In diesen Tagen – man kann es überall lesen – ist viel von einem Weltkrieg um Wohlstand und Märkte die Rede. Viele schauen nur auf die rasant wachsenden Volkswirtschaften Brasiliens, Russlands, Indiens und Chinas. Viele haben aber auch Angst vor einem massiven Wohlstandsverlust bei uns.
Ich halte das für falsch. Ich bin sicher, dass wir zukunftsfähig sind. Wie stark wir sind, wurde mir bewusst, als Prof. Richard Florida neulich beim Initiativkreis Ruhrgebiet über die Entwicklung der Weltwirtschaft sprach. Dort benutzte er ein, wie ich finde, wunderschönes Bild. Er sagte: Schauen Sie sich Satellitenbilder der Erde bei Nacht an. Darauf kann man die wichtigsten Wirtschaftsregionen der Erde sehr gut erkennen, nämlich ganz einfach an der Konzentration der Lichtpunkte.
Einer der hellsten Punkte liegt in Westeuropa, wo das Städteband von Rhein und Ruhr bis in die Niederlande und nach Belgien hell erstrahlt.
Werte Kolleginnen und Kollegen, deshalb haben wir die Zusammenarbeit Nordrhein-Westfalens mit den Nachbarländern Niederlande, Belgien und Luxemburg intensiviert. Wir wollen noch in dieser Legislaturperiode eine vertiefte Partnerschaft mit den Benelux-Staaten erreichen.
Wir in Nordrhein-Westfalen erleben den Beginn einer neuen Ära. Wir stehen vor der zweiten industriellen Revolution. Das Revolutionäre liegt in der neuen Bedeutung von Wissen, von Ideen und von Kreativität. Wir sind auf dem Weg in die kreative Ökonomie.
Die große politische Aufgabe ist es, alle – ich wiederhole: alle – bei dieser zweiten industriellen Revolution mitzunehmen. Nordrhein-Westfalen kann und wird eine der kreativsten Regionen Europas werden.
Werte Kolleginnen und Kollegen, NordrheinWestfalen ist immer Industrieland gewesen. Das wird auch so bleiben. Aber es soll auch Innovationsland werden.
Das erfordert Mut zur Zukunft. Der Weg ist nicht bequem, sondern sehr häufig hart und steinig. Aber es gibt keine Alternative, wenn wir den Wohlstand für alle im 21. Jahrhundert sichern wollen.
Da wird viel Neues auf die Menschen zukommen. Bei allem Neuen darf die Sicherheit aber nicht verlorengehen. Die Menschen brauchen Sicherheit, um sich auf Veränderungen einzustellen. Wer mehr Freiheit und mehr Flexibilität fordert, der muss den Menschen auch mehr Sicherheit geben.
Eine Politik der neuen Sicherheit bedeutet nicht, den Menschen keine Veränderungen zuzumuten. Neue Sicherheit verlangt den Menschen Eigeninitiative, Eigenvorsorge und Selbstverantwortung ab. Sie bietet aber auch eine Lebensperspektive an, die frei von Willkür und Existenzangst ist. Am Ende der Reformen ist das Leben wieder sicherer – nicht unsicherer und schwieriger. Und unser Ziel heißt nicht „Weniger für alle“, sondern „Wohlstand für alle“, meine Damen und Herren.
Werte Kolleginnen und Kollegen, NordrheinWestfalen ist wieder da, weil wir in neue Arbeit investieren. Wir investieren in Innovationen statt wie früher in den Erhalt von alten Strukturen. Wir machen eine neue Wirtschaftspolitik. Sie steht für mehr Arbeitsplätze, für mehr Nachhaltigkeit, für einen starken Mittelstand und für Familienunternehmen.
