Protokoll der Sitzung vom 24.08.2007

(Britta Altenkamp [SPD]: Herr Minister, es wird immer schlimmer! – Gerda Kieninger [SPD]: Das ist ja nicht zu fassen!)

Wenn wir dann im November oder Dezember über das Krankenhausgestaltungsgesetz abstim

men, werden Sie am Ende gut beraten sein, diese neue Entwicklung mitzutragen und ihr zuzustimmen, oder Sie sind wie immer die Verlierer dieser Entwicklung. – Schönen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Laumann. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aktuelle Stunde beendet, die ich hiermit schließe.

Wir kommen zu:

3 PFT-Skandal: Unverzügliches Handeln – Lückenlose Transparenz schaffen – Belastung des Trinkwassers drastisch senken

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/4852

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/4901

Entschließungsantrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 14/4920

Ich eröffne die Beratung und erteile für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herrn Abgeordneten Remmel das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit über einem Jahr hat die Landesregierung, hat der Umweltminister Zeit gehabt, angemessen und umfassend auf die PFT-Verseuchung in Wasser, Böden und Trinkwasser zu reagieren.

Meine Damen und Herren, nach gut einem Jahr ist es Zeit für eine Bilanz. Ich nehme es vorweg: Das Fazit dieser Bilanz ist für die Landesregierung verheerend. In dem größten Umweltskandal der letzten zehn Jahre hat die Landesregierung, hat der zuständige Minister versagt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Lassen Sie mich die fünf Felder, die aus unserer Sicht relevant sind, kurz skizzieren.

Bezogen auf die Bodenbelastung ist zu fragen: Wird und wurde ordentlich und richtig fachlich saniert? Wir müssen leider anhand der Ergebnisse feststellen, dass allein in einem Monat, nämlich im Januar 2007, mehr PFT-Fracht aus dieser Fläche in Brilon-Scharfenberg abgegangen ist als sonst

in einem ganzen Jahr. Man hat also völlig dilettantisch saniert, ist erst mit dem Bagger einmal rauf und runter gefahren, hat das Wasser gesammelt, ohne eine entsprechende Anlage zu haben, die das PFT filtert.

Dies, meine Damen und Herren, war orientiert an dem Willen, möglichst schnell Bilder in der Zeitung, in der Presse zu bekommen, aber nicht an einer ordentlichen fachlichen Praxis. Ist das Problem behoben? Ich sage auch hier Nein. Nach wie vor gibt es keinen Ziel- und Orientierungswert, wo denn die Sanierung endlich enden soll.

Zweite Frage: Wird in dem weiteren Ablauf beim Möhnesee, der als Giftspeicher fungiert, Entscheidendes getan, um zu verhindern, dass tagtäglich Gift aus dem Möhnesee abgelassen wird? Nach wie vor besagen die Zahlen: 300 bis 400 Gramm pro Tag werden an die Unterlieger abgegeben.

Die Landesregierung hat es bis heute unterlassen, mit irgendeiner Maßnahme dafür zu sorgen, dass diese Abgabe von PFT an die Unterlieger endlich beendet wird, weil man sich nicht traut, sich mit dem Eigner und Betreiber der Talsperre, dem Ruhrverband, anzulegen.

Dritte Frage: Ist ausreichend und entschieden genug und zu jeder Zeit allen weiteren Quellen außer der Bodenverunreinigung nachgegangen worden? Sind diese Quellen verstopft worden? Am Anfang hieß es: Es gibt keine weiteren Quellen.

(Minister Eckhard Uhlenberg: Das ist nie ge- sagt worden!)

Dann ist behauptet worden, diese weiteren Quellen hätten keinerlei Bedeutung für das PFTProblem.

(Minister Eckhard Uhlenberg: Das war die vierte Lüge!)

Es wurde verharmlost. Bis vor zwei Wochen hieß es: minimale Bedeutung. Jetzt gibt der Minister zu: 69 weitere Quellen. Insgesamt macht diese Belastung mindestens 25 % der Gesamtbelastung aus. Stück für Stück kommt also die Wahrheit an den Tag.

(Beifall von den GRÜNEN – Minister Eck- hard Uhlenberg: In drei Minuten fünfmal ge- logen!)

Vierte Fragestellung: Wird umfassend, zügig und transparent informiert? Wir haben mehrfach gegenüber der Landesregierung den Anspruch deutlich gemacht, dass die Öffentlichkeit und wir als

Abgeordnete nach Umweltinformationsrecht und Abgeordnetenrecht einen Anspruch darauf haben, umfassend informiert zu werden.

Wo kommt das PFT her? Wer produziert es? Wer gibt es ab? Und in welcher Höhe? In all diesen Fragen hat die Landesregierung bis heute gemauert und verschleiert. Und das ist aufgrund der gültigen Rechtslage nicht nachvollziehbar. Sie biegen an dieser Stelle das Recht. Ich verweise auf Ihren bayerischen Kollegen. Herr Schnappauf, hat kein Problem damit,

(Minister Eckhard Uhlenberg: Das stimmt auch nicht, was Sie da sagen! Dazu sage ich gleich etwas!)

