Das ist das, was diese Koalition der Zumutung produziert: eine Schule, in der Hektik und leistungsfeindlicher Druck regieren, der bei Kindern vermehrt die bekannten Symptome diffuser Schulangst wie Bauch- und Kopfschmerzen beim Schulbesuch hervorruft. Es hilft gar nichts, wenn Herr Pinkwart meint – Kollege Bovermann hat es angesprochen –, es sei innovativ, Gymnasien vielleicht einen Zuschuss für ein Bistro zu geben. Das hört sich irgendwie schick an, so yuppi-, lifestylemäßig. Aber das ist genau nicht das, was eine systematische Ganztagsentwicklung ausmacht. Also auch hier eine Bauchlandung für Herrn Pinkwart!
Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, Sie haben mit Ihrem Schulgesetz den modernsten Rohrkrepierer in Sachen Schulpolitik mit dem abgehängten Gymnasium hingelegt, nicht nur deutschlandweit, nein, auch europaweit. Das möchte ich Ihnen gerne attestieren.
Frau Kollegin Pieper-von Heiden, den Landesfonds gibt es nur, weil wir Grüne das in diesem Parlament vorangetrieben haben,
weil Sie seit der ersten Minute von uns getrieben worden sind, dieses Thema auf die Tagesordnung zu setzen, weil sich auch das Thema Armut der Kinder in diesem Land nicht mehr wegdiskutieren lässt. Was von Ihrem Landesfonds angesichts dieses bürokratischen Aufwandes bei den Kindern wirklich ankommen wird, das werden wir noch genau sehen. Die kommunalen Spitzenverbände befürchten, dass bis zu 30 % in der Bürokratie versenkt werden. Schließen Sie sich doch unserem Gesetzesvorhaben an!
Dann ist sichergestellt, dass alle Kinder, die eine warme Schulmahlzeit brauchen, diese auch wirklich bekommen.
Sie haben es sträflich versäumt, in NordrheinWestfalen einen systematischen Aufbau der Ganztagsschule zu gewährleisten. Es geht darum, den Ganztag von der Grundschule in der Breite des Altersjahrgangs in die Sekundarstufe mit den Schülerinnen und Schülern hineinwachsen zu lassen, so wie die rot-grüne Landesregierung das mit dem Stundenzuwachs für alle Schulen in der Tat angelegt hatte.
Und es geht darum, dass es für alle Kinder eine warme Mahlzeit in der Schule gibt, so wie das bereits vor 50 Jahren in Schweden begründet wurde, wo es heute eine Selbstverständlichkeit ist.
Es geht darum, dass sich Fachlehrer/innen nicht im 45-Minuten-Takt die Klinke in die Hand geben, sondern dass es Zeit und Muße für ein nachhaltiges Lernen über den ganzen Tag hindurch gibt. Sie produzieren dagegen „Stoffhuberei“ und stehen für eine reduzierte Drei-Fächer-Schule, die sich längst von einem umfassenden Bildungsverständnis mit demokratischer Grundbildung verabschiedet hat.
Die Mittel aus dem Bundesprogramm haben Sie in fataler schwarz-gelber ideologischer Fehlsteuerung in der Schulform Hauptschule isoliert betoniert, anstatt eine neue integrative Lernkultur in die Sekundarstufe hineinwachsen zu lassen, die positiv und produktiv mit der Verschiedenheit von Kindern umzugehen weiß.
Sie haben mit der Kürzung der Investitionsmittel für offene Ganztagsgrundschulen nicht nur die Schulträger hängen lassen. Im Klartext heißt das: Kommunen, die in diesem Jahr Anträge auf Investitionsmittel zum Ausbau ihrer Grundschulen gestellt haben, wurden mit einer drastischen Kürzung belohnt. Es ist völlig inakzeptabel, dass die Landesregierung parallel zu einem laufenden Bewilligungsverfahren für die offene Ganztagsgrundschule und auch Ganztagshauptschule die Förderkriterien rückwirkend zulasten der Kommunen und Schulen verändert. Auch das ist einmalig.
Der Ausbau der Ganztagsgrundschulen darf nicht stecken bleiben. Die Kürzungen müssen rückgängig gemacht werden. Arme Kommunen werden beim notwendigen Ausbau der Bildungsangebote wieder einmal eklatant benachteiligt, weil sie die drastischen Kürzungen überhaupt nicht kompensieren können. Die schwarz-gelbe Koalition hat damit wieder einmal entlarvt, dass ihre Beteuerungen, wie wichtig es ist, möglichst in frühe Förderung im Bildungssystem zu investieren, keinen Pfifferling wert sind.
Es ist grob fahrlässig, wenn der Staatssekretär, der offensichtlich als reitender Bote im Auftrag des Ministerpräsidenten im Land unterwegs ist, den Schulträgern lieber einzügige Hauptschulen verspricht, die nicht nur pädagogisch unverantwortlich sind, sondern die eine Ressourcenverschwendung ohnegleichen darstellen, weil sie benachteiligte Schülerinnen und Schüler in der
Schulformfalle weiter benachteiligen, weil sie keine ausreichenden Qualifizierungen sicherstellen können und dafür aber überproportional viele Stellen für Lehrerinnen und Lehrer in einem ineffektiven Schulsystem binden.
