Protokoll der Sitzung vom 24.01.2008

Das will ich gerne mit einem Zitat einer grünen Kollegin von Ihnen belegen. Ute Koczy – das war die damalige jugendpolitische Sprecherin der Grünen – hat im Rahmen eines Debattenbeitrags zur GTKReform 1998 gesagt: Selbst wir Grüne waren in den Beratungsprozess nicht einbezogen. – Und das ist die andere Qualität. Es waren die Fraktionen einbezogen, es waren die Träger einbezogen, es waren die Kommunen einbezogen. Deshalb hat dieses Gesetz eine solide Grundlage, die auch legitimiert ist.

Es ist zum anderen bemerkenswert – das macht die Unglaubwürdigkeit Ihrer Initiative aus –, dass Sie eine umfassende Begleitstudie fordern, obwohl Sie selbst bei vergleichbaren Vorhaben in der Vergangenheit solche Evaluationen eben nicht vorgenommen haben, nicht dafür plädiert haben.

Liebe Frau Beer, wie war das denn bei der Offenen Ganztagsschule? Bei der Offenen Ganztagsschule haben Sie eine Begleitstudie in Auftrag gegeben, in der lediglich 24 OGATA, die von Ihnen handverlesen worden sind, evaluiert wurden.

(Beifall von Ralf Witzel [FDP])

Was war das denn für ein objektives Verfahren? Wie war das denn bei den Erprobungsmaßnahmen nach § 18 GTK? Die sind bis heute nicht ausgewertet worden.

(Beifall von FDP und CDU)

Bis heute liegen die Erhebungsbögen bei den Landesjugendämtern. Frau Asch, Sie sind doch die „Ober-Landschaftspolitikerin“. Kümmern Sie sich doch in Ihrem Landschaftsverband einmal darum, dass diese Bögen ausgewertet und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden! Da führen Sie nicht das große Wort. Hier führen Sie das große Wort. Sie sollten sich da, so meine ich, etwas stärker an Ihre Vergangenheit erinnern.

(Zuruf von Andrea Asch [GRÜNE])

Nicht zuletzt haben wir durch den Prozess Familienzentren gezeigt, dass wir externe Evaluation und externen Ratschlag hoch schätzen. Da gibt es eine externe Begutachtung der Einrichtungen. Wir haben als Freie Demokraten in der Vergangenheit immer angeregt, dass über die Familienzentren hinaus auszudehnen. Ich bin sehr dafür, dass wir nicht nur ein Qualitätssiegel „Familienzentren NRW“ bekommen, sondern dass wir auch für alle anderen Kindertageseinrichtungen ein Qualitätssiegel „Kindertageseinrichtung NRW“ etablieren, das ebenfalls interne mit externer Evaluation verbindet. Ich bin mir sicher, dass wir das

in den nächsten Jahren werden realisieren können.

(Unruhe – Glocke)

Vielen Dank, Herr Präsident.

Ich komme zum Schluss: Dieser Antrag dient ausschließlich und wieder dem Zweck, dass KiBiz hier zu thematisieren. Anstatt die parlamentarischen Entscheidungen zu akzeptieren, wollen Sie eine weitere Gelegenheit nutzen, Ängste in der Bevölkerung zu schüren und Unwahres zu verbreiten. Das untermauert im Übrigen auch die von Ihnen beantragte Anhörung zu dieser technischen Anpassung im GTK. Auch da geht es ausschließlich darum, Ihr kleines parteipolitisches Süppchen zu kochen. Dieses Süppchen schmeckt den Menschen in diesem Land aber schon lange nicht mehr. – Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Lindner. – Für die Landesregierung hat Herr Minister Laschet das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Kinderbildungsgesetz, das am 1. August 2008 in Kraft treten wird, erhalten die Kinder in NordrheinWestfalen bessere Bildungschancen. Zugleich schaffen wir die Rahmenbedingungen dafür, dass Familie und Beruf besser miteinander zu vereinbaren sind und mehr Eltern ihren Kinderwunsch realisieren können.

