Protokoll der Sitzung vom 17.04.2008

Danke schön, Frau Asch. – Für die Landesregierung spricht nun Herr Minister Laschet.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe wirklich gerätselt, was eigentlich eine Opposition in einer Debatte an Argumenten einfällt, wenn eine Regierung das einführt, was Eltern und Kinder wünschen.

(Beifall von CDU und FDP)

Es gibt zweit Taktiken: zum einen Zahlenakrobatik – es war nicht die ganze alte Leidenschaft, die ich sonst von Frau Asch kenne; sie hat nur von Zahlen, Akrobatik und Ähnlichem geredet –, zum anderen, wie bei Frau Altenkamp, jetzt Zahlen rückwärts infrage zu stellen, die in jeder Bundesstatistik stehen, indem man versucht zu sagen, im Jahr 2005 sei eigentlich alles viel besser gewesen.

(Norbert Killewald [SPD]: Da haben Sie nicht zugehört! – Carina Gödecke [SPD]: Das ist doch was anderes! – Weitere Zurufe von der SPD)

Frau Altenkamp, wir können jetzt gerne darüber streiten. Ich glaube, dass die SPD nicht klug beraten ist, wenn sie jetzt einen Streit anfängt, ob es 11.000 oder 15.000 Plätze waren. Eines ist jedenfalls auch in sozialdemokratischer Arithmetik richtig: 44.000 ist jedenfalls mehr als 11.000 und 15.000 addiert. Deshalb liegen Sie ganz schlecht mit Ihren Zahlen.

(Beifall von CDU und FDP)

Die Wünsche der Eltern, ihre Abstimmung, ihr Wahlverhalten bei der Anmeldung in den Kindertagesstätten haben gezeigt, dass das KiBiz flexibler als das alte GTK auf gesellschaftlichen Wandel reagiert.

(Zuruf von Andrea Asch [GRÜNE])

Vorbei sind die Zeiten mit mühseligen Versuchen, einige hundert Plätze für unter Dreijährige kostenneutral herauszuwirtschaften. Das war doch die GTK-Systematik. Man musste kostenneutral Drei- bis Sechsjährigen-Plätze umwandeln und sich das genehmigen lassen – eine riesige Bürokratie, die zu dem Ergebnis von 11.000 Plätzen geführt hat.

Früher waren Ganztagsplätze begrenzt. Sie fanden sie gar nicht, weil es viele bürokratische Hemmnisse gab. Deshalb nur einige Zahlen, die das jetzige Elternverhalten belegen.

Erstens. Wir werden in den Einrichtungen 44.600 Plätze U3 haben und 14.145 Plätze in der Kindertagespflege, erstmals mit Qualifizierung, erstmals mit Mitteln des Landes auch für die Versicherung der Tagesmütter und Tagesväter; das macht zusammen 58.745 Plätze, ein Sprung von knapp 35.000 Plätzen allein in Relation zur Kinder- und Jugendhilfestatistik 2007.

(Beifall von der CDU)

Wir sind nicht mehr Schlusslicht, wir sind deutlich nach vorne gekommen und nehmen nun mit 13,6 % den Rang ein, der einem Land mit der Größe Nordrhein-Westfalens unter den deutschen Ländern auch zukommt.

(Beifall von CDU und FDP)

Zweitens. Es kommen mehr drei- bis sechsjährige Kinder in den Kindergarten. Nun können Sie sagen: Ihre Planungsdaten stimmen nicht. – Gott sei Dank lassen sich Menschen und Kinder nicht verplanen. Wir haben gesagt, wir nehmen einige Zahlen an, aber es wird auf jeden Fall alles Geld gegeben, wenn sich die Eltern anders entscheiden.

(Beifall von CDU und FDP)

Dann hat mir Frau Asch in der ihr eigenen Sprache vorgehalten: „Sie sind ein Maulheld, der das vielleicht gerne tun würde, es aber beim Finanzminister nicht durchkriegt.“ – Helmut Linssen und ich haben das gemeinsam gemacht, wir haben das durchgekriegt. Maulhelden sind diejenigen, die so geredet haben.

