Mit diesen Sätzen hat Herr Prof. Dr. Dingermann von der Frankfurter Goethe-Universität seinen Diskussionsbeitrag im Rahmen des zehnten Berliner Kolloquiums am 13. Mai 2006 in der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung genau zu dem Thema, über das heute gesprochen wird, „Arzneimittelrückstände in Gewässern“ eingeleitet.
Im Rahmen dieser Veranstaltung der KonradAdenauer-Stiftung haben anerkannte europäische Wissenschaftler aus den Fachbereichen Wasserchemie, Lebensmittelchemie und Pharmazie, Vertreter der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene, Fachleute für Mikrobiologie, aber auch Experten der Arzneimittelhersteller sowie aus dem Umweltbundesamt und den Verbraucherschutzministerien aller Bundesländer – auch unser Ministerium war vertreten – über das heute angesprochene Thema vertiefend diskutiert und das Verhältnis des Arzneimitteleinsatzes zu den ökologischen Folgen dargestellt.
Risikoanalysen aus der Schweiz, den USA und Deutschland wurden besonders bewertet. Übereinstimmend wurde festgestellt, dass die zurzeit in Deutschland gemessenen Konzentrationen zwar keine akuten toxischen Effekte erwarten lassen; sie zeigen jedoch, dass wir im Sinne eines vorbeugenden Umwelt-, Arbeits- und Verbraucherschutzes an die Verursacherquellen gehen müssen.
Vieles von dem, was heute in dem SPD-Antrag gefordert wird, zum Beispiel der Aufbau einer Grundlagenforschung, wurde im Rahmen des Kolloquiums der Konrad-Adenauer-Stiftung vorgestellt und bereits auf den Weg gebracht.
vorragende Mitarbeit der deutschen Apotheken gewürdigt. Wie nach Rücksprache mit der Apothekerkammer NRW zu erfahren ist, beteiligen sich in unserem Land mittlerweile 98 % der Apotheken an dem im SPD-Antrag angesprochenen Rücknahmesystem. Circa 50 % aller zu entsorgenden Wirkstoffe werden über diesen Rücknahmeweg der Verbrennung zugeleitet.
Das ist gut so, heißt aber auch, dass jeder zweite zu entsorgende Wirkstoff einen anderen Weg nimmt. Hoffentlich wird er über die graue Tonne ebenfalls der Verbrennung zugeführt. Hier müssen – dem stimme ich zu – die Bürger noch mehr sensibilisiert werden. Ich bin davon überzeugt, dass der vom MAGS in den Apotheken ausgelegte modifizierte Flyer dazu beiträgt.
Ob moderne Techniken, zum Beispiel eine Membranfilteranlage in den Krankenhäusern, zielführend sind, wird das Ergebnis des vom MUNLV initiierten Pilotprojektes zeigen. Nachdenklich stimmt es mich schon, dass Bundesumweltminister Gabriel auf eine schriftliche Anfrage vom 18.05.2007 geantwortet hat:
„Untersuchungen... haben ergeben, dass Krankenhausabwasser die Arzneimittelfracht des kommunalen Abwassers nicht nennenswert erhöht.“
Trinkwasser wird in Deutschland zu etwa zwei Dritteln aus Grundwasser und zu ca. einem Drittel aus Oberflächenwässern gewonnen. Je nach Zustand des Rohwassers werden von den Wasserwerken zusätzliche Reinigungsstufen, zum Beispiel biologische und/oder chemische Abwasserbehandlungsmethoden, Oxydation mit Ozon, UVReaktoren oder Aktivkohlebefilterung, vorgehalten. Es ist gut, dass alle Methoden in NordrheinWestfalen erprobt und zielgerichtete Projekte vom Umweltministerium des Landes NordrheinWestfalen gefördert werden.
Herr Dr. Karthaus, mich erstaunt, dass die SPD dieses durchaus wichtige Thema erst heute aufgreift und somit auf eigene Unterlassungen in der Vergangenheit hinweist.
Das bestätigt Ihnen auch Ihr ehemaliger Koalitionspartner Bündnis 90/Die Grünen in seinem sogenannten Zehn-Punkte-Aktionsplan „Sauberes Trinkwasser“. Ich zitiere wieder wörtlich:
„Behindert wurden die grünen Aktivitäten zum Schutz des NRW-Trinkwassers nicht zuletzt durch den damaligen Koalitionspartner SPD.“
Als ich diese Aussage gelesen habe, war ich – ich sage das offen – sehr erschrocken. Ich verstehe aber jetzt die im Vorjahr erfolgte Anzeige des grünen Kreistagsabgeordneten Schulte-Huermann, der Frau Höhn im Zusammenhang mit den PFTFunden vorgehalten hat, dass sie die Verantwortung für die in ihrer Amtszeit völlig unzureichende Überwachung der Gewässer trägt. Das war eine schwere Anschuldigung; aber das sind Sünden der Vergangenheit.
