„Ich möchte Herrn Flessenkemper ausdrücklich in der Aussage unterstützen, dass es ein Trugschluss ist zu glauben, durch eine Elternbeitragsfreiheit würden sich quasi automatisch die Bildungsleistungen dieser Einrichtungen verbessern lassen. … Die Bildungsqualität einer Tageseinrichtung macht sich vielmehr daran fest, wie es ihr gelingt, sich in das Gesamtsystem der Förderung von Kindern einzupassen.“
Noch aufschlussreicher sind die Äußerungen der von mir geschätzten ehemaligen grünen Landtagsabgeordneten Ute Koczy, die in derselben Plenarsitzung zum Thema Beitragsfreiheit sagte:
„Beitragsfreiheit in den Kindertageseinrichtungen ist ein erstrebenswertes Ziel. Aber wer heute, am 10. April 2003, einen solchen Antrag … stellt und kein Wort zur Finanzierung sagt, handelt aus meiner Sicht zutiefst polemisch und unseriös.“
„Dieser Antrag ist durch und durch von politischen Ränkezügen und bewusster Blindheit gegenüber den tatsächlichen Gegebenheiten getragen.“
Weiterhin, meine Damen und Herren, sagte Ute Koczy – es ist sehr lehrreich nachzulesen, was die Parteien 2003 gesagt haben –, die ich noch einmal zitiere:
„In Zeiten, in denen das Land in allen Bereichen schmerzhafte Kürzungen vornehmen muss, will sie durch den Wegfall der Elternbeiträge ein weiteres Loch reißen. Allein für das letzte Jahr vor der Einschulung würden rund 90 Millionen € wegfallen, die aus anderen Bereichen umgeschichtet werden müssten.“
„Die finanziell gebeutelten Kommunen, deren Anteil sich automatisch erhöhen würde, werden sich … bedanken. … Hier werden wichtige familienpolitische Ziele durch den Kakao gezogen, und man ignoriert die Wirklichkeit.“
Ich möchte dazu anmerken: Wir reden heute, wenn wir das letzte Beitragsjahr freistellen wollen, über einen Kostenblock von etwa 150 Millionen €.
Liebe Opposition, in Anbetracht Ihrer begründeten Position aus Ihrer Regierungszeit: Kehren Sie zurück zur Vernunft und folgen Sie der Aufforderung Ihres damaligen jugendpolitischen Sprechers! Lasst uns nachdenken, welche Punkte wir bei aller Differenzierung gemeinsam nach vorne bringen können!
Natürlich, meine Damen und Herren, ist es wünschenswert, ein beitragsfreies Kindergartenjahr zu haben. Wir haben erklärt, dass wir uns das verlässlich und nachhaltig ab 2010/2011 wünschen. Wir setzen aber andere Prioritäten, die es abzuarbeiten gilt: mehr Qualität, bessere Ausbildung, um nur einige Herausforderungen zu nennen.
„Sie erwarten von uns, dass wir vernünftige Konzepte richtig durchdenken und anschließend auf den Weg bringen und diese dann in aller Konsequenz umsetzen.“
Genau das, was der schlaue Kollege am 10. April 2003 gesagt hat, machen wir zuverlässig. Deshalb werden wir Ihre Anträge ablehnen. – Herzlichen Dank.
(Beifall von CDU und FDP – Britta Alten- kamp [SPD]: Wollen Sie damit sagen, Sie setzten die Politik von Rot-Grün fort? Pfui Spinne!)
Danke schön, Herr Tenhumberg. – Herr Becker hat sich noch einmal für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gemeldet.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man die Debatte hört, muss man noch auf einige Dinge hinweisen: Zunächst einmal ist es immer angenehm, Bürgermeisterinnen oder Bürgermeister der CDU zu zitieren. Ich will den Bürgermeister aus Siegburg, einer Nachbarstadt meiner Heimatstadt, Herrn Huhn, zitieren. Man könnte den ganzen Brief vorlesen; dafür reicht die Zeit aber nicht. Darin steht, die Träger hätten nach Inkrafttreten des von Ihnen, also von Rüttgers, verantworteten Kinderbildungsgesetzes nur die Wahl, Personal abzubauen und damit die Betreuungsqualität zu verschlechtern, oder aus den Tarifverträgen auszusteigen und die Gehälter zu senken, um die Betreuungsqualität zu erhalten. Beide Möglichkeiten seien nicht akzeptabel. – Sehen Sie, das sagen die Praktikerinnen und Praktiker!
