Protokoll der Sitzung vom 03.05.2007

(Zuruf von Minister Dr. Helmut Linssen)

Das PEM ist ja das Stichwort für das Aufgeben einer seriösen Personalplanung in der Landesverwaltung.

Dazu kommt noch die Privatisierung als Dogma, die von Privatisierung der Polizeiküchen bis zur Privatisierung der Strom- und Wasserversorgung reicht. Die Zeche für diese Politik bezahlen nicht nur die Beschäftigten, sondern – das wissen wir inzwischen aus Gutachten besser – selbst den Steuerbürger kommt das teuer zu stehen.

Als Letztes kommt hinzu – das soll nicht unerwähnt bleiben – die Zerschlagung der Arbeitsschutzverwaltung, die vorangetrieben wird. Dabei wird eine Fachbehörde auf 54 kommunale Stellen zersplittert. Das, meine Damen und Herren, ist das Gesamtbild, das Sie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Nordrhein-Westfalen mit Ihrer Politik zu bieten haben.

Nun noch einige Worte zum Abbau von Teilhabe- und von Schutzrechten der Beschäftigten: Es reicht nicht aus, nur über die Novelle des LPVG zu sprechen. Man muss auch über das PEM reden, weil im PEM-Gesetz die Mitbestimmungs

rechte der Personalräte bei Versetzungen noch stärker als in der LPVG-Novelle beschnitten werden.

Man muss im Übrigen auch über das Bürokratieabbaugesetz II reden, weil darin das Widerspruchsverfahren in beamtenrechtlichen Angelegenheiten weitgehend abgeschafft werden soll. Damit sollen ergänzend zum Abbau kollektiver Schutzrechte der Beschäftigten im öffentlichen Dienst nun auch die individuellen Schutzrechte von Beamten abgebaut werden.

Ich will das nicht weiter vortragen, sondern nur einige Worte an die Kolleginnen und Kollegen von der CDA richten: Wenn Sie diesen Katalog anschauen, müssten Sie wirklich wach werden und begreifen, worum es eigentlich geht, und was diese Regierung, die Sie unterstützen, mit den Beschäftigten und deren Rechten durch die Pläne, die Wirklichkeit werden sollen, anrichtet.

Um das noch einmal ganz klar und deutlich zu sagen: Wir lehnen diese Pläne entschieden ab. Wir stehen in dieser schweren Auseinandersetzung an der Seite der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes.

(Beifall von der SPD – Theo Kruse [CDU]: Bis wohin denn?)

Wir unterstützen deren Protest, denn er ist richtig und gerecht.

(Theo Kruse [CDU]: Das ist einfach!)

Deswegen kann ich Ihnen auch versprechen: Wir werden alle parlamentarischen Mittel nutzen, um deutlich zu machen, worum es hierbei geht, nämlich um den massiven Abbau von Teilhaberechten, um den Abbau von Schutzrechten, um die Schwächung der Personalräte und um die Schwächung der Gewerkschaften.

(Beifall von der SPD – Zuruf von Theo Kruse [CDU])

Wir treten dafür ein, dass ein Herzstück sozialdemokratischer Mitbestimmung erhalten bleibt. Ich hatte Ihnen bereits gesagt, dass bei uns dabei durchaus Herzblut im Spiel ist. Denn das Landespersonalvertretungsgesetz von 1984 ist und bleibt ein Kronjuwel sozialdemokratischer Regierungspolitik unter Johannes Rau.

(Theo Kruse [CDU]: Ei, ei, ei! Unglaublich!)

Weil Sie sich das gern anhören, liebe Kollegen von der CDU, will ich aus der Regierungserklärung von Johannes Rau am 10. Juni 1985 zitieren. Daran können Sie die Unterschiede schön feststellen. Denn darin hat der Ministerpräsident

Johannes Rau vor diesem Hohen Haus ausgeführt – ich zitiere –:

„Zum sozialen Frieden gehört, dass wir die Montanmitbestimmung dauerhaft sichern und die Mitbestimmung der Arbeitnehmer und ihrer Gewerkschaften ausbauen, wie wir das mit unserem fortschrittlichen Landespersonalvertretungsgesetz getan haben.“

(Beifall bei der SPD)

„Wer Mitbestimmung verweigert, hat aus der Vergangenheit unseres Industrielandes nichts gelernt.“

Deswegen glaube ich, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP: Sie haben aus dieser Geschichte nichts gelernt.

(Hans-Theodor Peschkes [SPD]: Das ist richtig!)

Sie sind auch nicht bereit, dazuzulernen, und nicht bereit, wenigstens ansatzweise zuzuhören. Sie machen dabei Kommandosystem. Das macht der Staatssekretär Palmen vor.

Ich sage Ihnen – auch das wird bemerkt –: Wer heute die Mitbestimmung im öffentlichen Dienst schleifen will, vergreift sich morgen an der Mitbestimmung und der Betriebsverfassung in der Wirtschaft. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD)

Herr Kollege Rudolph, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage des Abgeordneten Kruse?

Das ist wohl eher eine Nachfrage als eine Zwischenfrage. Bitte.

Bitte schön.

