Protokoll der Sitzung vom 25.10.2007

Wir stehen in Deutschland vor der Frage, wie wir neue Impulse für herausragende Lehre an unseren Hochschulen setzen können. Der Wissenschaftsrat arbeitet bereits an der Entwicklung eines geeigneten Konzepts. Zudem bezieht die von Bayern, Baden-Württemberg und uns angeregte Umstellung der Akkreditierungsverfahren von den Studiengängen auf eine ganzheitliche Systemakkreditierung erstmalig die Qualitätssicherung in der Lehre mit ein.

Voraussetzungen für eine erfolgreiche Förderung von Spitzenforschung bleibt aber die wettbewerbliche Forschungsförderung in der Breite. Spitze gibt es nur, wenn wir auch in der Breite stark angelegt sind, meine Damen und Herren.

(Beifall von CDU und FDP)

Von herausragender Bedeutung sind hierbei die unterschiedlichen Förderlinien der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die allen Universitäten unseres Landes für exzellente Projekte offenstehen.

Ich möchte die Größenordnungen einmal in Relation zueinander stellen: Die Exzellenzinitiative hat in den nächsten fünf Jahren bundesweit insgesamt ein Volumen von 1,9 Milliarden €. Wir rechnen damit, dass wir zusätzlich alleine für Nordrhein-Westfalen in den nächsten fünf Jahren DFG-Forschungsförderungsprojekte für alle Universitäten des Landes in einer Größenordnung von 1,5 Milliarden € einwerben können. Damit sehen Sie: Auch in der Breite können wir parallel zur Exzellenzinitiative hervorragende Projekte in unseren Universitäten anschieben.

(Beifall von CDU und FDP)

Hierzu gehört für uns auch die angewandte Forschungsförderung an unseren Fachhochschulen, die wir mit dem neuen Programm „FH-EXTRA“ in den kommenden Jahren zusätzlich fördern wollen.

Ich versichere Ihnen, meine Damen und Herren: Wir werden die Hochschulen in NordrheinWestfalen weiter mit Nachdruck stärken. Dazu gehört die notwendige Verbesserung der Finanzausstattung unserer Hochschulen, die wir im Jahre 2005 beginnend eingeleitet haben und für die wir mit dem Innovationsfonds, den der Finanzminister in der Ergänzungsvorlage vorgelegt hat, weiter an Dynamik gewinnen.

Insofern möchte ich nach der Exzellenzinitiative und nach knapp zweieinhalb Jahren neuer Hochschulpolitik bilanzieren: Ein Etappenziel ist erreicht. Die Aufholjagd in Nordrhein-Westfalen geht weiter. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Pinkwart. – Meine Damen und Herren, als Nächster hat Herr Schultheis von der SPDFraktion das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Als ich heute Morgen das Trauerspiel zu dieser Tagesordnungsdebatte miterleben durfte, war mein erster Eindruck, dass auch diesem Landtag eine Exzellenzinitiative gut zu Gesichte stehen würde.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Das merke ich nur am Rande an. Wir müssten uns mal darüber unterhalten, wie wir in der Öffentlichkeit durch unser Agieren wirken. Ich schließe hierin alle ein, aber heute Morgen waren insbesondere CDU und FDP an der Reihe.

Meine Damen und Herren, die Unterrichtung durch die Landesregierung zur Exzellenzinitiative steht auf der Tagesordnung. Herr Minister, ich freue mich ja, dass Sie diese Exzellenzinitiative so positiv beurteilen, ist sie doch ein Produkt der früheren rot-grünen Bundesregierung

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

und insbesondere der ehemaligen Bundesbildungs- und Bundesforschungsministerin Edelgard Buhlmann, die diese Exzellenzinitiative auf den Weg gebracht haben. Ich sage dies deswegen, weil wir im Landtag des Öfteren über die Arbeitsergebnisse dieser Regierung – und oft sehr stark

eingeengt zu Themen wie beispielsweise „Agenda 2010“ – diskutieren.

