Protokoll der Sitzung vom 01.09.2005

Wir wissen beide: Das muss man differenzierter sehen, das stimmt so nicht. Aber Sie haben uns mit dieser Argumentation sowohl im Ausschuss als auch im Plenum permanent genervt. Und jetzt kürzt Ihr Minister die Verpflichtungsermächtigungen.

(Zurufe: Nein!)

- Nein, Entschuldigung, er kürzt die Barmittel. - Nun haben Sie, Herr Henke, die Chuzpe, sich darüber zu beklagen, dass die Regierung im Vorfeld zu viel getan hätte. Das ist doch ein Treppenwitz!

(Beifall von der SPD - Minister Karl-Josef Laumann: Ich muss es doch bezahlen!)

Das sind doch Täuschungsmanöver, um abzulenken, die hier veranstaltet werden. Das ist eine Inszenierung. Nebenbei ist es dreist und unverfroren, was Sie, Herr Henke, tun. Ich habe schon einiges mitgemacht, aber das habe ich noch nicht erlebt.

(Beifall von der SPD)

Im Vergleich zu Ihnen ist ein Chamäleon in seiner Verwandlung eine Schnecke, wenn Sie in zwei Monaten das absolute Gegenteil von dem vortragen, was Sie vorher fünf Jahre lang bei uns beschworen haben. Ich habe mich heute Morgen gefragt, ob Sie hier reden werden - auch wegen Ihrer Funktion im Marburger Bund. Als ich heute Morgen kam, habe ich mich zuerst erkundigt, ob Herr Henke redet. Denn ich habe es nicht für möglich gehalten, dass Sie heute diese Nummer hier abziehen. Ich halte das für unglaublich.

Ein letzter Aspekt. Wir wissen, wie dringend der Bedarf der Krankenhäuser vor Ort ist, Herr Laumann. Ich lade Sie ein, ich habe in meinem Wahlkreis zwei. Sie stehen unter einem Riesendruck, weil die DRG-Veränderungen angestanden haben, weil es schon Strukturveränderungen gibt, weil auch in Nordrhein-Westfalen ein Bettenabbau notwendig ist. Alle müssen sich neu strukturieren. Dafür brauchen sie gerade in der jetzigen Situation ganz besonders dringend Investitionsmittel.

Ich frage mich, ob Sie als Abgeordneter der CDU keine Kontakte zu den Krankenhäusern in Ihrem Wahlkreis haben. Nutzen Sie diese, wenn Sie welche haben. Nehmen Sie ansonsten Kontakte auf. Reden Sie mit den dortigen Verwaltungschefs Sie werden Ihnen sagen, wo der Schuh drückt. Obgleich Sie, Herr Laumann, festgestellt haben, wie ich mit Erstaunen zur Kenntnis genommen habe - ich habe Herrn Henke zugerufen: Hören Sie sich das gut an! -: Die Krankenhauslandschaft in NRW ist nach 39 Jahren sozialdemokratisch geführter Regierung ganz gut aufgestellt. - Das nehmen wir mit Freude zur Kenntnis. Herr Henke hat es offensichtlich nicht zur Kenntnis genommen.

(Beifall von der SPD)

Fazit: Wir brauchen Investitionen - dringender denn je. Die Krankenhäuser vor Ort darben, und Sie haben ihnen für zwei Jahre einen Stopp verordnet. Ihre Bugwelle heißt ja, dass Sie die Welle für zwei Jahre abschneiden, sodass keine neuen Möglichkeiten für Investitionen mehr bestehen. Das bedeutet, wir werden 2007 einen Investitionsstau von drei Jahren haben. Mein Krankenhaus in Rheinhausen, Herr Laumann, das jetzt einen Antrag vorbereitet hat, ist in der Sorge nicht 2007 zum Zuge zu kommen, sondern erst 2010 oder 2012. Bis dahin ist Ihnen aber die Entwicklung weggelaufen.