(Zuruf von Norbert Killewald [SPD])

Nicht zuletzt werden zukünftig alle wichtigen Entscheidungen über das Betreuungsangebot, Herr Kollege Killewald, dort getroffen, wo die Kinder, Familien und Eltern leben, nämlich in den Kommunen. Und das betrifft allein in NordrheinWestfalen rund 300.000 Mütter, die gerne wieder ins Berufsleben einsteigen würden, wenn die Rahmenbedingen es denn ermöglichen würden.

Mit dem Kinderbildungsgesetz schaffen wir die Voraussetzungen für einen massiven Ausbau der Plätze für die unter Dreijährigen. Wir verbessern die Chance, dass auch Frauen in NordrheinWestfalen stärker vom Aufschwung auf dem nordrhein-westfälischen Arbeitsmarkt profitieren können.

Aber der eigentliche Maßstab des Kinderbildungsgesetzes sind die Kinder und das, was der Landtag in seiner Sitzung vom 25. Oktober 2007

beschlossen hat, nämlich eine erweiterte Berichtspflicht. Das steht bereits in § 28 des KiBiz: erweiterte Berichtspflicht. Was heißt das? Das heißt, dass die Landesregierung verpflichtet ist, bis zum 31. Dezember 2011 über die Wirkungen des Gesetzes zu berichten. Und das ist zusammen mit den Partnern, mit den Wohlfahrtsverbänden, mit den kommunalen Spitzenverbänden und den Kirchen, so überlegt worden.

Es geht um folgende Fragen: Haben wir ein Angebot, das dem Bedarf der Eltern und ihrer Kinder in Nordrhein-Westfalen gerecht wird? Liebe Frau Asch, wenn diese Frage, ob wir ein Angebot haben, das den Interessen der Kinder und Eltern gerecht wird, je in Ihrer Regierungszeit unter dem GTK gestellt worden wäre, dann hätte man sie damals mit einem klaren Nein beantworten müssen. Wir konnten nämlich nur 2,8 % der Eltern Plätze für unter Dreijährige anbieten. Nur Sie haben sich nie dieser Frage gestellt, auf die Sie jetzt von uns eine Antwort erwarten. Wir stellen uns dem und lassen uns Jahr für Jahr an den Zahlen, an der Qualität und daran messen, was sich in diesem Land verbessert hat.

(Beifall von der CDU – Zuruf von Norbert Kil- lewald [SPD])

Ich freue mich über jede dieser Debatten, weil wir schon am Ende des Jahres 34.000 U-3-Plätze haben. Ich denke, ab Mitte des Jahres ändern sich die Fronten hier. Dann wird nämlich ein Teil des Hauses Sitzung für Sitzung das Thema KiBiz beantragen, weil wir dann Bilanz ziehen und unsere Erfolge abfeiern werden.

(Beifall von CDU und FDP – Britta Alten- kamp [SPD]: Im Moment gibt es nichts zu feiern!)

Weitere Fragen, die wir im Jahre 2011 beantworten werden, betreffen die Pauschalen, die Gesamtkostenentwicklung, die Struktur der Träger und den Verwaltungsaufwand. Das sind aus meiner Sicht auch die entscheidenden Fragen, die hier untersucht werden sollen. Wir brauchen deshalb keine zweite Evaluierung.

Ich möchte noch auf eine Bemerkung von Frau Kollegin Schneppe eingehen. Frau Kollegin, wir haben uns bisher wenig über diese Fragen ausgetauscht. Ich will Ihnen nun an mindestens drei Stellen nachweisen, dass Ihre Rede leider nicht von dem hohen Maße an Sachkunde geprägt war, das ansonsten die Beiträge von Frau Asch auszeichnet.

(Zurufe von CDU und GRÜNEN)

Frau Schneppe, Sie haben erstens gesagt, Sprachförderung habe es auch schon beim alten Gesetz gegeben. Das ist in der Tat richtig. Nur, das alte Gesetz umfasste 7 Millionen €, jetzt sind es 28 Millionen €. Das ist der erste Unterschied.

