Protokoll der Sitzung vom 14.09.2005

hat darauf hingewiesen - in Tabuzonen, in Wasserschutzzonen bis zur Zone 3 a, in Landschaftsschutzgebieten und im Wald.

Ich erinnere an eine kleine Anekdote, die sich vor etwa zwei Jahren ereignet hat. Minister Vesper hatte geäußert, dass Windenergieanlagen im Wald errichtet werden könnten, jedoch nur dort, wo keine Bäume sind.

Windenergieanlagen dürfen im Übrigen auch nicht in Überschwemmungsgebieten oder in der Nähe von Denkmälern errichtet werden.

Ein wichtiger Punkt ist die Rückbauverpflichtung, die durch eine Bürgschaft abzusichern ist.

Meine Damen und Herren, Windenergieanlagen sind auch weiterhin genehmigungsfähig und privilegiert, wenn sie zum Beispiel als untergeordnete Anlage einem oder mehreren landwirtschaftlichen Betrieben dienen. Das ist allerdings nur dann der Fall, wenn der Betrieb mehr als 50 % der erzeugten Energie selbst nutzt. Das ist bei der Größe der jetzigen Anlagen nur in Einzelfällen möglich. Ich rege an, einmal darüber nachzudenken, ob wir wieder verstärkt kleinere Anlagen bauen.

Wie geschieht das jetzt? Der in großen Anlagen erzeugte Strom wird gemessen, zum Umspannwerk transportiert und dort abgerechnet. Für den Strom werden 8 bis 9 Cent pro Kilowattstunde gezahlt - vom Stromverbraucher subventioniert. Dann fließt der Strom über teure Leitungen wieder zurück zu den Betrieben und wird dort für circa 15 Cent wieder eingekauft - wahrscheinlich von denselben Betrieben. Ist das eigentlich wirtschaftlich sinnvoll? Müssen wir nicht nach Lösungen suchen, um die vor Ort erzeugte Energie auch dort direkt zu verbrauchen? - Dafür gibt es sicherlich viele Möglichkeiten.

(Zuruf von der SPD: Wie denn konkret? - Zu- ruf von den GRÜNEN)

- Es gibt Stromverbraucher, die sich einschalten, wenn der Wind weht. Es gibt Wärmespeicher, die durch elektrische Energie aufgeheizt werden. Käme so etwas nicht auch für Windstrom infrage? Erinnern Sie sich einmal an die Nachtstromspeicheröfen.

Wir sollten verstärkt über dezentrale Energieerzeugung mit kleineren Anlagen, die auch von der Bevölkerung akzeptiert werden, nachdenken. Das ist besser als immer größere Anlagen, die immer mehr in die Höhe wachsen - bis zu 180 oder 200 m - und zu massiven Protesten führen. - Der neue Erlass lässt diese Möglichkeiten zu.

Wir werden heute das Landschaftsgesetz in einem ersten Schritt ändern. Herr Minister Wittke hat schon gesagt, dass wir Windenergieanlagen auch dort wieder für raumbedeutsam erklären, wo sie ein Eingriff in Natur und Landschaft sind. Nicht einzusehen ist, dass im alten Landschaftsgesetz zum Beispiel der Bau von unter- oder oberirdischen Versorgungsleitungen als Eingriff zu sehen ist, nicht jedoch hohe Windtürme. Das wird ab heute beendet.

Meine Damen und Herren, die CDU-Landtagsfraktion wird weiter die Förderung erneuerbarer Energien vorantreiben. Dabei werden wir uns allerdings mehr auf nachwachsende Rohstoffe und auf andere Felder konzentrieren. Minister Uhlenberg hat heute Morgen in Tagesordnungspunkt 1 schon auf Bemühungen der Landesregierung hingewiesen, um das zu forcieren.

Vor allem die hier erzeugte Energie kann die benötigte Grundlast abdecken. Es ist eine Alternative für viele Landwirte, die sich ein Zusatzeinkommen schaffen wollen. Das wollen wir möglichst vielen und nicht nur wenigen Privilegierten ermöglichen, die vielleicht einen guten Standort haben oder Steuerabschreibungsmodelle nutzen können. Wir stehen zu den Zielen des Klimaschutzes, werden aber die Prioritäten anders setzen.

