Protokoll der Sitzung vom 12.03.2008

Ich rufe die

Mündliche Anfrage 182

des Abgeordneten Link von der SPD-Fraktion auf:

Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung aus den Beschlüssen des Verwaltungsgerichts Düsseldorf zum Thema „Hausbewerber“ bei Schulleiterstellen?

Am 27. Februar 2008 veröffentlichte das Verwaltungsgericht Düsseldorf folgende Pressemitteilung: „Besetzung von Schulleiterposten wegen Nichtberücksichtigung hausinterner Bewerber vorläufig gestoppt“.

Die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf hat in zwei Eilverfahren über die Anträge von stellvertretenden Schulleitern entschieden, die darauf gerichtet waren, die Besetzung der Schulleiterstelle an einer Gemeinschaftshauptschule in Neukirchen-Vluyn bzw. an einem Abendgymnasium in Düsseldorf vorläufig zu verhindern. Beide Antragsteller hatten sich jeweils als „Hausbewerber“ um die Stelle des Schulleiters an ihrer Schule beworben. Die Bezirksregierung Düsseldorf hatte die Bewerbungen nicht berücksichtigt und auf die Neufassung des § 61 Abs. 1 Satz 3 des Schulgesetzes des Landes NordrheinWestfalen verwiesen, wonach Lehrkräfte der betroffenen Schule nur dann benannt werden können, „wenn sie vor ihrer Tätigkeit an dieser Schule in mindestens einer anderen Schule oder in der Schulaufsicht gearbeitet und damit ihre Verwendungsbreite nachgewiesen haben“.

Das Gericht hat den Eilanträgen der hausinternen Bewerber stattgegeben, weil dies im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes der Antragsteller geboten sei. Die „Hausbewerber“ könnten nicht mit der Begründung vom weiteren Bewerbungsverfahren ausgeschlossen werden, sie seien bislang nur an einer Schule tätig gewesen. Die (neue) Vorschrift des § 61 Abs. 1 Satz 3 SchulG NRW verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes, weil sie von „Außenbewerbern“ einen derartigen Nachweis der Verwendungsbreite nicht verlange. Für diese Ungleichbehandlung gebe es keinen hinreichenden sachlichen Grund. Denn die als gesetzliche Einstellungsvoraussetzung geforderte Tätigkeit an einer anderen Schule lasse nicht den Schluss auf eine allgemein größere Verwendungsbreite zu, da auch ein hausinterner Bewerber seine Verwendungsbreite durch die Wahrnehmung verschiedener Funktionen auch an ein und derselben Schule, etwa im Umfeld der Schulleitung, nachweisen könne. Zur Frage der Verfassungswidrigkeit des § 61 Abs. 1 Satz 3 SchulG NRW sei deshalb gegebenenfalls im Rahmen des Hauptsacheverfahrens eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen.

Gegen die Beschlüsse der Kammer vom 15. Februar 2008 und 20. Februar 2008 kann Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen eingelegt werden. Az.: 2 L 2145/07 und 2 L 2090/07

Welche (politischen und rechtlichen) Konsequenzen zieht die Landesregierung aus diesen Beschlüssen?

In Vertretung von Frau Ministerin Sommer antwortet Herr Minister Uhlenberg.

Herr Abgeordneter! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sie fragen danach, welche Konsequenzen die Landesregierung aus den Beschlüssen des Verwaltungsgerichts Düsseldorf zum Thema Hausbewerber bei Schulleiterstellen zieht.

Die Bezirksregierung Düsseldorf hatte bei zwei Besetzungsverfahren die Bewerbungen von zwei Antragstellern aus der eigenen Schule gemäß § 61 Abs. 1 Satz 3 des Schulgesetzes nicht berücksichtigt. Nach dieser Regelung können Lehrkräfte der betroffenen Schule nur dann der Schulkonferenz zur Wahl vorgeschlagen werden, wenn

„sie vor ihrer Tätigkeit an dieser Schule in mindestens einer anderen Schule oder in der Schulaufsicht gearbeitet und damit ihre Verwendungsbreite nachgewiesen haben.“

Das Verwaltungsgericht hat nun im einstweiligen Rechtsschutz angeordnet, dass die zwei Stellen vorerst nicht besetzt werden. Es begründet seine Entscheidung im Wesentlichen mit einem angeblichen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz.

