Eng zusammen mit dem Kriterium der Flächendeckung hängt ein zweites Kriterium: Schulversuche müssen zeitlich begrenzt sein. Wer einen Modellversuch unternehmen will, muss hierzu eine deutliche Aussage machen.
Drittens. Bei Schulversuchen spielt die Größe der Schule eine wichtige Rolle. Handelt es sich zum Beispiel um einen Schulversuch im Sekundarbereich I, dann müssen wir im Sinne unserer Zielsetzung im Schulgesetz Antworten erhalten auf Fragen wie: Wie wird die individuelle Förderung umgesetzt? Ist das System so ausdifferenziert, dass bezogen auf Interessen und Neigungen, aber auch auf Qualifikationen einer Schülerin oder eines Schülers genügend Angebote bei genügend
Jugendlichen gemacht werden? Für ein differenziertes Kursangebot ist eine bestimmte Mindestgröße erforderlich.
Viertens. Ein weiterer Aspekt zur individuellen Förderung: Sind die Voraussetzungen gegeben, dass Schülerinnen und Schüler weder unter- noch überfordert sind? Gibt es Programme für besonders Begabte? Gibt es genügend ausgewiesene Stützkonzepte für die Förderung von Jugendlichen mit schulischen Defiziten?
Fünftens. Ein Aspekt, meine Damen und Herren, der mir besonders am Herzen liegt: Bestehende und funktionierende Schulstandorte in der Nachbarschaft dürfen durch eine Neugründung in ihrer Existenz nicht gefährdet werden.
Vor allem im ländlichen Raum darf es nicht zu einem Abbau von differenzierten, leistungsstarken Bildungsangeboten kommen.
Hierbei müssen wir im Auge behalten, dass die Schülerzahlen ab dem Jahr 2010 deutlich sinken werden. Und nicht nur wir müssen es im Auge behalten, sondern auch die Verantwortlichen vor Ort. Jeder Bürgermeister wird gegenüber seinen Wählern Rechenschaft ablegen müssen, wenn seine Schule vor Ort nicht weitermachen darf, weil sich die Schüler vielleicht im Nachbarort in einem anderen System zusammenfinden. Die Schülermenge kann nur einmal verteilt werden.
Sechstens. Welche Ressourcen sind für den Schulversuch erforderlich? – Wenn wir das erstgenannte Kriterium der Flächendeckung wirklich ernst nehmen, dann heißt das auch: Es kann keine Modellressourcen geben. Lehrerstellenberechnungen werden nach wie vor über Schülerzahlen definiert. Darüber hinaus wird und darf es bezogen auf Chancengerechtigkeit für andere Schulen nicht mehr geben. Aufwand und Ertrag müssen in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen.
Meine Damen und Herren, ich habe die wesentlichsten Prüfkriterien genannt. Unsere Schulen haben mit dem neuen Schulgesetz endlich den Rahmen, den sie für ihre Entwicklung brauchen, eine Entwicklung hin zu mehr Leistung, hin zu individueller Förderung, hin zu Eigenverantwortlichkeit, hin zu Durchlässigkeit und hin zu einem fairen Wettbewerb um pädagogische Ideen.
einzelnen Schüler entwickeln. Das Schulgesetz bietet allen Schulträgern Möglichkeiten, den Rückgang der Schülerzahlen abzufangen und Schulstandorte zu erhalten. Sie können einzügige Hauptschulen führen oder auch Hauptschulverbünde ins Leben rufen. Sie können Haupt- und Realschulverbünde beschließen. Sie können sogar neue Realschulzweige unter einem gemeinsamen Dach mit einer Hauptschule führen. Entsprechende Verbünde wurden bereits genehmigt oder stehen kurz vor der Genehmigung.