Diese Bundesregierung hat die Forschungspolitik in der Bundesrepublik Deutschland neu belebt. Diese Exzellenzinitiative und die Ergebnisse, die jetzt auf dem Tisch liegen, zeigen, dass das eine sehr, sehr gute Entscheidung war. Das ist das Erste: Das Lob des Ministers für diese Politik nehmen wir gerne entgegen.

Ein Zweites nehmen wir nicht entgegen: Legendenbildung brauchen wir in diesem Landtag nicht.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Genau so! – Bei- fall von der SPD)

Zum Schluss haben Sie ja gesagt, seit zweieinhalb Jahren habe sich hier die Welt geändert.

(Beifall von Manfred Kuhmichel [CDU])

Sie sind noch nicht seit zweieinhalb Jahren an der Regierung. Aber davon einmal abgesehen: Glauben Sie denn in der Tat, dass sich eine Hochschule wie die RWTH Aachen in Ihrer Regierungszeit zu dem entwickelt hat, was sie darstellt? Glauben Sie das wirklich, und nehmen Sie wirklich an, dass das in der Öffentlichkeit jemand so aufnimmt? Das ist einfach zu billig.

(Beifall von der SPD)

Sie müssen einfach zur Kenntnis nehmen, dass es bei der Exzellenzinitiative nicht um einen ordnungspolitischen Ansatz geht, wie er hier insbesondere seitens der FDP verfolgt wird; sondern hier geht es um bares Geld für Forschung und Entwicklung und für Lehre an unseren Hochschulen, an unseren besten Hochschulen, die sich im Wettbewerb bewegen. Zu diesem Wettbewerb stehen wir auch. Aber hier geht es um Geld und nicht um Ordnungspolitik. Es ist Ihre politische Linie, Geld durch Ordnungspolitik ersetzen zu wollen. Das geht leider nicht. Das reicht nicht aus.

Ich will ein Beispiel aufgreifen, das Sie gerade genannt haben und was belegen soll, dass dadurch in Köln besondere Impulse in Gang gesetzt worden sein sollen, nämlich durch das MaxPlanck-Institut für Altersforschung. – Dieses Institut gibt es überhaupt noch nicht. Seine Realisierung ist wiederum verschoben worden. Ich wüsste nicht, wie es eine Wirkung hätte erzeugen sollen, um insbesondere den Standort Köln besser profilieren zu können.

(Vorsitz: Vizepräsident Edgar Moron)

Noch einmal: Ich bitte Sie wirklich, von der Legendenbildung abzusehen. Wir freuen uns über jede gute Tat dieser Landesregierung auch für

unsere Hochschulen. Das steht außer Zweifel und das unterstützen wir auch. Aber wir fordern auch, dass diese Landesregierung nicht nur ordnungspolitisch handelt, sondern wirklich hilft.

Meine Damen und Herren, der Glückwunsch der SPD-Landtagsfraktion am heutigen Morgen gilt natürlich ganz besonders der RWTH Aachen

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

mit ihrem Zukunftskonzept, mit dem sie in die Spitzengruppe der Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland hineingewachsen ist. Das ist eine gute Entscheidung. Wir wünschen, dass dieses Konzept, mit dem sich die RWTH den Herausforderungen der globalen Problemlagen stellen will, erfolgreich ist. Wir brauchen solche Konzepte, wir brauchen solche Lösungen für die Menschheit, für unsere Wirtschaft, für unsere ökologische Situation, für unser Klima beispielsweise. Da ist die RWTH Aachen sicherlich die Hochschule, die Hervorragendes leisten kann.

Es geht zunächst einmal um die Finanzierung des Konzepts. Der nächste Schritt ist die Umsetzung des Konzepts, und da muss natürlich auch das Land Nordrhein-Westfalen helfen.

Wir bedanken uns nicht nur bei Rektor Rauhut, der das in der Tat wunderbar gemanagt hat, sondern bei allen Mitgliedern der Hochschule. Denn eine solche Hochschule wie die RWTH Aachen lebt von hervorragenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und hervorragenden nichtwissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in sehr, sehr großer Zahl.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Die Professorinnen und Professoren in der RWTH Aachen wissen dies sehr genau.

