Protokoll der Sitzung vom 22.08.2007

So wundert es eigentlich auch nicht mehr, dass Sie auch in diesem Antrag wieder einmal ganz zum Schluss zumindest zwischen den Zeilen zum Ausdruck bringen, wen Sie in der EU haben wollen und wen nicht. Sie sagen es zwar nicht so offen wie Herr Jostmeier auf seiner Homepage – ich zitiere – :

„Eine türkische EU-Vollmitgliedschaft ist aus Sicht der CDU auch nicht wünschenswert.“

Ja, meine Damen und Herren, das trennt uns. Wir denken, dass wir offensiv für Europa werben müssen. Wir müssen klarmachen, welche Bedeutung und Leistung Europa für den Frieden bei uns und in ganz Europa hat. Deswegen finde ich es schade, dass Sie keine Gelegenheit auslassen, um unter dem Deckmantel großer europäischer Lippenbekenntnisse im praktischen Handeln ganz überwiegend Bedenken zu tragen.

Aus diesem Grund fordern wir mit unserem Antrag die Landesregierung eben nicht auf, durch das Pochen auf regionale Sonderregeln letztlich diejenigen zu bestärken, die – wie die Briten oder Polen – auf dem europäischen Feuer ihr eigenes Süppchen kochen wollen. Wir erwarten vielmehr, dass unsere Landesregierung diejenigen bestärkt, die sich für Klarheit und Gemeinsamkeit, gegen Klauseln und Ausnahmeregelungen einsetzen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Haben Sie ein bisschen mehr Mut für Europa. Trauen Sie sich, uns, trauen Sie unserem Land, unseren Bürgerinnen und Bürgern, ein bisschen mehr Europa zu! Nur so können wir alle eine handlungsfähige und demokratische Europäische Union schaffen, der wir so viel zu verdanken haben. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Löhrmann. – Für die Landesregierung spricht nun Herr Minister Breuer.

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor fast genau einem Monat, am 23. Juli, hat die Regierungskonferenz ihre Arbeit aufgenommen. Es geht um den Reformvertrag und darum, die bestehenden europäischen Verträge entsprechend zu ändern. Mit der Regierungskonferenz knüpft die portugiesische Ratspräsidentschaft nahtlos an die Arbeit und die Erfolge der deutschen Präsidentschaft an. Jetzt nähert sich der Reformprozess der Zielgera

den. Es ist wichtig, dass wir entschlossen und verantwortlich auf allen Ebenen handeln.

Das trifft in besonderem Maße und vor allem in Deutschland auch für uns auf der regionalen Ebene zu. Die Koalitionsfraktionen in NordrheinWestfalen stellen sich dieser Verantwortung mit ihrem vorliegenden Antrag. Auch die Grünen tun das. Ich bin ziemlich sicher, dass die SPD im Hauptausschuss zu einer konstruktiven Haltung zurückfinden wird. Es ist klug, sich mit solchen Themen auch hier im Landtag von NordrheinWestfalen, dem größten Bundesland, zu befassen.

Es geht um wichtige Punkte. Im Verfassungsvertragsentwurf geht es auch um regionale und kommunale Anliegen. Es geht um das Subsidiaritätsfrühwarnsystem und ein entsprechendes Klagerecht, also etwas, das wir hier im Landtag diskutieren müssen. Es geht um die Stärkung der regionalen Mitbestimmung. Es geht um die Achtung der nationalen Identität und der Mitgliedstaaten. Und es geht auch um die Mitwirkung der deutschen Länder.

Deswegen, Herr Töns, ist es wichtiger geworden, dass wir uns damit beschäftigen. Es geht um die Mitwirkung der deutschen Länder im europäischen Ministerrat. Denn seit der Föderalismusreform gibt es Bereiche, in denen der Bund die Zuständigkeit nicht mehr hat. Frau Löhrmann und die Kollegen der Grünen haben es genau wie die Koalitionsfraktionen zutreffend dargelegt, dass es viele Punkte gibt, die uns originär betreffen und bei denen wir auch entscheiden werden, bei denen es keine Ansprechpartner beim Bund gibt, sodass tatsächlich Frau Merkel oder Fachminister für diesen Bereich auf die Länder zugehen und sie fragen werden, was sie davon halten.

Herr Töns, dass wird so sein. Ich glaube, dass Sie diese Fakten einfach zur Kenntnis nehmen müssen. In der Schulpolitik, der Wissenschaftspolitik und der Universitätspolitik werden diese Kompetenzen Stück für Stück auf die Länder übertragen werden. Das heißt, wir werden unmittelbar im Ministerrat ein Wörtchen mitreden müssen.

Meine Damen und Herren, ich glaube, dass es auch fair ist, deutlich zu machen, dass wir mit der erfolgreichen Ratspräsidentschaft auch ein bisschen mehr Verantwortung auf uns nehmen müssen.

Herr Minister, erlauben Sie eine Zwischenfrage?

Ich möchte im Zusammenhang vortragen. Ich habe nur noch wenige Minuten Redezeit. Vielleicht können wir die Diskussion im Ausschuss fortsetzen.