Eine zentrale politische Entscheidung der ersten Hälfte der Wahlperiode war der sozialverträgliche Ausstieg aus der subventionierten Steinkohleförderung. Alle Beteiligten, also die Bundesregierung und die Landesregierungen, die RAG und die IG BCE haben zugestimmt. Dieser Beschluss ist jetzt endgültig und durch den Deutschen Bundestag bestätigt. Niemand sollte noch die Illusion
schüren, die Subventionen könnten weitergezahlt werden. Es ist heute eine gute Gelegenheit, von dieser Lebenslüge Abschied zu nehmen, und zwar im Interesse der Wahrheit und im Interesse der Bergleute.
Ich fordere deshalb die Deutsche Steinkohle AG auf, spätestens Anfang des kommenden Jahres die neue Unternehmensplanung offiziell vorzulegen. Die Bergleute und die Bergbaustädte brauchen Klarheit.
Der Ausstieg aus dem subventionierten Steinkohlebergbau ist ein Signal und ein Symbol für ein neues Kapitel unserer Wirtschaftsgeschichte. Wir haben, wie ich finde, allen Grund zu Optimismus, denn die Wirtschaft boomt, gerade auch im Revier. Der Zuwachs der Exportwirtschaft in der Metropole Ruhr war im letzten Jahr höher als im Landesdurchschnitt. Und es waren in diesem Frühjahr erstmals seit langem weniger als 300.000 Arbeitslose registriert.
Wir werden diese Erfolge mit der „Initiative Zukunft Ruhr“ auf eine dauerhafte Grundlage stellen. Dazu gehören der Abschied von flächendeckenden Subventionen sowie die strategische Neuausrichtung auf unsere Stärken, auf Leitmärkte und zentrale Technologiefelder, zum Beispiel in der Energiewirtschaft, der Logistik, bei den neuen Werkstoffen, in der Chemie, der Gesundheitswirtschaft, der Medizintechnik und bei der Kultur- und Kreativwirtschaft.
Nordrhein-Westfalen ist das Energieland Nr. 1. Die geplanten Investitionen in hochmoderne Kraftwerke sind von großer strategischer Bedeutung für unser Land.
Mehr als 16 Millionen t Kohlendioxid werden eingespart, sobald der bis 2012 geplante Neubau der Kraftwerke umgesetzt sein wird. Für 2020 ist sogar eine Größenordnung von insgesamt 30 Millionen t zu erwarten. Das ist praktizierter Klimaschutz.
Die regenerative Energiewirtschaft wird eine Schlüsselbranche in Nordrhein-Westfalen. Wir sind schon heute vielfach Weltmarktführer bei Technologien für erneuerbare Energien. Dass E.ON und die Rheinisch-Westfälische Technische
Hochschule in Aachen gerade ein neues Energieforschungsinstitut gegründet haben, ist nur ein Beispiel von vielen dafür, dass wir auch in der Energieforschung weit vorne liegen.
Zur aktuellen Debatte um die Rolle der großen Energieversorger in der Energiewirtschaft möchte ich an dieser Stelle eine Anmerkung machen. Es muss einen funktionierenden und transparenten Wettbewerb geben. Deshalb ist es gut, dass sowohl die Monopolkommission als auch das Kartellamt ihre Aufgaben sehr ernst nehmen, wie es auch das Wirtschaftsministerium des Landes tut. Die Konfrontation zwischen der Energiewirtschaft, den Verbrauchern, der Industrie und auch der Politik muss ein Ende haben. Diese Konfrontation schadet unserem Land. Es ist höchste Zeit, dass sich alle Beteiligten zusammensetzen und einen Energiepakt verabreden.
Zum zweiten Feld, der Logistik: In einer großen Tageszeitung ist das Logistikzentrum Logport I im Duisburger Hafen vor kurzem zu Recht das „Wunder von Duisburg“ genannt worden. Denn der Duisburger Hafen kann es inzwischen mit den großen Seehäfen Europas aufnehmen.
Für den Ausbau von Logport II werden wir aus dem Ziel-2-Programm insgesamt 47 Millionen € zur Verfügung stellen, damit diese Entwicklung weitergeht.
