Protokoll der Sitzung vom 20.02.2008

Als Restrukturierungsmaßnahmen sind insbesondere Kosteneinsparungen in Höhe von rund 300 Millionen € geplant. Dazu gehört auch der Abbau von 1.300 bis 1.500 Arbeitsplätzen bis zum Jahr 2010. Gleichzeitig sollen die Erträge um rund 100 Millionen € allein durch die Sparkassen- und Mittelstandsoffensive erhöht werden. Darauf komme ich gleich zurück.

Natürlich, meine Damen und Herren, ist ein Stellenabbau immer höchst bedauerlich. Es gibt aber keine Alternative dazu. Nur so können verbleibende Arbeitsplätze gesichert werden. Ich habe hierüber mit der Arbeitnehmervertretung der WestLB mehrmals gesprochen.

Die WestLB muss konkurrenzfähiger werden, um im Wettbewerb bestehen zu können, und zwar unabhängig von Eigenhandels- und SubprimeVerlusten. Hinzu kommt: Die ergriffenen Maßnahmen sind nach EU-Recht nur zulässig, wenn sie den sogenannten Market-Investor-Test bestehen. Das heißt, ein privater Investor müsste die gleiche Investitionsentscheidung getroffen haben.

Die Eigentümervertreter, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben sich außerdem auf wesentliche Eckpunkte zur Stärkung des Geschäftsmodells verständigt. Sieben Punkte möchte ich Ihnen vortragen.

Erstens. Die Sparkassen in Nordrhein-Westfalen und die WestLB AG als Sparkassenzentralbank werden gemeinsam im S-Finanzverbund NRW alle Maßnahmen ergreifen, um für den Verbund ein gemeinsames Verbundrating – mindest A bei Standard & Poor’s – zu erreichen.

Die Zusammenarbeit im Verbund erfolgt auf der Grundlage eines satzungsmäßigen Verbundstatuts sowie von festen vertraglichen, langfristigen Vereinbarungen. Durch das Verbundstatut wird die Zusammenarbeit im Verbund auf eine noch festere als die vertragliche Grundlage gestellt. Ein solches Verbundstatut kann auf Grundlage von § 37 des bestehenden Sparkassengesetzes errichtet werden.

Zweitens. Im S-Finanzverbund soll die Verbundquote zwischen Sparkassen und WestLB AG auf mindestens 90 % verbessert werden. Das lastet die Geschäftstätigkeit der WestLB in diesem Segment deutlich höher als bisher aus.

(Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE])

Drittens. Das Umsatzvolumen der WestLB für das Mittelstandsgeschäft wird auf 50 Millionen € herabgesetzt. Die WestLB AG wird den Markt zusammen mit den Sparkassen bearbeiten, wobei auch Konkurrenzlagen zwischen WestLB und Sparkassen zulässig sind.

Viertens. Für die gesamte Verbundgruppe werden gemeinsame Risikostrategie, Risikomanagement, Risikostandards und Risikosteuerungen etabliert. Dabei werden die KWG-rechtlichen Anforderungen an die Geschäftsleiterverantwortung vor Ort beachtet.

Fünftens. Innerhalb des Verbundes erfolgt eine Verbundrechnungslegung mit dem Ziel einer konsolidierten Rechnungslegung im Konsolidierungskreis aus Sparkassen, WestLB und weiteren Verbundpartnern. Dies wird von der von der WestLB und den Sparkassenverbänden bereits gegründeten Gesellschaft, der S-Verbund-Clearing NRW GmbH, umgesetzt und dient der verstärkten Wahrnehmung als Verbundgruppe insbesondere für das angestrebte Verbundrating von mindestens A bei Standard & Poor’s.

Sechstens. Die WestLB baut ihre Kapazitäten als Sparkassenzentralbank sowie zur Unterstützung der Sparkassen im Retailgeschäft erheblich aus. Die traditionelle Sparkassenzentralbankfunktion der WestLB soll wieder gesetzlich verankert werden; das war sie bis 2002. Auch dies ist ein Zeichen der Verbundenheit in der öffentlichrechtlichen Familie.

Siebtens. Der Träger einer Sparkasse kann seine Trägerschaft auf den Sparkassen- und Giroverband oder die Sparkassenzentralbank auf Zeit übertragen. Durch diese Regelung, die im novellierten Sparkassengesetz zu verankern ist, wird die Möglichkeit eröffnet, dass die Trägerschaft an einer Sparkasse auf die WestLB übertragen werden kann.

Durch die Übertragung bleibt das Regionalprinzip allerdings unverändert. Auch die weiteren sparkassentypischen Grundprinzipien, insbesondere die Gemeinwohlaufgabe, die regionale Verankerung vor Ort, die rechtliche Selbstständigkeit und die öffentlich-rechtliche Rechtsform, bleiben im Interesse der Sparkassen, ihrer Kunden und der Region gewahrt.

