Protokoll der Sitzung vom 15.11.2007

(Der Redner entrollt ein Plakat und hält es hoch.)

Schauen Sie her: „Kredit verspielt, Herr Rüttgers!“ – Das war 1994. Es hat sich nichts geändert. Und jetzt setzt dieser Ministerpräsident seine falsche Politik in Nordrhein-Westfalen fort. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall von der SPD)

Herr Schultheis, ich darf Sie bitten, das Plakat einzurollen. Ich muss Sie dafür rügen, weil es in diesem Parlament – das wissen Sie auch – nicht erlaubt ist, am Rednerpult Plakate zu verwenden.

Ich möchte mich dafür entschuldigen. Ich dachte, wir seien auch multimedial aktiv.

(Beifall von der SPD – Minister Andreas Krautscheid: Hightech bei der SPD! – Ralf Witzel [FDP]: Hightech-Offensive!)

Meine Damen und Herren, als nächster Redner spricht Herr Hollstein von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Der Tagesordnungspunkt heißt „Aktuelle Stunde“ und befasst sich mit einem aktuellen Thema der Landespolitik. Ich habe in Ihrem Beitrag, Herr Schultheis, nicht besonders viel zur Landespolitik entdecken können. Sie haben sich hier überwiegend zu Berliner Themen ausgelassen.

(Beifall von CDU und FDP – Hannelore Kraft [SPD]: Dass für Sie Studenten nicht Landes- politik sind, ist für mich klar!)

„Zukunftsinvestitionen in Bildung stärken – BAföG wird erhöht“ lautet der von Ihnen gewählte Titel. Ich glaube, wir sind uns alle einig – daran gibt es keinen Zweifel –, dass Investitionen in Bildung Investitionen in die Zukunft sind. Das können Sie uns nicht absprechen. Zumindest Ihr Titel ist zutreffend, und die SPD – das haben wir gestern schon festgestellt – ist wirklich der Meister im Erfinden schöner Titel und Überschriften für Anträge und Aktuelle Stunden. Danach kommt meistens allerdings nicht mehr viel.

(Beifall von CDU und FDP – Marc Jan Eu- mann [SPD]: Das müssen Sie gerade sagen! Gleich kommt die nächste Aktuelle Stunde mit einem Thema von Ihnen! Das ist ja der Hammer!)

Das BAföG wird erhöht, meine Damen und Herren. Das ist gut so. Ich denke, Sie können es uns auch nicht absprechen, dass das erforderlich ist. Mein Kollege Sternberg wird gleich noch auf die Sozialerhebung der Studentenwerke eingehen.

Aber der Erfolg hat wie immer viele Väter und in dem Fall sicherlich auch Mütter.

(Zuruf von Karl Schultheis [SPD])

Die SPD ist schon dabei, die Lorbeeren zu ernten, um einen entsprechenden Kranz daraus zu flechten. Ich glaube, das ist verfrüht. Es geht hier wohl mehr um einen sehr müßigen Streit um Erstgeburtsrechte. Meistens hat man den Eindruck, es geht Ihnen weniger um die Sache.

Herr Kollege Schultheis hat hier überwiegend unzutreffend versucht, CDU-Politik der letzten Jahre zu interpretieren. Das war alles nicht so ganz richtig. Das kam einer Geschichtsklitterung schon ziemlich nahe.

(Beifall von der CDU – Hannelore Kraft [SPD]: Gut, dass Sie in den Gremien nicht dabei waren! Ich war dabei!)

Einen Teil der wirklichen Vorgeschichte, liebe Kolleginnen und Kollegen, habe ich an dieser Stelle bereits am 23. Mai dieses Jahres darstellen können. Damals gab es den SPD-Antrag „Chancengleichheit verbessern – BAföG 2007 erhöhen“, der vom 16. Januar 2007 stammte. Die Historie sieht ein bisschen anders aus. Im Deutschen Bundestag gab es am 31. Januar 2007 einen gemeinsamen Antrag der beiden Koalitionsfraktionen. Darin werden Details zur Reform des BAföGs angesprochen, aber darin ist mit keinem Wort von einer BAföG-Erhöhung die Rede.

(Hannelore Kraft [SPD]: Ja, weil die CDU es nicht wollte!)

Die SPD-Fraktion ist Mit-Antragsteller und spricht mit keiner Silbe von einer Erhöhung.

Die Geschichte geht weiter. Am 14. Februar 2007 – Sie müssen einmal die Fakten zur Kenntnis nehmen –

(Hannelore Kraft [SPD]: Die habe ich zur Kenntnis genommen!)

verabschiedet die Bundesregierung einen Entwurf für ein reformiertes BAföG ohne irgendeine Erwähnung einer Erhöhung.

(Hannelore Kraft [SPD]: Weil die CDU es nicht wollte, Herr Kollege!)

Die SPD regt sich an keiner Stelle. Sie finden keinen Beleg dazu, dass die SPD sich an dieser Stelle regt.

