Protokoll der Sitzung vom 25.10.2007

Des Weiteren stabilisieren wir das Finanzierungssystem. Das unterstreiche ich an dieser Stelle, weil Sie es immer für unbillig halten, dieses Ziel zu verfolgen. Wir geben mehr Geld in das System Kindertageseinrichtungen.

(Britta Altenkamp [SPD]: Nachdem Sie zweimal das herausgenommen haben!)

Aber nicht jede einzelne Einrichtung wird profitieren, weil wir uns auch um Fördergerechtigkeit bemühen.

(Britta Altenkamp [SPD]: Das hat der Minis- ter schon anders gesagt!)

Sie haben ein Finanzierungssystem hinterlassen, bei dem bei gleicher Leistung – das war Ihre eigene sogenannte Benchmarking-Untersuchung aus dem Jahre 2004 – ein Platz für ein Kind im Alter zwischen drei und sechs Jahren für 35 Stunden in einer Einrichtung in Ostwestfalen-Lippe 30 % günstiger war als ein Platz in einer Einrichtung im Bereich Aachen. Eine solche Finanzierungs- und Förderungerechtigkeit haben Sie mit Ihrem System einfach hingenommen. Das machen wir nicht. Wir wollen, dass gleiche Leistung gleich honoriert wird. Auch deshalb musste das System umgestellt werden.

(Beifall von FDP und CDU)

Wir stehen jetzt am Ende eines sehr schwierigen Gesetzgebungsverfahrens, weil unterschiedlichste Ziele und Aspekte miteinander verbunden werden mussten, weil es ganz unterschiedliche Akteure mit ihren jeweils eigenen Zielen und Interessen gab. Es ist gelungen, einen Gesetzentwurf zu erarbeiten, der all den Zielen und Absichten, die ich für die Landesebene beschrieben habe und die wir im Koalitionsvertrag verankert haben, gerecht wird. Nach der Gesetzgebungsarbeit geht es nun darum, im Land weitere Überzeugungsarbeit zu leisten. Da werden wir die Trümmer wegräumen müssen, die Sie mit Ihrer Fehlinformation, mit Ihrer entweder nicht hinreichend sorgfältigen Recherche oder einer bewussten Verzerrung von eigentlich beabsichtigten Maßnahmen hinterlassen haben.

(Beifall von FDP und CDU – Britta Alten- kamp [SPD]: Den Schuh ziehe ich mir nicht an!)

Aber ich sage Ihnen: Am Ende werden die Menschen erkennen, wer über Jahre untätig war und wer nur aus der Deckung kam, als es darum ging, diejenigen, die handeln wollten, zu belasten und zu behindern, und wer hier im Land tatsächlich Verantwortung übernimmt, das Kindergartenwesen modernisiert und an geänderte Anforderun

gen anpasst. Wir übernehmen die Verantwortung für dieses Kinderbildungsgesetz, weil wir glauben, dass es ein gutes Gesetz im Interesse von Kindern und Familien ist.

(Zurufe von der SPD)

Dafür werden wir im Land werben. Ich sage Ihnen voraus: Wir werden dafür große und größte Zustimmung erhalten. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von FDP und CDU)

Danke schön, Herr Lindner. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun die Kollegin Asch.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Man merkt den Regierungsfraktionen förmlich an, wie erleichtert sie sind, dass das Gesetzgebungsverfahren, das mit Irrungen und Wirrungen verbunden war, nun endlich beendet ist. Frau Milz war entsprechend kurz in ihren Einlassungen. Sie haben das Verfahren sogar dadurch abgekürzt, dass Sie sich Ihrer eigenen parlamentarischen Rechte beschnitten haben, indem Sie nämlich alle Verordnungen und Verfahrensfragen, die jetzt noch anstehen, nicht im Ausschuss beraten wollen. Das heißt, Sie haben sich an dieser Stelle selbst entmündigt. Auch das spricht gegen Sie und zeigt die Ernsthaftigkeit, mit der Sie dieses Thema behandeln.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Das Schlimme ist, für Sie mag das Kapitel jetzt beendet sein. Für die Kommunen, Träger, Einrichtungen, Eltern und vor allem für die Kinder gehen aber die Probleme jetzt erst richtig los. Denn die müssen all das ausbaden, was Sie ihnen mit diesem ach so niedlich klingenden KiBiz eingebrockt haben. Das ist das Fatale.

