Protokoll der Sitzung vom 29.03.2007

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Sahnen, jetzt sage ich Ihnen einmal, was Sie übernommen haben und was Sie damit gemacht haben! Sie beziehen sich ja immer auf lange Zeiträume, meistens auf 39 Jahre. Ich beziehe mich jetzt einmal darauf, was Sie sich in 22 Monaten geleistet haben.

Sie haben ein Wohnungsbauförderungsvermögen in Höhe von 980 Millionen € übernommen. Sie haben dieses Vermögen bis heute auf 940 Millionen € heruntergefahren und demnächst auf 900 Millionen €. Sie haben also das Wohnungsbauvermögen in 22 Monaten um 80 Millionen € reduziert. Das war Ihre Leistung in den letzten 22 Monaten!

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Zweiter Punkt: Sie zweckentfremden 70 Millionen € dieser Mittel. Das wissen Sie genau. Sie leisten 25 Millionen € Zinszahlungen an den Bund, die bisher vom Landeshaushalt geleistet wurden. Sie weisen für die Komplementärfinanzierung 24 Millionen € aus, die nicht veranschlagt sind.

Drittens weisen Sie dem Grundstücksfonds 22 Millionen € zu.

Das sind insgesamt 70 Millionen €, die Sie zweckentfremdet verwenden. Auch das ist eine große Leistung in 22 Monaten.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Völlig klar ist doch, dass das die Werthaltigkeit des Wohnungsförderungsvermögens – ich sage es ausdrücklich vorsichtig – beeinflusst. Deshalb ist der Antrag der Grünen richtig, wenn sie fordern, dass die Werthaltigkeit des Wohnungsbauförderungsvermögens neu geprüft werden muss. Diese Forderung ist völlig logisch und konsequent, weil das Wohnungsbauförderungsvermögen als haftendes Eigenkapital der NRW.BANK selbstverständlich dahin gehend geprüft werden muss, welche Werthaltigkeit dieses haftende Eigenkapital der NRW.BANK hat. Das ist eine Verpflichtung, der eigentlich alle Fraktionen in diesem Hause zustimmen sollten.

Den Gesetzentwurf der Landesregierung lehnen wir natürlich ab, weil er weitere Zweckentfremdungen des Wohnungsbauförderungsvermögens festschreibt. Das ist nicht mehr zu tolerieren. Wohnungsbauförderungsmittel sind dafür da, die Wohnungspolitik des Landes auf dem Niveau zu halten, welches in den zehn Jahren Rot-Grün bis 2005 erreicht wurde. Die eigentliche Aufgabe wäre es, diese Werthaltigkeit zu erhalten.

Und weil der Minister noch reden wird, zum Abschluss eine Anmerkung: Zu Recht ist zu befürchten, dass es bei dieser vierten Änderung nicht bleibt, sondern dass uns demnächst eine fünfte Änderung erreichen wird, die wiederum die Werthaltigkeit des Wohnungsbauförderungsvermögens negativ beeinflussen wird. Entsprechend hat der Kollege Becker den Minister auch zweimal nach seiner Position zu dieser Frage gefragt: Die Antwort des Ministers war – ich zitiere –, selbstverständlich könne er dies nicht ausschließen. Die korrekte Antwort wäre gewesen, wenn er gesagt hätte, er könne dies bei dieser Landesregierung nicht ausschließen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Hilser. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt der Abgeordnete Becker das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, die mittlerweile vierte Änderung des Wohnungsbauförderungsgesetzes müsste eigentlich so manchem von Ihnen zu denken geben. Wenn man sich einmal bei diesen Änderungen vor Augen führt, dass

bei mehreren jeweils vorher etwas nicht gesehen wurde, was Sie dann später noch geändert haben, kann man nur feststellen, dass Sie nicht wussten, was Sie taten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen insbesondere aus den Regierungsfraktionen, Sie sollten vor allen Dingen aufpassen, was Sie heute tun. Was heute hier beschlossen werden soll, ist offensichtlich die Zustimmung ihrerseits zu einem Blindflug über das Wohnungsbauvermögen als haftendes Eigenkapital der NRW.BANK.