Legen Sie endlich ein Finanzierungsprogramm für den Ausbau des Ganztags in einer zukunftsorientierten Schullandschaft vor; Sie wissen längst, dass das teure, ineffiziente, nicht leistungsfördernde, unsoziale gegliederte Schulsystem keine Grundlage für einen systematischen Aufbau des Ganztags bietet.
Sie werden sicherlich heute noch Rede und Antwort stehen müssen, wie Sie mit zukunftsorientierten Schulentwicklungsprojekten, die die Kommunen Schöppingen und Horstmar vorgelegt haben, umgehen wollen.
Lassen Sie mich zum Schluss bitte noch einige Worte zum Thema Bildungspauschale sagen. Ich möchte etwas zum nächsten Großprojekt ausführen, das werbewirksam verkauft werden soll – nicht etwa, um die Kommunen nachhaltig bei ihren Bildungsaufgaben zu unterstützen, sondern vielmehr um zu verdeutlichen, dass die fünfte Jahreszeit in der Landesregierung eigentlich immer gilt: Nee, wat simmer jeck! Erst 80 Millionen € mehr rein in den Topf, die vorher aus dem GFG geklaut wurden! Dann werden gleich viel mehr Aufgaben in die Bildungspauschale hineingepackt, zum Beispiel die Gebäudesanierung der Kitas. Als ob der Sanierungsstau im Schulbereich nicht schon groß genug wäre!
In der fünften Jahreszeit sind die Figuren und Bauten aus Pappmaschee. In den Kommunen wird das demnächst zur Regel werden, weil sie entsprechend wenig ausgestattet sind.
Immer noch keine Antwort habe ich auf eine Forderung, die wir schon mehrfach vorgetragen haben: Was ist eigentlich mit den Restmitteln aus dem Bundesprogramm, die andere Bundesländer nicht abrufen? Sie müssen nach NRW geholt werden!
Für die Ganztagsentwicklung in NRW muss endlich ein neuer systematischer Anlauf genommen werden. Dazu erwarte ich von Ihnen, Frau Ministerin, endlich einmal eine Auskunft.
(Frank Sichau [SPD]: Das ist nicht der Vor- sitzende! – Zuruf von der SPD: Der große Vorsitzende? – Weitere Zurufe von SPD und GRÜNEN – Marc Ratajczak [CDU]: Die Welt hasst Klugscheißer!)
Ich bin dankbar dafür, dass ich zu diesem Antrag sprechen darf, der verdeutlicht, welche Erfolgsbilanz wir vorweisen können, wenn es um den Ganztag geht.
Wir tun für den Ausbau des Ganztags so viel, meine Damen und Herren, wie keine andere Landesregierung vor uns.
Auch im Bundesvergleich können wir uns sehen lassen. Nordrhein-Westfalen hat die meisten Ganztagsschulen und Ganztagsplätze. Heute verfügen 20 % der Kinder und Jugendlichen über einen Ganztagsplatz. Damit nimmt NordrheinWestfalen insbesondere im Vergleich zu den anderen Flächenländern eine klare Spitzenposition ein.
Meine Damen und Herren, Schritt für Schritt werden wir den Ganztag ausbauen. Nach und nach werden wir prüfen, welche weiteren Schritte in den nächsten Jahren zu gehen sind. Dabei geht es uns nicht nur ausschließlich um ein Mehr, sondern es geht auch um Qualität, die jedoch finanzierbar sein muss. Auch das hat etwas mit Zukunft zu tun.
Meine Damen und Herren von der SPD, ich nehme verwundert zur Kenntnis – ich glaube, die Darstellung von Herrn Ratajczak hat das noch einmal unterstrichen –,
dass Sie auf Planungen verweisen, die Sie zur Zeit Ihrer Regierungsverantwortung nicht konkretisiert haben. – Wo sind sie? Wo können wir sie nachlesen? Was haben Sie vorgedacht? Was hätten Sie möglicherweise schon in einen Haushalt einstellen können? Das alles ist mir bisher verborgen geblieben.
Vor allem in der Sekundarstufe I sah der Ganztag alles andere als vorbildlich aus, als wir die Verantwortung übernommen haben. Zur Erinnerung: Anfang der 90er-Jahre haben Sie die Stellenzuschläge für den Ganztag von 30 % auf 20 % gekürzt.
Auch der offenen Ganztagsschule im Primarbereich fehlte es am wesentlichsten Element. Wir haben ihr zum 1. Februar 2006 endlich mehr Lehrerstellen gegeben, die Sie ihr vorenthalten hatten. Erstmals seit Jahrzehnten haben wir den Ganztag auch in der Sekundarstufe I deutlich ausgebaut, wobei der Schwerpunkt, wie wir schon gehört haben, auf den Hauptschulen lag.
Bereits jetzt haben wir die in der Koalitionsvereinbarung und in der Regierungserklärung gesetzten Ziele deutlich übertroffen. Wir haben den Ausbau der offenen Ganztagsangebote im Primarbereich nicht nur, wie Sie behaupten, fortgeführt, sondern wir haben ihn auch qualitativ weiterentwickelt, damit die offene Ganztagsschule ihrem Bildungsanspruch gerecht werden kann.