Wichtiger ist ein Blick in die Zukunft. Hier hat unser Umweltminister Eckhard Uhlenberg Akzente gesetzt und die Sicherung der öffentlichen Trinkwasserversorgung und ihrer Ressourcen als vorrangiges Ziel für Umwelthandeln, Gesundheitsvorsorge und Verbraucherschutz definiert. Ich verweise hier nur auf die Arnsberger Vereinbarung.
Verantwortung und kooperatives Handeln für eine hohe Trinkwasserqualität und für die Gesundheit sollten unser gemeinsames Ziel sein. In diesem Sinne sehen wir den Diskussionen im Fachausschuss mit großem Interesse entgegen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich hatte ich erwartet, dass Frau Kraft heute zu diesem Thema spricht; denn sie hat laut einer Pressemitteilung des „Kölner Stadt-Anzeigers“ gesagt, dass sie in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode einen politischen Schwerpunkt auf die Reinhaltung des Trink- und Grundwassers setzen werde.
Deshalb war ich interessiert, zu erfahren: Was steht darin? Gibt der Antrag auch bundespolitische Impulse? Das muss man schließlich fragen. Was bleibt da übrig?
Wenn man den Antrag liest, stellt man fest, es gab zwei Kleine Anfragen. Sie sind beantwortet worden. Außerdem gab es einen LANUVFachbericht. Auch daraus ist abgeschrieben worden.
Ich halte also in Bezug auf den Antrag grundsätzlich fest: Die Strategie der SPD, in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode hier einen politischen Schwerpunkt zu setzen, beruht darauf, dass man erstens Informationen und Forschungsstand von der Landesregierung abfragt – das ist vernünftig –,
zweitens Sachkenntnis vortäuscht und drittens Maßnahmen der Landesregierung zum eigenen Programm erhebt. Meine Damen und Herren, das ist ein hoch effizienter Mitteleinsatz zur Vortäuschung eigener inhaltlicher Vorstellungen. Das muss man festhalten.
Unstrittig bei dieser ganzen Problematik ist, dass Arzneimittelwirkstoffe nicht in das Grundwasser und in die Gewässer gehören. Herr Karthaus, darin sind wir einer Meinung. Das Problem ist aber schon lange erkannt. Ebenso unstrittig ist, dass wir Arzneimittel brauchen. Wenn das zutrifft, müssen wir uns zwei Fragen beantworten.
Erstens. Wie schaffen wir es, dass nicht mehr gebrauchte und abgelaufene Arzneimittel und Arzneimittelreste ordnungsgemäß entsorgt werden? Dafür gibt es die Restmülltonne. Dafür gibt es die Müllverbrennung. Das ist ein vernünftiger Weg.
Sie fordern in Ihrem Antrag Aktionen der Landesregierung, diesen Weg zu beschreiten. Die gibt es bereits. Der Flyer „Alte Arzneimittel richtig entsorgen“ liegt in jeder Apotheke aus. Das ist eine vernünftige Sache. Der kann man nur zustimmen.
Meine Damen und Herren, damit wir uns gar nicht vertun: Arzneimittel gehören nicht in die Toilette; denn damit finden sie über die Kläranlage auch ihren Weg ins Gewässer. Auch da müssen wir aufpassen. Das ist nicht richtig.
Allerdings gehen ja die neueren Entwicklungen dahin, dass man gerade für Krankenhäuser und Altenheime, wo in großem Umfang solche Mittel anfallen, überlegt, eventuell Vorschaltanlagen zu installieren, bevor das Abwasser in den Kanal gegeben wird. Ich glaube, da wäre die Wasserwirtschaft gut beraten, ähnlich wie bei der Kooperationsvereinbarung zwischen Wasserwirtschaft und Landwirtschaft Kooperationen zur Elimination von Arzneimittelrückständen im Abwasser zu schaffen.