So geht es den Krankenhäusern vor Ort, und das haben Sie verursacht. Das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen, andere übrigens auch nicht. Mein Kenntnisstand ist, dass die Krankenhausgesellschaft NRW morgen Früh zu einer Pressekonferenz eingeladen hat. Auch die werden es ihnen nicht durchgehen lassen. Sie werden an der Fachöffentlichkeit scheitern - das sage ich Ihnen voraus -, und Sie werden sich nicht nur an der Fachöffentlichkeit, sondern auch an der Gesamtöffentlichkeit zu messen haben. Wir reden ja nicht über Krankenhäuser und Krankenhausträger, Herr Laumann, wir reden hier über Menschen, und zwar über kranke Menschen, über Patientinnen und Patienten in den Krankenhäusern in NRW. Um die geht es. Wir werden nicht zulassen, dass Sie die Versorgung bzw. die Investitionen stoppen, die dringend notwendig sind. Das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen; das müssen wir verhindern, und das werden wir tun. - Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Danke schön, Herr Kollege Bischoff. - Für die CDU hat nun Herr Kollege Post das Wort.

(Zuruf von Minister Karl-Josef Laumann - Hannelore Kraft [SPD]: Ohne Barmittelan- satz keine VEs! Das haben Sie noch nicht verstanden!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn ich höhere VEs eingehe, müsste ich eigentlich hingehen und die Barmittel erhöhen, um diese höheren VEs abzubauen.

(Hannelore Kraft [SPD]: Danke schön!)

Das haben Sie über die letzten vier Jahre versäumt. Sie haben die Barmittel nicht erhöht. Stattdessen haben Sie schon VEs bis 2011 und darüber hinaus zugesagt.

Meine Damen und Herren, das ist eine Krankenhausplanung für sieben bis acht Jahre. Wenn das noch eine Reaktion auf den Bedarf ist, dann weiß ich nicht, wie der Bedarf geplant ist; denn eigentlich hat sich der Bedarf bzw. die Landschaft im Zeitraum von drei Jahren stark geändert.

Im Übrigen ist es nicht so, wie Sie eben behauptet haben, dass Barmittel gekürzt werden. Das ist grober Unfug, der hier gerade behauptet wurde. Die Barmittel, die bisher im Haushalt standen, bleiben so im Haushalt stehen. Lediglich die Wechsel auf die Zukunft, die Sie ausgestellt haben, müssen jetzt endlich einmal abgebaut werden, damit die Leute eine gewisse Sicherheit haben.

(Beifall von CDU und FDP)

Nächster Punkt: Ihre Aussage zum Minister, er sei mehr Finanzminister als Sozialminister, ist ein Witz. Wenn Sie vollmundig soziale Versprechungen machen und diese Versprechungen nachher nicht ordentlich finanziert im Haushalt darstellen, dann waren Sie nicht wert, Sozialminister zu sein.

(Beifall von der CDU - Marc Jan Eumann [SPD]: Mit sozialer Gerechtigkeit haben Sie doch nichts mehr am Hut!)

Meine Damen und Herren, ich möchte noch kurz auf einige Äußerungen von Frau Fischer eingehen, die zwar sachlich begründet sind, dann in der Folge aber nicht richtig gewertet wurden.

Frau Fischer, Sie haben gesagt: Der Bedarf ist hoch; wir müssen darauf reagieren. - Da sind wir einig. Das Problem ist, wie man reagiert. Wir müssen es endlich wieder schaffen, nahe an der Planung die Finanzierung und den Baubeginn herzustellen. Wenn wir das nicht schaffen, wissen die Krankenhäuser nicht, wie sie planen sollen. Sie wissen doch ganz genau, dass Planungen

zum Teil nach zwei, drei Jahren überholt sind und neu gemacht werden müssen. Dann haut man diese Planungen, die viel Geld gekostet haben, in die Tonne. Das kann doch nicht Sinn der Sache sein.

(Beifall von der CDU)

Die Zukunftsplanung muss zuverlässig sein. Das heißt, dass eine ordentliche Krankenhausbedarfsplanung hinter einer Investitionsplanung stehen muss. Das haben Sie bisher versucht, sind 2001 dann aber, aus welchen Gründen auch immer, von Ihrem tugendhaften Weg in der Planung abgewichen.

Die Investitionen müssen vom Land unterstützt werden. Sie werden weiter in der gleichen Höhe vom Land unterstützt werden. Nur: Wer Planung als Selbstzweck betrachtet und nicht auf die Landschaft und die Bedarfe reagiert, der macht sich einer Fehlplanung schuldig. Dann können Sie Geld wegwerfen. Das haben Sie getan, weil Sie nicht bis 2007 Zusagen gemacht haben, sondern bis 2011 und 2012. Darin sind Planungen enthalten, die schon im Jahre 2008/2009 nichts mehr wert sein werden, meine Damen und Herren.