(Beifall von CDU und FDP)

Der zweite Unterschied: Sie haben Sprachförderung in Crash-Kursen gemacht. Wir fangen im 4. Lebensjahr für zwei Jahre systematisch an, um Kinder früher zu erreichen.

(Beifall von der CDU)

Dritter Unterschied: Sie haben Sprachförderung nur bei den Kindern gemacht, die im Kindergarten sind. Das Schulgesetz verpflichtet aber jedes Kind, einen Sprachtest zu machen. Das müssen wir erreichen. Das ist der große Unterschied.

Zweitens haben Sie gesagt, die musischen, kognitiven und anderen Fähigkeiten seien in diesem Gesetz nicht aufgegriffen, und deshalb stelle es hinsichtlich der Qualität kein anspruchsvolles Kindergartengesetz in Deutschland dar.

Ich lese Ihnen einmal aus der Begründung vor, was wir unter dem Bildungsauftrag, der im Gesetz normiert ist, verstehen. Dort heißt es:

„Zum pädagogischen Konzept gehört auch, dass das Kind neben der Aneignung von Wissen und Fertigkeiten in allen seinen möglichen vor allem in den sensorischen, motorischen, emotionalen, ästhetischen, kognitiven, sprachlichen sowie mathematischen und naturwissenschaftlichen und künstlerischen Entwicklungsbereichen individuell begleitet … wird.“

(Beifall von der CDU)

Das ist der Qualitätssprung. Das gab es bisher nicht. Weil das Gesetz das Kindprinzip verfolgt, guckt es eben auf das einzelne Kind und nicht auf eine bürokratische Struktur, wie das im GTK der Fall war.

Zum Dritten haben Sie gesagt, es sei deshalb nicht modern, weil wir keine Beitragsfreiheit vorsähen. Gut, dann messen wir Modernität an der Beitragsfreiheit; das kann man durchaus machen. Da kann ich Ihnen sagen: KiBiz ermöglicht, dass Kommunen individuelle Lösungen finden. Und meine Kommune – nebenbei: Rot-Grün regiert die Stadt Aachen – legt 2,5 Millionen € drauf, um das erste Kindergartenjahr beitragsfrei zu lassen.

(Beifall von der CDU – Britta Altenkamp [SPD]: Dafür haben Sie jetzt großen Beifall von der CDU bekommen!)

Das ist eine kluge Entscheidung der Kollegen in Aachen. Ich würde mir wünschen, dass Frau Kollegin Asch, die ja aus Köln kommt, dem Antrag der CDU in Köln zustimmen und dass die rotgrüne Regierung in Köln diese Leistung nicht blockieren würde.

(Beifall von der CDU – Ralf Jäger [SPD]: Haben Sie das mal mit dem Regierungsprä- sidenten besprochen, Herr Laschet? – Wei- tere Zurufe von der SPD)

Die Möglichkeit haben Sie, aber leider tun Sie es in Köln nicht.

(Norbert Killewald [SPD]: Fragen Sie mal Herrn Wolf! – Weitere Zurufe von der SPD)

Herr Minister, Ihre Redezeit ist eigentlich um. Es gibt noch eine Zwischenfrage von Frau Hendricks.

(Fortgesetzt Zurufe von der SPD)

Die Lage in Köln ist die gleiche wie in Aachen.

Herr Minister, würden Sie die Zwischenfrage gerne noch zulassen?

Ja.

Gut. – Frau Hendricks, bitte schön.

Sehr geehrter Herr Minister Laschet, Sie haben gerade sehr deutlich ausgeführt, dass es eben sehr unterschiedliche Ausgangslagen in den Kommunen gibt. Wie bewerten Sie denn die unterschiedlichen Ausgangslagen im Hinblick auf die Möglichkeit der Förderung von Kindern und Jugendlichen, wenn die Kommunen unterschiedlich viel Geld in die Hand nehmen? Denn dann bestehen in der Stadt Gelsenkirchen, in der Stadt Köln, in der Stadt Bonn und in der Stadt Aachen ja völlig unterschiedliche Fördermöglichkeiten.