Damit wollen wir möglichst viele Standorte erhalten. Das, meine Damen und Herren, sind wir unseren Kindern schuldig. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, als ich gestern der Presse entnehmen konnte, dass sich die CDU-Landtagsfraktion am Dienstag intensiv mit dem SPD-Antrag beschäftigt hat, habe ich das interpretiert als das bis zu diesem Zeitpunkt zumindest schönste Geburtstagsgeschenk für mich, weil damit die Hoffnung verknüpft war, dass endlich Bewegung hineingerät in diese Scheuklappendiskussion, die bei den Regierungsfraktionen ständig stattfindet, und dass vielleicht eine Öffnung möglich wäre. Vor dem Hintergrund, Kollege Kaiser, haben Sie vielleicht Verständnis dafür, dass ich von Ihrem Redebeitrag sehr enttäuscht gewesen bin.
Ich glaube, dass das auch in Ihrer Fraktion nicht durchhaltbar ist. Denn heute ist ja deutlich geworden, wer offensichtlich die Bremser-Fraktion in dieser Regierungskoalition ist.
Dem Beitrag von Frau Pieper-von Heiden kann man eigentlich nur noch hinterherschicken: Frau Pieper-von Heiden, eh Sie noch weiterhin der Meinung sind, dass Sie weitsichtig den § 83 geändert haben, vergleichen Sie doch bitte diesen im schwarz-gelben Schulgesetz mit dem vom rotgrünen Schulgesetz! Vielleicht verstehen Sie dann den Unterschied.
Meine Damen und Herren, das Dilemma, das wir haben und das die Regierungsfraktionen offensichtlich immer noch nicht verstanden haben, sind die beiden Faktoren, die in den nächsten Jahren und Jahrzehnten die bildungspolitische Landschaft in unserem Land maßgeblich beeinflussen werden. Der eine Faktor ist die demografische Entwicklung. Der zweite Faktor, den Sie überhaupt nicht wahrnehmen wollen, ist der Faktor Abstimmung mit den Füßen weg von der Hauptschule. Diese Abstimmung mit den Füßen findet permanent statt, auch nach Ihrer Regierungsübernahme. Da sprechen die Zahlen für sich. Ich darf sie in Erinnerung rufen. Im Schuljahr 2005/2006 hatten wir in Nordrhein-Westfalen 730 Hauptschulen. Von denen waren 499 im Bestand gefährdet, weil die Schülerzahlen zurückgegangen sind. Das sind über 68 %. Mittlerweile sind weitere Hauptschulen geschlossen worden.
Da hilft auch Ihre Zwergschulenperspektive nichts, wenn Sie in Ihr Schulgesetz hineinschreiben, dass unter bestimmten Bedingungen auch eine einzügige Hauptschule machbar und denkbar ist. Das ist nicht die Perspektive, die von Eltern gesehen wird. Im Gegenteil, es ist Fakt – und das müssen Sie zur Kenntnis nehmen –, dass die Eltern mit der Hauptschule eben nicht mehr die Bildungsperspektive verknüpfen, die sie sich für ihre eigenen Kinder wünschen.
Deswegen ist es kein Wunder, wenn sich Horstmar und Schöppingen und andere im ländlichen Bereich Gedanken machen, wie sie denn weiterhin wohnortnah ein vielfältiges Bildungsangebot garantieren und auf den Weg bringen können. Ich habe mit großer Freude festgestellt, dass eigentlich Minister Laumann genau auf der gleichen Linie ist. Er hat in seinem letzten Beitrag beim vorangegangenen Tagesordnungspunkt noch erwähnt, dass er einmal als Schulausschussvorsitzender tätig war. Dann hat er den Satz gesprochen – ich habe ihn mitgeschrieben –: Am zielgenauesten kann man auf der untersten der kommunalen Ebenen arbeiten. Das ist genau der Punkt. – Sie sind auf einem anderen Trip. Sie wollen von oben herab zentralistisch vorschreiben, was machbar und was möglich ist.
Ich bin Frau Ministerin Sommer dankbar, dass sie gerade noch einmal in sechs Punkten den vertretenen Bürgermeistern aus Horstmar und Schöppingen deutlich gemacht hat, welche Bedingungen denn an den Schulversuch geknüpft sind. Von daher war der Zeitpunkt des SPD-Antrags offensichtlich richtig. Denn jetzt wissen die beiden
Kollegen, worauf sie sich einlassen und was sie in ihrem Konzept vielleicht noch berücksichtigen müssen.
