Protokoll der Sitzung vom 16.04.2008

Ich habe gar nicht gesehen, dass Sie sich gemeldet haben, Herr Becker. – Bitte schön.

Bitte schön, Herr Becker.

Herr Minister, würden Sie zur Kenntnis nehmen, dass wir a) einen Entschließungsantrag zu dem Thema gestellt haben und b) mit unserem Entschließungsantrag kritisiert haben, dass durch die Rahmenvereinbarung, hinsichtlich derer Sie als Regierung wollten, dass wir sie begrüßen, ohne dass wir sie vorher mitberaten konnten, 7 Millionen Zugkilometer im Regional

verkehr und Fernverkehr hier in NordrheinWestfalen wegfallen würden, und dass das der Grund war?

Herr Kollege Becker, Sie werden doch sicherlich nicht den Fraktionen von SPD und FDP unterstellen, dass sie nicht kapiert hätten, was Sie gerade sagen.

(Beifall von der CDU)

Sie haben damals den Antrag „Rhein-RuhrExpress: Das Ruhrgebiet darf nicht vom Fernverkehr bei der Deutschen Bahn AG abgehängt werden“ gestellt.

(Horst Becker [GRÜNE]: Richtig!)

Sie haben sich dem gemeinsamen Antrag verweigert.

(Horst Becker [GRÜNE]: Wenn Sie 7 Millio- nen Zugkilometer streichen wollen, dann verweigere ich mich gerne!)

Das ist schlicht und einfach die Wahrheit.

Aber Sie haben damals jedenfalls aus unserer Sicht verkannt, dass der Fernverkehr der Deutschen Bahn auf Eigenwirtschaftlichkeit beruht und dass das Land keine Möglichkeit hat, Veränderungen im Fernverkehrsangebot der Bahn zu verhindern.

Mit dem neuen Antrag leitet die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen jetzt die Wende ein und fordert ebenfalls eine schnelle Realisierung des RRX. Darüber freuen wir uns.

(Horst Becker [GRÜNE]: Haben wir auch damals!)

Allerdings dienen die vorgetragenen Argumente nicht der Realisierung des RRX. Die heute diskutierten Argumente sind uns allen bekannt. Die Sicht der Landesregierung wurde Ihnen, Herr Becker, bereits in der Antwort auf die Mündliche Anfrage schriftlich erläutert. In der Sitzung des Ausschusses für Bauen und Verkehr am 3. April 2008 wurde die Thematik auf der Grundlage eines schriftlichen Berichts des MBV erneut erörtert.

Heute steht das Thema RRX auf der Grundlage eines Antrages der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen wieder auf der Tagesordnung. Durch ständiges Wiederholen, Herr Kollege Becker, kann man natürlich auf sich aufmerksam machen. Aber, Herr Becker, man könnte natürlich auch auf die Idee kommen, Ihnen seien die politischen Themen abhanden gekommen.

(Beifall von der CDU – Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Das hätten Sie wohl gerne!)

Nach dem Scheitern des Metrorapid zwischen Dortmund und Düsseldorf hat die Landesregierung gemeinsam mit der Bundesregierung und der Deutschen Bahn AG den Rhein-Ruhr-Express als innovatives Verkehrssystem in der RadSchiene-Technik entwickelt. Hierzu hat der Bund im Oktober 2006 eine Realisierungsstudie vorgelegt und gleichzeitig anerkannt, den RRX als Infrastrukturprojekt des Bundes zu finanzieren.

Aufgrund einer Planungsvereinbarung vom 19. Dezember 2006 zwischen Bund, Land und DB AG erstellt die Deutsche Bahn AG derzeit die Vorentwurfsplanung. Diese Vorentwurfsplanung ist notwendig, um die in der Realisierungsstudie des Bundes veranschlagten Gesamtkosten des Vorhabens in Höhe von 1,4 Milliarden € durch die DB AG zu bestätigen und nach Erstellung der Planfeststellungsunterlagen die erforderlichen Planfeststellungsverfahren einleiten zu können.