Die Landesregierung teilt die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf nicht. Mit dem neuen Schulgesetz sind für die eigenverantwortlichen Schulen deutlich größere Gestaltungsspielräume und Verantwortlichkeiten geschaffen worden. Wer Schulleiterin oder Schulleiter werden möchte, sieht sich deshalb anspruchsvolleren Aufgaben gegenübergestellt. Die Veränderung der Rolle der Schulleiterin oder des Schulleiters hin zum Schulmanagement und die zunehmende Wahrnehmung von Führungsaufgaben bringen besondere menschliche und fachliche Anforderungen mit sich. Das wirkt sich naturgemäß auch auf die Besetzungs- bzw. Auswahlverfahren aus.

Die Regelung in § 61 Abs. 1 Satz 3 des Schulgesetzes soll nach dem Willen des Landesgesetzgebers sicherstellen, dass Bewerberinnen und Bewerber um die Position des Schulleiters nicht

nur die Berufspraxis der bisherigen Schule, sondern auch Erfahrungen in ihre künftige Aufgabe einbringen, die sie an mindestens einer anderen Schule oder in der Schulaufsicht gesammelt haben.

Der Umgang mit verschiedenen Kollegien, Mitarbeitern und Eltern sowie andere schulische Rahmenbedingungen sind dabei Faktoren, die für die Wahrnehmung der angestrebten Schulleitungsaufgabe unter den beschriebenen geänderten Anforderungen hilfreich und wichtig sind.

Wie das Verwaltungsgericht selbst in seiner Begründung ausgeführt hat, ist genau dieser Erfahrungshintergrund für die Umsetzung neuer Ideen an den künftigen Schulen besonders wertvoll. Bewerberinnen und Bewerber von fremden Schulen bringen diese Erfahrung naturgemäß aus ihrer bisherigen Schule mit.

Von Hausbewerberinnen und Hausbewerbern wird deshalb gefordert, dass sie bestimmte Tätigkeiten außerhalb ihrer bisherigen Schule nachweisen, um so ebenfalls Außenerfahrungen in ihre neue Funktion einbringen zu können.

Hinzu kommt, dass die Ausübung der Führungsfunktionen und der damit verbundene Rollenwechsel nicht durch möglicherweise seit vielen Jahren ununterbrochene soziale Verflechtungen beeinträchtigt werden.

Die Frage nach Konsequenzen ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt verfrüht gestellt. Vorliegend handelt es sich um zwei Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz, die darauf gerichtet sind, dass zunächst bis zur Klärung in der Hauptsache keine Stellenbesetzungen stattfinden. Rechtsmittel sind eingelegt, sodass der weitere Verlauf und damit auch die späteren Hauptsacheverfahren abgewartet werden müssen, ehe über eventuelle Folgerungen entschieden werden kann. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Vielen Dank, Herr Minister. – Es gibt eine Zusatzfrage von Herrn Abgeordneten Link.

Vielen Dank, Herr Präsident! Herr Minister, zunächst möchte ich festhalten, dass aufgrund einer Regelung Ihres Schulgesetzes zwei Schulleiterstellen von sehr vielen ebenfalls unbesetzten Schulleiterstellen in NordrheinWestfalen nicht besetzt werden können, bis es eine Klärung gibt. Dafür trägt diese Landesregierung die Verantwortung.

(Zuruf von der CDU: Das ist ja eine tolle Fra- ge!)

Ich habe eine Zusatzfrage, die sich aus Ihrem Redebeitrag ergibt. Sie haben bestätigt, was in § 61 des Schulgesetzes steht, dass ein Lehrer der einen Schule die Verwendungsbreite, die Sie in § 61 definiert haben, nicht hat, wenn er nur an dieser einen Schule war. Ein Lehrer hingegen, der in seinem ganzen Berufsleben auch nur an einer, aber an einer anderen Schule war, hat offensichtlich diese Verwendungsbreite nach § 61 Schulgesetz. Können Sie mir sagen, wie Sie diese Regelung beurteilen?

Herr Minister.

Herr Abgeordneter, ich habe in der Beantwortung der Anfrage konkret darauf hingewiesen, dass es nach Auffassung der Landesregierung einfach notwendig ist, dass ein Bewerber vorher zumindest ein Jahr an einer anderen Schule unterrichtet hat bzw. in der Schulaufsicht tätig war.