Ich glaube, dass wir uns eigentlich auch nur wundern können über das Wundern der Regierungsfraktionen, dass solche Überlegungen stattfinden. Ich darf an die große Anhörung zum schwarzgelben Schulgesetz vor knapp einem Jahr erinnern. Da hat es Stellungnahmen gegeben. Ich will nur eine im Ausschnitt vorlesen, und zwar die von der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände zu § 83:
„Die vorgesehene Einschränkung der Möglichkeiten zur Bildung von Verbundschulen wird abgelehnt. Die Regelung sollte in der bisherigen,“
Zusätzlich sollte die Gesetzesregelung im Hinblick auf eine Öffnung für die inhaltliche Kooperation der im Verbund zusammengefassten Schulen geändert werden, um Modelle wie beispielsweise die vom Verband Bildung und Erziehung (VBE) erarbeitete ‚Allgemeine Sekundarschule’ erproben und umsetzen zu können. Hierdurch wird die notwendige schulorganisatorische Flexibilität der Schulträger hergestellt.“
Meine Damen und Herren, das war die Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände. Sie lässt sich ergänzen durch andere Verbände aus dem kommunalen Bereich. Deswegen ist es doch nicht verwunderlich, dass Gemeinden auf der Basis dieser Überlegungen entsprechende Anträge stellen. Es ist eigentlich nur verwunderlich, dass Sie sich wundern. Fakt ist: Das kommt davon, wenn man Anhörungen nicht ernst nimmt, meine Damen und Herren von CDU und FDP.
Anregungen im Anhörungsverfahren nicht ernst zu nehmen, das war Ihre Strategie vor einem Jahr. Dies ist das Ergebnis, was dabei herauskommt.
Ich hoffe, dass sich in den nächsten Wochen auf der Grundlage der Antragstellung von Horstmar und Schöppingen noch etwas bewegen lässt. Ich hoffe, dass die CDU zumindest über ihren eigenen bildungspolitisch engen Schatten springen kann und für eine Diskussion im Interesse der Kinder in Horstmar und Schöppingen offen ist. Denn das ist das Wesentliche.
Frau Ministerin Sommer, wir interpretieren das Wohl der Kinder an dieser Stelle völlig anders, als es von Ihrer Regierung und von Ihnen eben vorgetragen wurde. – Ich danke Ihnen fürs Zuhören und freue mich auf die Diskussion im Ausschuss.
Frau Präsidentin! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte zunächst eigentlich vor, zwei Vorbemerkungen zu machen. Aber ich werde eine dritte hinzufügen.
Erste Vorbemerkung. Aufgrund der demografischen Entwicklung sind sehr viele Kommunen in großer Sorge um den Bestand ihrer Schulen. Fakt ist: Die Schule vor Ort ist ein elementar wichtiger Standortfaktor und übernimmt gleichzeitig eine wesentliche soziale Rolle in den Kommunen.
Zweite Vorbemerkung. Viele Altgediente von RotGrün nutzen nun diese Lage, um durch die Hintertür ihren Traum von Einheits- und Gesamtschule durchzusetzen.
Dritte Vorbemerkung. Nach dem Gespräch, das wir eben hatten, darf ich Ihnen hier auch sagen, dass die beiden Bürgermeister stinksauer darüber sind, dass sie hier heute instrumentalisiert worden sind. Auch das darf ich Ihnen sagen.
Frau Schäfer, diese Strategie ist zu durchsichtig und dient nicht den Kommunen. Im Gegenteil, Sie schaden den Kommunen, weil Sie die Diskussionen dazu nutzen, um Ihr parteipolitisches Süppchen zu kochen. Uns alle müsste gewiss die gemeinsame Bemühung einen, ein möglichst qualifiziertes, wohnortnahes Angebot zu unterbreiten.
Aber Fakt ist auch: Wenn wir demnächst ein Viertel oder ein Drittel weniger Schülerinnen und Schüler haben, werden wir nicht alle 6.300 Schulen in Nordrhein-Westfalen erhalten können, sofern es qualitativ vertretbar sein soll. Auch das gehört zur Wahrheit.