Protokoll der Sitzung vom 20.02.2008

Es hat den Raubzug des Finanzministers gegeben, der 2 Milliarden € gekostet hat. Hätte es den nicht gegeben, ginge es den Kommunen heute besser.

Herr Hovenjürgen, ich will Ihnen dazu sagen: Wir nehmen es gerne an, dazu ins Gespräch zu kommen. Ich bezweifle allerdings, dass das mit diesem Innenminister und diesem Staatssekretär möglich ist. Die müssen Sie erst einmal zurücknehmen, denn die beiden werden das in diesem Leben nicht mehr verstehen. Davon bin ich fest überzeugt.

(Zuruf von Manfred Palmen [CDU])

Herr Staatssekretär, Sie können sich gerne nach vorne begeben und hier mitreden. – Herr Staatssekretär, Herr Innenminister, Sie tragen die

uneingeschränkte Verantwortung für die Finanzmisere der Kommunen in den letzten Jahren. Ich kann Ihnen auch sagen: In den Nothaushaltsgemeinden gibt es mehr Kompetenz als bei Ihnen beiden in dieser Frage. Ich wünsche Ihnen noch viel Spaß in der Diskussion. Glück auf!

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Danke schön, Herr Töns. – Für die FDP spricht Herr Witzel.

(Horst Becker [GRÜNE]: Jetzt witzelt’s wie- der!)

Frau Präsidentin! Selbstverständlich wollen wir nicht alle Anschuldigungen der Opposition unkommentiert im Raum stehen lassen. Ich bin ausdrücklich der Auffassung, dass die aktuellen Zahlen – ein Blick in die Große Anfrage hätte Ihnen das gezeigt, Herr Töns – nicht dafür sprechen, sagen zu können, die Konsolidierungsmaßnahmen würden nicht fruchten.

So hat sich die Finanzsituation einer ganzen Reihe von Ruhrgebietskommunen verbessert, wie Sie das auch den in der Landtagsdrucksache dargestellten Zusammenhängen entnehmen können. Neben Dortmund, Hagen, Bochum, Herne, Dinslaken, Moers und Sprockhövel haben auch Castrop-Rauxel und Waltrop wieder ein genehmigungsfähiges Haushaltssicherungskonzept vorlegen können. Gevelsberg und Holzwickede haben ihren Haushalt sogar ohne Umstellung auf das Neue Kommunale Finanzmanagement, NKF, ausgleichen können.

Das sind keine Anzeichen von Finanzkollaps, sondern vielmehr Lichtblicke in Richtung einer verbesserten kommunalen Finanzsituation. Es lassen sich nicht alle Probleme über Nacht lösen. Es sind auch nicht alle Probleme der Kommunalfinanzen gelöst, die die letzten Jahre und Jahrzehnte entstanden sind. Aber es gibt eine klare Perspektive, gerade auch aufgrund des wirtschaftlichen Aufschwungs und der positiven Steuerentwicklung, dass hier entsprechende Konsolidierungsmaßnahmen greifen. Weitere begleitende Gesetze der Landesregierung – das Parlament hat sie ja beschlossen – kommen positiv hinzu und werden sich auch finanziell positiv auswirken, zum Beispiel das Standardbefreiungsgesetz, das unnötige Mehrkosten zukünftig vermeiden hilft.

Indirekt erhalten aber auch die schwächeren Städte und Gemeinden, deren Steuerkraft nicht gestiegen ist, durch den kommunalen Finanzausgleich höhere Zuweisungen. Waltrop im Kreis Recklinghausen erhält in diesem Jahr 11,1 %, das

sind 1,5 Millionen € mehr an Zuweisungen als in 2007. Gelsenkirchen erhält 22,1 %, immerhin über 21 Millionen € mehr. Bochum erhält 12,6 %, das sind fast 24 Millionen € mehr, und Duisburg 13 %, das sind 41 Millionen €, meine Damen und Herren.

Darüber hinaus sollen gerade die finanzschwachen Kommunen überproportional an der Verteilung der Abschlagszahlungen infolge der Notwendigkeit zur Überprüfung der Überzahlungen beim Solidarpakt beteiligt werden. So ist das Ganze angelegt.