Das begründet die Landesregierung damit, dass ein Schulleiter besondere Anforderungen erfüllen muss, um eine Schulleiterstelle wahrzunehmen. Dazu gehört nach Auffassung der Landesregierung eben eine Verwendung an einer anderen Schule bzw. in der Schulaufsicht. Wenn ich Ihre gerade gestellte Frage richtig interpretiere, handelt es sich dabei um einen anderen Vorgang und eine andere Bewertung als die der Landesregierung.

Ich habe jetzt eine Frage von Herrn Abgeordneten Hollstein von der CDU. Ist das richtig? – Bitte.

Herr Minister, auch wenn Sie sozusagen fachfremd antworten, können Sie uns möglicherweise Auskunft darüber geben, wie sich in den letzten zehn Jahren die Zahl der nicht besetzten Schulleiterstellen entwickelt hat.

Ist es tatsächlich so, dass wir im Moment im Verhältnis eine höhere Anzahl haben, als das in den vergangenen Jahren der Fall war?

Herr Abgeordneter Hollstein, das ist nicht der Fall. Ich kann Ihnen sagen, dass es sich, was die Frage der Schulleitungsbesetzung angeht, im Moment um zwei Stellen in ganz Nordrhein

Westfalen handelt. Bislang sind der Landesregierung lediglich die beiden Fälle beim Verwaltungsgericht in Düsseldorf bekannt, in denen die Regelung zur Verwendungsbreite Gegenstand ist.

Zweite Zusatzfrage von Herrn Abgeordneten Link von der SPD.

Da es offensichtlich gerade ein Kommunikationsproblem gab und Sie meine Frage anders interpretiert haben, als ich sie gemeint habe, versuche ich, die Frage jetzt noch einmal zu stellen.

Es gibt eine ausgeschriebene Schulleitungsstelle an Schule A. Es bewirbt sich ein Lehrer, der immer an Schule A war, dort verschiedenste Aufgaben im Umfeld der Schulleitung wahrgenommen hat, und es bewirbt sich ein Lehrer, der immer an Schule B war, dort nie etwas anderes gemacht hat als unterrichtet. Wie beurteilen Sie diese Konstellation im Hinblick auf § 61?

Herr Minister.

Herr Abgeordneter, ich wiederhole mich. Es geht aus dem Text des Schulgesetzes hervor, dass derjenige, der sich um diese Schulleiterstelle bewirbt, ein Jahr an einer anderen Schule unterrichten musste.

Wenn es bei der Angelegenheit, die Sie gerade geschildert haben, nicht der Fall ist, das heißt, wenn er in der gesamten Zeit seiner beruflichen Tätigkeit an Schule B unterrichtet hat, dann kann er kein Schulleiter werden, es sei denn, er ist ein Jahr an einer anderen Schule gewesen. Ich denke, das ist ein völlig klarer Vorgang.

Meine Damen und Herren, ich habe keine weiteren Zusatzfragen. Damit schließe ich die Mündliche Anfrage 182.

Ich rufe nun die

Mündliche Anfrage 183

der Abgeordneten Sylvia Löhrmann von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf:

Boom der Gemeinschaftsschulen in Schleswig-Holstein

Im schleswig-holsteinischen Schulgesetz wurde die Verantwortung der kommunalen Schulträger gestärkt und die Einrichtung von Gemeinschaftsschulen ermöglicht. Im letzten Schuljahr sind bereits sieben Gemeinschafts

schulen gegründet worden; insgesamt wurden bereits 62 Gemeinschaftsschulen beim Land angemeldet.

Die Entwicklung geht nach anfänglichen Schwierigkeiten weitgehend konfliktfrei vonstatten und erfolgt jenseits der politischen Farbenlehre in Land und Kommunen. Sie hat zu einer Entideologisierung der schulpolitischen Diskussion beigetragen. Auch Ministerpräsident Carstensen (CDU) äußert sich ausgesprochen positiv über die neue Schulform.

Wie bewertet die Landesregierung die Entwicklung der Gemeinschaftsschule in Schleswig-Holstein?

Auch in diesem Fall wird Herr Minister Uhlenberg in Vertretung für Frau Ministerin Sommer die Beantwortung übernehmen.

Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Schleswig-Holstein hat 2007 zwei neue Schularten eingeführt, die bis zum Schuljahr 2010/2011 an die Stelle der bestehenden Haupt-, Real- und Gesamtschulen treten sollen: die Regionalschule und die Gemeinschaftsschule. Neben diesen beiden Schularten gibt es auch weiterhin das Gymnasium, dessen Bildungsgang wie in Nordrhein-Westfalen auf acht Jahre verkürzt worden ist.