Die erste Erwähnung einer BAföG-Erhöhung findet sich am 20. März, wenn man die Presse recherchiert im „Handelsblatt“. Darin wird Frau Schavan damit zitiert: Wir wollen das BAföG 2008 erhöhen.

(Beifall von der CDU)

Das ist die Wahrheit. – Einige Wochen später prescht Ihr Fraktionsvorsitzender in Berlin, Herr Struck, bei einer Fraktionssitzung vor, Anfang Mai 2007, obwohl der Haushalt nicht einmal vom Kabinett beschlossen war.

Am 21. Mai 2007 hat eine Anhörung zum BAföG im Bundestag stattgefunden. Ich stimme völlig mit meiner Kollegin Ilse Aigner überein, die damals gesagt hat – ich zitiere –:

„Eine Anhebung der BAföG-Bedarfssätze sowie der Freibeträge ist erforderlich. Wir treffen die

Zusage, in den Haushaltsverhandlungen 2008 auf eine angemessene Erhöhung hinzuwirken.“

Ich wiederhole: Ilse Aigner, Mitglied der CDUFraktion.

(Karl Schultheis [SPD]: Warum haben Sie denn unserem Antrag nicht zugestimmt?)

Wenn Sie mir nicht glauben, sollten Sie vielleicht einmal in das „Handelsblatt“, sicherlich ein seriöses Organ, vom 6. August 2007 schauen. Überschrift: SPD lässt Bildungsministerin beim BAföG auflaufen.

Sie finden darin eine detaillierte Beschreibung des taktischen Vorgehens – etwas anderes ist das nicht – der SPD. Es sieht auf den ersten Blick so aus, als sei es ein vermeintlicher Streit zwischen Fraktionschef Struck und Finanzminister Steinbrück, aber in Wirklichkeit ist es ein abgekartetes Spiel mit verteilten Rollen. Sie versuchen, die Bildungsministerin vorzuführen, weil sie sich – im Unterschied zu manchen anderen – an die Kabinettsdisziplin hält. Man könnte auch sagen: Steinbrück hat die Erhöhung behindert, und er hat so lange blockiert, bis es den SPD-Strategen gefiel, das Thema öffentlichkeitswirksam zu platzieren.

(Hannelore Kraft [SPD]: Man merkt, wie weit Sie von Berlin weg sind!)

Winnetou würde an dieser Stelle sagen: Meine roten Brüder sprechen mit gespaltener Zunge.

(Beifall von der CDU)

Das Problem liegt in Wirklichkeit wesentlich tiefer.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Winnetou kann sich nicht mehr dagegen wehren, dass er von Ihnen zitiert wird!)

Die letzte BAföG-Anhebung erfolgte 2001 unter rot-grüner Verantwortung. Sie hatten damals schon richtigerweise erkannt, dass hier etwas getan werden muss, und haben das für 2003 angekündigt. Passiert ist nichts.

Im Sommer 2005 gab es die nächste Berliner Diskussion über Bildungs- und Hochschulfinanzierung. Auch da ist unter rot-grüner Verantwortung wiederum nichts passiert.

Aber ich habe damals schon an dieser Stelle dargestellt, dass die Probleme der Studierenden nicht nur wirtschaftlich begründet sind. Es geht auch um schlechte Studienbedingungen, häufig um zu wenig Geld für die Hochschulen, um unzulängliche Studienvorbereitung, um zu lange Studienzeiten und um zu geringe Abschlussquoten.

Bei all diesen Problemfeldern hat NordrheinWestfalen gehandelt. Wir haben Autonomie für die Hochschulen geschaffen, wir haben einen Hochschulpakt geschlossen, der seinen Namen wirklich verdient und eine langjährige, verlässliche Haushaltssicherheit bietet. Wir haben Studienbeiträge eingeführt, die wir zu Recht für die Verbesserung der Studienbedingungen und der Lehre einsetzen.

(Sören Link [SPD]: Haben die sich denn in- zwischen verbessert? Da hat sich doch nichts getan!)

Das ist fair verwendetes Geld, und es gibt eine soziale Komponente, die Sicherheit für jeden Studierenden bietet.

(Sören Link [SPD]: Reine Theorie!)

Die Studierendenzahlen steigen. Selbst wenn wir, wie von Ihnen angedeutet, noch die eine oder andere Korrektur vornehmen müssen, bin ich absolut sicher, dass wir im Vergleich zum Vorjahr auf höhere Zahlen kommen.

Ich habe Ihnen am 23. Mai 2007 vorausgesagt: Die BAföG-Erhöhung 2008 wird kommen, mit oder ohne SPD-Antrag, den wir damals an dieser Stelle abgelehnt haben.

(Karl Schultheis [SPD]: Warum eigentlich?)

Heute, ein halbes Jahr später: Die BAföGErhöhung ist gekommen. Die Koalition der Erneuerung hat ebenso Wort gehalten wie die CDUBildungsministerin Schavan.