Protokoll der Sitzung vom 05.12.2007

(Vorsitz: Vizepräsident Edgar Moron)

Wir lassen uns jedenfalls nicht vorhalten, wir hätten ohne Rechtsgrundlage gearbeitet. Und wir

haben ganz klar erklärt: Wir wollen eine Rechtsgrundlage, die dieses absichert, aber nur dem Verfassungsschutz die Rechte gewährt. Sie haben im Bund sozusagen allen Sicherheitsorganen einen Freibrief gegeben. Das bedeutet in der Tat, Bürgerrechte mit Füßen zu treten. Dafür waren und sind Sie Spezialisten. Lassen Sie deswegen andere Leute in Ruhe ihre Arbeit machen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Für die SPD-Fraktion hat jetzt der Kollege Körfges das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will ein Wort des Herrn Innenministers aufgreifen: Anarchie und Chaos. – Das ist ganz genau Ihre Spezialität; sie heißt bei Ihnen Verwaltungsstrukturreform.

(Beifall von SPD und GRÜNEN – Wider- spruch von Ralf Witzel [FDP])

Sie lassen sich ganz offensichtlich – an dieser Stelle richte ich mich ganz besonders an die Kollegen Kruse und Engel – von den eigenen Trugbildern, die Sie entworfen haben, blenden. Wenn von der Entlastung des Haushalts und der Stärkung der Gemeinden die Rede ist, gibt es nur zwei Möglichkeiten, Kollegen: Entweder leben Sie in einem Paralleluniversum, oder Sie haben zumindest partiell Wahrnehmungsdefizite.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Ich kann Ihnen nur sagen: Wenn der Herr Innenminister

(Ralf Jäger [SPD]: Sportminister!)

und sein Adlatus Palmen durch NordrheinWestfalen reiten wie Don Quichotte und Sancho Pansa,

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

um gegen selbst erfundene Bürokratiemonster zu kämpfen, meine Damen und Herren, hat das mit geordneten Reformprozessen rein gar nichts zu tun. Das glatte Gegenteil ist der Fall.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

In der vollmundigen Regierungserklärung zu den Regionalpräsidien sind Sie losgesprungen wie ein sibirischer Königstiger, Herr Wolf, und gelandet wie ein Bettvorleger. Da sind Sie in der Realität angekommen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Darüber hinaus will ich es ganz kursorisch machen: Bei den Widerspruchsverfahren will der Jubel insbesondere in der kommunalen Familie keinen Anfang nehmen.

(Lachen von Britta Altenkamp [SPD])

Sie schaffen für Bürgerinnen und Bürger, für die Wirtschaft und für die Kommunen einen kostengünstigen Rechtsbehelf ab. Außer Spesen nichts gewesen. Das Einzige, was bleibt, ist ein umfassendes Beschäftigungsprogramm zulasten aller staatlichen und kommunalen Ebenen für Anwälte, Gerichte und andere ernannte oder nicht ernannte Prozessbevollmächtigte, meine Damen und Herren.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Was Sie da im wahrsten Sinne des Wortes verbrochen haben, wird auch nach Meinung vieler konservativer und liberaler Menschen vor Ort nicht zur Verwaltungsvereinfachung und zum Bürokratieabbau, sondern zu unüberwindbaren Schwierigkeiten und zusätzlichen Kosten führen.

(Achim Tüttenberg [SPD]: Selbst die Wirt- schaft ist dagegen!)

Zur Versorgungsverwaltung. Sie haben es in der Tat geschafft, eine Protestbewegung von Betroffenen zu initiieren, die ihresgleichen sucht – sicherlich mit Recht, meine Damen und Herren. Und Herr Laumann hat es als erster nordrheinwestfälischer Arbeits- und Sozialminister geschafft, eine deutliche Adresse vom Verwaltungsgericht in Düsseldorf zu bekommen – damit kommt er ins Guinnessbuch der Rekorde –: Er als nordrhein-westfälischer Arbeits- und Sozialminister ist vom Gericht für den Verstoß gegen Mitbestimmungsrechte gerügt worden.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Das ist aber kein Einzelfall, denn wie Sie es mit der Mitbestimmung insgesamt halten – Kollege Rudolph hat Sie darauf hingewiesen und Frau Kollegin Düker auch –, zeigt sich deutlich daran, wie Sie mit dem LPVG umgegangen sind.

Herr Kollege Körfges.

Ich komme zum Ende, Herr Präsident.