Aber Freude über den Erfolg auf der einen Seite heißt auch Enttäuschung auf der anderen Seite. Sie haben es auch angesprochen. Wir bedauern außerordentlich, dass das Konzept der Universität Bochum trotz seiner hohen Qualität nicht zum Zuge gekommen ist. Gerade wegen der innovativen Hochschulstrukturen – Sie haben es angesprochen –, die hier aufgebaut werden sollen, verdient dieses Konzept Unterstützung.

Herr Minister, warum sollten wir es nicht anderen Bundesländern nachmachen? Ich erinnere mich an eine Überschrift im „Handelsblatt“ vom – meine ich – 23. Oktober, die lautete: Länder legen bei Eliteförderung nach. – Die einzelnen Bundesländer, die unabhängig von der Bund-LänderInitiative noch einmal nachlegen, sind kleinere Bundesländer als Nordrhein-Westfalen. Beispiels

weise wird das Land Hessen, das ja – wenn ich das sagen darf – bei der Exzellenzinitiative nicht so gut weggekommen ist, bis zum Jahr 2010 jährlich bis zu 90 Millionen € zusätzlich bereitstellen. Selbst das Land Sachsen-Anhalt wird 20 eigene Millionen in die Hand nehmen, um Exzellenzförderung in Sachsen-Anhalt zu betreiben. Ähnliche Initiativen gibt es in vielen Bundesländern.

Wir erwarten einfach, wenn wir gemeinsam das Bochumer Konzept als gut, als hervorragend beurteilen, dass wir dieses Konzept gemeinsam ein Stück weiterbringen. Und wenn es nicht aus dem Geld der Bund-Länder-Initiative ist, dann aus Landesmitteln. Das fordern wir hier.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, der Zuschuss für Nordrhein-Westfalen aus beiden Runden der Exzellenzinitiative beträgt 71,5 Millionen €. Im Finanzranking belegt Nordrhein-Westfalen damit den dritten Platz hinter Baden-Württemberg mit 138,5 Millionen € und Bayern mit 86 Millionen €, vor Berlin mit 54 Millionen €. Betrachten wir die Ergebnisse der Exzellenzinitiative jedoch in Relation zur Bevölkerungszahl, der Anzahl der Hochschulen und der Anzahl der gestellten Anträge in Nordrhein-Westfalen, müssen wir feststellen, dass das bevölkerungsreichste Bundesland mit rund 18 Millionen Einwohnern in seiner Gesamtheit ein eben nicht ganz so positives Ergebnis einfährt.

(Widerspruch von Manfred Kuhmichel [CDU])

Ja, man muss doch realistisch sein. Wir wollen doch dieses Land nach vorne bringen. Wenn ich bedenke, wie Sie zu Beginn der Regierungszeit dieser Regierungskoalition dieses Land und seine Hochschulen schlechtgeredet haben,

(Beifall von der SPD – Marc Jan Eumann [SPD]: Genau!)

dann wundert es mich schon, was ich hier heute Morgen gehört habe. Ich finde das gut, dass der Minister und auch Sie sich der Wirklichkeit annähern. Das finde ich prima. Aber das sollten Sie im Hinterkopf haben und einmal die Protokolle lesen, was Sie hier zu Beginn Ihrer Regierungszeit über unsere Hochschulinfrastruktur gesagt haben.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Exakt!)

Meine Damen und Herren, wir halten gerade die Förderung von Bochum für eine herausragende Anforderung und Herausforderung, weil die Geisteswissenschaften hier in besonderer Weise gefördert würden.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Das ist ein Defizit: Selbst wenn es einzelne Leuchttürme bei der Exzellenzinitiative gibt, gibt es doch ein Ungleichgewicht zwischen Naturwissenschaften/Ingenieurwissenschaften und Geisteswissenschaften/Sozialwissenschaften bei den Ergebnissen, bei den Clustern, bei den Graduiertenschulen und bei den Spitzenuniversitäten oder Eliteuniversitäten – nicht, dass Sie meinen, ich würde diesen Begriff scheuen. Die Exzellenzinitiative zieht sich über verschiedene Strukturen hinweg.