Meine Damen und Herren, seit dem Antritt der neuen Landesregierung – Herr Hilser hat es eben schon richtigerweise gesagt – hat es aufgrund der wohnungsbaupolitischen Entscheidungen eine Reihe von Maßnahmen gegeben, Herr Wittke, durch die der Substanzwert des Wohnungsbauvermögens in sehr erheblichem Maße negativ tangiert ist.

Im Einzelnen sind dies: die Kürzungen und später der Fortfall der Komplementärmittel des Landes für die Bundesfinanzhilfe, die Belastung mit dem Schuldendienst des Landes an den Bund, die mehrfache Aussetzung der erweiterten Verzinsung für den Mietwohnungsbau und für die Eigentumsförderung, die Abschaffung auch der Ausgleichsabgaben

(Heinz Sahnen [CDU]: Bravo!)

sowie die verschiedenen Ablöse- und Rückzahlungsaktionen im Mietwohnungsbau.

Da nützt auch Ihr Bravo-Ruf nichts. Sie gehen damit an die Substanz.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Meine Damen und Herren, der Wert des Wohnungsbauvermögens als haftendes Eigenkapital wurde nach meinem Kenntnisstand zuletzt im Jahre 1990 zum Zwecke der Integration des Vermögens als haftendes Eigenkapital in die WestLB ermittelt und ist seit diesem Zeitpunkt bilanziell fortgeschrieben.

Falsch, Herr Kollege Schulte, sind auf jeden Fall Ihre im Ausschuss gemachten Äußerungen, dass eine solche Neubewertung derzeit durchgeführt wurde und der grüne Entschließungsantrag deswegen zurückgezogen werden solle.

Ich hatte Gelegenheit, sowohl mit Herrn Gerlach als auch mit Herrn Hofmann darüber zu reden. Und Sie wissen – Sie waren dabei –, dass beide das bestritten haben, was Sie gesagt haben.

Sie stehen also heute hier eigentlich in der Pflicht, Ihre Äußerung aus dem Ausschuss zurückzunehmen.

(Widerspruch von Bernd Schulte [CDU])

Meine Damen und Herren, warum stehen wir als grüne Fraktion diesem weiteren Zugriff auf das Wohnungsbauvermögen in Höhe von 30 Millionen € für die Kofinanzierung der EU-Fördermittel für den Grundstücksfonds sehr kritisch gegenüber und wollen diese Überprüfung?

Erstens: Hier wird ein absoluter Präzedenzfall geschaffen.

Zweitens: Hier ist ein erneuter Dammbruch für die Finanzierung von Landesaufgaben, die aus dem Landeshaushalt finanziert werden müssen und nicht aus dem Wohnungsbauvermögen.

Drittens: Wer will, wenn Sie so immer weiter vorgehen und dafür den Blankoscheck geben, die Landesregierung zukünftig noch daran hindern, aus dem Wohnungsbauvermögen die Beschaffung zum Beispiel von Dienstwagen zu finanzieren.

Meine Damen und Herren, die Signale für weitere Zugriffe sind schon vorhanden. Sie wissen das ganz genau. Ich habe das im Ausschuss abgefragt. Die Nichtantwort bzw. Antwort – je nachdem, wie Sie es sehen – war klar: Minister Wittke hat im Verlauf der Beratungen im Ausschuss weitere Zugriffe jedenfalls nicht ausgeschlossen.

Die Ergebnisse aus der Anhörung der Expertinnen und Experten waren und sind eindeutig. Alle Sachverständigen haben gefordert, dass eine Neubewertung des Landeswohnungsbauvermögens vor weiteren Zugriffen durchzuführen ist. Das haben wir mit unserem Entschließungsantrag aufgegriffen. Jede Fraktion ist hier und heute gefordert, eine verantwortliche Entscheidung zu treffen.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie herzlich um Zustimmung. Ich weiß, dass Sie das wahrscheinlich wieder nicht übers Herz bringen werden. Seien Sie aber sicher: Wir werden alles tun, um eine solche Überprüfung durchzuführen. Ganz deutlich sage ich Ihnen: Wir haben uns an die BaFin gewendet und werden das auch in Zukunft tun, damit von dort aus überprüft wird, was nötig ist, und Sie diesen Weg nicht ohne Weiteres fortsetzen können. – Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Rasche das Wort.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Zeit ist fortgeschritten. Zudem haben wir uns über dieses Thema – sowohl hier im Plenum als auch im Ausschuss – schon oft unterhalten. Deshalb konzentriere ich mich, indem ich einfach noch einmal vier Punkte festhalte:

Erstens. Die alte Koalition hat uns einen riesigen Schuldenberg von weit über 100 Milliarden € überlassen.