Meine Damen und Herren, zusammen mit den Restrukturierungsmaßnahmen geben diese wesentlichen sieben Punkte zur Optimierung des Geschäftsmodells der Bank bereits eine belastbare positive Zukunftsperspektive – etwas, was zum Beispiel die Ratingagentur Standard & Poor’s zur Vorbedingung ihrer Ratingbestätigung gemacht hat.

Neben der Restrukturierung und der Optimierung des Geschäftsmodells haben sich die Eigentümervertreter auf eine transaktionsbezogene Risikoabschirmung verständigt. Die betroffenen Portfolios von nominal rund 23 Milliarden € werden von der WestLB auf eine Zweckgesellschaft ausgegliedert. Durch Garantien der Eigentümer werden dabei 5 Milliarden € abgesichert; die Garantien werden mit einer üblichen Provision vergütet.

Dabei hat sich das Land Nordrhein-Westfalen bereit erklärt, über seinen Anteil an der am 20. Januar 2008 beschlossenen Kapitalmaßnahme von 2 Milliarden € hinaus als einziger Aktionär für die WestLB AG einen zusätzlichen Risikoschirm in Höhe von 3 Milliarden € zu leisten. Über die Realisierung dieses Risikos ist damit noch nichts gesagt. Es kann in dem Portfolio zu weiteren Wertminderungen, aber auch zu Werterhöhungen kommen.

Die Risikoabschirmung, meine sehr verehrten Damen und Herren, dient einerseits der Stabilisierung der WestLB, andererseits aber der Sicherung der mit der Helaba angestrebten Landesbankenkonsolidierung. Die Risikoabschirmung ist also transaktionsbezogen, weil dadurch eine der zentralen Bedingungen für die Konsolidierung der Landesbanken erfüllt wird.

Das Land übernimmt dabei im Interesse der Bank und ihrer Mitarbeiter und zugunsten der gesamten Sparkassenfamilie eine über seine Minderheitsbeteiligung weit hinausgehende Verantwortung.

Das Land hat von Anfang an deutlich gemacht, dass eine solche disquotale Leistung gegenüber Parlament wie Steuerzahler nur zu rechtfertigen ist, wenn das Land neben der notwendigen Restrukturierung und einem zukunftsfähigen Geschäftsmodell bei Inanspruchnahme aus der Risikoabschirmung einen Wertausgleich beanspruchen kann.

Diese Voraussetzung ist erfüllt. Wird das Land aus seiner disquotalen Risikoabschirmung in Anspruch genommen, stehen ihm in Höhe der überquotalen Inanspruchnahme sämtliche Werterhöhungen zu, die über den Buchwert der von den übrigen Aktionären gehaltenen Aktien hinausgehen.

Dieser Wertausgleich erfolgt entweder durch Übertragung von Aktien gegen Erstattung des Buchwertes, im Fall der Sparkassenverbände minus 10 %, oder durch Einigung auf einen Barausgleich. Der Buchwert wurde dabei als derjenige der Sparkassenverbände festgelegt.

Bis zur Erledigung der Risikoabschirmung werden sämtliche Dividendenzahlungen auf die Aktien der Sparkassen- und Giro- sowie der Landschaftsverbände auf einem Treuhandkonto hinterlegt, aus dem die Wertausgleichsansprüche des Landes befriedigt werden.

Unter Berücksichtigung der vom Land übernommenen Risikoabschirmung und der damit verbundenen Verantwortung werden außerdem sowohl der Konsortialvertrag als auch die Satzung der WestLB AG geändert und angepasst.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung ist davon überzeugt, dass mit diesem Dreiklang aus Restrukturierung, Optimierung des Geschäftsmodells und transaktionsbezogener Risikoabschirmung zentrale Voraussetzungen für die Zukunftsfähigkeit der Bank gesichert sind.

Natürlich wird das Land zusammen mit der Bundesregierung und der WestLB die EUKommission vorab lückenlos und zeitnah über alle Maßnahmen informieren und keine unabgestimmten Schritte unternehmen. Diesbezüglich habe ich bereits am 22. Januar und am 8. Februar 2008 die zuständige EU-Kommissarin Frau Kroes in Telefonaten persönlich informiert.

Die Lage der Westdeutschen Landesbank ist mit der Einigung der Eigentümer noch nicht gemeistert. Die WestLB hat aber wieder eine Zukunftsperspektive, und zwar eine belastbare; denn ich bin zuversichtlich, dass es alle Beteiligten ernst meinen.

Jetzt gilt es, zusammen mit einem schlagkräftigen Management die Restrukturierung in Detailplanungen zu konkretisieren und in die Tat umzusetzen, die Optimierung des Geschäftsmodells voranzutreiben und in der Praxis zu leben sowie die transaktionsbezogene Risikoabschirmung marktgerecht zu konstruieren und zu verwirklichen.

