Dafür können Ihnen die zukünftigen Arbeitslosen schon einmal Dankesbriefe schreiben, Herr Rüttgers. Sie wiegen die Menschen in falscher Sicherheit. Mit Ihrem Reden von Sicherheit tun Sie so, als müssten wir nicht bestimmte Dinge verändern.
Übrigens, Herr Rüttgers: Es gäbe ja ein Feld, auf dem Sie im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wirklich etwas Vernünftiges tun könnten. Denn so schön es ist, das wieder mehr Menschen in Arbeit sind, schöner wäre es, wenn die Menschen von ihrer Arbeit auch ordentlich leben könnten. Noch schöner wäre es, wenn nicht Zigtausende, obwohl sie 40 Stunden in der Woche arbeiten, zusätzlich staatliche Sozialleistungen in Anspruch nehmen müssten.
Und richtig schön wäre es, wenn Sie, Herr Ministerpräsident, dafür sorgen würden, dass der Widerstand in Ihrer Partei gegen die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns endlich gebrochen würde. Für Ihre Phrasen können sich die Betroffenen nämlich nichts kaufen, meine Damen und Herren.
Gucken Sie doch in viele andere europäische Länder, in denen es einen Mindestlohn gibt. Herr Stahl, wenn Sie die alle als sozialistisch und kommunistisch bezeichnen, dann sage ich Ihnen, dass ich das in Großbritannien immer anders wahrgenommen habe. Dort gibt es den Mindestlohn, und die Menschen machen gute Erfahrungen damit. Es ist in jeder Hinsicht unmoralisch, wenn Menschen ihre volle Arbeitskraft einsetzen und trotzdem weniger als den Sozialhilfesatz haben. Löhne von unter 5, unter 4, ja sogar unter 3 € die Stunde, das ist in meinen Augen Ausbeutung und sonst nichts, meine Damen und Herren.
Bis heute sind Sie es, die Christlich-Demokratische Union in Deutschland, die diesen sozial- und arbeitsmarktpolitischen Skandal weiter duldet. Es ist
Ihre Verantwortung, dass es hier in Deutschland nicht zu einer weiteren Entwicklung kommt. Herr Rüttgers, wenn Sie das ändern, dann – das verspreche ich – werde ich Sie öffentlich loben.
(Johannes Remmel [GRÜNE]: Das ist doch eine Aussicht! – Gisela Walsken [SPD]: Das ist doch Ansporn!)
Das könnte ein Ansporn sein. Und wenn Sie, meine Damen und Herren, darstellen würden, was die Effekte des Arbeitsmarktes sind, die mit Ihrer Landespolitik zu tun haben, und was nicht – das sind die meisten –, dann wäre das für die politische Hygiene in diesem Land ein großer Fortschritt.
In diesem Zusammenhang nunsehr gerne eine Anmerkung zur viel beschworenen kreativen Ökonomie, die Sie so gerne im Munde führen: Ihre Anleihe an Richard Florida greift zu kurz. Sie wissen doch, die entscheidenden drei Erfolgsfaktoren zur Entwicklung der kreativen Wirtschaft sind die drei großen „T“: Talente, Toleranz, Technologie.
Talente? – Solange Sie in der Bildungspolitik da stehenbleiben, wie ich es am Anfang skizziert habe, werden Sie die Talente nicht fördern und heben.
Toleranz? – Wer das ernst nimmt, der darf keine Kopftücher verbieten. Der muss Integrations- und Migrationspolitik grundsätzlicher begreifen
und nicht nur vordergründig. Und der muss auch Schwule und Lesben als selbstverständlichen, gleichberechtigten Teil der Gesellschaft sehen. Der muss Vielfalt wirklich als Reichtum begreifen. Davon sind Sie weit entfernt. Da habe ich Richard Florida in Essen anders verstanden. Der hat das nämlich ganz anders entfaltet, meine Damen und Herren.
Technologie? – Da reicht es nicht, mit dem Strukturwandel bei dem ja auch von mir erwähnten Steinkohleausstieg stehenzubleiben. Sie sind doch aus ideologischen Gründen gegen Innovation im Umweltschutz zu Felde gezogen. Wie sähe denn die Arbeitsplatzbilanz aus, wenn Sie alle durch Rot-Grün ausgelösten Arbeitsplatzeffekte im Umweltbereich nicht hätten? Diesen Innovationsvorsprung, den wir in Deutschland dank grüner Politik haben, gilt es auch bei der Gestaltung des Klimawandels offensiv zu nutzen.