Herr Kollege Wißen, für Planungskosten müssen wir nichts einsetzen. Das ist Aufgabe des Bundes. Der Finanzminister steht überhaupt nicht auf der Bremse.

(Bodo Wißen [SPD]: Was werden Sie bezah- len?)

Ich habe die Argumentation auch heute Morgen so verstanden, dass Sie dem Kollegen Wittke immer unterstellen, er werde irgendwie durch den bösen Finanzminister behindert. Da irren Sie.

(Bodo Wißen [SPD]: Das würde ich an Ihrer Stelle auch sagen! – Norbert Killewald [SPD]: Sie sind nicht böse! Sie sind der Mi- nister!)

Das wollte ich provozieren. Vielen herzlichen Dank, Herr Kollege.

(Günter Garbrecht [SPD]: Die Wahlkreisinti- mitäten gehen jetzt aber zu weit! – Heiter- keit)

Die DB AG hat den Abschluss dieser Vorentwurfsplanung nunmehr abweichend von ihren eigenen früheren Prognosen für das Ende des vierten Quartals 2008 angekündigt. Im Investitionsrahmen bis 2010 für die Verkehrsinfrastruktur des Bundes ist das Gesamtinvestitionsvolumen von 1,4 Milliarden € für das Projekt enthalten und der Finanzbedarf des Bundes bis zum Jahre 2010 mit 225,5 Millionen € beziffert.

Herr Minister, gestatten Sie eine weitere Frage des Kollegen Becker?

Bitte schön, Herr Becker.

Das ist nett, Herr Minister. – Da Sie offensichtlich davon ausgehen, dass Sie bis jetzt zu Recht keinerlei Finanzmittel in die mittelfristige Finanzplanung eingestellt haben und – so haben Sie zu unserem Antrag gerade gesagt – dass es nach wie vor beim Jahr 2015 als Realisierungszeitpunkt für den RRX bleibt, frage ich Sie, ob Sie mir vielleicht einen Hinweis darauf geben können, für welches Jahr denn aus Ihrer Sicht spätestens Investitionsmittel vorzusehen sind, wenn Sie das ambitionierte Ziel 2015 tatsächlich schaffen wollen.

Herr Kollege Becker, das kann ich Ihnen im Moment nicht sagen. Wenn ich hätte weiter vortragen dürfen, dann hätte ich Ihnen gesagt: Eine konkrete Finanzplanung des für die Finanzierung dieses Projekts verantwortlichen Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung für die Jahre 2011 bis 2015 existiert noch nicht.

Der Betrag von 225 Millionen € muss nun planungsintervallkonform – so heißt das nun einmal – der DB AG zur Verfügung gestellt werden. Der Bund als Initiator des RRX muss als nächsten Schritt der Deutschen Bahn AG die Mittel für die Erstellung der Planfeststellungsunterlagen und anschließend nach der Erlangung von Baurecht die erforderlichen Mittel zum Bau bereitstellen. Das ist also alles ein bisschen kompliziert in der Abfolge.

Die nächste Gelegenheit zur Finanzierung bietet sich für die Bundesregierung in den FuldaGesprächen. Dort wird die Jahrestranche des Bundes an die DB AG für das Jahr 2009 festgelegt. Daran – dies kann man nicht oft genug wiederholen – sind die Bundesländer nicht beteiligt.

Die Bahn plant, den RRX in Teilabschritten zu realisieren. Dies hat unter Beachtung des Planungsrechts zu erfolgen. Daraus folgt, dass der Bund eine genaue Ausweisung von weiteren Jahrestranchen für den Bau des RRX erst nach Abschluss der Planfeststellungsverfahren, also in Kenntnis der genauen Kosten des jeweiligen Abschnitts, vornehmen kann. Die Dauer der Planungsverfahren ist schwer zu kalkulieren. Einsprüche und Klagen sind im Zuge der Planfeststellungsverfahren zu erwarten.