Ich habe heute Morgen Herrn Stinka als Vertreter der SPD-Fraktion nicht richtig verstanden. Noch vor mehreren Monaten haben Sie sich, Herr Horstmann - ich hatte Sie vor zwei Wochen schon zitiert -, mehrfach öffentlich kritisch zur Windenergie geäußert. Damals konnten Sie sich allerdings gegen die Grünen nicht durchsetzen. Nun reden Sie wieder völlig anders, mäkeln am Erlass herum, haben aber eigentlich keine Alternative.

(Dr. Axel Horstmann [SPD]: Ich habe doch noch gar nicht geredet!)

Herr Horstmann, Sie müssen einmal sagen, was Sie eigentlich wollen. Wollen Sie mithelfen, den Wildwuchs einzudämmen, oder wollen Sie weiter tatenlos zusehen, wie unsere Landschaft verschandelt wird?

Dass die weltweiten Naturkatastrophen, die wir alle beklagen, für das weitere Aufstellen von Riesenwindrädern in Nordrhein-Westfalen herhalten müssen, ist populistisch und absurd.

(Beifall von der FDP)

Wir wollen den Klimaschutz verbessern und einen Anteil von 12,5 % am Markt für erneuerbare Energien erreichen. Dies wollen wir im Gegensatz zu Rot-Grün im Einklang mit Natur und Land

schaft und vor allem im Einklang mit der Bevölkerung. Sie haben das zehn Jahre lang sträflich vernachlässigt. Wir ändern das, wir tun was. - Danke schön.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Ortgies. - Als Nächster hat Herr Priggen von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lieber Herr Ortgies, das mit dem Anteil von 12,5 % für erneuerbaren Energien habe ich schon mehrfach gehört. Das, was Sie heute Morgen in den Aktuellen Stunde ausgeführt haben, war aus meiner Sicht Ihr Offenbarungseid, was Klimaschutzpolitik angeht. Sie haben den Klimaschutz lächerlich gemacht, indem Sie ihn auf eine Technik fokussiert und gefragt haben, ob diese Technik in NordrheinWestfalen wohl die Klimakatastrophe verhindern kann. Das ist ein vergeblicher Versuch, und damit werden Sie der Verantwortung, die Sie haben, nicht im Ansatz gerecht.

(Beifall von den GRÜNEN)

An die Adresse der CDU-Kollegen möchte ich Folgendes sagen: Ich kann mit einer konservativen Linie, die sagt, wir setzen Akzente anders, als ihr das gemacht habt, leben. Das ist Ihr gutes Recht. Sie sind gewählt worden, Sie sind die Regierung. Das können Sie machen. Aber die Arroganz, zu sagen, Sie werden die Windkraft als Erstes kaputt machen, und sich dann damit herauszureden, es sei nur ein einzelner Standort gemeint, kann ich nicht akzeptieren. Das ist Hochmut, und der Fall kommt auch noch. Mit dieser Linie werden Sie nicht durchkommen.

(Beifall von den GRÜNEN)

In Vorbereitung dieser Debatte habe ich mir 50 bis 100 Zitate von CDU-Kollegen aus dem Bundestag und aus dem Landtag zur Windkraft herausgesucht. Die Entwicklung der Windkraft ist ja auch mit positivem Engagement der CDU verknüpft. Nicht umsonst hat ja Eckhard Uhlenberg auf seinem Betrieb eine Anlage stehen. Es gibt über lange Zeit sehr viel positives Engagement seitens der CDU. Ich möchte nur ein Zitat des Kollegen Weisbrich, mit dem wir in der letzten Legislaturperiode viel darüber diskutiert haben, bringen, damit Sie einmal den Unterschied zwischen der hasserfüllten Linie, die der Bauminister vertritt, und der differenzierten Linie erkennen, die früher aus Ihren Reihen vertreten worden ist. Herr Weisbrich hat in der Plenarsitzung am 21. Juni 2001 gesagt:

„Deswegen möchte ich nur ganz kurz feststellen: Die CDU ist nicht gegen Windenergie, sondern sie ist für Windenergie! Das ist sie aus Gründen des Klimaschutzes und um die Energiereserven künftiger Generationen zu schonen. Immerhin werden wir in den nächsten 20 Jahren weltweit genauso viel Energie verbrauchen wie in der gesamten Menschheitsgeschichte zuvor. Das verpflichtet uns zum sparsamen Umgang mit Energie.“

