Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kraft, es ist mir eine besondere Freude, dass gerade Sie heute das Thema der Kinderbetreuung in unserem Land auf die Tagesordnung haben setzen lassen.
Ihre Aufregung zeigt, wie sensibel Sie an dieser Stelle sind. Sie haben nämlich gerade den Eindruck erweckt, dass wir diese Politik 39 Jahre lang in Nordrhein-Westfalen betrieben haben.
Ihre Reflexe sind simpel und vorhersehbar. So ist das hier. Sie hatten 39 Jahre lang Zeit, etwas zu tun. Ich sage Ihnen, Sie haben zwei …
(Beifall von der CDU – Rainer Schmeltzer [SPD]: Sie haben noch kein Argument ge- bracht! Kommen Sie zum Thema!)
Meine Damen und Herren, Sie haben in dieser Zeit zwei Dinge erreicht. Sie haben zum einen erreicht, dass wir mit der Betreuungsquote von 2,8 %, die Sie uns vor zwei Jahren hinterlassen haben, am unteren Ende der Rangliste in der Bundesrepublik lagen.
Sie haben noch etwas erreicht, nämlich dass den Kindern in den Kindergärten keine Bildung vermittelt wurde.
Sie haben auch die Kinder im Stich gelassen, denn das, was in den Kindertagesstätten in diesem Land bisher gelaufen ist, beruhte auf dem Engagement einzelner Erzieherinnen.
Aber eine Bildungskonzeption, so etwas, wie es in unserem neuen Kinderbildungsgesetz steht, haben Sie nicht entworfen. Sie haben die Kinder im
Stich gelassen. Zwei Punkte also: eine Betreuungsquote von 2,8 % und die Tatsache, dass Sie die Kinder im Stich gelassen haben.
Frau Kraft, dass Sie das bis heute nicht verstanden haben, zeigen der Antrag und Ihre Begründung für diese Aktuelle Stunde. Im Titel Ihres Antrags sprechen Sie nämlich erneut alleine von der Kinderbetreuung, nicht aber von der Kinderbildung. Das heißt, dass Sie bis heute nicht verstanden haben, dass es an dieser Stelle auch auf die Qualität und auf die Inhalte ankommt.
Sie offerieren uns hier heute eine Debatte, bei der ich mich frage, was sie eigentlich im Landtag von Nordrhein-Westfalen zu suchen hat.
Aber ich habe versucht, das zu verstehen. Ich sage Ihnen das Ergebnis: Die SPD scheint mit ihrer eigenen Bundestagsfraktion unzufrieden zu sein. Ich lese Ihnen einfach etwas aus Ihrer Begründung für diese Aktuelle Stunde vor:
„Der … Versuch des bayrischen Ministerpräsidenten, … den Rechtsanspruch und das Betreuungsgeld miteinander zu verknüpfen, schadet dem Ausbau der Kinderbetreuung …“
„Vor diesem Hintergrund ist die … Landesregierung aufgefordert, sich hinter den Koalitionsbeschluss der Bundesregierung zu stellen und diese bei der Umsetzung … zu unterstützen.“
Ab 2013 soll für diejenigen Eltern, die ihre Kinder von ein bis drei Jahren nicht in Einrichtungen betreuen lassen wollen oder können, eine monatliche Zahlung eingeführt werden.
So lautet der Text, da ist keine Prüfung erwähnt. Was genau wollen Sie eigentlich heute von uns? Wollen Sie, dass wir Ihre SPD-Bundestagsfraktion kritisieren oder maßregeln? Wenn Sie das wollen, können wir das gerne tun. Das wird aber an dieser Stelle nicht viel helfen. Frau Kraft, mit dem, was Sie hier veranstalten, werden Sie den gleichen Erfolg erzielen, den Sie beim Kohlesockel erreicht haben, oder den gleichen Erfolg, den Sie bei Ihrer Kandidatur für den stellvertretenden Parteivorsitz erreichen – oder auch nicht. Denn die
(Beifall von CDU und FDP – Heiterkeit von der SPD – Rainer Schmeltzer [SPD]: Sie le- ben in einer komischen Welt! Wie viele Mi- nister der Bundesregierung stellt Nordrhein- Westfalen?)
Was ich bei Ihnen bewundernswert finde: Sie können hier die ganze Zeit debattieren, ohne dabei zu argumentieren. Das schafft nicht jeder in diesem Land.
So einfach sieht diese Welt aus. Sie versuchen heute, uns eine Debatte vorzuführen und sich als die Partei darzustellen, die etwas für die Kinder in diesem Land leistet. Dafür hatten Sie doch so viel Zeit, und es ist hierzu überhaupt nichts passiert.
Wenn wir jetzt Kritik üben und Wünsche äußern sollen, können wir auch sagen: Erstmalig geben wir im Rahmen des Kinderbildungsgesetzes 1 Milliarde € für die Kinder in diesem Lande aus,
und das soll jetzt der Bund tragen. All die vielen Präsente für die Kommunen soll der Bund tragen. – Das tun wir nicht. Wir machen unsere Arbeit, und wir verankern erstmalig Qualität in der Kinderbetreuung, damit sie zur Kinderbildung wird.
Das, Frau Kraft, lässt sich nicht damit vereinbaren, die Kindergärten beitragsfrei zu stellen. Denn der beitragsfreie Kindergarten wird nur eines erreichen: Wir müssen Kosten drücken, Kosten drücken, Kosten drücken.
Damit wird erneut weder Qualität noch eine Bildungskonzeption erreicht. Statt kompetente Erzieherinnen vorzuhalten, die die Kinder inhaltlich gut weiterbringen können,
wird wieder nur auf billig, auf einfach gemacht: ein Massenprodukt. Das ist nicht das, was das Land braucht. Wir brauchen Qualität für die Kinder. Wir müssen die Kinder schlauer machen. Wir müssen sie für den Wettbewerb rüsten. Das machen beispielsweise unsere Sprachtests.
(Zurufe von der SPD: Uih! – Rainer Schmelt- zer [SPD]: Die sind das beste Beispiel! – Britta Altenkamp [SPD]: Phase 1 oder Pha- se 2?)
Frau Altenkamp, schauen Sie sich doch das Ergebnis der Sprachtests an! Jedes zweite Kind mit Migrationshintergrund in Nordrhein-Westfalen schließt seine gesamte Schullaufbahn auf dem Stand eines Viertklässlers ab. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik – eine absolute Katastrophe!
Das ändern wir. Wir machen verbindliche Sprachtests und verbindliche Sprachförderung. Wir vermitteln jetzt in den Kindergärten Inhalte.