„Bilanztricks retten WestLB“ titelte das „Handelsblatt“ zutreffend am 3. April 2008. Die Kosten für die Zockerei werden den Steuerzahlern und zahlerinnen aufgebürdet. Allein auf die Kommunen kommen Millionenausfälle bei der Gewerbesteuer zu, die auf die Rückstellungen aus dem Betriebsergebnis vor Bewertung bei den Sparkassen in überwiegend zweistelliger Millionenhöhe zugunsten der WestLB-Rettung zurückzuführen sind. Hinzu kommen drastische Rückgänge bei Gewinnausschüttungen, weniger Zuweisungen an Stiftungen sowie Belastungen der beiden Landschaftsverbände für deren WestLB-Anteile, die in den nächsten Jahren über die Landschaftsverbandsumlage ebenfalls von den Kommunen zu tragen sind.
Die Landesregierung hat bisher kein tragfähiges Modell für die Zukunft der WestLB vorgelegt. Die Fusion der WestLB mit der Hessischen Landesbank war eine der zentralen Punkte der gemeinsamen 10-Punkte-Erklärung der Anteilseigner. Diese Fusion ist dank der konsequenten Haltung der hessischen Sparkassen, die ihrerseits – leidgeprüft durch die Einführung handelbaren Stammkapitals – ausschließlich politischen Interessen unterworfen wurden, gescheitert.
Nichtsdestotrotz beabsichtigt die CDU/FDPLandesregierung -sozusagen im Windschatten der WestLB-Krise – weitere Restrukturierungsmaßnahmen, die letztlich nur ein Ziel haben: die Schwächung und damit letztlich die Zerschlagung des öffentlich-rechtlichen Sparkassensektors in NRW.
So konnte die Landesregierung durchsetzen, dass die WestLB nicht nur das Geld, sondern auch Teile des Geschäfts der Sparkassen an sich ziehen kann. Die geplante Ausweitung des WestLBMittelstandsgeschäfts auf Kosten der Sparkassen – und in Konkurrenz zu ihnen – ist dazu ein erster Schritt.
Ich habe nicht so viel Zeit; deswegen nenne ich einmal konkret die Punkte, die ich fordere und was man hier beschließen kann:
Der Landtag spricht sich für den Erhalt der öffentlich-rechtlichen Sparkassen, ihre kommunale Einbindung und eine Stärkung ihrer Gemeinwohlorientierung aus. Die Bestrebungen der Landesregierung, sie mit der WestLB vertikal zu fusionieren bzw. für private Investoren zu öffnen, sind abzulehnen. Außerdem sind die permanenten Drohungen mit einer Novellierung des Sparkassengesetzes unverzüglich einzustellen. Wer in Krisensituationen mit den Kommunen und den Sparkassen angemessen reagieren will, ist dringend auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit angewiesen.
Die Novellierung des Sparkassengesetzes muss verschoben werden, bis die Konsolidierung der WestLB abgeschlossen ist. Das gilt insbesondere für die Einbeziehung der Sparkassen in die kommunale Bilanz nach dem NKF/Trägerkapital.
Für die Landesbank besteht die Notwendigkeit, in eine umfassende Diskussion über Ausrichtung der Geschäftspolitik einzutreten. Für die WestLB heißt das, ihre Geschäftspolitik an dem Ziel neu auszurichten, dass sie verstärkt auf ihre Funktion als Landesbank zurückgeführt wird, die als Zentralbank der Sparkassen für die Bürgerinnen und Bürger agiert und sich an dem Finanzbedarf der regionalen Wirtschaft orientiert.
Die Vorgänge, die zum Finanzdesaster bei der WestLB geführt haben, müssen lückenlos aufgeklärt und entsprechende personelle Konsequenzen gezogen werden.
Banken mit Gemeinwohlauftrag wie der WestLB muss das hochriskante Treiben im globalen Finanzkasino verboten werden. Entsprechende Regelungen und Gesetze müssen umgehend in den Bundesrat eingebracht werden.
Danke schön, Herr Sagel. – Als nächsten Redner rufe ich Herrn Lienenkämper von der CDU-Fraktion auf.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Jeder Antrag sollte in diesem Hohen Hause entsprechend seiner Substanz behandelt werden. Dies geschieht hiermit. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir meinen, das Thema WestLB und vor allen Dingen auch das Thema unserer Sparkassen ist zu wichtig, als dass wir das so mit einem Satz abtun können. Deshalb nehmen wir sehr wohl Stellung – nicht nur zu diesem Antrag, sondern wir haben auch unseren eigenen Antrag vorgelegt. Wir halten es auch für wichtig, dass der Landtag dieses hier behandelt.
