Protokoll der Sitzung vom 05.12.2007

Zum Schluss: Die politische Substanz und der Bedeutungsverlust der nordrhein-westfälischen Innenpolitik sind auf jeder Innenministerkonferenz mit Händen zu greifen. Statt Beschlüsse zu prägen, hinterlassen Sie Protokollnotizen. Ist das alles, Herr Innenminister?

(Ralf Jäger [SPD]: Ja, sozial schon!)

Ich komme nun zum Fazit:

Erstens. Die nordrhein-westfälische Innenpolitik ist ohne Profil und besitzt keine Linie.

Zweitens. Die nordrhein-westfälische Innenpolitik ist geprägt durch gesetzgeberischen Dilettantismus und einen wachsenden Vertrauensverlust auf allen Seiten.

Drittens. Die nordrhein-westfälische Innenpolitik baut auf Schönfärberei und Besserwisserei und nicht selten auch auf Ignoranz und Arroganz.

Viertens. Nichts gegen eine bedeutende Rolle der Sportpolitik – wir reden nachher noch darüber –, aber selbst wohlmeinende Beobachter, Herr Innenminister, gewinnen inzwischen den Eindruck, dass Sie einem Sportministerium mit angeschlossenem Innenministerium vorstehen.

(Ralf Jäger [SPD]: Und Kommunalabbau!)

Apropos vorstehen, Sie sagen es: Ein Innenminister des größten Landes sollte mehr sein als ein Behördenvorsteher. Sie verkaufen das Amt unter Wert. Genau darin liegt das Elend der nordrheinwestfälischen Innenpolitik. – Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.

Danke schön, Herr Dr. Rudolph. – Für die CDU-Fraktion spricht nun der Kollege Kruse.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Entwurf für den Landeshaushalt 2008 verdeutlicht erneut eine absolute Priorität der neuen Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen: Die Konsolidierung des Haushalts bleibt ganz oben auf der Tagesordnung.

Zu den Zielvorgaben der Koalitionsfraktionen und unserer Landesregierung gehört ebenfalls die Verschlankung der Verwaltung unseres Landes. Der Bürokratieabbau – wir wissen es alle – ist eine politische Daueraufgabe. Wir wollen unseren Beitrag dazu leisten, Wachstumshemmnisse für Unternehmen beseitigen und dies neben den bereits eingeleiteten Maßnahmen durch effizientere Verfahren flankieren.

Die begonnenen Verwaltungsreformen, so die Auflösung von über 120 selbstständigen Behörden und Einrichtungen, und die Kommunalisierung von staatlichen Vollzugsaufgaben zum 1. Januar 2008 entlasten nicht nur den Landeshaushalt, sondern stärken zugleich die Gemeinden, Städte und Kreise als zuständige Verwaltungsbehörden. Schon die vorletzte rot-grüne Regierung hat vor Protesten kapituliert und ist den Widerständen erlegen. Im Unterschied zu den Vorgängerregierungen haben wir die politische Kraft, die notwendigen Reformen durchzusetzen. Wir halten nicht nur das, was wir im Landtagswahlkampf 2005 diskutiert haben, sondern setzen jetzt Schritt für Schritt die Koalitionsvereinbarungen um. Ja, wir bemühen uns darum, die Menschen in diesem Prozess mitzunehmen, so schwer dies auch ist.

(Lachen von Gerd Stüttgen [SPD])

Dieses Lachen hatte ich erwartet. – Wir muten den Beschäftigten in den Landesverwaltungen viel zu; das ist richtig. Doch werden die erforderlichen Strukturmaßnahmen

(Zuruf von Hans-Willi Körfges [SPD])

Herr Körfges – sozial abgefedert. Betriebsbedingte Kündigungen werden ausgeschlossen ebenso wie zwangsweise Versetzungen in den Ruhestand.

Wir sind für klarere Strukturen. Wir wollen die Verwaltungen des Landes auf mehr Leistung und Qualität ausrichten und durch neue Bündelungen und Synergieeffekte stärken. Wir verlagern die Kompetenzen und eine Fülle von Aufgaben dorthin, wo sie hingehören, nämlich vor Ort.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, für die CDU-Fraktion habe ich in den letzten Jahren häufig vorgetragen, dass die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger sowie die Verhinderung von Straftaten nie dem Finanzdiktat der desolaten öffentlichen Haushalte zum Opfer fallen darf. Die Eckdaten des Einzelplans 03 verdeutlichen, dass sich die neue Landesregierung den Herausforderungen stellt.

Notwendige Voraussetzungen sind unter anderem eine langfristig ausgerichtete Personalplanung und Personalentwicklung sowie Verbesserungen der inhaltlichen Aus-, Fort- und Weiterbildung. Wir stellen uns, Herr Kollege Rudolph, dem Wandel der Altersstruktur und erarbeiten umfassende Lösungsansätze.