Zweitens. Eine weitere Frage, die sich uns stellt, lautet: Wie können wir bei den Ausscheidungen eingenommener Medikamente – ihre Abbauprodukte werden ja in unterschiedlichen Größenordnungen vom Stoffwechsel wieder ausgeschieden und landen so im Abwasser – die entsprechenden Folgewirkungen minimieren? Auch da sind wir uns sicherlich einig.
Meine Damen und Herren, bitte keine Horrormeldungen! Nicht jeder Arzneimittelwirkstoff muss zwangsläufig eine Gefährdung für Mensch und Umwelt bedeuten. Nehmen wir einfach einmal den Wirkstoff Aspirin. 840.000 kg werden pro Jahr verkauft. Selbst nach dem LANUV-Fachbericht
„Ein effizienter Humanmetabolismus, eine gute Elimination in den Kläranlagen, eine leichte biologische Abbaubarkeit und ein geringes Bioakkumulationspotenzial führen zu einer sehr geringen Umweltrelevanz.“
Fakt ist aber auch: Viele pharmakologisch wirksame Substanzen in einer Kläranlage werden dort nur unzureichend eliminiert. Darüber müssen wir nachdenken. Da ist einiges auf dem Weg.
Meine Damen und Herren, Trinkwasser – Sie sagen es zu Recht, Herr Dr. Karthaus – ist unser Lebensmittel Nummer eins. Es ist besonders wichtig, und darauf müssen wir ein besonderes Augenmerk legen.
In Absatz 2 des Beschlussvorschlages fordern Sie nun eine Forschungsinitiative der Landesregierung. Das hört sich ja gut an. Forschung unterstützen wir auch gerne und immer. Dem LANUVBericht ist allerdings zu entnehmen, dass dieses Forschungsgebiet nicht nur schon vorhanden und weit vernetzt ist, sondern es ist auch hoch spezialisiert. Ein Blick in den Anhang 2 des LANUVFachberichtes zeigt, dass Wissenschaft und Forschung in Nordrhein-Westfalen im internationalen Forschungsverbund arbeiten, angefangen von der Rheinisch-Westfälisch Technischen Hochschule Aachen bis zum IWW-Zentrum Wasser – das ist ja das An-Institut an der Universität DuisburgEssen – und auch dem An-Institut IUTA, dem Institut für Energie und Umwelttechnik in Duisburg. Die sind in diesem Bereich tätig und haben schon ausgesprochen gute Forschungsergebnisse gezeigt.
Zweitens. Forschung ist wichtig; da stimme ich Ihnen auch zu, das macht auch die Landesregierung, übrigens – bezogen auf das IUTA – erst, seit diese Landesregierung tätig ist.
Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Für Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt Herr Abgeordneter Remmel.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als ich die Überschrift des Antrags gelesen und auch die Äußerungen von Frau Kraft sehr aufmerksam verfolgt habe, habe mich ich, um es ganz ehrlich zu sagen, gefreut. Ich möchte zurufen: Willkommen im Club!
Dieses Thema ist ja nicht neu. Wir haben an anderer Stelle und unter anderen Überschriften hier im Landtag in dieser, aber auch in der letzten Legislaturperiode schon über Stoffe im Wasser – Rohwasser, aber auch Trinkwasser – diskutiert. Insofern freut es mich, dass die SPD-Fraktion einen solchen Antrag gestellt hat.
Als ich dann aber die Forderungen gelesen habe, musste ich erkennen, dass das doch ein Annähern gegenüber dem Problem und dem Sachverhalt ist, das zwar in einem gewissen Tempo, aber nicht in dem Tempo erfolgt, wie das Problem uns eigentlich vorgibt, wie wir uns nähern müssten. Die Problemlagen sind ja bekannt. Aber zu den Stellen, wo es wehtut, wo wir Interessenskonflikte haben, wo es Auseinandersetzungen gibt, sagt dieser Antrag nichts aus.
Ich mag Sie an der Stelle entlasten: Die Koalitionsfraktionen wollen von diesen Problemlagen überhaupt nichts wissen.
Also, wir sind uns einig: Es gibt Stoffe im Wasser, die dort nicht hineingehören. Aber, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, es sind nicht nur Arzneimittel. Das ist ein ganzer Cocktail von Chemikalien, es sind viele organische Stoffe, die wir im Wasser finden. Durch verschiedene Untersuchungen ist festgestellt worden, dass wir enorme Rückstände von Flammschutzmitteln im Wasser haben. Das sind nicht zuletzt auch Stoffe wie PFT. Deshalb sprechen wir nicht nur von Arzneimitteln, sondern von einem viel größeren Cocktail, dem wir begegnen müssen.