Ich will Sie, Herr Laschet, wenn Sie über Aachen reden und sagen, es sei besser gewesen, drei Jahre zu ermäßigen, anstatt ein gebührenfreies Kindergartenjahr einzuführen, an ein Interview vom 31.01.2008 mit der „Aachener Zeitung“ erinnern, in dem Sie sich folgendermaßen gelobt haben:
„Ich bin froh, dass die Beiträge nicht nur stabil geblieben sind, sondern dass sich die Stadt nun sogar erlauben kann, das erste Kindergartenjahr beitragsfrei anzubieten.“
Ich finde, dass Sie und Herr Innenminister Wolf die ganze Zeit ein ziemlich mieses Schauspiel veranstalten. Ich habe Ihnen das gestern schon bei einem anderen Punkt dargelegt.
Die Kommunalaufsicht geht regelmäßig ins Rennen, wenn es um Kindergartenbeiträge geht – so auch in Aachen. Übrigens benutzt sie folgende Begründung bei einer Kommune, die sich nicht im Haushaltssicherungskonzept befindet: Man würde vor Ablauf eines Jahres möglicherweise Kassenkredite in Anspruch nehmen.
Aber die Landesregierung geht nicht ins Rennen und kümmert sich nicht bei Derivaten und Swaps! Sie kümmert sich nicht, wenn zum Beispiel Flughäfen von Kommunen im Haushaltssicherungskonzept oder von Nothaushaltskreisen finanziert werden! – Um das alles kümmern Sie sich nicht!
Ich meine, das ist ein Armutszeugnis. Sie sollten sich endlich öffentlich dazu äußern, dass in Ihrer Heimatstadt von der Landesregierung und nicht von der dortigen Mehrheit ein derartiger Popanz aufgebaut worden ist. Die Begründung, die gegeben worden ist, hat für sehr viel Unruhe gegenüber einer Kommune gesorgt, die nicht im Haushaltssicherungskonzept ist, denn sie ist wirklich abstrus und hätte bei vielen Kommunen und in anderen Sachzusammenhängen längst unter Verweis auf § 77 Abs. 2 GO und Kassenkredite gegeben werden müssen. Ich finde, es würde Ihnen gut anstehen, mit uns dagegen vorzugehen.
Danke schön, Herr Becker. – Für die Landesregierung spricht jetzt noch einmal Herr Minister Laschet.
(Norbert Killewald [SPD]: Das war Köln und nicht Gelsenkirchen! – Marc Jan Eumann [SPD]: Das ist schlechter Aachener Karne- val!)
Er hat über die Geschichte rund um Gelsenkirchen gesprochen. Zugegebenermaßen hat er ein bisschen Geschichtsklitterung betrieben. Der Vorgang war etwas anders.
hat dem Rat von Gelsenkirchen etwas provokativ, damit das im ganzen Land wahrgenommen wurde, dermaßen überhöhte Beiträge vorgeschlagen – ich glaube, 800 € waren die Spitzenlösung –, dass der Rat in Gelsenkirchen gesagt hat: Das machen wir nicht.
Er hat erst einmal gesagt, wie schlimm die Landesregierung sei: Man müsse so weit erhöhen. Dann hat der Rat heldenhaft gesagt: Das machen wir nicht; wir machen gar nichts. Dann hat die Kommunalaufsicht eingegriffen und gesagt: Gar nichts zu machen, geht nach der Gemeindeordnung nicht. Ihr müsst schon prüfen, ob Ihr Möglichkeiten habt, die Beiträge zu erhöhen. – Das hat Gelsenkirchen jetzt in einer Weise gemacht, die ich verantwortlich finde.