Protokoll der Sitzung vom 16.04.2008

(Beifall von CDU und FDP)

Eine weitere Frage stellt Herr Becker von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Ich würde gerne vor dem Hintergrund der eben gegebenen Antworten von Herrn Minister Pinkwart wissen, ob wir aus ihnen schließen können, dass die FDP auch mittelfristig keinen Anspruch auf das Schulministerium erheben wird und insofern Frau Sommer langfristig auf dieser Position bleiben kann.

Oh, wie schön! Das ist ja etwas ganz Nettes, was Sie gesagt haben. Wissen Sie das überhaupt?

Herr Pinkwart möchte darauf antworten – obwohl das hart an der Grenze der Ursprungsfrage ist. Aber ich bin ja tolerant, wie Sie wissen. Herr Pinkwart, antworten Sie darauf.

Herzlichen Dank für die Gelegenheit. Sie haben die Frage so qualifiziert, wie es Ihnen als Präsident möglich ist. Sie erlauben dann aber, dass auch ich mich mit der Antwort in diesem Sinne verhalten kann.

Zum Abschluss dieser Fragerunde möchte ich sagen, dass wir vielleicht auch ein bisschen im Blick behalten sollten, in welcher bildungspolitischen Situation sich Nordrhein-Westfalen zur Mitte dieses Jahrzehnts befunden hat

(Beifall von der CDU)

und was mit dieser Landesregierung insbesondere unter der Verantwortung von Frau Sommer an bildungspolitischen Erfolgen überhaupt möglich geworden ist.

(Beifall von CDU und FDP)

Das heißt, hier stehen endlich wieder die Kinder und ihre Möglichkeiten im Vordergrund. Ich meine, dass eine solche Fragestunde auch einmal genutzt werden sollte, darauf zu verweisen, welche Erfolge vielen Misserfolgen, die andere zu verantworten haben, gegenüberstehen. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank. – Ich habe keine weiteren Fragen. Damit schließe ich die Beantwortung der Mündlichen Anfrage 188.

Ich rufe auf die

Mündliche Anfrage 189

der Abgeordneten Beer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen:

Zukunft der Integrationsmaßnahmen von Kindern mit Behinderungen in den Regelschulen

Welche Auswirkungen die von der Landesregierung angestoßene Entwicklung sonderpädagogischer Kompetenzzentren auf den gemeinsamen Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderung haben werden, ist weiterhin unklar. In meiner Kleinen Anfrage „Fällt der Gemeinsame Unterricht den sonderpädagogischen Kompetenzzentren zum Opfer“ (Drucksache 14/6502) gehe ich auf die Mitteilung des Schulamts für den Kreis Wesel an den örtlichen Fachausschuss ein, dass „nur durch die Entwicklung von Kompetenzzentren die weitere Förderung von Grundschulkindern mit Behinderungen, die zielgleich unterrichtet

werden können, gesichert werden kann, da nach Erlasslage des Ministeriums Abordnungen (von Sonderpädagogen) für Einzelintegrationsmaßnahmen von Förderschulen in den Grundschulbereich ab Schuljahr 2008/2009 nicht mehr zulässig sind“. Auf meine differenzierten Fragen zu den betroffenen Stellenvolumina sowie der betroffenen Schülerinnen und Schüler erhielt ich nur die lapidare Antwort, dass weiterhin „Stellenanteile für die Förderung von Schülerinnen und Schüler mit den Förderschwerpunkten Sehen sowie Hören und Kommunikation für Abordnungen aus Förderschulen zur Verfügung stehen“. Aus dieser Antwort muss ich schließen, dass Abordnungen zur integrativen Beschulung von Schülerinnen und Schüler mit anderen Förderschwerpunkten, die ebenfalls zielgleich unterricht werden, nicht mehr möglich sein werden.

Wird es vom Schuljahr 2008/2009 an keine Abordnungen von den Förderschulen zur integrativen Beschulung von körperbehinderten Kindern in den Grundschulen geben?

Beantworten wird die Frage Frau Ministerin Sommer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Beer! Die Frage, ob es zukünftig keine Abordnungen mehr von den Förderschulen zur integrativen Beschulung von körperbehinderten Kindern in den Grundschulen geben wird, enthält ein Missverständnis oder geht von falschen Annahmen aus.

