Protokoll der Sitzung vom 29.03.2007

egal, in welcher Verfassung Kinder im Unterricht sitzen, dass es nicht reicht, ein Ganztagsangebot zu haben, wenn sich Eltern das für Kinder nicht leisten können. Er meint, es gehe ihn als Pressesprecher des Ministeriums vielleicht gar nichts an und es sei vor allem ein Problem, das in Nordrhein-Westfalen marginal ist.

Ich will darüber hinaus sehr deutlich sagen, dass es Rot und Grün waren, die überhaupt die Entwicklung der offenen Ganztagsschule möglich gemacht haben,

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

die diesen Impuls gesetzt haben, sowohl von der Bundesebene wie auch in Nordrhein-Westfalen. Sie führen etwas sinnvoll fort. Sie haben allerdings mit Ihrer übereilten Schulzeitverkürzung den Kommunen etwas vor die Tür geschüttet

(Zurufe von CDU und FDP: Ah!)

und schüren oder machen damit die Probleme vor Ort.

(Beifall von den GRÜNEN)

Jetzt sagen Sie: Halt, wir sind es gar nicht gewesen, haltet den Dieb; es waren die anderen. – So funktioniert das nicht.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

Da werden auch Ihre Vertreter vor Ort Sie leider nicht aus der Verantwortung entlassen. Deswegen gibt es einen großen Zuspruch im Land für unsere Initiative. Die Ministerin hat gesagt: Wo ein Wille ist, ist ein Weg. Dann werden doch mal sehen, wie weit der politische Wille wirklich reicht, wenn wir es weiter beraten. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank Frau Kollegin Beer. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit sind wir am Schluss der Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung zur Überweisungsempfehlung des Ältestenrates, den Antrag Drucksache 14/3912 an den Ausschuss für Schule und Weiterbildung – federführend – sowie an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales, den Ausschuss für Generationen, Familie und Integration sowie an den Ausschuss für Kommunalpolitik und Verwaltungsstrukturreform zu überweisen. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll dann im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Sind Sie mit dieser Überweisungsempfehlung einverstanden? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann ist das mit Zustimmung aller Fraktionen so angenommen.

Ich rufe auf:

4 Schülerinnen und Schüler gezielt auf ein Studium vorbereiten

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/4009

Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion dem Kollegen Schultheis das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ausgangspunkt des Antrags der SPD-Landtagsfraktion ist die HIS-Studie vom Januar 2007 über zentrale Trends der Studien- und Berufswahl der Studienberechtigten. Im Übrigen haben wir bei einer Anhörung zum Thema „Übergang Schule/Beruf“ auch auf die Aussagen der Vertreter von HIS zurückgreifen können.

Diese Studie hat ergeben, dass die Hälfte der Studienberechtigten vor oder mit Eintritt in die Oberstufe mit der eigenen nachschulischen Bildungsplanung beginnt, aber nur ein Viertel der Schülerinnen und Schüler sich tatsächlich umfassend informiert fühlt und 7 % der Studienberechtigten sich ein halbes Jahr vor dem Schulabschluss noch gar nicht mit den nachschulischen beruflichen oder akademischen Qualifikationsoptionen auseinandergesetzt haben.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist ein Befund, der aus unserer Sicht nicht hingenommen werden darf. Hier ist politisches Handeln erforderlich.

Über die Hälfte der Studienberechtigten bereitet die nur schwer absehbare Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt Probleme bei der Ausbildungswahl. Unsicherheiten resultieren darüber hinaus aus der Schwierigkeit abzuschätzen, welche Qualifikationen und Kompetenzen in Zukunft wichtig sein werden. Rund 26 % der Studienberechtigten sehen dies so. Zwei von fünf Befragten fühlen sich von der schwer überschaubaren Zahl der Möglichkeiten überfordert. Die Vorbereitung auf die Ausbildungswahl in der Schule stuft knapp ein Viertel, 23 %, als problematisch ein.

Es besteht ein hoher Informationsbedarf der Studienberechtigten. Dies belegt die Nutzungshäufigkeit vieler und breit gefächerter Informationsquellen. Auf Medien verschiedenster Art – Internet, Bücher, TV, Radio – wird zugegriffen. Als eine häufig genutzte Quelle wird von fast allen Studienberechtigten das Internet herangezogen. Es trägt somit in besonderer Weise zur Komplexitätsreduktion bei der Entscheidungsfindung bei.