Lassen Sie mich noch einen Gedanken zum Thema „Handlungsrahmen für die Kommunen mit unausgeglichenem Haushalt“ vortragen: Durch die Änderungen des Handlungsrahmens zum Jahresbeginn 2006 durch den Innenminister ist die Hebesatzspirale endlich gestoppt worden. Jetzt müssen HSK-Kommunen ihre eigenen Hebesätze nicht mehr oberhalb der fiktiven Hebesätze festsetzen. Das hat positive Auswirkungen auf die Wirtschaft vor Ort, die bei möglichen Investitionen nicht durch die Gewerbesteuersätze abgeschreckt oder vertrieben wird.

Die Landesregierung hat, weil uns sehr viel an kontinuierlicher Verbesserung und Evaluation liegt, das Ifo-Institut beauftragt, ein Gutachten zu erstellen, um die Systematik des kommunalen Finanzausgleichs einmal umfassend zu durchleuchten. Die Vorlage dieses Gutachtens wird im Frühjahr dieses Jahres erwartet. Der Hintergrund ist auf Seite 36 nachzulesen. Nordrhein-Westfalen ist bemüht, bestehende Probleme des aktuellen Systems zu ermitteln und diese, wenn es welche geben sollte, auch zu beseitigen.

Die Überzahlung der Gemeinden im Rahmen der Lasten der deutschen Einheit wird im Rahmen des Schlüsselzuweisungssystems zurückentrichtet. Damit profitieren die Gemeinden mit den höchsten Finanzkraftproblemen – davon gibt es zugegebenermaßen viele im Ruhrgebiet – in besonderer Weise von den Rückzahlungen.

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Nothaushaltskommunen müssen die Mittel per Gesetz primär zur Tilgung ihrer Kassenkredite einsetzen. Auch dieser warme Regen wird nachträglich zur Haushaltskonsolidierung beitragen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von der FDP)

Danke schön, Herr Witzel. – Meine Damen und Herren, Herr

Hovenjürgen hat noch einmal für die CDUFraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Ich möchte das, was Herr Töns hier geäußert hat, nicht ganz unkommentiert lassen. Herr Töns, nichts ist schwarz und nichts ist weiß. Auch die Bemühungen der Haushaltskonsolidierung im Ruhrgebiet sind recht unterschiedlich. Das müssen wir uns fairerweise zugestehen.

Ich muss den Kollegen Witzel leider korrigieren: Castrop-Rauxel hat keinen ausgeglichenen Haushalt. Castrop-Rauxel hat in den letzten drei Jahren allerdings 98 neue Stellen geschaffen – 17 davon übrigens wegen des Brandschutzbedarfsplans; das muss man fairerweise dazusagen. Das ist aber immer noch eine erhebliche Anzahl neuer Stellen. Wenn diese Zahl belastbar ist und sich bewahrheiten sollte – ich lasse gerade ausarbeiten, ob das den Tatsachen entspricht; nach meinem Kenntnisstand ist das so –, dann sind das natürlich negative Beispiele, was das Bemühen der Sparsituation vor Ort angeht.

Auch Oberhausen ist übrigens kein Ausbund von Sparsamkeit. Auch da gibt es Dinge, zu denen man sagen muss: Es gibt verbesserungsfähige Situationen, an denen wir gemeinsam arbeiten sollten. Auch die vor Ort kommunalpolitisch Verantwortlichen sollten sich ein Stückchen mehr in die Selbstdisziplin nehmen, selbst wenn das nicht immer einfach ist.

Insofern: Nichts ist schwarz und nichts ist weiß, Herr Töns. Dass es irgendwo eine gemeinsame Handlungsnotwendigkeit gibt, ist auch richtig. Aber Sie haben eine Vergangenheit: Die Belastungen der Kommunen, die Nothaushaltssituationen sind zu Ihrer Regierungszeit entstanden, nicht unter der neuen Regierung. Unter der Koalition der Erneuerung – um den Begriff zu gebrauchen – sind die Einnahmen der Städte gestiegen – Herr Becker ist der Auffassung, sie hätten noch höher steigen können – und nicht gesunken. Selbst die Investitionsquoten der Städte steigen wieder an. Es gibt also auch positive Hinweise. Wir haben aber gerade in den Nothaushaltskommunen noch viel gemeinsame Arbeit zu leisten und fair miteinander umzugehen.

Herr Kollege, würden Sie noch eine Zwischenfrage von Herrn Witzel zulassen?