(Beifall von der CDU)

Damit gefährden Sie diese Häuser. Auf diese Weise legen Sie nämlich in den Häusern Geld fest. Die Häuser müssen Rücklagen bilden, um ihre eigene Planung erfüllen zu können. Das ist für ein Haus der Größenordnung unserer Krankenhäuser gefährlich.

Ich bitte Sie doch, Abstand von falschen Behauptungen zu nehmen, nämlich von der Behauptung, es würden keine Barmittel zur Verfügung gestellt. Es wird lediglich zunächst einmal der Berg abgebaut, den Sie geschaffen haben - mehr nicht.

(Beifall von CDU und FDP)

Man muss in den nächsten Jahren auf Veränderungen in der Krankenhauslandschaft reagieren können. Sie selbst haben hier gestanden und uns die Veränderungen in der Landschaft vorgetragen, die kommen werden. Darauf kann man nur reagieren und entsprechend agieren, wenn man nahe an diesen Veränderungen planen kann - und nicht sieben, acht Jahre im Voraus.

(Birgit Fischer [SPD]: Das ist doch keine fes- te Größe, die festgeschrieben wird! - Hanne- lore Kraft [SPD]: Es geht doch um Baupla- nung! Haben Sie sich mal damit beschäf- tigt?)

- Frau Kraft, es gilt für uns, Ihre in die Zukunft ausgestellten Wechsel abzuarbeiten - und sonst nichts.

(Hannelore Kraft [SPD]: Das Geld ist doch im Haushalt festgelegt!)

- Nennen Sie doch Argumente. Tragen Sie hier aber nicht ein solches allgemeines Gewäsch vor. Das bringt überhaupt nichts.

(Beifall von der CDU)

Ein Festhalten an diesem Verfahren der langfristigen Zusagen bringt sowohl das Land als auch die Krankenhausträger in arge Probleme, weil sie nicht sauber und nicht nahe an den Bedürfnissen planen können.

Ich hoffe, dass wir künftig nicht mehr die Strickmuster der SPD erfahren müssen, dass erst wider besseren Wissens eine Presseerklärung herausgegeben wird und Behauptungen aufgestellt werden, diese Behauptungen dann mit Stellungnahmen des Entsetzens belegt werden und zum Schluss als Lösung des selbst gemachten Problems der Minister des Fehlverhaltens angeklagt wird.

Meine Damen und Herren, das lassen wir Ihnen nicht durchgehen. Ihre Presseerklärung liegt hier vor, Frau Fischer. Das, was darin steht, ist falsch - um es nicht nah an die Unwahrheit zu bringen. - Schönen Dank.

(Beifall von CDU und FDP - Widerspruch von der SPD)

Danke schön, Herr Kollege Post. - Das Wort hat nun die Kollegin Freimuth von der FDP.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich habe mich immer gefragt: Wie konnte es passieren, dass wir im Land Nordrhein-Westfalen über 110 Milliarden € Schulden aufgehäuft haben, über 40 davon alleine in den letzten zehn Jahren? Wie konnte es passieren, dass Finanzminister wie Peer Steinbrück oder Jochen Dieckmann oder die finanz- und haushaltspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion Gisela Walsken es zugelassen haben, dass wir in eine Haushaltssituation hineinkommen, in der wir mehr Zinsen für Schulden zahlen, als wir Kredite aufnehmen dürfen, dass wir Kredite aufnehmen müssen, um unsere Schuldzinsen zu bedienen - von Tilgung keine Rede?

Wie konnte es passieren, dass Tag für Tag allein 13 Millionen € Zinsen aus dem Landeshaushalt gezahlt werden?

(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Michael Vesper)

Herr Kollege Bischoff, Sie haben dafür eine sehr eindrucksvolle Erklärung gegeben.

Ich finde es wirklich bemerkenswert, dass Sie hier versuchen, die Mitglieder des Kabinetts auseinander zu bringen, wo doch die Kollegin Fischer völlig zu Recht darauf hingewiesen hat, dass sie, die Mitglieder der Landesregierung, wie übrigens wir alle in diesem Haus dem Wohle der Menschen in diesem Land verpflichtet sind.

(Rainer Bischoff [SPD]: Aber auch die Res- sorts!)

Meine Damen und Herren, wenn man sich diesen Grundsatz vor Augen hält, dann muss man in der Praxis auch tatsächlich eine Politik zum Wohle der Menschen insgesamt betreiben.