Herr Lindner, Sie sagen, Sie haben Gestaltungswillen. Den mag Ihnen hier keiner absprechen. Es geht aber auch um das Vermögen, zu gestalten. Das haben Sie nicht. Sie haben an dieser wichtigen Stelle versagt. Den Willen kann man gerne haben, man muss es aber auch zum Erfolg bringen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Herr Kern, Herr Tenhumberg und Herr Biesenbach, Sie alle tragen zu Hause kommunale Verantwortung. Ich sage Ihnen voraus: Sie werden sich noch die Augen reiben und an unsere Warnungen und die der Fachleute denken und sich wünschen, dass Sie nie die Hand für dieses Gesetz gehoben hätten,

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von der CDU)

wenn die Eltern vor Ihrer Tür stehen, weil sie mit diesem unlogischen und wirren Finanzierungssystem und der immensen Bürokratie, die Sie produzieren, nicht zurechtkommen. Sie werden noch an die Warnungen denken, wenn die Mittel für den Ganztag nicht ausreichen, wenn die Eltern mehr Bedarf haben als die 25 %, die jetzt im Gesetz stehen, wenn Sie die Elternbeiträge für die längeren Öffnungszeiten erhöhen, die dann keiner mehr nimmt, und wenn Sie feststellen, dass wir zukünftig in den Kindergärten eine Zweiklassenbetreuung haben werden.

Fakt ist, dieses Gesetz fordert schon jetzt die ersten Opfer. In Dortmund – auch das müssen Sie zur Kenntnis nehmen – hat der erste Träger drei Erzieherinnen vorsorglich gekündigt, weil er festgestellt hat, dass er aufgrund dieses Gesetzes keine Existenzgrundlage mehr hat. Das ist Ihnen aber anscheinend egal. Sie bringen hier nur immer stereotypisch Ihre Argumente vor.

Eines treibt mich aber wirklich um, und das ist mir wirklich wichtig: Die Auswirkungen auf die Träger wegen der erhöhten Bürokratie werden Sie relativ kurzfristig feststellen. Aber die langfristigen Auswirkungen werden die negativen Folgen für die Entwicklung unserer Kinder sein.

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Das wird sich nicht in einem halben Jahr feststellen lassen, sondern das wird sich erst in einigen Jahren zeigen. Das Schlimme ist, dass dieses Gesetz die Schere zwischen armen und reichen Kommunen, zwischen armen und reichen Kindern in diesem Land noch weiter öffnen wird. Die dringendste Aufgabe, nämlich die bedrückende Kinderarmut zu bekämpfen und der etwas entgegenzusetzen, werden Sie mit diesem Gesetz nicht lösen, sondern – im Gegenteil – Sie werden diese Schere zwischen armen und reichen Kindern weiter öffnen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Sie haben heute Morgen wahrscheinlich alle die Untersuchung von der christlichen Stiftung „World Vision“ gelesen, die gestern veröffentlicht wurde. Die hat uns sehr deutlich ins Stammbuch geschrieben: Die armen Kinder in diesem reichen Land bekommen nicht den Anschluss. Ihre Politik wird die negative Entwicklung für die armen Kinder noch weiter verstärken. – Das sieht man nicht im nächsten oder übernächsten Jahr, sondern nur langfristig.

Da wir das heute nicht mit Argumenten und Gegenargumenten klären können, möchte ich Sie bitten, dass Sie, wenn Sie das ernst meinen, was Sie immer als Ziel formulieren, nämlich dass Sie Politik für Kinder machen, und wenn es Ihnen wirklich um die Kinder geht, sich der Qualitätskontrolle stellen und einen Wirksamkeitsdialog einführen, ähnlich wie wir das in der Jugendhilfe haben. Dann können wir in zwei, drei Jahren gemeinsam bewerten, ob das, was Sie hier als Ziel formuliert haben, tatsächlich erreicht worden ist und ob das eingetreten ist, was wir angeblich alle wollen, nämlich die Kinder in den Mittelpunkt zu stellen und das Wohl der Kinder zur gemeinsamen Maxime zu machen.