Die Entwicklung der WestLB bis zur heutigen Situation zeigt: Geschäftsfelder, in denen die Bank seit Jahren mit Erfolg tätig gewesen ist, sind aus dem Ruder gelaufen. Insbesondere die SubprimeKrise ist hier als Ursache zu nennen – und die hat mit Ausnahme weniger Experten niemand vorausgesehen. Das hat auch der Bundesfinanzminister in der Regierungserklärung vom 15. Februar 2008 bestätigt.

Außergewöhnliche Situationen erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. Das Land als einer der Eigentümer der WestLB hat daher seiner Verantwortung gerecht zu werden – seiner Verantwortung für die Bank, für die Mitarbeiter, für die Kunden, für die öffentlich-rechtlichen Sparkassen in Nordrhein-Westfalen, für den Finanzplatz Nordrhein-Westfalen, ja, für den Finanzplatz Deutschland.

Die gemeinsame Bewältigung dieser Situation sollte für uns vor dem Hintergrund der legislaturperiodenübergreifenden Entwicklung das Gebot der Stunde sein. Deshalb hielte ich es für das richtige Zeichen in Richtung WestLB und Finanzmärkte, wenn Landesregierung und alle Fraktionen des Landtags gemeinsam und möglichst zügig die notwendigen Maßnahmen zur Umsetzung des Maßnahmenpaketes tragen würden.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Nach über ei- nem Dreivierteljahr!)

Ich biete Ihnen ausdrücklich an, zeitnah vertieft darüber zu sprechen, wie dies auf einem belastbaren Fundament geschehen kann.

Dabei ist für die Landesregierung jedoch eines klar: Den haushaltspolitischen Konsolidierungskurs werden und dürfen wir dabei nicht verlassen.

(Beifall von CDU und FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie daher um Unterstützung bei den vorgesehenen Maßnahmen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Finanzminister. – Für die SPD spricht nun Frau Kraft.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Finanzminister, Sie haben uns heute in dieser Unterrichtung der Landesregierung wenig Neues berichtet. Sie haben uns ein Konzept vorgestellt, das aus drei Teilen bestehen soll: Restrukturierung, Optimierung des Geschäftsmodells und Risikoabschirmung. Alles, was wir dort gehört haben, war uns bekannt. Das, was uns nach wie vor fehlt, ist ein belastbares, ein tragendes, ein zukunftsfähiges Konzept für diese Bank, Herr Finanzminister.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Wenn Sie jetzt an dieser Stelle um Unterstützung in dieser Situation bitten und das noch mit den Worten einleiten, dies sollten alle gemeinsam und

zügig tun, dann ist das wohl der richtige Zeitpunkt, daran zu erinnern, dass Sie für den Zeitverzug gesorgt haben, der uns in diese Lage mit dieser Bank gebracht hat.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Mit „Sie“ meine ich ausdrücklich den Ministerpräsidenten, der ja bekanntermaßen – wir haben das hier schon beim letzten Mal diskutiert – die WestLB zur Chefsache erklärt hat und der Monate hat verstreichen lassen, ohne dass vernünftige Optionen verhandelt worden sind. Das ist Fakt. Das muss man an dieser Stelle auch noch einmal deutlich sagen. Sie tragen die Verantwortung, Herr Ministerpräsident!

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Sie setzen offensichtlich immer noch – das ist höchst interessant – auf die Helaba. Herr Ministerpräsident und Herr Finanzminister, ich weiß nicht, ob Sie die Pressemitteilungen und Presseberichte der letzten Tage nicht gelesen haben. Offensichtlich hat die Helaba wenig Interesse, mit uns gemeinsam die WestLB zu fahren.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Luftschloss!)

Die Sparkassen – das ist höchst interessant –, die ja eine große Mehrheit bei der Heleba haben, sorgen sich in erster Linie um ein Detail Ihres Paketes, das Sie uns gerade geschildert haben. Die Sparkassen sorgen sich nämlich darum, dass das Land Mehrheitseigner der WestLB werden könnte. Das sollte Ihnen doch zu denken geben, Herr Finanzminister. So wird der Weg zur Helaba zugemacht: Sie wollen die Vertikalisierung, die Sparkassen wollen das nicht, und die wollen das auch nicht bei der Helaba.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Ein belastbares, ein zukunftsträchtiges Geschäftsmodell fehlt. Das sehen nicht nur wir so, das kritisieren auch Experten und Fachjournalisten. Damit ist die Zukunft der WestLB weiter ungewiss.

Wir haben eine kurzfristige Rettungsaktion, die wir auch mittragen werden, mittragen müssen genauso wie die Anteilseigner, die Landschaftsverbände, die Sparkassen, aber auch die indirekt mitbetroffenen Kommunen. Diese kurzfristige Rettungsaktion reicht nicht. Ohnehin ist unklar, ob noch weitere Risiken aufgedeckt werden. Was uns fehlt, ist ein Plan, ist eine Zukunftsperspektive.