Die Landesregierung hat gegenüber dem Bund mehrfach die erforderliche Bereitstellung von Mitteln für die nun anstehende Entwurfs- und Genehmigungsplanung eingefordert. Im Februar 2008 hat Bundesminister Tiefensee seine Unterstützung für den RRX gegenüber meinem Kabinettskollegen Oliver Wittke erneuert und im März 2008 hat auch Staatssekretär von Randow dies noch einmal bestätigt. Der Bund ist jetzt, liebe Kolleginnen und Kollegen, sprichwörtlich am Zug, die gegenüber dem Land gemachten Zusagen einzulösen, damit die DB AG so schnell wie möglich mit den weiteren Planungsschritten beginnen kann.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ein Infrastrukturprojekt wie der RRX eignet sich aus meiner Sicht nicht für tradierte Wahlkampfauseinandersetzungen. Es ist bedauerlich, Herr Kollege Becker, dass sich Ihre Fraktion dem damaligen Antrag von CDU, SPD und FDP nicht angeschlossen hat. Dies hätte zumindest in der Außenwirkung – obwohl ich Ihre Fraktion nicht überbewerten will – gegenüber dem Bund sicherlich ein geschlossenes Vorgehen des Landes signalisiert. Ich bin aber erfreut, dass mittlerweile alle Fraktionen für die Realisierung des Rhein-RuhrExpress eintreten. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Linssen. – Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen sind nicht mehr möglich, weil die Redezeiten und wir alle erschöpft sind. Damit schließe ich die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/6518 an den Ausschuss für Bauen und Verkehr – federführend – sowie an den Ausschuss für Kommunalpolitik und Verwaltungsstrukturreform. Die abschließende Beratung und Abstimmung wird im federführenden Ausschuss natürlich in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer stimmt dem zu? – Ist jemand dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Dann ist die Überweisung des Antrags einstimmig beschlossen.

Ich rufe auf:

10 Situation der Pflege in Nordrhein-Westfalen

Große Anfrage 17 der Fraktion der SPD

Drucksache 14/5361

Antwort

der Landesregierung

Drucksache 14/6222

Ich eröffne die Debatte und erteile für die antragstellende SPD-Fraktion Herrn Abgeordneten Killewald das Wort.

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Seit nunmehr zwei Jahren wissen wir, dass mit der Verschiebung der Kompetenz zum Heimgesetz auf die Länder und dass mit der inzwischen beschlossenen Reform der Pflegeversicherung in Sachen Pflege wesentliche Veränderungen auf NRW zukommen. Wir wissen seit mehr als einem Jahr, dass die 2003 beschlossenen Veränderungen bei den Investitionen oder die Bedarfsplanung überdacht und angepasst werden müssen.

Eigentlich ist das ein ausreichender Sachverhalt, um vorhandene Daten, Erkenntnisse und sich abzeichnende Marktbewegungen zu sammeln und zu analysieren. Eigentlich!

Wer erwartet, dass diese Landesregierung mit wachem Verstand und auf solider Grundlage große Entscheidungen vorbereitet, wird spätestens seit der Antwort auf unsere Große Anfrage eines Besseren belehrt. Anscheinend bereiten Sie sich auf einen Blindflug vor. Das ist katastrophal für die Pflege in Nordrhein-Westfalen.

Diese Behauptung, werte Kolleginnen und Kollegen, will ich hier untermauern. Ich könnte dies anhand der Antworten auf die Fragen Nummer 1, 3, 4, 6, 10,11, 13 usw. beibringen, will aber als Beispiel die Frage 35 nehmen. Die Frage 35 lautet: „Wie hoch ist der Anteil der Menschen mit demenziellen Erkrankungen?“ Die Landesregierung antwortet durch das Ministerium:

„Eine detaillierte Aussage hinsichtlich der Zahl Demenzerkrankter ist nicht möglich, da es weder eine allgemeingültige Definition des Krankheitsbildes noch eine diesbezügliche bundesweit einheitliche Erfassung Betroffener gibt.“