Neben der intensiven Nutzung von Medien und der sehr häufig eher informellen Informationsbeschaffung über Personen aus dem direkten persönlichen Umfeld stellen professionelle Beratungsdienste zentrale Informationsquellen dar. Fast drei Viertel, rund 74 %, der Studienberechtigten haben sich bei Arbeitsagenturen oder Berufsinformationszentren, sogenannten BIZ, über Ausbildungs- und Studienmöglichkeiten informiert.

Meine Damen und Herren, diese professionellen Beratungs- und Informationsdienste werden jedoch eher kritisch gesehen. Nur jeder dritte Nutzer stuft diese Auskünfte zumindest für sich persönlich als gewinnbringend ein. Die Informationsangebote der Universitäten und Fachhochschulen haben unabhängig von der tatsächlichen Qualifikationsabsicht bei über 80 % der Studienberechtigten wohl immer noch erste Priorität bei der nachschulischen Entscheidungsfindung, für mehr als die Hälfte mit positivem Effekt.

Eine Studien- und Ausbildungswahlvorbereitung als fester Bestandteil der schulischen Lehrpläne ist nach wie vor eher die Ausnahme, wäre jedoch wünschenswert. Die Werdegangsplanung ist zwar oftmals Gesprächsthema im Unterricht, auch zwischen den Schülerinnen und Schülern und ihren Lehrern, jedoch kann eine Einbindung berufskundlichen Unterrichts in andere Schulfächer nur selten gewährleistet werden.

Ausbildungswahlvorbereitung findet in den Schulen häufig in Form außerunterrichtlicher Informationsveranstaltungen statt. Ein Drittel der Schüler, die diese Option wahrgenommen haben, stufen sie auch als sehr erfolgreich bei der Entscheidungsfindung ein. Das ist also eine Hilfe.

Meine Damen und Herren, wir sind der Meinung – auch als Ergebnis der Anhörung hier im Landtag zum Thema Übergang Schule/Hochschule, an der leider aus meiner Sicht zu wenige Kolleginnen und Kollegen aus dem Schulbereich teilgenommen haben, denn da hätten wir meines Erachtens unabhängig von den Fraktionen stärker zusammenwirken können –, dass jede Schule in Nordrhein-Westfalen über ein Landesprogramm Studentenpatinnen und Studentenpaten anbieten sollte, dass wir uns aktiv für ein bundesweites Studierendenportal nach dem Vorbild NordrheinWestfalens einsetzen sollten und dass jeder Schülerin und jedem Schüler in NordrheinWestfalen in der Mittelstufe die Möglichkeit für ein sanktionsfreies Assessmentverfahren gegeben werden sollte, um sich selbst über Möglichkeiten, Können und Wissen zu vergewissern.

Darüber hinaus sollte individuelle Beratung angeboten werden. Wir sind auch der Meinung, dass ein Programm aufgelegt werden sollte, das Schülerinnen und Schüler gezielt über die mathematische, ingenieur- und naturwissenschaftliche Kenntnisse und Anforderungen im Studium informiert.

Wir müssen auch gemeinsam darüber nachdenken, wie wir ein Propädeutikum

(Vizepräsidentin Angela Freimuth weist auf das Ende der Redezeit hin.)

im Bereich Übergang Schule/Hochschule anbieten und organisieren können. Immer wieder wird gefordert, dass es ein solches Propädeutikum geben sollte, aber die Realität sieht leider anders aus.

Meine Damen und Herren, ich bin am Ende meiner Redezeit. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und gehe davon aus, dass wir im Ausschuss und über die Ausschussgrenzen hinweg hier Positives für die Schülerinnen und Schüler unseres Landes tun können. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Schultheis. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der CDU der Kollege Hollstein das Wort.

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Der vorgelegte Antrag „Schülerinnen und Schüler gezielt auf ein Studium vorbereiten“ ist vom Titel her richtig und wichtig, der Antrag selber ist aber leider nicht gut.

Wichtig ist er, weil er ein zentrales und leider auch schon sehr altes Thema aufgreift. Wir reden über den optimalen Übergang zwischen Schule und Hochschule. In diesem Zusammenhang sprechen wir natürlich eine Vielzahl von Themen an. Es geht um die Reform der Sekundarstufe II. Es geht um die Gestaltung und die Wertigkeit der Abiturprüfungen. Es geht um den Hochschulzugang. Es geht um Hochschulfreiheit. Es geht letztlich auch um Studienbeiträge. Ich komme gleich noch einmal darauf zu sprechen.

Der Antrag ist deswegen wichtig, weil er ein Problem aufgreift, bei dem Rot-Grün versagt hat. Der Antrag ist aber nicht gut, weil er falsche Schlüsse zieht und mit Methoden von vorgestern operiert.