Meine Damen und Herren, wir sind der Auffassung, dass die Konsolidierung der WestLB nicht zulasten der Sparkassen gehen darf. Wir wollen, dass die Arbeitsteilung im Verbund erhalten bleibt, und wir möchten, dass der Landtag das durch Beschluss dokumentiert.
Es ist schon ein erheblicher Rückschlag für die Entwicklung der WestLB gewesen, dass der Ministerpräsident in Person im vergangenen Jahr die Angelegenheit zur Chefsache erklärt hat und fast ein Jahr lang eine Lösung des Problems behindert, wenn nicht verhindert hat. Das ist ein Nachteil, der vorhin schon im Zusammenhang mit der Debatte um den Nachtragshaushalt hier vorgebracht worden ist. Den Punkt will ich nicht vertiefen. Aber es ist auch wieder typisch: Der Ministerpräsident, Herr Rüttgers, ist in der Angelegenheit vollständig abgetaucht. Das möchte ich hier noch einmal festhalten. Das ist in dieser Angelegenheit eine große Peinlichkeit.
Meine Damen und Herren, ich möchte nicht weiter auf die Beratungen der Eigentümer zum Risikoschirm, der zur Konsolidierung der WestLB beitragen soll, eingehen. Aber zum Sparkassengesetz, das anscheinend noch auf uns zukommt, möchte ich festhalten: Die Konsolidierung der WestLB darf nicht den Vorwand für eine Novellierung des Sparkassengesetzes zulasten der Kommunen und zulasten der Geschäftsfähigkeit der Sparkassen insgesamt abgeben. Wir haben
nach wie vor die Sorge, dass das genau bezweckt ist. Alles, was man bisher an Andeutungen hört, was dort in der Debatte sein soll, hat unsere Besorgnis eher verstärkt.
Ich stelle fest: Wir stehen zur Handlungsfähigkeit der Sparkassen in der Region zugunsten der Kommunen, für die Bürgerinnen und Bürger, für den Mittelstand, für viele soziale und kulturelle Zwecke. Jede Beschneidung dieser Handlungsfähigkeit, jede Kannibalisierung des Geschäftsfeldes zwischen WestLB und Sparkassen – was seit Dezember auch in der Debatte ist – würde dazu führen, dass die Sparkassen Nachteile davon haben. Es wäre kein Vorteil für die WestLB, sondern ein Nachteil für die Sparkassen, ein Nachteil für die Kommunen, ein Nachteil für unsere Bürgerinnen und Bürger. Deshalb sagen wir: Eine solche Novelle des Sparkassengesetzes darf es nicht geben, meine Damen und Herren.
Sie dürfen auch nicht in das NKF einbezogen werden, das neue Budgetierungssystem der Kommunen, weil sie dann nur ein allgemeines Finanzinstrument würden.
Die vielen tausend guten Zwecke, für die sich die Sparkassen engagieren können, die jetzt schon durch die Konsolidierungsmaßnahmen für die WestLB belastet sind, dürfen nicht noch weiter beschränkt werden. Wir sehen keine Notwendigkeit, im Zusammenhang mit der WestLB-Debatte das Sparkassengesetz zu novellieren. Nach unserer Meinung darf es nicht zu einem Zwangsverbund kommen, was im letzten Jahr vom Finanzminister in die Debatte geworfen worden ist. Das würde die souveräne Geschäftstätigkeit der Sparkassen und vor allen Dingen auch der Städte beeinträchtigen.
Wir wollen, dass die Sparkassen nicht einer Vertikalisierung unterworfen werden und schon gar nicht einer gesetzlich vorgeschriebenen Vertikalisierung. Wir wollen, dass das Stammkapital nicht in das Gesetz eingebracht wird, und zwar nicht nur, weil es ein Einfallstor für die Privatisierung wäre, sondern weil es auch die EU-Kommission auf den Plan rufen würde. Wir wollen ein EUfestes Sparkassengesetz behalten und eine Entwicklungsmöglichkeit der Sparkassen.
Deshalb, meine Damen und Herren, beschließen Sie unseren Antrag! Ich denke, das ist der richtige Weg. Dafür sollten Sie sich auch zu vorgerückter Stunde noch die zwei Minuten Zeit nehmen. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege Lienenkämper hat gerade zum vorliegenden Antrag – an Kürze und Prägnanz kaum noch zu überbieten – alles zusammengefasst. Aber ich möchte doch von meiner Seite aus hinzufügen, dass wir Anlass dazu haben anzunehmen, dass der Antragsteller die vereinbarten Maßnahmen in Sinn und Struktur nicht erfasst und er in der Debatte auch Aufmerksamkeit und Kenntnisschärfe vermissen lässt.
