Protokoll der Sitzung vom 14.11.2007

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das kann doch nicht wahr sein! Das glauben Sie doch selber nicht!)

was der Ministerpräsident, was Jürgen Rüttgers, hier vorgetragen hat.

(Beifall von der CDU)

Das ist so. Es wird Ihnen nicht gelingen, hier Legenden zu bilden.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Ihr Modell ist in der Tonne gelandet! Machen Sie doch ein- mal die Augen auf! – Ralf Jäger [SPD]: Glauben Sie diesen Blödsinn selber?)

Herr Kollege Schmeltzer, weil Sie immer so laut rufen: Ich habe Ihnen schon einmal von diesem Platze aus angeboten, Ihnen den Bachelor of Lower Rethorics der Free University of BeckmesserCity zu überreichen.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: No English plea- se!)

Ich mache Ihnen heute das Angebot,

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Zum wiederholten Male!)

den Wettbewerb über das größte Vakuum zwischen dem linken und dem rechten Ohr zu gewinnen. Sie haben mit Ihren Zwischenrufen gewonnen.

(Beifall von CDU und FDP – Rainer Schmeltzer [SPD]: Danke! – Zuruf von Ralf Jäger [SPD])

Frau Kollegin Kraft, der Kompromiss, den die Große Koalition in Berlin gefunden hat, zeigt die Handschrift von Jürgen Rüttgers.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Nein!)

Er beweist, dass Ihr Anspruch auf soziale Gerechtigkeit

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Fragen Sie doch Frau Merkel, Herr Stahl!)

kein Markenzeichen ist, sondern nur das dünnste Marketing, das Sie als SPD betreiben. Glückwunsch, Jürgen Rüttgers!

(Beifall von CDU und FDP – Rainer Schmeltzer [SPD]: Fragen Sie doch Ihre Par- teifreunde aus dem Koalitionsausschuss! Die werden es doch bestätigen! – Ralf Jäger [SPD]: Mein Gott, Herr Stahl!)

Herr Schmeltzer, ich höre, dass Ihre Partei dabei ist, Handwärmer gegen soziale Kälte zu verteilen.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Zu Recht!)

Wir überlegen, ob wir Blasenwärmer verteilen angesichts der Politik, die Sie uns hier anbieten.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das ist ja Fäka- lienpolitik, die Sie da betreiben! Unterste Schublade! Billigstes Niveau, Herr Stahl!)

Wenn Sie, Frau Kollegin Kraft, beanspruchen, das neue Grundsatzprogramm der SPD beeinflusst zu haben, dann haben Sie auch ein Stück Urheberrecht darauf, dass sich die SPD künftig wieder der marxistischen Gesellschaftsanalyse bedienen wird.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Ah!)

Ich interpretiere das auch als eine weitere Anbiederung an die PDS, die sich jetzt LINKE nennt. Ich stelle fest, Frau Kollegin Kraft, Sie weigern sich, für die SPD in NRW auszuschließen, dass Sie ab 2010 bereit sind, mit der PDS, mit dieser LINKEN, zu koalieren.

(Ralf Jäger [SPD]: Wir sind ja Marxisten!)

Diese Frage werden Sie beantworten müssen. Da werden wir Sie stellen. Wir werden Sie da nicht aus der Pflicht entlassen,

(Beifall von CDU und FDP – Rainer Schmeltzer [SPD]: Oh! Ängstliches Zittern in unseren Reihen!)

uns und allen Menschen in Nordrhein-Westfalen eine Antwort zu geben.

Diese Anleihe auf die marxistische Gesellschaftsanalyse wirft im Übrigen ein Licht darauf, wie Sie mit der Wirklichkeit umzugehen gedenken: schnurstracks zurück in die alte Industriegesellschaft. Das ist Ihre Vorstellung. Das ist Ihre Fantasie: Zurück in die Vergangenheit, was den subventionierten Steinkohlenbergbau angeht bis hin zur Einheitsschule.