Weiter heißt es - immer noch wörtliches Zitat -:

„Ein Sockel an regenerativer Energie - insbesondere auf der Basis von Windkraft - gehört sicher als wesentlicher Bestandteil zu einem zukunftsfähigen Energiemix in NordrheinWestfalen. Wir halten daher überhaupt nichts von einer politischen Verteufelung der Windkraftanlagen, die die technischen Grundlagen dieser Stromerzeugungsmethode verkennt. Immerhin steigt die Energieausbeute in der dritten Potenz mit der Nabenhöhe.“

Jetzt möchte ich der Fairness halber noch einen Satz von Herrn Weisbrich zitieren, weil er damit das Problem anspricht - ich zitiere -:

„Zur Effizienzsteigerung brauchen wir also relativ hohe Windräder. Wir brauchen dann aber auch eine Standortakzeptanz in unserem dicht besiedelten Land.“

Das ist ein Teil der Problemdiskussion. Deswegen hätte ich Verständnis dafür, wenn es nur darum ginge, dass Sie die Akzente anders setzen. Aber das, was jetzt an vielen Stellen herüberkommt, geht weit darüber hinaus. Das Zitat in der „Zeit“ war ja nicht das einzige. Wenige Tage zuvor gab es ja auch Beiträge entsprechender Art in der „NRZ“. Das ärgert mich an dieser Debatte.

Ich selber bin seit zehn Jahren Mitglied im Bundesverband Windenergie. Auch Christian Wulff, der CDU-Ministerpräsident von Niedersachsen, ist Mitglied im Bundesverband Windenergie. Er ist das gewesen, lange bevor er Ministerpräsident wurde. Wenn ich verfolge, wie die Leute die Technik entwickelt haben, wie sie in den letzten 15 bis 20 Jahren entwickelt wurde, kann ich ohne Überhöhung feststellen: Ich weiß, dass wir nicht den gesamten Strom mit Windkraft machen können und dass wir damit die Klimakatastrophe nicht verhindern können. Aber ich finde es faszinierend, dass eine Windkraftanlage vier bis sieben Monate läuft und dann alles, was man an Energie brauchte, um sie herzustellen, eingefahren ist. Ab dann läuft sie, ohne Primärenergie einzusetzen, und sie bringt den Strom, ohne dass man irgendeinem

Ölscheich etwas überweisen muss, aus dem natürlichen Angebot des Windes.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sie reden ja immer über das Münsterland. Meine Mutter wohnt im Münsterland, ich war in Münster in der Schule, und insofern kenne auch ich das Münsterland. Ich fahre jeden Tag von Aachen nach Düsseldorf, sodass ich mir jeden Tag Garzweiler ansehe. Sie sollten einmal gucken, was bei anderen Stromgewinnungsarten passiert. Welche Opfer müssen Leute bringen, die aus ihren Dörfern vertrieben werden? Welche Opfer müssen wir alle bringen, um die Lasten aus der Atomindustrie - das sind nur Teilbeiträge - 1.000 Jahre sicher unter Kontrolle zu haben? Dass Sie diesen einen Bereich verteufeln, obwohl er eine technisch hervorragende Entwicklung in den letzten 20 Jahren genommen hat, ist nicht verständlich. Das ist eine Entwicklung gewesen, die viel Arbeit gekostet hat. Diese soll nun kaputt gemacht werden; das ist ja die generelle Ansage. Das ist bei Anlagen, die leiser, langsamer drehend, preiswerter und technisch insgesamt besser geworden sind, aus meiner Sicht ein Irrsinnsweg.

(Beifall von den GRÜNEN)

Herr Priggen, erlauben Sie eine Zwischenfrage von Herrn Ortgies?

Natürlich.

Bitte.

Herr Priggen, Sie haben den Braunkohletagebau mit den Windenergieanlagen verglichen und gesagt, dass die Menschen Opfer bringen sollen. Sollen die jetzt alle wegziehen, wenn dort mehr Windräder hingestellt werden, oder wie habe ich das zu verstehen?

Nein, natür lich sollen die nicht wegziehen.