Aber gerne, Herr Witzel.

Bitte schön, Herr Witzel.

Herr Kollege Hovenjürgen, das ist sehr nett. Weil Sie gerade sagten, ich hätte fälschlicherweise behauptet, die Stadt CastropRauxel habe einen ausgeglichen Haushalt, darf ich Ihnen die Frage stellen: Nehmen Sie zur Kenntnis bzw. unterstreichen Sie die Richtigkeit meiner Aussage, die ich eben getätigt habe, dass die Stadt Castrop-Rauxel erfreulicherweise wieder einen genehmigungsfähiges Haushaltssicherungskonzept hat?

Auch das ist mir ein ganz neuer Tatbestand, den ich so noch nicht wahrnehmen konnte. Herr Witzel, wenn es so ist, wäre es erfreulich, das wäre mir aber neu. Das müsste in den letzten Tagen entstanden sein. – Herr Becker möchte auch noch etwas fragen. –

Herr Becker, dann gebe ich Ihnen auch noch das Wort. Bitte schön.

Danke, Frau Präsidentin. Danke, Herr Kollege. – Da wir jetzt sozusagen bei den Einzelnachfragen zu Kommunen sind: Ich hatte den Kollegen Witzel eben so verstanden, dass er auch der Meinung war, Waltrop sei aus dem Haushaltssicherungskonzept und aus dem Nothaushaltsrecht heraus. Das ist mir persönlich ganz neu. Haben Sie ähnliche Erkenntnisse wie der Kollege Witzel, oder würden Sie eher meiner Meinung zuneigen, dass das nicht der Fall ist?

Ich kann die Erkenntnisse so nicht bestätigen, die ich gehört habe.

(Carina Gödecke [SPD] und Ralf Jäger [SPD]: Welche?)

In Sachen Waltrop. Insofern möge es mir der Kollege Witzel nachsehen; das müssen Neuentwicklungen sein, die mir entgangen sind. Im Kreis Recklinghausen entgeht mir selten etwas.

(Beifall von der CDU – Zurufe von Ralf Wit- zel [FDP] und Ewald Groth [GRÜNE])

Ich gebe Herrn Innenminister noch einmal das Wort.

Bei aller Freude, Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Einzelfälle zu diskutieren: Wir haben heute Abend noch genügend Zeit. Deswegen möchte ich noch

einmal auf die globalen Zahlen des Haushalts zurückkommen. Das erhellt manchmal die Erkenntnis.

Ich möchte nur sagen, dass, nachdem das GFG 2000 eine Nettozuweisung von ca. 6,8 Milliarden auswies und es im GFG 2004 ca. 6,9 Milliarden waren, sind wir jetzt, 2008, bei einem Höchststand von 7,57 Milliarden. Das zeigt schon, dass das Land seiner Verantwortung gerecht wird.

(Vorsitz: Vizepräsident Edgar Moron)

Es ist völlig richtig, Herr Hovenjürgen: Jeder wünscht sich mehr. Das war schon immer so. Dadurch aber, dass wir – deswegen habe ich auf die Verfassung verwiesen – die Gesamtverantwortung für den Haushalt des Landes und der Kommunen tragen, ist ein Abwägungsprozess erforderlich. Nicht schwer festzustellen ist, dass sich auch für das nächste Jahr, weil wir immer die Abrechnungsperioden des jeweiligen Vorjahres zusammenlegen, eine positive Entwicklung abzeichnet. Deswegen müssen die Konsolidierungsbemühungen weiterhin verstärkt werden.

Wenn wir über die Frage der Verteilungsgerechtigkeit im Zusammenhang mit dem neuen GFG diskutieren, sind alle aufgefordert, ihre Überlegungen einzubringen. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Innenminister. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Herr Becker, haben Sie noch eine?

(Horst Becker [GRÜNE]: Ich darf nicht mehr!)

Das ist ja auch gut so.

(Allgemeine Heiterkeit – Beifall von Dr. Ste- fan Berger [CDU])

Denn jetzt ist die Zeit schon so weit fortgeschritten. Wir sollten jetzt diesen Tagesordnungspunkt abschließen. Das war nur eine Scherzbemerkung.

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Ich schließe die Beratung und stelle fest, dass die Große Anfrage 12 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen damit diskutiert und erledigt worden ist.