Jetzt widersprechen Sie mir. Aber wissen Sie, wem Sie dabei im Grunde genauso widersprechen? – Klaus Töpfer. Der sagt nämlich im Grunde genau das Gleiche: Die entscheidende Frage auch in der Technologieentwicklung ist der Klimawandel.
Meine Damen und Herren, wer den Klimawandel offensiv anpackt, wird den Boden für ökonomische Prosperität bereiten. Während Bundeskanzlerin Merkel wenigstens durchaus ehrgeizige Ziele im Klimaschutz formuliert, forcieren Sie hier im Land den Bau von Stein- und Braunkohlekraftwerken. Ihr Bauminister macht mutwillig und mit Ansage die Windenergie kaputt. Ihre Wirtschaftsministerin streicht die Förderung der erneuerbaren Energien. Darüber hinaus weigern Sie sich als Landesregierung nach wie vor, ein ehrgeiziges, umfassendes Klimakonzept für Nordrhein-Westfalen zu erarbeiten.
Wie, bitte schön, soll die Kanzlerin ihre Klimaziele erreichen, wenn das Energieland Nummer eins, wenn Nordrhein-Westfalen nicht mitzieht? Das kann und wird schlicht und ergreifend nicht funktionieren. Wenn das Bundesland mit dem höchsten CO2-Ausstoß pro Kopf jede wirksame Initiative für mehr Klimaschutz blockiert, dann kann und wird das nicht funktionieren. Bei allen, aber auch wirklich bei allen Konflikten, in denen es um Klimaschutz gegen mächtige Lobbyinteressen geht, steht diese Landesregierung nicht auf der Seite des Klimaschutzes, sondern sie steht dann immer auf der Seite der Lobbyisten,
auf der Seite der Autolobby, der Kraftwerkslobby, der Speditionslobby und nicht zuletzt der Agrarindustrielobby.
Wenn man sich die Plenarbeiträge insbesondere der Kollegen Weisbrich und Ellerbrock zu dieser Frage anhört, dann wundert einen nicht, auf welchem Grundsatzweg sich diese Landesregierung befindet. Da wird nach wie vor der Klimawandel geleugnet.
Sollte es dort eine Änderung geben, dann wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie die hier offensiv vortragen würden. Dann hätte sich mein Beitrag zu diesem Thema gelohnt.
Meine Damen und Herren, ich möchte Beispiele nennen, was zu tun ist: Sorgen Sie in unserem bevölkerungsreichen und vielfach dicht besiedelten Bundesland dafür, dass Kraft-Wärme-Kopplung viel stärker genutzt wird. Dafür muss die Politik, dafür müssen Sie die Rahmenbedingungen schaffen. Stellen Sie Ihre Verkehrspolitik vom Kopf auf die Füße. Die Schiene muss Vorrang haben, nicht das Auto.
Nehmen Sie den völlig verfehlten Erlass zur Verhinderung der Windenergie endlich zurück, und legen ein regeneratives Wärmegesetz vor, wie es Ihnen sogar Ihre Parteikollegen aus BadenWürttemberg vorgemacht haben.
Ist zurückgezogen? Aber Sie können es doch trotzdem hier einbringen. Wir würden Sie unterstützen, Frau Thoben. Wir würden Sie gerne wieder unterstützen.
Doch nichts Dergleichen geschieht. Ich brauche die Ausführungen von Herrn Weisbrich und Herrn Ellerbrock nicht noch einmal zu zitieren; das ist schon mehrfach getan worden. Das Schlimmste, was formuliert worden ist, ist die Aussage, dass es kein Menschenrecht auf ein gleichbleibendes Klima gäbe.
Meine Damen und Herren, wer so einen gefährlichen Unsinn erzählt, dem sollte nicht ein Land mit 18 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern anvertraut sein,
Es gibt ein Menschenrecht darauf, dass die Schöpfung verantwortungsbewusst behandelt wird, meine Damen und Herren, Herr Papke.
Ich setze mich sehr gerne mit Ihnen darüber auseinander. Schönen Dank für den Zwischenruf, Herr Papke.
Es gibt zum Beispiel kein Recht darauf, dass wir Menschen in Entwicklungsländern, in Schwellenländern genauso eine Innovation und Entwicklung ermöglichen wie bei uns. Wenn wir nicht vormachen, dass es anders, dass es ressourcenschonend und mit dem Schutz des Klimas geht, dann wird dieser Planet das nicht verkraften. Das ist etwas, was ich im Religionsunterricht gelernt habe, meine Damen und Herren, Herr Dr. Papke.