minister, diese Auseinandersetzung führen wir hier nicht.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bekanntermaßen gibt es verschiedene Ereignisse, die etwa neun Monate dauern. Das gilt zum Beispiel für die Schwangerschaft und die sich anschließende Geburt eines Menschen. An dieser Stelle spreche ich herzliche Glückwünsche an den Kollegen Thomas Kutschaty aus, der vor wenigen Tagen Vater geworden ist.

(Beifall)

Zu den weniger erfreulichen Dingen, die in diesen Tagen über uns kommen und auch etwa neun Monate gedauert haben, zählt der uns hier vorgelegte Gesetzentwurf der schwarz geführten Landesregierung.

(Heiterkeit – Wolfram Kuschke [SPD]: Ele- fanten brauchen länger!)

Neun Monate sind zwischen der öffentlichen Ankündigung des Verkehrsministers und dem nun vorliegenden Gesetzentwurf zum Nahverkehr in Nordrhein-Westfalen vergangen. Dies dürfte eigentlich genug Zeit für einen ausgewogenen und sachgerechten Gesetzentwurf gewesen sein. Das Ergebnis ist aber mehr als enttäuschend. Das gilt selbst dann, wenn man die eigenen Ziele von Schwarz-Gelb zugrunde legt.

Sprach Minister Wittke im Juni 2006 noch von einer umfangreichen Struktur- und Finanzreform für den Nahverkehr und formulierte sogar symbolische Schlagworte wie „mehr Verantwortlichkeit, mehr Freiheit, mehr Entscheidungsmöglichkeiten vor Ort“, so wissen wir heute, dass diese Landesregierung und dieser Minister wieder einmal nur angekündigt haben. Keines der selbst gesetzten Ziele wurde erreicht.

Aber nein, in einer Weise hat Schwarz-Gelb gehandelt. Diese Landesregierung kürzt zum Schaden von uns Pendlerinnen und Pendlern im nordrhein-westfälischen Nahverkehr. Die schwarz geführte Landesregierung versteckt ihre Kürzung der Schülerbeförderungskosten um 48 Millionen € und die Reduzierung der Bundesmittel in Pauschalen und glaubt auch noch, dass dies niemand merkt. Diese schwarz geführte Landesregierung ist nicht bereit, so zu handeln wie andere schwarz geführte Landesregierungen, etwa in Bayern und Hessen. Herr Wittke, ich fordere Sie zum wiederholten Male auf: Nehmen Sie sich ein Beispiel an den dortigen Kollegen!

Schon 10 % des Landesanteils an der Mehrwertsteuererhöhung würden ausreichen, um die Kürzungen aufzufangen, rechnet uns der VRR vor.

Was nützen andere Verteilungsmöglichkeiten, wenn dass, was zu verteilen ist, immer weniger wird? Dieser Gesetzentwurf ist ein Negativbeispiel dafür, dass die auch aus Klimaschutzzielen bewährte Vorrangpolitik für den öffentlichen Nahverkehr von dieser Landesregierung aufgegeben wurde.

Sehr geehrte Damen und Herren, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden

1. das Nahverkehrsangebot für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land reduziert,

2. Fahrpreiserhöhungen der Verkehrsunternehmen willentlich in Kauf genommen – Herr Minister, dass war übrigens gerade ein ziemlich hilfloser Einwand –,