Charakteristikum der Industriegesellschaft war der Parademarsch in gleiche Richtung. Das war das Fließband. Das war alles, was einheitlich ausgerichtet ist. Das ist nicht Zukunft. Zukunft ist Vielfalt in Einheit. Zukunft ist individuelle Förderung. Zukunft ist individuelle Lösungen für Probleme kleiner Gruppen, für die Menschen, die Hilfe und Förderung brauchen.

Allein dadurch, dass Sie eine Schule verändern, zur Einheitsschule machen wollen, lösen Sie – ich sagte es Ihnen oftmals – null Probleme.

(Beifall von CDU und FDP)

Ich verlange von Ihnen, dass Sie den Menschen sagen, den Eltern sagen, den Schülern sagen, die ein Gymnasium besuchen: Das wird es künftig nicht mehr geben.

(Heike Gebhard [SPD]: Alle anderen interes- sieren Sie nicht!)

Ich verlange von Ihnen, dass Sie den Eltern von Realschülern und den Realschülerinnen und Realschülern sagen: Euch wird es bald nicht mehr geben. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie aufhören, die Hauptschülerinnen und Hauptschüler und deren Eltern zu diskriminieren und so zu tun, als ob das keine anständige Schulform sei.

(Beifall von CDU und FDP)

Das ist unterirdisch. Das ist sozial ungerecht. Das kreide ich Ihnen an.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Was Sie machen, ist unterirdisch! – Ralf Jäger [SPD]: Ein bil- dungspolitischer Dinosaurier sind Sie!)

Ich bedanke mich für das Kompliment. Vielleicht machen Sie daraus eine Statue, die Sie mir überreichen können. Ich würde mich darüber freuen.

(Ralf Jäger [SPD]: Herr Stahl, wissen Sie, was mit Dinosauriern passiert ist?)

Marxistische Gesellschaftsanalyse! Ich verrate Ihnen ein Geheimnis. Ich habe mich einmal in Studienzeiten durch die Bände I, II und III von Marx’ „Das Kapital“ gequält. Ich habe die „Marxistische Arbeiterschulung“ genossen. Ich habe Lenins „Was tun?“ gelesen.

Irgendwann in der Auseinandersetzung damit – das war damals nötig an unseren Hochschulen Anfang der 70er-Jahre – bin ich auf jemanden gestoßen, den ich im Kern gar nicht so schätze, aber der mir zu all dem damals ein unglaublich gutes Zitat gegeben hat, das mir damals sehr einleuchtete und sehr gefiel.

(Karl Schultheis [SPD]: Erzählen Sie das doch Ihrem Friseur!)

Es lautet wie folgt:

„Aber der marxistische Sozialismus wird immer eine Krux in der Geschichte der Lehrmeinungen bleiben, wie es möglich sein konnte, dass eine so unlogische und langweilige Lehre einen so mächtigen und dauernden Einfluss auf den Geist der Menschen und durch ihn auf den Gang der Geschichte auszuüben vermochte, das ist schlicht unverständlich.

(Karl Schultheis [SPD]: Erzählen Sie das doch Ihrem Friseur!)

Das tue ich gerne.

(Ralf Jäger [SPD]: Vielleicht hört der Ihnen sogar zu!)

Genau diese intellektuelle Langeweile verbreiten Sie ja. Geschrieben hat das kein anderer als John Maynard Keynes, Lord Keynes, jemand, auf den sich von dieser Stelle aus der damalige Finanzminister und anschließende Ministerpräsident Steinbrück in seiner Politik berufen hat, in einer Politik, die Sie offenbar bereit sind zu verlassen zugunsten planwirtschaftlicher Instrumente in der Politik,

(Zurufe von der SPD: Oh!)

von denen wir alle wissen, dass sie ins krude Elend führen und nicht in eine Zukunft.