Auch die dritte Branche, die Gesundheitswirtschaft, ist mit mehr als 1 Million Beschäftigten eine der größten und wachstumsstärksten Branchen im Land. Bis 2015, so sagen die Experten, ist hier mit mehr als 50.000 neuen Arbeitsplätzen in der Metropole Ruhr und mit bis zu 200.000 neuen Arbeitsplätzen im ganzen Land zu rechnen. Wir setzen auf neuartige Telematikanwendungen, auf neue Konzepte für Prävention und Rehabilitation, auf Fortschritte in der klinischen Forschung und nicht zuletzt auf Neuerungen im Zukunftsfeld der Life Sciences. Bis zu 70 Millionen € werden wir dafür in den nächsten fünf Jahren zur Verfügung stellen.
Außerdem planen wir eine Einrichtung, die die Kompetenzen der Gesundheitswirtschaft ähnlich wie – ich weiß, das ist ein großer Vergleich; ich sage es trotzdem, um die Konzeption deutlich zu machen – das National Institutes of Health in den USA bündelt. Die Zusammenlegung des Landes
instituts für den Öffentlichen Gesundheitsdienst und der Landesanstalt für Arbeitsschutz zu einem Gesundheitszentrum Nordrhein-Westfalen soll dazu ein erster Schritt sein. Auch das von der Bundesregierung angestrebte nationale Demenzzentrum wollen wir nach Nordrhein-Westfalen holen.
Eine neue Wirtschaftspolitik, von der ich sprach, heißt aber auch: Anstatt wie früher auf staatliche Programme und Staatswirtschaft zu setzen, fördern wir vor allem den Mittelstand und die Familienunternehmen, zum Beispiel durch die Erhöhung der Mittel für die Meistergründungsprämie – das ist insbesondere für das Handwerk sehr wichtig –, durch die Neuordnung der Außenwirtschaftsförderung und natürlich durch das neue Ladenöffnungszeitengesetz.
Ein starkes Land und insbesondere der Mittelstand brauchen eine starke Kreditwirtschaft. Deshalb werden wir mit dem neuen Sparkassengesetz und der Neuordnung der WestLB den öffentlichen Bankensektor zusammen mit den Sparkassen auf eine neue, tragfähige Grundlage stellen.
Ich habe in meiner Regierungserklärung vor dem Landtag am 22. August 2007 die Haltung der Landesregierung dargestellt. Es muss einen Neuanfang mit einem tragfähigen Geschäftsmodell geben. Inzwischen haben sich ja auch andere Beteiligte für eine grundlegende Neupositionierung ausgesprochen. Auch die Behauptung, es gebe nur eine Option für die WestLB, hat sich inzwischen als falsch herausgestellt. Wir haben dem öffentlichen Druck standgehalten, wissen aber auch um die Schwierigkeiten der Bank nach den Fehlspekulationen im Eigenhandel und den Bewertungsproblemen bei strukturierten Wertpapieren.
Werte Kolleginnen und Kollegen, es ist noch zu früh, um Entwarnung zu geben. Die Gewinnwarnung vom Montag zeigt, wie wichtig es ist, zuerst ein neues Konzept für die WestLB zu erarbeiten. Ich gehe davon aus, dass jetzt alle Risiken aufgestellt sind.
Es ist völlig klar, dass die Mitarbeiter der WestLB, die Bürger des Landes und der Finanzplatz Nordrhein-Westfalen für die Landesregierung im Mittelpunkt ihrer Bemühungen in den kommenden
Werte Kolleginnen und Kollegen, ein Land der neuen Chancen heißt für mich: ein Land, in dem jeder, der will, Arbeit bekommt. Ich will ein Land, in dem alle, die hart arbeiten, mehr Wohlstand für sich und ihre Familien schaffen können,
in dem alle, die hart arbeiten, die Chance zum sozialen Aufstieg haben. Kein Talent darf unentdeckt bleibt, kein Potenzial ungenutzt. Das ist das Ziel, für das wir mit aller Kraft arbeiten.