(Beifall von CDU und FDP)

Es ist auch ein Erfolg unserer verpflichtenden Sprachtests, dass wir jetzt diejenigen erreichen, die ihre Kinder bisher nicht angemeldet haben, deren Kinder nicht in den Kindergarten gegangen sind. Das sind genau die Schichten, die wir erreichen wollen. Die kommen jetzt zum Sprachtest und erfahren dort, dass Bildung für ihre Kinder gut ist. 20.000 mehr Drei- bis Sechsjährige erhalten

durch uns neue Bildungschancen. Das ist Politik im Interesse der Menschen und nicht Zahlenakrobatik, wie Sie sie hier veranstalten.

(Beifall von CDU und FDP)

Ich komme jetzt zu den Ganztagsplätzen: Gerade in der Altersgruppe der Drei- bis Sechsjährigen ist erkennbar, dass aufgrund des gesellschaftlichen Wandels die 45-Stunden-Betreuung ganz offensichtlich neuen Bedarfen entspricht, denen wir Rechnung tragen müssen. Durch unsere Wirtschaftspolitik haben in Nordrhein-Westfalen 40.000 Frauen mehr Arbeit gefunden. Die Frauenerwerbsquote in Nordrhein-Westfalen steigt. Wir werden auch da besser werden, als Bayern es ist. Diese 40.000 brauchen jetzt Ganztagsangebote. Deshalb machen wir Politik aus einem Guss. Wir machen das in den Kindergärten, und der Ministerpräsident hat es diese Woche für die Schulen angekündigt. Das ist moderne Politik für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und nicht das, was Sie 39 Jahre veranstaltet haben.

(Beifall von der CDU)

Jetzt zu all Ihren Prognosen: Sie können sagen, der Minister könne nicht prognostizieren. Was Sie aber prognostiziert haben, das lag völlig daneben. Ich darf einmal Frau Altenkamp zitieren. Das war noch im Dezember, und vielleicht ein bisschen weihnachtlich beeinflusst. Sie hat da gesagt: Wenn Sie beispielsweise in der Verfahrensverordnung nicht deutlich machen, dass es keine Kontingentierung der Stunden gibt, dann stehen Sie spätestens im April 2008 hier und werden einen extremen Rückgang bei den Ganztagsplätzen in NRW einräumen müssen. Aber überall in Deutschland werden Ganztagsplätze stärker nachgefragt.

Das Gegenteil ist der Fall! Ich stehe im April 2008 hier und sage: Kein deutsches Bundesland hat so viel Ganztagsplätze wie Nordrhein-Westfalen. Das ist das Ergebnis.

(Beifall von CDU und FDP – Zuruf von Britta Altenkamp [SPD])

Sie haben weiter gesagt – ich habe hier die rote Karte mit Aussagen von Frau Altenkamp; für Frau Asch habe ich nicht so viele –, das schwarz-gelbe Gesetz werde dazu führen, dass Kinder aus Familien mit einem geringen oder gar keinem Einkommen in Zukunft nur noch 25 Stunden in der Woche in die Kita gehen können. Das werde zu einem Abbau von Erzieherinnenstellen führen.

Auch bei dieser Aussage haben Sie danebengelegen. Die Eltern gerade aus diesen Schichten melden ihre Kinder für 45 Stunden an. Die

50 Millionen € mehr, die der Finanzminister dafür bereitstellt, sind exakt für Personal, also für mehr Erzieherinnen. Wenn Sie sich vor Ort umhören, wissen Sie, dass überall in diesen Wochen Erzieherinnen eingestellt werden.

(Beifall von CDU und FDP – Britta Alten- kamp [SPD]: Wo?)