Firmen und Zahlen zu nennen. Die entsprechenden Pressemitteilungen dazu kann ich Ihnen gerne zur Verfügung stellen.

(Minister Eckhard Uhlenberg: Auch falsch!)

Es gibt offensichtlich in diesem Land eine ganz unterschiedliche Rechtspraxis. Wir werden dann eben die Gerichte bemühen müssen, damit Sie endlich die Daten und notwendigen Unterlagen herausgeben.

(Beifall von den GRÜNEN)

Der wichtigste Punkt: Werden und wurden die Menschen im Ruhrgebiet ausreichend in Bezug auf das Trinkwasser vor möglichen gesundheitlichen Gefahren geschützt? Wasser, Trinkwasser ist das wichtigste Gut. Es muss alles getan werden, damit es in einem ordentlichen und möglichst schadstofffreien Zustand erscheint. In dieser Hinsicht hat der Minister gestern eine Bankrotterklärung für die Landesregierung abgegeben.

(Beifall von den GRÜNEN)

Gut ist es für die Menschen, dass endlich etwas passiert. Aber vor über einem Jahr haben wir den Minister bereits aufgefordert, die Wasserwerke anzuweisen, die Grenzwerte und Leitwerte einzuhalten. Aber stattdessen wurde auf freiwilligen Vereinbarungen gesetzt.

Noch vor zwei Wochen sagte der Minister auf die Frage, warum er die Möglichkeiten des Landeswassergesetzes nicht nutze und anordne, dass dieser oder jener PFT-Wert in NRW nicht überschritten werden dürfe – ich zitiere gerne aus der „Welt am Sonntag“ –:

„Es gibt sie nicht, weil es keine vorgeschriebenen PFT-Grenzwerte fürs Oberflächenwasser gibt. Wir haben stattdessen den Konsens gesucht und die Arnsberger Vereinbarung auf den Weg gebracht. So kommen wir ans gleiche Ziel.

Der Fortgang der vereinbarten Maßnahmen wird überprüft, wir sind dauernd im Gespräch.“

(Minister Eckhard Uhlenberg: Da werfen Sie etwas durcheinander!)

Zwei Wochen später muss der Minister feststellen, dass die Wasserversorger dem Ministerium und den Behörden über ein Jahr auf der Nase herumgetanzt haben. Herr Uhlenberg, Ihre Politik an der Stelle ist gescheitert. Die Manie, als guter Onkel der Umweltpolitik zu erscheinen, trägt nicht. Sie stehen da wie ein begossener Pudel, mehr getrieben als selber handelnd.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sie können weder Richtung noch Ziel vorgeben. Entweder lassen Sie sich von den Unternehmen auf der Nase herumtanzen oder von der Öffentlichkeit treiben – beides zeugt nicht für die Stärke eines Umweltministers, der für die Menschen, für den Verbraucherschutz und für die Umwelt in diesem Lande geradesteht.

Deshalb ist es notwendig und richtig, dass der Landtag heute die Initiative ergreift und an zwei entscheidenden Stellen die Vorgaben definiert: erstens, dass alle Maßnahmen ergriffen werden, um kurzfristig die Werte der Belastung im Trinkwasser unter 100 Nanogramm zu halten – das heißt: Quellen verstopfen und die entsprechende Technik anwenden, damit das PFT nicht in das Trinkwasser gelangen kann –, und zweitens – auch das ist ausgesprochen notwendig und richtig –, dass umfassende Transparenz hergestellt wird.

Wir beantragen, dass der Landtag den Minister auffordert, geltendes Recht umzusetzen und seinen Informationspflichten sowohl gegenüber den Abgeordneten als auch gegenüber der Öffentlichkeit nachzukommen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir machen heute einen Strich darunter. Die Behandlung des Umweltproblems PFT durch die Landesregierung ist fachlich falsch, teilweise dilettantisch, in der Sache oft verharmlosend, verschleiernd und hinsichtlich der Informationspflichten rechtswidrig. Deshalb muss der Landtag die Initiative ergreifen und das ersetzen, was die Landesregierung nicht tut. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Remmel. – Für die CDU-Fraktion spricht jetzt Herr Kollege Ortgies.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich zum Inhaltlichen komme, frage ich mich wirklich, Herr Remmel, ob Sie alles gelesen haben, was Ihnen vorgelegt worden ist. Denn wenn Sie die Informationen, die Ihnen gerade auch vom Umweltministerium zugeleitet worden sind, lesen würden, würden Sie nicht solche dramatisierenden Schlagzeilen verwenden. Ich sage es ausdrücklich: Sie betreiben Panikmache. Es ist so; Sie betreiben Panikmache – gerade heute Morgen wieder in Ihrem Vortrag, indem Sie sagen: Der Möhnesee ist ein Giftspeicher. Wissen Sie eigentlich, was Sie da sagen? Es ist eine Unverschämtheit, so eine Behauptung in die Welt zu setzen!