Meine Frage richtet sich auch an den Historiker Dr. Rudolph. Ist Ihnen bekannt, Herr Dr. Rudolph, wenn Sie schon Johannes Rau von 1985 zitieren, dass Ministerpräsident Johannes Rau in seiner Regierungserklärung von 1995 erklärt hat, wir brauchten in Nordrhein-Westfalen dringend Bürokratieabbau und Verwaltungsmodernisierung, und deswegen werde ein entsprechender Ausschuss eingerichtet? Er wurde allerdings 2000 wieder dichtgemacht. Ist Ihnen das bekannt?

Das ist mir nicht bekannt, aber ich glaube Ihnen das. Das ist ja auch keine falsche Bemerkung, denn – das unterschei

det uns – man kann Verwaltungsmodernisierung betreiben, aber man kann es zusammen mit den Beschäftigten organisieren und machen. Das ist der Unterschied.

(Beifall von der SPD)

Wer den Leuten etwas Gutes will, auch in puncto PEM, der muss ihnen nicht die Schutz- und Teilhaberechte nehmen.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Rudolph. – Für die Fraktion der CDU hat der Kollege Preuß das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung legt einen Gesetzentwurf vor, der – das kann man leicht überprüfen – sich im Wesentlichen am Bundespersonalvertretungsgesetz orientiert. Allein das macht deutlich, dass es nicht um die Abschaffung der Mitbestimmung, sondern um das Maß der Mitbestimmung in Nordrhein-Westfalen geht.

Alle im Vorfeld der Debatte aufgestellten Behauptungen, die Mitbestimmung sei in Gefahr, ja, wie ich gehört habe, sogar die Demokratie sei gefährdet, insbesondere die innerbetriebliche Demokratie, sind damit ad absurdum geführt. Es soll ein Gesetz praktiziert werden, das seit Jahren im Bund und in Modifizierung auch in anderen Bundesländern, zum Teil sehr viel stringenter, bisher erfolgreich angewendet wird.

Modernisieren, wie es in der Koalitionsvereinbarung steht, heißt nicht, die Mitbestimmung auszuweiten. Das bedeutet aber auch nicht, unbedingt an bestehenden Regelungen festzuhalten. Ziel muss es immer sein, sich auf das Wesentliche der Mitbestimmung zu konzentrieren und sie im Kontext zu sehen mit den Herausforderungen, die in Nordrhein-Westfalen wahrlich groß sind.

(Theo Kruse [CDU]: So ist es!)

Öffentliche Verwaltungen müssen sich den komplexen, von Globalisierung und Internationalität bestimmten Herausforderungen durch ständige Erneuerung und Verbesserung stellen und ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen. Das könnte sie auch ohne Weiteres, wenn da nicht die bedrückende Hinterlassenschaft rot-grüner Politik wäre, einer Politik, die gekennzeichnet ist durch Bürokratie, Aufblähung der Behörden und einer in der Folge enormen Verschuldung des Landes. Sie zwingt zu einer umfassenden Verwaltungsstrukturreform, einer Erneuerung des Landes und vor

diesem Hintergrund dann eben auch zu der Notwendigkeit, ein funktionierendes Miteinander aller Bediensteten und Behördenverantwortlichen verlässlich neu zu organisieren.

Den Gewerkschaften und Personalräten ist bei aller ihnen selbstverständlich zuzugestehenden Positionierung gegen Veränderungen des Gesetzes gleichwohl bewusst, dass ein Personalvertretungsrecht, das sich an dem sozioökonomischen Kontext, an den Rahmenbedingungen und dem enormen Reformbedarf vorbei entwickelt und diese Fakten außer acht lässt, auf Dauer den Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht dient. Allen Beteiligten ist doch klar, dass über Jahre ein riesiger Behördenapparat geschaffen worden ist, der perspektivisch gesehen zum Kollaps führen muss, der härter werden wird als jede nur denkbare Sparmaßnahme oder Anpassung rechtlicher Regelungen des LPVG.

(Theo Kruse [CDU]: So ist es!)

Ich habe aufgrund der vielen konstruktiven Vorschläge der Personalräte durchaus den Eindruck, dass sie auch wissen, dass diejenigen, die Gewinner des Reformprozesses sein werden, die anstehenden und in Gang gebrachten Reformprozesse – dazu gehört auch die Anpassung des LPVG – konstruktiv und an der Sache orientiert begleiten. Es gibt nämlich eine große Zahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die die Reformen im Lande mit einem hohen Maß an Motivation und Flexibilität sowie einem hohen Interesse an Weiterqualifizierung begleiten wollen und die Veränderungen an ihrem Arbeitsplatz als Chance und persönliche Herausforderung begreifen.

(Hans Theo Peschkes [SPD]: Glauben Sie das selbst, was Sie da erzählen?)

Meine Damen und Herren, entscheidend ist, dass die soziale Symmetrie gewahrt bleibt. Nur so kann Mitbestimmung und Mitwirkung, die für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland entscheidend und unbestritten prägend ist, erhalten und gefestigt werden.

Die Frage wird sein, an welchen Stellen des LPVG die Stellschrauben zu verändern sind. Mit der Vorlage des Gesetzentwurfs ist nun die Zeit der Allgemeinplätze und Pauschalbeschimpfungen durch die Opposition vorbei. Jetzt wird es konkret in den Ausschüssen, und wir sind auf Ihre Vorschläge sehr gespannt.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Gödecke?

Nein, jetzt nicht. Im Ausschuss und vielleicht in der zweiten Lesung des Gesetzentwurfs.

Bitte schön, Herr Kollege.