Wir verdoppeln die Zahl der Neueinstellungen bei der Polizei. Ab 2008 stellt die Landesregierung statt der von der Vorgängerregierung geplanten 500 jährlich 1.100 Polizeianwärter ein.

(Beifall von CDU und FDP)

Wir stoppen den beschlossenen Stellenabbau. Die auf die Polizei entfallenden 841 kw-Vermerke aus der Arbeitszeitverlängerung für Beamte sind gestrichen. 835 Stellen des mittleren Dienstes werden in solche des gehobenen Dienstes umgewandelt – Stichwort: zweigeteilte Laufbahn. Durch die Erhöhung der Einstellungsermächtigungen und die Streichung der kw-Vermerke werden in den nächsten Jahren nachhaltige und deutliche Verbesserungen von Altersstruktur und Stärke unserer Polizei erzielt. Für den Digitalfunk wird erheblich mehr veranschlagt. Der Ansatz der bekannten Titelgruppe steigt insgesamt, und das ist gut so. Wir verfolgen weiter konsequent die Linie, Polizeivollzugskräfte im Vollzugsdienst und nicht fachfremd für Verwaltungstätigkeiten einzusetzen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Grundlagen der polizeilichen Arbeit werden in den Ländern gelegt. Niemand bestreitet, dass wir im Zeitalter der Globalisierung, im Kampf gegen die organisierte Kriminalität, die illegale Migration und den internationalen Terrorismus die enge Zusammenarbeit der Länder und in Europa benötigen. Das gemeinsame Terrorabwehrzentrum und die in diesem Jahr installierte Antiterrordatei seien als Beispiele für die Kooperation genannt.

Welche Sicherheitslücken müssen im Kampf gegen die Bedrohungen noch geschlossen werden? Wie viel Schutz verträgt die Freiheit? Wir wollen, um das unmissverständlich zu sagen, keine flächendeckende Überwachung und auch keine Verletzung des Kernbereichs der privaten Lebensführung. Wir wissen aber auch, wie verwundbar freie

und offene Gesellschaften sind. In der globalisierten Welt werden wir mit den Auswirkungen asymmetrischer Bedrohungen unmittelbar konfrontiert. Diese Entwicklungen fordern uns nicht nur als Staat und in diesem Fall als Land NordrheinWestfalen heraus, sondern fordern auch unsere Gesellschaft und unsere Kultur. Es geht darum, in einem freiheitlichen Rechtsstaat schwere Anschläge zu vermeiden und schwere terroristische Straftaten verfolgen zu können. Hierzu brauchen wir Lösungen, die die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger schützen und Machtmissbrauch verhindern. In dieser Diskussion sind alle demokratischen Kräfte gefordert. Dazu möchte ich uns alle ausdrücklich einladen.

Neue Bedrohungen für die Sicherheit – das ist vom Kollegen Rudolph kurz angesprochen worden – entstehen auch im Inneren. Das kann niemand bestreiten. So sind unser demokratischer Verfassungsstaat, seine Werte und Normen durch Links- und Rechtsextremismus und gewaltbereiten Fundamentalismus bedroht.

Herr Kollege Rudolph, weder im Zusammenhang – das ist meine Kritik an Ihren Ausführungen – mit den Haushaltsberatungen noch überhaupt im abgelaufenen Jahr haben Sie eine Idee, einen Vorschlag, eine Alternative, ein Konzept zur Verbesserung der Situation im Bereich der Polizei zur Bekämpfung von Kriminalität vorgetragen. Von Ihnen ist nichts gekommen! Sie haben auch heute Morgen bei der Beratung des Einzelplanes 03 nur kritisiert. Dies ist auf Dauer zu wenig, um draußen als Alternative wahrgenommen zu werden. Nur zu mosern und zu kritisieren, aber keinen eigenen Haushaltsantrag einzubringen und keinen Vorschlag zu machen, wie man die desolate Situation, für die Sie 39 Jahre die Verantwortung getragen haben, verbessern könnte, das ist in der Tat ein Armutszeugnis für die angeblich starke Kraft der SPD in der Opposition.

(Beifall von der CDU)

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, der Einzelplan 03 behält die klassische Kernaufgabe des Landes Nordrhein-Westfalen im Blick und leistet außerdem, wie eingangs angemerkt, einen Beitrag zur Stabilisierung der Staatsfinanzen. Im Namen der CDU-Fraktion darf ich um Zustimmung zum Einzelplan 03 bitten. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Kollege Kruse. – Für die FDP spricht nun Herr Kollege Engel.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Haushaltslage des Landes Nordrhein-Westfalen ist nach wie vor dramatisch, obwohl die Koalition der Erneuerung es geschafft hat, die Nettokreditaufnahme deutlich zu senken

(Zurufe von der SPD)

jaja, die Koalition der Erneuerung, völlig richtig! –,

(Edgar Moron [SPD]: Die ist doch zerstrit- ten!)

sodass ein verfassungskonformer Haushalt so nah wie möglich erscheint – ein Ziel, das die rotgrüne Vorgängerregierung auch nur annähernd nicht erreicht oder nicht wirklich versucht hat.