Wir als Opposition sind, gemeinsam mit Eltern, Verbänden und Fachleuten, sehr pessimistisch, was die Folgen Ihrer Gesetzgebung angeht. Sie schwächen die Erzieherinnen, Sie schwächen die Einrichtungen, Sie schwächen die Eltern, und damit schwächen Sie auch die Kinder in unserem Land. Damit zeigen Sie, dass Kinder und Familien bei dieser Landesregierung nicht in guten Händen sind. Sie schaffen nicht Rückenwind, sondern Sie schaffen Gegenwind für jedes Kind.

(Beifall von den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Asch. – Der fraktionslose Abgeordnete Sagel hat nun das Wort.

(Zuruf von der FDP: Ach nein, er hat doch gestern schon geredet!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Präsidentin! Ich bin gestern gerügt worden – mir ist auch der Ausschluss angedroht worden – wegen eines unparlamentarischen Ausdrucks, den ich hier benutzt habe. Ich habe zu dem KiBiz-Gesetz so etwas Ähnliches wie „Vogelmist“ gesagt. Ich glaube, ich habe mich sehr klar ausgedrückt, denn das ist genau das, was es ist.

Frau Präsidentin, es ist etwas schwierig: Bei der Einbringung des Gesetzentwurfs durfte man das zwar sagen, aber in der gestrigen Debatte nicht mehr. Vielleicht muss man im Landtagspräsidium eine Klärung herbeiführen.

Ich möchte noch eine andere Sache im Zusammenhang mit dem Landtag erwähnen. Im Zusammenhang mit meinem Eintritt in die Partei Die Linke hat der CDU-Abgeordnete Dr. Sternberg Die Linke mit der rechtsextremen NPD verglichen.

(Demonstrativer Beifall von der CDU)

Er äußerte dabei, der Missbrauch von Reden und Parlamenten gehöre zur Strategie der extremen Rechten. Für diesen Missbrauch würde auch Die Linke stehen.

(Demonstrativer Beifall von der CDU – Minis- ter Armin Laschet: Die wird vom Verfas- sungsschutz beobachtet!)

Ich selbst und auch die Partei Die Linke stehen auf dem Boden des Grundgesetzes und der Landesverfassung.

(Zurufe von CDU und FDP. Oh!)

Ich finde dieses Verhalten eines Abgeordneten gegenüber einem Kollegen unerhört und auch gegenüber einer Partei, die Millionen von Wählerinnen und Wählern in deutschen Parlamenten vertritt. Ich erwarte dafür eine Entschuldigung. Ich erwarte auch eine Klarstellung der CDU. Ihr Klatschen hier finde ich unerhört. Ich finde diesen Vergleich absolut unerhört, den Sie hier angestellt haben, Herr Dr. Sternberg.

(Zuruf von der FDP: KiBiz! KiBiz! KiBiz! – Weitere Zurufe von CDU und FDP – Minister Armin Laschet: Welche Wähler haben Sie denn gewählt?)

Mich haben sehr viele Wählerinnen und Wähler gewählt.

(Minister Armin Laschet: Die Grünen! – Syl- via Löhrmann [GRÜNE]: Die Grünen wurden gewählt! – Zurufe von CDU und FDP: Die Grünen!)

Die Linke ist auch von sehr vielen Wählerinnen und Wählern gewählt worden.

(Lachen von CDU und FDP – Zurufe von der FDP: KiBiz! KiBiz!)

Jawohl, in Deutschland ist sie von sehr vielen gewählt worden. Auch in Nordrhein-Westfalen haben übrigens sehr viele die Parteien gewählt, die jetzt Die Linke bilden. Das ist nicht der Punkt.

Aber wenn der Vergleich mit der NPD jetzt der neue Stil im Landtag wird, bin ich sehr gespannt. Frau Präsidentin, ich bitte Sie jedenfalls, darauf Einfluss zu nehmen, dass sich die Kollegen nicht in der Art und Weise wie Dr. Sternberg äußern und nicht Abgeordnete mit rechtsradikalen Parteien vergleichen. Das finde ich unerhört.

(Zuruf von der FDP: Sektierer! Zur Sache re- den!)

Ich rede schon die ganz Zeit zur Sache. Wenn Sie genau zugehört hätten, würden Sie das fest