Mit diesem Gesetzentwurf opfern Sie aber die Qualität der Quantität. Sie schaffen den guten Standard in den kleinen altersgemischten Gruppen ab. Diese wird es in Zukunft nicht mehr geben. Sie weigern sich, im Gesetz überhaupt jeglichen Qualitätsstandard zu formulieren. Sie sagen, das bräuchten wir nicht. Das bedeutet: Die Gruppengrößen können zukünftig frei gewählt werden und sind nach oben offen. Das heißt, die Gruppen können mit Kindern vollgestopft werden. Das ist das Gegenteil von Qualität, das ist bloße Verwahrung nach dem Motto: Sauber, satt und trocken. Diese Realität werden wir demnächst in den Kindertageseinrichtungen haben. Dadurch wird die individuelle Förderung der Kinder auf der Strecke bleiben, meine Damen und Herren.
Das heißt: Der Anspruch auf mehr Qualität und mehr Bildung, den Sie in Ihrem Gesetzentwurf permanent – fast in jedem zweiten Satz – formulieren, ist nicht erreicht. Bei dieser Anforderung haben Sie glatt versagt.
Die zweite Anforderung: Wir brauchen mehr Flexibilität für die Eltern. Sie haben zwar unterschiedliche Betreuungszeiten in den Gesetzentwurf hineingeschrieben – 25, 35 und 45 Stunden können gewählt werden –, gleichzeitig haben Sie aber die Möglichkeit der Eltern, diese Betreuungszeiten zu wählen, eingeschränkt; denn entgegen Ihren Zusagen haben Sie die Kontingentierung im Gesetz
Es wird für die Eltern in Zukunft nicht mehr, sondern weniger Flexibilität geben, weil die Wahlmöglichkeit der Eltern durch die Kassenlage bestimmt werden wird. Sie machen an dieser Stelle Bildungspolitik nach Kassenlage, Herr Minister.
Das wird keiner Familie ermöglichen, Kindererziehung und Berufstätigkeit besser unter einen Hut zu bekommen.
Die dritte Anforderung ist der U3-Ausbau. Es besteht ein großes gesellschaftliches Erfordernis – diesbezüglich herrscht über alle Fraktionen hinweg großer Konsens – nach mehr U3-Plätzen. Auch hier haben Sie Ihre Zusage nicht eingehalten, obwohl Sie der Presse mit großen Worten verkündet hatten, aus dem Gesetzentwurf werde die Kontingentierung, die im Referentenentwurf noch stand, herausgenommen.
Wir lesen schwarz auf weiß: Die Kontingentierung ist drin! Damit nehmen Sie auch hier eine Beschränkung vor. Jede Kommune, deren U3-Versorgung bereits heute über 20 % liegt,
(Zuruf von Minister Armin Laschet – Gegen- ruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Warum regt sich denn Herr Erwin so auf?)
wird zukünftig keine weitere Finanzierung bekommen. Diese Kommunen müssen sehen, wie sie ihre U3-Plätze, die sie jetzt schon haben, dann überhaupt refinanziert bekommen. Das ist das Gegenteil von dem, was wir gesellschaftlich brauchen. Das ist eine Deckelung der Krippenplätze.
Herr Minister, Sie täuschen die Öffentlichkeit – eben haben Sie es schon wieder gemacht –, indem Sie permanent falsch und wider besseres Wissen behaupten, es werde mehr Geld für die Kindergartenbetreuung zur Verfügung gestellt.
und die Haushalte 2005 und 2006 nebeneinander legt, sieht es schwarz auf weiß: Sie haben 156 Millionen € aus dem System der Kindergartenfinanzierung herausgezogen.
72 Millionen € haben Sie den Kindertagesstätten entzogen und 84 Millionen € beim Elternbeitragsausgleich gestrichen. Ich zeige es Ihnen gerne noch einmal, Herr Minister. Offenbar kennen Sie Ihren eigenen Haushalt nicht.
(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Sie müssen das mal größer drucken, Herr Minister! – Minister Armin Laschet: Das haben Sie doch vorher herausgenommen!)
Jetzt sagen Sie: Wir legen 100 Millionen € drauf. – Das ist ein Taschenspielertrick, Herr Minister, den Sie da anwenden. Zuerst nehmen Sie das Geld weg. Dann geben Sie einen Teil davon zurück und sagen: Aber von diesen 100 Millionen € mehr müsst ihr noch den kirchlichen Trägeranteil mit 80 Millionen € sowie die Sprachförderung und die Familienzentren finanzieren. – Damit sind wir schon bei 110 Millionen €, die letztendlich noch über den von Ihnen jetzt vorgesehenen Ansatz hinaus bereitgestellt werden müssen.
Genauso ist es mit Ihrer gestrigen JubelPressekonferenz. Das endet ja gar nicht. Ende letzter Woche haben Sie sich gebrüstet, Sie setzten 15.000 € mehr für die Einrichtungen in den sozialen Brennpunkten ein.
Herr Laschet, diese 15.000 € stehen als Anspruch im GTK. Sie machen eine Ermessensleistung daraus. Damit nehmen Sie eine Deckelung dieser Leistung vor.
Sie hätten gestern einmal in diesem Plenarsaal sein müssen, als wir hier mit über 300 Erzieherinnen und Eltern getagt haben. Es ist Hohngelächter über Ihre Mitteilung auf der Pressekonferenz zu 7.000 neuen Stellen ausgebrochen. Die Erzieherinnen wissen genau, dass sie mit diesem Gesetz auf Halbtagsstellen und auf befristete Stellen gesetzt werden. Denn Sie laden das volle Finanzierungsrisiko für die Einrichtungen auf die Träger ab, die dann gucken müssen, wie sie ihre Erzieherinnen bezahlen.
So ist es! So etwas hören Sie natürlich nicht gerne, aber es ist die Wahrheit. Sie haben im Haushalt 2006 nicht gekürzt? – Das ist schwarz auf weiß nachzulesen.
Bei der Einbringung des Referentenentwurfs haben Sie hier auch erzählt, Sie hätten den Konsens zu 100 % übernommen. Das war ebenfalls die Unwahrheit, wie Sie einen Tag später einräumen mussten.
Jetzt erzählen Sie uns, Sie würden 7.500 neue Erzieherinnen einstellen. Herr Minister, das glaubt Ihnen niemand mehr.
Sie sind ein Maulheld, der das vielleicht gerne tun würde, es aber beim Finanzminister nicht durchkriegt.
Herr Minister Laschet, Sie erinnern mich mit Ihren Jubel-Pressekonferenzen manchmal an einen Verpackungskünstler. Wissen Sie aber, was der Unterschied zwischen Ihnen und dem Verpackungskünstler Christo ist? Wenn man bei Ihnen die Verpackung wegnimmt, ist nichts darunter. Christo ist ein Verpackungskünstler, Sie sind ein Attrappenkünstler.
(Beifall von GRÜNEN und SPD – Minister Armin Laschet: Christo ist ein Verhüllungs- künstler, kein Verpackungskünstler!)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen! Meine Herren! Die beiden Rednerinnen der Opposition haben hier eine ganze Menge vorgetragen – Frau Kollegin Asch in einer Weise, dass ich mir manchmal schon ein bisschen Sorgen um sie gemacht habe, so aufgeregt war sie.
Trotzdem bleibt an dieser Stelle in der Debatte eine Frage unbeantwortet: Was ist eigentlich Ihre Alternative?