Ich kann Ihnen auch sagen, wo das der Fall ist. In der Stadt Hamm erklärt der Oberbürgermeister, er müsse 80 zusätzliche Stellen schaffen. In der Stadt Münster sagt die Jugendamtsleiterin, 19 neue Mitarbeiter würden eingestellt. Selbst in Langenfeld sagt das SPD-Ratsmitglied Elke Horbach: So schrecklich, wie wir befürchtet haben, ist das KiBiz offenbar gar nicht.

(Beifall und Heiterkeit von der CDU)

Sie haben Ihre eigenen Leute verrückt gemacht. Darin besteht das Problem Ihrer Politik. Ihre eigenen Leute merken jetzt, wie gut dieses Gesetz funktioniert.

Es kommen höhere Summen ins System. Wir werden noch in diesem Jahr die Grenze von 1 Milliarde € für die Kindertagesstätten durchbrechen. Bei immer weniger Kindern wird immer mehr Geld ausgegeben. Das zeigt, dass kindbezogene System ist richtig. Es war richtig, mehr Geld ins System zu geben. Bildung beginnt vor der Schule. Dies unterstreichen wir durch das Kinderbildungsgesetz und durch den Haushalt, durch den das umgesetzt wird. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Minister. – Für die SPD-Fraktion spricht nun der Kollege Jörg.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister Laschet, das KiBiz und Ihr Vorgehen erinnern mich ein bisschen an die Olympischen Spiele und den Fackellauf. Überall, wo die Fackel auftaucht, gibt es massive Proteste, aber die Organisatoren sprechen von einem großartigen Erfolg mit wunderbaren Spielen, weil die Anmeldezahlen sehr hoch sind.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Viele werden bei den Olympischen Spielen mitmachen, weil es gar keine Alternative gibt.

(Minister Andreas Krautscheid: Das ist ge- schmacklos! Das ist stillos!)

Das ist überhaupt nicht geschmacklos, weil dieser Vergleich zutrifft. Ich erkläre Ihnen das jetzt. Hören Sie einmal zu und seien Sie ganz ruhig.

Es ist genauso mit dem KiBiz. Überall, wo das KiBiz inhaltlich diskutiert wird, gibt es erhebliche Proteste, gibt es Widerstand. Das war so, das ist so und das wird auch so bleiben, weil es ein schlechtes Gesetz ist.

(Beifall von der SPD)

Ich darf Sie daran erinnern, dass dieses Gesetz erst zum 1. August in Kraft tritt. Erst ab diesem Zeitpunkt werden wir sehen, wie sich das entwickelt, und werden wir Bilanz ziehen. Was macht Ihr Minister? Er stellt sich hier hin, bevor das Gesetz überhaupt in Kraft getreten ist, bevor das erste Kind im Kindergarten nach diesem Gesetz erzogen und betreut wird – zusammen mit Dir, lieber Christian –, und gibt eine Erfolgspressekonferenz, nur weil die Anmeldezahlen so hoch sind, wie wir das prognostiziert haben.

(Lachen von der CDU)

Was ist das für ein Vorgehen? Damit wird doch den Menschen Sand in die Augen gestreut.

Ich möchte deshalb sehr sachlich noch einmal abklopfen,

(Lachen von der CDU)

worin die wesentlichen Punkte bestehen, die ein modernes Kindergartengesetz ausmachen. Wie sieht denn ein modernes Kindergartengesetz aus, das der Minister gerade selber gefordert hat? – Ich sage Ihnen das, was die Sozialdemokraten und alle Eltern und Menschen, die in NordrheinWestfalen pädagogisch interessiert und unterwegs sind, für ein modernes Gesetz halten:

Erstens. Zu einem modernen Gesetz gehört – das ist die Zukunft –, dass wir die Eltern entlasten. Wir müssen dafür sorgen, dass Kinder nicht mehr das höchste Armutsrisiko bedeuten. Wir müssen sie entlasten, wir müssen Partner von ihnen werden. Das ist Zukunft.