Ihre Frage suggeriert Folgendes: Im gemeinsamen Unterricht der Grundschule ist zunächst einmal nur Platz für Jungen und Mädchen mit dem Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung, wenn dort eine Lehrkraft mit genau dieser sonderpädagogischen Fachrichtung über eine Abordnung tätig ist. – Das ist falsch.

Hier möchte ich klarstellen: Die Teilnahme am gemeinsamen Unterricht in der Grundschule ist grundsätzlich nicht auf bestimmte Förderschwerpunkte beschränkt. Nach den amtlichen Schuldaten nehmen Kinder aller Förderschwerpunkte teil, auch solche mit körperlichen Beeinträchtigungen.

Sehr geehrte Frau Beer, ich kann Ihnen versichern: Die Zukunft der Integrationsmaßnahmen von Kindern mit Behinderungen in den allgemeinen Schulen steht nicht auf dem Spiel. Sie ist gesichert, wo sinnvoll und nötig auch durch Abordnung.

Der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung an der Zahl aller Schülerinnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf liegt im Schuljahr 2007/2008 durchschnittlich bei 7,9 %. Für den gemeinsamen Unterricht beträgt der Anteil 9,6 %. Diese Schülerinnen und Schüler sind also im gemeinsamen Unterricht überproportional vertreten und mit der Lehrer-Schüler-Relation ihres Förderschwerpunktes in der Stellenberechnung enthalten.

Die Förderung dieser Schülerinnen und Schüler ist also sichergestellt. Sie erfolgt durch Lehrkräfte für Sonderpädagogik im Grundschulkapitel. Wir haben für die sonderpädagogische Förderung der Kinder mit den Förderschwerpunkten Sehen sowie Hören und Kommunikation ausdrücklich auf die Möglichkeit von Abordnungen aus der Förderschule hingewiesen.

Das hat vor allem folgenden Grund: Die Anzahl dieser Kinder im gemeinsamen Unterricht ist relativ gering. Angesichts des besonderen Förderbedarfs dieser Kinder wird im Rahmen der Entscheidung über den Förderort sehr genau und im Einzelfall geprüft, ob die erforderlichen Rahmenbedingungen an der jeweiligen Grundschule gegeben sind.

Kinder mit starken Beeinträchtigungen im Hören oder Sehen sind für ihr schulisches Lernen sehr oft auf technische Unterstützung angewiesen.

Nicht in allen gewünschten Fällen kann für die Ausstattung einer Schule mit den erforderlichen Gerätschaften zur Unterstützung des Hörens oder Sehens gesorgt werden. Außerdem erfordert die Förderung dieser Kinder spezifisches Fachwissen durch entsprechend ausgebildete Sonderpädagogen. Diese Fachrichtung ist aber unter den Sonderpädagogen insgesamt eher weniger vertreten.

Wir haben insgesamt rund 17.500 Lehrkräfte für Sonderpädagogik. Diese decken durch die Kombination verschiedener Fachrichtungen insgesamt rund 32.500 Fallstellungen ab. Hier sind die Förderschwerpunkte Sehen sowie Hören und Kommunikation nur mit 5,9 % vertreten. Mit anderen Worten: Lehrkräfte mit dieser Fachrichtung sind rar. Wir benötigen sie in den entsprechenden Förderschulen als Experten. Von dort können sie im Bedarfsfall an die Grundschule abgeordnet werden. Um die Einzelintegration dieser Kinder zu stützen, haben wir das kürzlich in einem erläuternden Erlass klargestellt.

Aber auch für andere Förderschwerpunkte gilt: Über die im Haushalt veranschlagten Stellen für den gemeinsamen Unterricht in der Grundschule

hinaus sind Abordnungen von den Förderschulen zulässig. Die Bezirksregierungen haben grundsätzlich die Möglichkeit, innerhalb des gesamten für die sonderpädagogischen Fördergruppen zugewiesenen Stellenrahmens Abordnungen vorzunehmen. Dies dient einer möglichst passgenauen Nachsteuerung.