Mir ist wichtig, dass die Bundesregierung – nennen Sie es „Staatsräson“ oder „vernünftige Zusammenfassung von Ergebnissen von Parlamenten und kommunaler Selbstständigkeit im Bundesrat“ –, in die ich den Außenminister ausdrücklich einschließe, in einem langen Prozess abgefragt hat, welches der Schwerpunkt aus Sicht der Bundesländer in der europäischen Ratspräsidentschaft ist. Mit dem Ergebnis kann man wie Sie möglicherweise nicht immer zufrieden sein; aber diesen Prozess hat es gegeben. Und die Agenda der europäischen Ratspräsidentschaft, die Angela Merkel vorgestellt hat, war im Bundesrat mit allen 16 Ministerpräsidenten in der MPK besprochen und gemeinsam formuliert worden.

Ich bin überzeugt, dass das kluge Vorgehen von Angela Merkel und ihrem gesamten Kabinett während dieser Ratspräsidentschaft auch ein wichtiger Stein zum erfolgreichen Handeln in diesen ersten sechs Monaten dieses Jahres war.

(Beifall von der CDU)

Das war etwas Neues – nicht nur für mich persönlich, sondern auch allgemein, wie ich mir habe sagen lassen. Es war eine kluge Agenda-Setzung der Bundesregierung – auch der Kabinettskollegen, aber vor allem der Bundeskanzlerin. Ich glaube, dass sie mit dem hohen Konsensdruck, den sie dort erzeugt hat, auch entsprechend nachhaltig gearbeitet hat.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Davon können Sie sich einmal eine Scheibe abschneiden!)

Frau Löhrmann, ich möchte alles Mögliche, aber in diesem Punkt möchte ich mir von Angela Merkel keine Scheibe abschneiden; denn nach meiner Einschätzung haben wir eine vernünftige Kultur des Miteinander-Umgehens. Ich denke auch, dass wir in diesem Punkt zum Konsens kommen.

Abschließend stelle ich fest: In Ihrem Entschließungsantrag haben Sie viele Punkte wie die Frage nach dem Kommissionspräsidenten und die Frage nach dem – in Anführungszeichen – „Außenminister“ der Europäischen Union angesprochen. Darunter befinden sich zahlreiche Punkte, bei denen Sie – das sage ich als Minister, aber auch als Abgeordneter der Union – bei vielen in der Union und sicherlich auch bei vielen in der FDP, wie ich dem Vortrag von Herrn Brockes entnehme, offene Türen einlaufen.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Sie werden trotzdem nicht zustimmen!)

Wir werden ja heute nicht über den Entschließungsantrag abstimmen, sondern über beide Anträge zusammen im Hauptausschuss diskutieren. Ich halte es für vernünftig, dass wir zu gemeinsamen Überlegungen kommen, damit wir auch mit gemeinsamer Stimme sprechen und den Konsens vertreten können, den Sie einfordern. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Breuer. – Meine Damen und Herren, wir kommen zum Ende der Debatte.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrages Drucksache 14/4868 einschließlich des Entschließungsantrages Drucksache 14/4899 an den Hauptausschuss. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll dort in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer mit dieser Überweisungsempfehlung einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Es ist einstimmig so beschlossen.

Wir kommen nun zum Tagesordnungspunkt

5 Bewährte Strukturen der Amtsgerichte in Nordrhein-Westfalen müssen erhalten bleiben!

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/4864

Hierzu ist keine Debatte vorgesehen, sodass wir direkt zur Abstimmung kommen.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrages Drucksache 14/4864 an den Rechtsausschuss. Wer dieser Überweisungsempfehlung zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist auch diese Überweisung einstimmig beschlossen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt

6 Drogenkonsum nicht kriminalisieren, Justiz nicht überlasten: „Hilfe statt Strafe“ muss oberstes Prinzip der Drogenpolitik bleiben

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/4858

Bei diesem Punkt ist ebenfalls verabredet, dass keine Diskussion dazu stattfinden wird, sondern eine Überweisung erfolgen soll.

Deshalb kommen wir direkt zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrages Drucksache 14/4858 an den Rechtsausschuss – federführend – sowie mitberatend an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales und den Ausschuss für Generationen, Familie und Integration. Wer dieser Überweisungsempfehlung zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist auch das einstimmig so beschlossen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt

7 Informationsgesetz für Verbraucherinnen und Verbraucher Nordrhein-Westfalen (Verbraucherinformationsgesetz NRW)

Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/3855

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drucksache 14/4871

zweite Lesung

Ich eröffne die Beratung und gebe Herrn Remmel das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, wer von Ihnen sich an die erste Lesung dieses Gesetzentwurfs und meinen Wortbeitrag erinnern kann.

(Zuruf von der CDU)

Das müssen Sie auch gar nicht; ich wiederhole es gerne. Ich habe zum Schluss gesagt, dass ich mit großen Freuden einer Debatte um den besseren Weg entgegensehe, der ich mich auch gerne stellen möchte, und dass ich der Überzeugung bin, dass unser Gesetzentwurf von den in der Debatte befindlichen der bessere ist.

(Beifall von den GRÜNEN)

Zum damaligen Zeitpunkt war nämlich schon klar, dass die Landesregierung einen eigenen Gesetzentwurf zur Verbraucherinformation einbringen wird. Jedenfalls hatte der Umweltminister das angekündigt.

Meine Damen und Herren, leider können wir heute nicht mehr die verschiedenen Entwürfe gemeinsam zelebrieren und dann auch die Entscheidung treffen, welcher Gesetzentwurf denn nun der bessere ist, weil der Konkurrent auf der Strecke abhanden gekommen ist. Das ist zwar ein Dilemma. Ich muss es aber leider feststellen.