Protokoll der Sitzung vom 22.08.2007

Der frühere Ministerpräsident dieses Landes, Johannes Rau, stand bekanntlich für „Versöhnen statt Spalten“. Ihm wollen Sie doch nacheifern. Dazu, Herr Ministerpräsident, müssen Sie den

Menschen zuhören und den Rat von Fachleuten nicht nur einholen, sondern auch annehmen.

(Beifall von der SPD – Zuruf von der SPD: Genau!)

Hören Sie doch – das wäre ja ein guter Anfang – wenigstens den Fachpolitikern zu. Der CDUKollege Hovenjürgen – ich glaube, er ist gerade nicht anwesend – lehnt das KiBiz wegen der Erhöhung der Elternbeiträge nach eigenen Aussagen seit 18 Monaten ab. Hat er bei Ihnen kein Gehör gefunden? Ihr Politikstil ist eben ein anderer als der von Johannes Rau. Sie spalten statt zu versöhnen und glauben, das ließe sich hinter Schlagwörtern und Überschriften verstecken.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Beim KiBiz haben Sie die Kritik der Verbände schlichtweg ausgeblendet. Sie haben Konsens vereinbart. Ihr Minister fand sich dann aber leider im Gesetz nicht mehr wieder.

Bei der Reform des LPVG haben Sie die Gewerkschaften einmal getroffen und dann ignoriert.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Aber wann? Das kommt noch hinzu!)

Selbst Ihr CDU-Arbeitnehmerflügel, die CDA, beschwert sich, er würde nicht gehört.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Bis auf den Bun- desvorsitzenden!)

Ihre eigenen Leute werfen Ihnen vor, dass Sie die Personalvertretungen mit erfundenen Beispielen verunglimpfen, um den Gesetzentwurf durchzupeitschen. Das ist schon ein dolles Ding.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Die Reform der Versorgungsverwaltung wird gegen die Warnungen von mehr als 30 Interessenvertretungen und Sozialverbänden durchgedrückt. Damit werden nicht nur bewährte Strukturen zerschlagen. Die Kosten werden auch noch erhöht. Und die gesetzlichen Vorgaben zur Konnexität werden schlicht und einfach ignoriert.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Das kann doch nicht die richtige Lösung sein.

Wir haben hier in den letzten Wochen und Monaten einiges an Anhörungen erlebt. Ich hatte das Vergnügen, bei der Anhörung zur Gemeindeordnung einmal reinzuhören.

(Zuruf von der CDU: Sie waren da?)

Ja. Selbst unter den Experten, die von CDU und FDP benannt waren, habe ich nur solche entde

cken können, die dagegen waren. Leute, die Sie als Experten zur Unterstützung Ihrer Position gerufen haben, sprechen sich dagegen aus! In der Pressemitteilung haben Sie das schlicht und einfach ignoriert. Aus lauter Verzweiflung konstruieren Sie inzwischen schon Ihre eigene Wahrheit, meine Damen und Herren von der CDU.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Doch leider ignorieren Sie nicht nur die Bedenken der Experten. Ich höre jetzt, auch Ihre eigene Fraktion spürt, dass der Kurs falsch ist. Die Mannschaft beginnt zu meutern. Nur unter Druck – so hört und liest man – können Sie auf dem Schiff Ruhe halten.

(Dr. Gerhard Papke [FDP]: Sie spüren den eisernen Atem!)

-Ich komme jetzt zu Ihnen. Fühlen Sie sich bitte nicht vernachlässigt, Herr Fraktionsvorsitzender.

(Heiterkeit von der SPD)

Auch innerhalb der Koalition ist nicht mehr viel von der Harmonie übrig, die Sie am Beginn Ihrer Zusammenarbeit so gerne zur Schau gestellt haben. Sie streiten sich: über das Tempo beim Schuldenabbau, über die Privatisierung der WestLB, über die Idee eines staatlichen RWEAktienfonds, über die Drogenpolitik, über die innere Sicherheit und über die Reaktion auf die massive Kritik aus Kommunen und Gewerkschaften.

Der Ton wird rauer. Herr Lindner, so habe ich gelesen, nennt seine Justizministerin ein „Sicherheitsrisiko“.

(Beifall von der SPD – Rainer Schmeltzer [SPD]: Ein guter Mann!)

Herr Kollege Stahl vermisst bei Herrn Kollegen Papke die Seriosität, lese ich.

(Beifall von der SPD – Zurufe von der CDU)

In der CDU spricht man auch von Ihren „Profilierungsneurosen“. Für mich hört sich das nicht nach Harmonie an, und die „WAZ“ vom 16. Mai 2007 titelte demnach folgerichtig: „Koalition der Beleidigungen“.

(Beifall von der SPD)

Das geht sogar so weit, dass der CDA-Vize aus dem Ruhrgebiet, Dieter Landskrone, den Rücktritt von Innenminister Wolf fordert.

(Zurufe von der SPD: Genau! – Ralf Jäger [SPD]: Das hätte auch ich sagen können!)

Die CDA, der Arbeitnehmerflügel der Christdemokraten, erklärt – ich zitiere aus dem Papier der Landestagung –:

„Die CDU-Landesregierung sollte sich nicht vor den Karren der FDP-Fraktion spannen lassen und deren Wünschen nach willkürlicher Zerschlagung der Arbeitnehmerrechte nachgeben.“

Das ist ein Beschluss der Landestagung der CDA.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Ich weiß, dass in der CDU-Fraktion viele Mitglieder der CDA sitzen.

(Zuruf von der CDU)

Ich finde, Sie machen es sich zu einfach, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Zuruf von der CDU: Kommen Sie doch end- lich zur Sache! – Gegenruf von Rainer Schmeltzer [SPD]: Das ist die Sache!)

An dieser Stelle muss ich auch auf die eigentümliche Bewusstseinsspaltung von Minister Laumann eingehen. Wer, wenn nicht der Bundesvorsitzende der Arbeitnehmervereinigung CDA, muss sich gegen den Abbau von Arbeitnehmerrechten stark machen?

(Minister Karl-Josef Laumann: Das machen wir doch!)

Ach, das machen Sie schon. Das ist interessant.

(Heiterkeit und Beifall von der SPD – Rainer Schmeltzer [SPD]: Er ist Untergrundkämp- fer!)

Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hier haben wenig davon, wenn Sie in Berlin Krawall schlagen. Machen Sie das doch einmal hier. Das würde weiterhelfen.

(Beifall von der SPD – Rainer Schmeltzer [SPD]: Er hat gesagt, er äußert sich nicht zum LPVG!)

Herr Laumann, es hilft Ihnen nicht, wenn Sie von der CDU fordern – so lese ich –, sie müsse wieder die Interessen der ganz normalen Arbeitnehmer vertreten.

(Minister Karl-Josef Laumann: Das machen wir ja!)

Ich darf es Ihnen noch einmal bestätigen: Sie sind die CDU. – Das ist das Problem.

(Heiterkeit und Beifall von der SPD – Minis- ter Karl-Josef Laumann: Ja!)