Zweitens. Deshalb ist die Finanzierung des Grundstücksfonds aus dem Landeshaushalt nicht mehr möglich.

Drittens. Die Koalition wird den Grundstücksfonds aus den Jahresüberschüssen der WFA finanzieren.

Viertens. Die Gesetzesänderung ist die Folge der rot-grünen Schuldenpolitik und sichert die Zukunft des Grundstücksfonds. – Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Rasche. – Für die Landesregierung hat Minister Wittke das Wort. Bitte.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Der Gesetzentwurf der Landesregierung sieht vor, in den Jahren 2007 und 2008 aus den Jahresüberschüssen der Wohnungsbauförderungsanstalt jeweils 22 Millionen € zu entnehmen, an den Landeshaushalt abzuführen und dort für Zwecke des Grundstücksfonds NRW einzusetzen.

Warum ist die Inanspruchnahme des Jahresüberschusses der Wohnungsbauförderungsanstalt überhaupt notwendig? – Damit der Grundstücksfonds seine Aufgaben in den beiden kommenden Jahren erfüllen kann, ist neben den beantragten Fördermitteln und den Erlösen aus Grundstücksverkäufen sowie aus Mieten und Pachten eine ausreichende Ausstattung mit Eigenkapital erforderlich.

Der Grundstücksfonds bearbeitet ausschließlich Projekte, die mit Mitteln des Marktes nicht realisiert werden können, also unrentierlich sein müssen. Da Verkaufserlöse sowie Mieten und Pachten lediglich ein Viertel bis ein Drittel der Projektkosten abdecken, müssen die verbleibenden Kos

ten durch Fördermittel und Eigenmittel des Grundstücksfonds getragen werden.

Die finanzielle Absicherung der Funktionsfähigkeit des Grundstücksfonds in den kommenden beiden Jahren ist unverzichtbar, weil in erster Linie Projekte, die mit EU-Mitteln gefördert werden, fristgerecht bis Ende 2008 abgeschlossen und abgerechnet sein müssen. Dies sind zwingende Vorgaben aus Brüssel. Gelingt dies nicht, drohen Rückforderungen seitens der EU in Millionenhöhe.

Werden die Projekte nicht bis Ende 2008 abgeschlossen, so verfallen nicht nur bereits bewilligte EU-Mittel, sondern zusätzlich müssen schon jetzt eingesetzte EU-Mittel zurückerstattet werden. Eigenmittel des Grundstücksfonds wären fehlinvestiert, und eingegangene vertragliche Verpflichtungen müssten mit hohem Kostenaufwand rückabgewickelt werden.

Hinzu kommen nicht realisierbare Verkaufserlöse, weil die Aufbereitung der meist gewerblich zu nutzenden Bauflächen nicht abgeschlossen werden konnte.

Um vor allem dies zu verhindern, sollen in den kommenden beiden Jahren aus den Jahresüberschüssen der Wohnungsbauförderungsanstalt Mittel in Höhe von jeweils 22 Millionen € für Zwecke des Grundstücksfonds in den Landeshaushalt abgeführt werden. Die notwendigen haushaltsrechtlichen Vorkehrungen dafür sind bereits im Haushalt 2007 getroffen worden.

Warum ist eine Gesetzesänderung erforderlich? – Die Verwendung des Jahresüberschusses der Wohnungsbauförderungsanstalt setzt eine Änderung des Wohnungsbauförderungsgesetzes voraus. Denn das Vermögen der Wohnungsbauförderungsanstalt ist gesetzlich zweckgebunden. Unbeschadet seiner Funktion als Haftungskapital der NRW.BANK ist es ausschließlich für die der Wohnungsbauförderungsanstalt obliegenden Aufgaben zu verwenden. Diese aufgabenbezogene Zweckbindung erstreckt sich nicht auf die Finanzierung des Grundstücksfonds oder seiner Maßnahmen.