Anders ist sicherlich der Entschließungsantrag der Sozialdemokraten zu bewerten. Deswegen will ich auch der Versuchung nicht widerstehen, mich dazu zu äußern.
Meine Damen und Herren, niemand – weder die Landesregierung noch die Koalitionsfraktionen – möchte das Sparkassenwesen zerschlagen.
Weil die Sparkassen wichtige Stützen in der Versorgung des Mittelstands und der Bevölkerung im Bank- und Finanzdienstleistungsbereich sind, wollen wir sie gemeinsam zukunftsfest machen.
Die Rettung der WestLB ist nicht zuletzt auch massives wirtschaftliches Interesse der Sparkassen. Denn diese wären, wenn die WestLB gefallen wäre, nicht nur wegen der nachlaufenden Gewährträgerhaftung, sondern auch deswegen möglicherweise in Schwierigkeiten geraten, weil die Sparkassen insgesamt 4,8 Milliarden € aus ihren Büchern hätten abschreiben müssen.
In der Diskussion wird immer wieder gesagt, die Landesregierung drohe permanent mit der Novellierung des Sparkassengesetzes. Diese Aussage ist an Absurdität kaum noch zu übertreffen. Wir haben seit knapp einem Jahr einen Arbeitsentwurf zum Sparkassengesetz in der Abstimmung und zunächst einmal auch mit den Sparkassenverbänden, mit den Beteiligten. Das ist ein ganz transparenter Prozess, über den die Abgeordneten von allen Seiten auch informiert worden sind. Sicherlich wird einiges an diesem Arbeitsentwurf kontrovers diskutiert, aber man muss auch feststellen – entgegen wiederholten Vorwürfen der Opposition –, dass in diesem Arbeitsentwurf eine
optionale Ausweisung eines nicht fungiblen Trägerkapitals vorgesehen wird und nach diesem Arbeitsentwurf auch eine Beteiligung privater Investoren an Sparkassen nicht möglich ist.
Es kommen einige Bestandteile der Vereinbarung der Eigentümer der WestLB vom 8. Februar 2008 hinzu. Diese sollen 1:1 in das noch vorzulegende Sparkassengesetz übernommen werden. Das hat der Minister betont. Das ist Gegenstand der Vereinbarung.
Ich darf an dieser Stelle auch in Erinnerung rufen: Diese Vereinbarung ist von den Sparkassen unterschrieben worden und kann deswegen logischerweise nicht gegen ihren Willen sein.
Deswegen bleibt die FDP bei dem, was sie immer schon gesagt hat: Wir wollen eine Restrukturierung und ein tragfähiges weiterentwickeltes Geschäftsmodell, das von allen Eigentümern gemeinsam entwickelt und getragen werden muss, und zwar nicht nur vom Land, sondern auch von den Mehrheitseigentümern, den Sparkassen, und auch von den Landschaftsverbänden. Das ist dann eine Perspektive für die WestLB, aber auch für die Sparkassen.
Es darf keinesfalls so verfahren werden, wie bei den letzten Krisen unter Verantwortung von RotGrün. Damals wurde einfach nur eine Kapitalmaßnahme vorgenommen und ein Vorstandsvorsitzender ausgetauscht, und das war es. Wir plädieren nachhaltig dafür, dass sich strukturell etwas verändern muss. Das, was die Eigentümer gemeinsam beschlossen und auf den Weg gebracht haben, ist jetzt auch umzusetzen. Das Sparkassengesetz ist dafür sinnvoll und notwendig.
Es wird sicherlich sehr zur Versachlichung der Diskussion beitragen, wenn der Entwurf des Sparkassengesetzes in das parlamentarische Beratungsverfahren eingebracht wird und wir dann auf der Grundlage des konkreten Gesetzentwurfs beraten.
Dann ist sicher auch Schluss mit vielen Angstmachereien und unbegründeter Panikmache. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren! Frau Präsidentin! Frau Freimuth und Herr Lienenkämper, ganz so einfach können Sie es
sich natürlich auch nicht machen. Vor allen Dingen will ich Ihnen einmal vorhalten, was Frank Sichau gerade dazwischen gerufen hat: Niemand beabsichtigt, eine Mauer zu bauen. – Genau das ist es. Das Ergebnis kennen Sie. Die Mauer war dann sehr, sehr lange da. Genauso verhalten Sie sich in der Frage Sparkassen. Genauso, Frau Freimuth!