Meine Damen und Herren, die Jubelmeldungen halten keiner genauen Betrachtung stand. Schauen Sie nach, was Prof. Bogumil gegenüber dem WDR geäußert hat. Was Sie als Heldenepos in

szenieren wollten, Herr Minister, endet beim Minister von der traurigen Gestalt.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Körfges. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Herr Becker das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer sich die Tätigkeit von Herrn Wolf und dieser Koalition ansieht, stellt fest, dass Sie immer vom Abbau der Bürokratie und von Bürgerrechten reden. Er muss aber erkennen, dass Sie in Wahrheit eine Politik des Bürgerrechteabbaus und des Bürokratieaufbaus betreiben. Das ist die Realität, und nicht das, was Sie behaupten.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Ich will es mir am Anfang bewusst einfach machen, weil Sie davon reden, die kommunale Familie sei sehr zufrieden und die Konnexität gewährleistet, Herr Engel und Herr Wolf. Ich will einen Beschluss des Vorstands des Städtetags vom 28. November zitieren. Ähnliches könnte man auch vom Städte- und Gemeindebund und vom Landkreistag zitieren.

„Der Vorstand des Städtetags Nordrhein-Westfalen hat in seiner Sitzung am 28. November nachfolgenden Beschluss gefasst:

Der Vorstand hält es für angezeigt, gerichtlich überprüfen zu lassen, ob dem Recht der Selbstverwaltung der Kommunen und dem Konnexitätsprinzip und -gebot der Landesverfassung durch die Regelungen im Zweiten Gesetz zur Straffung der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen entsprochen wird. Der Vorstand fordert, dass das Land endgültig Klarheit darüber schafft, ob und welches Personal der Versorgungsämter wirksam zum 1. Januar 2008 übergeht. Andernfalls ist es notwendig, den Gesetzesvollzug vorläufig auszusetzen.“

Meine Damen und Herren, das ist ein Vorstandsbeschluss der kommunalen Spitzenverbände. Denn in der Praxis passiert Folgendes: Das Land hatte die Kommunen, die Gebietskörperschaften, aufgefordert, bis zum Freitag letzter Woche die Zuordnungspläne für Personal – die Pläne, wie das Land den Kommunen das Personal zuordnen will – zu unterschreiben. Fakt ist: Die wenigsten Kommunen, die wenigsten Landkreise haben das getan. Sie weigern sich nämlich alle, weil es teilweise zu Kuriositäten kommt wie im Kreis Höxter.

Dort ist ein Krankenhaus geschlossen worden. Hotelfachleute aus dem Krankenhaus sind anschließend durch das Land der Versorgungsverwaltung zugeordnet worden. Diese Hotelfachleute sollten dann über die Versorgungsverwaltung dem Kreis Höxter zugeordnet werden. Das ist Ihre Art von Konnexität und von Zuordnungsplänen, meine Damen und Herren! So sieht das in der Praxis aus.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Das ist die Wahrheit!)

Wenn Herr Engels dann von großer Einigkeit redet und so tut, als ob alle glücklich seien, dann kann ich nur sagen: Das ist Engels Welt. Aber das hat mit der Wirklichkeit überhaupt nichts mehr zu tun.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Meine Damen und Herren, Sie geben vor, Sie würden die Bürokratie abbauen. – Hören Sie sich einmal im Lande um. Kollege Körfges hat eben einen der Fälle genannt, nämlich das Widerspruchsverfahren. Das, was Sie gemacht haben, ist ein Bürgerrechteabbaugesetz.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Die Menschen müssen klagen, um ihr Recht zu bekommen. Die Menschen müssen klagen und Vorschüsse bei den Verwaltungsgerichten zahlen, und zwar für jeden kleinen Popanz. Wenn Wenn das vermieden werden soll, müssen die Kommunen mit einem riesigen Aufwand so etwas Ähnliches wie ein Widerspruchsverfahren, obwohl es das gar nicht mehr gibt, dahinfuschen, und das ist in der Verwaltung hochkompliziert.

Wenn Sie – Herrn Engel sehe ich jetzt leider nicht mehr – die Verwaltungen vor Ort kennen und diese fragen würden, dann wüssten Sie, dass sie alle die Hände über dem Kopf zusammenschlagen: vom Landkreistag über den Städte- und Gemeindebund bis hin zum Städtetag. Alle schlagen die Hände über dem Kopf zusammen.

Sämtliche Verwaltungsfachleute in den Anhörungen haben Ihnen das um die Ohren geschlagen. Doch das interessiert Sie nicht. Anhörungen machen Sie nicht, um zuzuhören, sondern Anhörungen machen Sie, um Gesetze durchzuwinken und hinterher zu machen, was Sie wollen. Das ist Ihre Politik. Liberalität im wohlverstandenen Sinne habe ich mir immer anders vorgestellt. Was Sie da machen, ist schlicht und einfach Scheuklappenpolitik, Augen zu und durch, ohne Sinn und Verstand. Das zeichnet Sie als Minister aus.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Herr Minister, bitte schön.

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will doch noch einige Punkte geraderücken.

(Ralf Jäger [SPD]: Das werden Sie nicht schaffen! – Dr. Karsten Rudolph [SPD]: Das ist ein untauglicher Versuch!)