Ich habe auch gar kein Problem, wenn man die Abstände etwas größer macht. Das ist völlig in Ordnung. Wenn die Anlagen größer und leistungsstärker werden, müssen die Abstände größer werden. Das ist alles in Ordnung. Das kann man machen. Ich möchte Sie aber an Ihre Ausführungen erinnern, als Sie, Herr Lindner, Herr Weisbrich, Abstände von 500 und 600 m gefordert haben. Warum Sie den Unfug mit 1.500 m nach vorne tragen, müssten Sie in der Sache begründen. Ich kann auch ein Mehrfaches der Höhe als

Abstand akzeptieren. Aber das, was Sie machen, ist einfach überzogen.

Ich will überhaupt nicht leugnen, dass es bei Wind- wie bei Photovoltaik natürliche Nachteile gibt. Das ist doch klar. Wir haben nachts keinen Strom von der Sonne. Wir haben auch keinen Wind aus Windenergieanlagen, wenn der Wind nicht weht. Das sind gewisse Nachteile. Wir müssen gucken, wie wir mit vernünftigeren Speichertechniken, die wir noch entwickeln müssen, gewisse natürliche Nachteile ausgleichen können. Da war Ihr Vorstoß gar nicht verkehrt.

Herr Ortgies, Sie wissen es ganz genau. Die Kraftwerke stehen an den Flüssen. Wir hatten in den vergangenen Jahren und haben auch in diesem Jahr immer wieder Abschaltungen sogar von Nuklearanlagen, weil im Sommer nicht die ganze Wärmelast von den Kraftwerken in die Flüsse einzubringen ist. Das heißt, sie haben bei jeder Kraftwerksart, die Kühlwasser braucht, Reservekapazitäten nicht nur für Stillstand, sondern auch für die Fälle, dass es im Sommer zu warm ist. Die Franzosen haben das Problem in jedem Jahr. Dann ist nicht genügend Kühlwasser vorhanden. Ich meine, es ist sechs Wochen her, dass die Schweden bei Oskarsham ihre ganzen Kernkraftwerke abschalten mussten, weil zu viele Quallen ins Kühlwasser kamen. Sie haben also auch für andere Kraftwerkstypen Reservekapazitäten. Bei Windkraft können Sie über die modernen Rechnermodelle heute mit über 95 % Genauigkeit zehn Stunden vorhersagen, was die gesamten Anlagen bringen. Das heißt, Sie können diese Anlagen sehr gut ins Netz integrieren. Trotzdem gibt es eine Grenze. Das bestreitet keiner. Wir können nicht 50 % der Energie aus Windstrom erzeugen. Windkraft kann nur einen bestimmten Anteil liefern. Dort kann sie intelligent eingesetzt werden.

Tatsache ist, dass wir entgegen der Kampagne, die Sie fahren, weltweit einen enormen Boom haben. Weltweit werden derzeit pro Jahr Windkraftkapazitäten von 8.000 Megawatt errichtet. Allein die USA haben für 2005 und 2006 je 3.000 Megawatt Windkraftkapazitäten aufgelegt.

Auch große deutsche Firmen investieren. Ich nenne Ihnen nur zwei Beispiele. Am 30. Juni 2005 stand bei uns in der „Aachener Zeitung“:

„Die Allianz will 300 bis 500 Millionen € in Firmen, die Windkraftanlagen betreiben und herstellen, investieren.“

Die Begründung war Teil Ihrer Klimaschutzstrategie; denn der Konzern ist auch ein Rückversicherungskonzern. Sie können doch dann nicht sagen, wir machen die Windkraft hier kaputt.

Ich nenne ein zweites Beispiel. In der „Financial Times Deutschland“ vom 8. Juni 2005 stand: „Eon baut den größten Windpark der Welt in England. Invest: 2,3 Milliarden € gemeinsam mit Shell.“ - England hat das Ziel, bis 2010 10 % des Stroms aus Windkraft herzustellen. Wie viele von uns in diesen Tagen, bin ich lange unterwegs gewesen. Zu jeder vollen Stunde habe ich gestern Abend die Nachricht gehört, dass als Konsequenz aus der aktuellen Debatte in Schweden entschieden worden ist, die Windkraft massiv auszubauen. Weltweit haben wir eine massive Nachfrage. Bis jetzt haben wir in Deutschland die Marktführerschaft in diesem Bereich. Das ist nicht einmal vom Herrn Minister bestritten worden. Wir haben die Marktführerschaft, die Spitzentechnologien, und es sind deutsche Firmen mit einem sehr hohen Exportanteil.