Sollte sich zum Beispiel im Rahmen der jährlichen AO-SF-Verfahren abzeichnen, dass in einem Schulamt mehr Kinder in den gemeinsamen Unterricht gehen, als dafür eigene Stellen vorhanden sind, so bestehen keine Bedenken, die dafür erforderlichen Sonderpädagogen an die Grundschule abzuordnen. Allerdings soll die Unterrichtsversorgung an beiden Förderorten möglichst gut gewährleistet sein. Wo immer möglich und sinnvoll, sollte diese Abordnung mit dem Ziel der Versetzung geschehen. Dies gilt auch für den Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung. Das Ministerium, sehr geehrte Frau Beer, wird diesen Sachverhalt über die entsprechenden Schulämter bzw. Bezirksregierungen nochmals kommunizieren.

Lassen Sie mich abschließend zusammenfassen: Die Zukunft der Integrationsmaßnahmen von Kindern mit Behinderungen in den Regelschulen steht nicht auf dem Spiel. Sie ist gesichert, wo sinnvoll und nötig auch durch Abordnungen. – Danke.

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Frau Beer hat eine Zusatzfrage. Sie hat das Wort.

Herzlichen Dank, Frau Ministerin. Die Erläuterungen sind wesentlich umfänglicher als die Antwort auf die Kleine Anfrage. Das war in der Tat etwas rudimentär, wenn ich das einmal so sagen darf, und hat die Nachfrage provoziert.

Ich habe aber auch nach Ihren Äußerungen noch Nachfragen. Es gibt aktuelle Hinweise aus dem Raum Siegen, dass dort Hauptschulen aus dem gemeinsamen Unterricht aussteigen wollen, weil ihnen signalisiert wird, dass es keine sonderpädagogische Abordnung mehr geben wird, dass die sonderpädagogischen Stellenanteile zurückgefahren werden und dass die 0,1 % der Zusatzstellen aus dem Hauptschulkapitel zu finanzieren sind, also auch mit Regelschulkolleginnen und kollegen und nicht mit sonderpädagogischen Fachkräften.

Ergänzend möchte ich ausführen, dass Eltern Schreiben der Bezirksregierung Arnsberg auf dem Tisch liegen haben, die besagen, eine Ausweitung

des gemeinsamen Unterrichts sei nicht möglich, weil das Stellenkapitel ausgereizt sei und es nur über eine Streckung und eine andere Verteilung des bereits bestehenden Angebots gehen könnte. Es wird also keine zusätzlichen Angebote geben, auch nicht für Kinder, die jetzt von der Grundschule aus dem gemeinsamen Unterricht in die Sekundarstufe I wechseln. Können Sie dazu bitte Stellung nehmen?

Bitte schön.

Sie sagen, die Antwort sei etwas rudimentär gewesen. Ein wichtiger Punkt, der Sie interessiert hat, ist ja aufgegriffen worden, nämlich indem wir gesagt haben, dass Unterricht auch über Abordnungen stattfindet. Ich möchte das aber gerne noch ergänzen.

Sie haben zwei Beispiele genannt, nämlich aus Siegen – wir haben uns ja zunächst über den Grundschulsachverhalt unterhalten – und aus Arnsberg. Sie wissen, dass wir den gemeinsamen Unterricht als einen wichtigen Baustein in unseren Schulen ansehen, dass wir gerade, was den Bereich der Einzelintegration anbelangt, das sehr wohl unterstützen und uns das wünschen. Ich möchte gerne, weil ich jetzt nicht auf den Hauptschulbereich vorbereitet bin, Siegen und Arnsberg noch einmal abfragen. Grundsätzlich soll es so sein – das habe ich mehrfach betont –, dass dieser Unterricht gesichert ist.

Frau Beer stellt ihre zweite Zusatzfrage. Bitte.

Frau Ministerin, darf ich davon ausgehen, dass Sie uns auch den aktuellen Erlass zur Verfügung stellen? Dieser scheint offenbar zu Vorlagen in Schulausschüssen zu führen, die genau das Signal, Abordnungen seien nicht mehr möglich, mit implizieren.

Gern.

Es liegen keine weiteren Fragen vor.

Meine Damen und Herren, wir haben exakt eine Stunde erreicht. Ich frage nun die Abgeordneten, wie sie sich die Beantwortung ihrer Mündlichen Anfragen vorstellen.

Die Mündliche Anfrage 190 ist vom Herrn Kollegen Groth.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Schriftlich!)

Sie wird schriftlich beantwortet. (Siehe Anla- ge)