Herr Schultheis, Sie haben zwar viel geredet, aber leider nicht viel gesagt. Der Antrag ist ausgespro

chen dünn angesichts der Vielschichtigkeit der Probleme.

Über den Übergang von der Schule zur Universität wird seit Jahren diskutiert. Für die HIS-Studie, die im Antrag erwähnt wird und im Januar 2007 veröffentlicht wurde, wurden Studienanfänger des Wintersemesters 2005/2006 befragt, das heißt diejenigen, die unter rot-grüner Verantwortung die Schule durchlaufen haben. Wir reden also über Ihre Altlasten. Damit meine ich nicht die Schülerinnen und Schüler, sondern die von Rot-Grün aufgeworfenen Probleme.

Die Befragungen werden seit mehr als zwei Jahrzehnten vorgenommen. Die Ergebnisse fallen immer ähnlich aus. Wenn Sie sich die Mühe ersparen wollen, die Ergebnisse insgesamt zu lesen, dann gehen Sie doch einmal die Pressedatenbank durch. Dort finden Sie aus den Jahren 2000, 2002, 2004 und 2005 immer wieder Darstellungen, die solche Studien und Befragungen kommentieren. Die Befunde, die Ergebnisse und die Klagen sind immer dieselben. Alleine die Untersuchungen über dieses Thema füllen seit dem Jahre 2000 einige Regalmeter. Rot-Grün hätte in diesen vergangenen Jahren handeln können, auch handeln müssen. Aber rot-grüne Schulpolitik hat es nicht geschafft, diesen Übergang zu optimieren.

Trotz aller Wissenschaftspropädeutik ist es leider so, wie Sie es beschrieben haben, dass sich nämlich Schülerinnen und Schüler beklagen, nicht ausreichend vorbereitet zu sein, nicht über die entsprechenden Fachkenntnisse zu verfügen, keine wissenschaftlichen Arbeitstechniken gelernt zu haben, und das trotz aller Wissenschaftspropädeutik, die Sie angeblich in der Sekundarstufe II und in der Oberstufe eingeführt haben. Neben PISA ist dies im Grunde ein schlagender Beweis für das Versagen der alten Schulpolitik.

Die Kolleginnen und Kollegen der Grünen haben dies immerhin schon erkannt und im Dezember 2005 hier einen entsprechenden Antrag gestellt. Ich bin gespannt, wie die Kolleginnen der Grünen mit diesem sehr dünnen Antrag, der heute vorgelegt worden ist, umgehen.

Zu Beginn des Jahres, am 1. Februar 2007, fand eine entsprechende Anhörung im Wissenschaftsausschuss statt. Ich habe das Protokoll noch nicht gesehen. Aber wahrscheinlich haben wir es ja für die Debatte in den Ausschüssen vorliegen. Gestern war es noch nicht veröffentlicht, oder?

(Karl Schultheis [SPD]: Es liegt noch nicht vor!)

Trotzdem hat Nordrhein-Westfalen gehandelt. Im August 2006 gab es eine Vorlage des Schulministeriums, die einen dreistufigen Maßnahmenkatalog vorgesehen hat. Ich gehe davon aus, dass die Ministerin das gleich noch etwas detaillierter darstellen wird. Deswegen muss ich nicht im Detail darauf eingehen.

Wir haben über die Vorbereitung auf das Studium in der Schule einiges gesagt. Es gibt Angebote, an denen Schule und Hochschule zusammenarbeiten. Es gibt weitere wichtige Punkte in der Einführungsphase des Studiums, bei der nachhaltigen Verbesserung der Betreuung und der Lehre.

Genau hier, meine Damen und Herren, kommen auch Studienbeiträge ins Spiel. Es gibt zukünftig bzw. es gibt jetzt schon die Möglichkeit, mehr Einführungsveranstaltungen, mehr Orientierungsveranstaltungen anzubieten. Es gibt die Möglichkeit, mehr Informationsangebote zu schaffen. Es gibt die Möglichkeit, mehr Tutoren anzustellen. Das ist alles ein Erfolg von Studienbeiträgen. Ich meine, das ist ein wichtiger Punkt, der hier genannt werden muss.

Sie sehen daran, dass die Koalition der Erneuerung eine Politik aus einem Guss macht.

Ich freue mich auf die Diskussionen im Ausschuss. Ich darf darauf verweisen, dass vor wenigen Tagen eine Expertentagung am Oberstufenkolleg der Universität Bielefeld stattgefunden hat, die von der Universität Bielefeld und dem Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft ausgerichtet worden ist. Sie hat genau dieses Thema in den Mittelpunkt gestellt. Ich möchte anregen, dass wir diese Erkenntnisse in den Ausschüssen aufnehmen.