Die neue Landesregierung hat es sich zum Ziel gemacht, die Belastungen aus dem zwingend erforderlichen Konsolidierungskurs auf möglichst viele Schultern zu verteilen, ohne den Einzelnen dabei zu überfordern. Daher sind fast alle gesellschaftlichen Bereiche betroffen, zum Beispiel die Kommunen und landeseigene Einrichtungen, aber selbstverständlich auch die Landtagsfraktionen und die Kabinettsmitglieder selbst.

Ausgehend von der Erkenntnis, dass die Wirkung einer Haushaltskonsolidierung am größten ist, wenn sie über die Ausgabenseite erfolgt, wenn sie bei Transferausgaben und Personalkosten und nicht bei Investitionen ansetzt, kann dabei auch der öffentliche Dienst nicht außen vor bleiben.

Lassen Sie mich aber noch einige Worte generell zum Einzelplan 03 sagen. Um die Sicherheit weiterhin mindestens auf gleichem Niveau halten zu können, stellen wir die Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen effizienter auf. Dazu mein Kredo zu Beginn der Regierungsübernahme: Mehr fahnden, weniger verwalten. – Das bedeutet nichts anderes als Konzentration auf die Kernaufgaben bei der Kriminalitätsbekämpfung.

Darüber hinaus ist es uns gelungen, ab 2008 deutlich mehr Polizisten einzustellen, als wir durch Pensionierungen verlieren. Übrigens – für die Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Tribüne –: Täglich geht durchschnittlich etwa ein Polizeivollzugsbeamter in Pension.

Die Zahl der Einstellungsermächtigungen wurde von 480 Polizeivollzugsbeamten auf 1.100 Polizeivollzugsbeamte gut verdoppelt. Das ist ein wunderbarer Erfolg dieser Koalition und zeigt einmal mehr, dass wir es mit unseren politischen Schwerpunkten in den Bereichen Schule, Wissenschaft und Forschung, aber auch innere Sicherheit ernst meinen.

Mit der Verdoppelung der Zahl der Einstellungsermächtigungen für die Polizei werden wir auch dem drohenden Überalterungsprozess in der Polizei entgegenwirken. Unsere Experten im Innenministerium haben dazu ein langfristiges Personalkonzept erarbeitet. Dabei muss man wissen, dass das Durchschnittsalter der Polizeivollzugsbeamten landesweit bei 46 Jahren liegt, in den sogenannten Verwendungsendbehörden und auch in kleineren Landratsbehörden leider noch deutlich darüber.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch: Alle drei Polizeigewerkschaften lobten den Beschluss über die Verdoppelung der Zahl der Einstellungsermächtigungen in die Polizei und sagten, das sei nicht nur ein positives Signal für die innere Sicherheit, sondern auch für die gesamte NRWPolizei.

Zusätzlich haben wir den noch von der rot-grünen Vorgängerregierung eingeleiteten Stellenabbau in der Polizei gestoppt. Jede der 841 kw-Stellen bei der Polizei, die nach dem Beschluss der alten Landesregierung in den kommenden Jahren abgebaut werden sollten, kann nun wieder neu besetzt werden. Auch das ist ein herausragender Erfolg dieser Koalition von CDU und FDP.

Nach diesen Beschlüssen wird NRW per Saldo 2010 mit 42.760 Polizisten rund – netto, bereinigt – 600 Polizeibeamte mehr haben als 2005.

Zudem ist Nordrhein-Westfalen bei der Einführung des Digitalfunks ganz vorne dabei. Neben der ersten digitalen Testanlage bei der LZPD in Duisburg gehen zwei weitere Testanlagen in Münster beim Institut der Feuerwehr NRW und beim Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei NRW in Betrieb.

In Münster werden ab sofort die ersten Polizisten und Feuerwehrleute in der neuen Technik ausgebildet. Sie geben ihr Wissen als Multiplikatoren in Zukunft an ihre Behörden weiter.

Mehr als 170.000 Angehörige der Hilfsorganisationen und 40.000 Polizisten müssen bis ins Jahr 2010 in der neuen Technik fit gemacht werden. Bis dahin soll die digitale Funktechnik flächendeckend in Nordrhein-Westfalen zur Verfügung stehen.

Für Nordrhein-Westfalen betragen die zu erwartenden Kosten für den Aufbau und den 15-jährigen Betrieb des Digitalfunks rund 500 Millionen €.

Der Digitalfunk ist abhörsicher und bringt den Polizisten und damit den Bürgerinnen und Bürgern mehr Sicherheit. Neben der Hochsicherheitsver