Ich möchte an dieser Stelle an unsere HundertAlleen-Initiative erinnern, die in ganz Nordrhein-Westfalen mit großer Begeisterung aufgenommen wird. 60 neue Alleen sind schon auf den Weg gebracht.
Die Arbeit der Biologischen Stationen ist angesprochen worden. Es ist gut, dass diese Biologischen Stationen ein Stück weit neu ausgerichtet worden sind, dass sie partnerschaftlich arbeiten, aber auch eine Finanzierungsgrundlage bis zum Jahr 2010 in einer Größenordnung von 6 Millionen € haben. Die Unsicherheiten sind damit vorbei.
Die Flächen, die von den Biologischen Stationen betreut werden, sind Teil eines landesweiten Biotopverbundsystems und decken aktuell etwa 11 % der Landesfläche ab. Rückgrat dieses Verbundes sind die Schutzgebietsflächen, insbesondere die Flächen des Netzwerks Natura 2000 in Verbindung mit einem effizienten Naturschutz. Damit ist auch der Forderung des Bundesnaturschutzgesetzes sowie des Sachverständigenrates für Umweltfragen nach einem Flächenanteil von 10 % bereits jetzt entsprochen, und das in einem industriell geprägten Land wie Nordrhein-Westfalen mit 18 Millionen Einwohnern. Weiter gehende Forderungen entbehren jeder fachlichen und rechtlichen Grundlage.
Eine große Herausforderung für den Natur- und Umweltschutz zeichnet sich natürlich durch die drohenden Klimaveränderungen ab. Der Bereich „Naturschutz/Biodiversität“ zählt zu den klimasensitiven Sektoren, die eine hohe Verwundbarkeit gegenüber dem Klimawandel aufweisen. Bezogen auf den Bereich „Naturschutz/Biodiversität“ bestehen nur sehr eingeschränkte Handlungsoptionen für einen aktiven Klimaschutz bzw. für eine aktive Anpassungsstrategie an den Klimawandel. Dennoch müssen nach sorgfältiger Analyse hier ebenfalls die notwendigen Maßnahmen durchgeführt werden.
Derzeit erarbeitet die Landesregierung aktiv eine Klimaanpassungsstrategie. Das Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Verbraucherschutz ist beauftragt, auf der Grundlage des Artikels 10 der FFH-Richtlinie und des Artikels 3 der Vogel
schutz-Richtlinie bis zum Jahr 2010 ein Biotopverbundkonzept für das Land Nordrhein-Westfalen zu erarbeiten. Dabei sollen die voraussichtlichen Auswirkungen des Klimawandels auf ausgewählte Tier- und Pflanzenarten in Nordrhein-Westfalen untersucht und Maßnahmen zur gezielten Verbesserung des Biotopverbundes vorgeschlagen werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, einen maßgeblichen Beitrag zur Verbesserung der Gefährdungssituation zahlreicher Tier- und Pflanzenarten wird die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie leisten. Hier ist das Land auf einem guten Weg und in Übereinstimmung mit internationalen Verpflichtungen. Die immer wiederkehrenden Vorwürfe, die Landesregierung rotte den Kormoran aus, ist – meine Damen und Herren, alle, die hier im Saal sitzen, wissen es eigentlich – blanker Unsinn. Die Art ist in Europa und damit auch in Nordrhein-Westfalen in keiner Weise gefährdet. Die ergriffenen Maßnahmen sind maßvoll und im Zusammenhang mit dem Schutz regional gefährdeter Fischarten sinnvoll und notwendig.
Auch die Finanzierung, meine Damen und Herren, möchte ich an dieser Stelle noch einmal kurz ansprechen: Insgesamt konnte nach der Konsolidierung des Landeshaushalts in den Jahren 2005 und 2006 unter Ausschöpfung von EU-Kofinanzierungen der Naturschutzhaushalt mit 44 Millionen € im Jahr 2007 auf einem Finanzniveau, das über den Mitteln der letzten Legislaturperiode liegt, stabilisiert werden. Das kommt auch unmittelbar Projekten zur Erhaltung der Biodiversität zugute. Dieselbe Größenordnung wird auch im Haushaltsplan 2008 erreicht. Hier von einem Ausverkauf zu sprechen, was die Finanzen angeht, geht schlicht und einfach an der Realität vorbei.
Meine Damen und Herren, abgesehen von Baden-Württemberg und Bayern setzt im Übrigen kein anderes Bundesland so viele Mittel für den Bereich freiwilliger Agrarumweltmaßnahmen ein wie Nordrhein-Westfalen. Ganz besonders möchte ich auch noch einmal darauf hinweisen, dass wir trotz der schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen, die Sie von den Oppositionsfraktionen uns hinterlassen haben, sichergestellt haben, dass der Etat für den ehrenamtlichen Naturschutz erstmals im Rahmen eines eigenen Titels deutlich aufgestockt worden ist.
Aufgrund der bisherigen Leistungen im Naturschutz und der zukünftigen Weiterführung dieser erfolgreichen Naturschutzpolitik befindet sich das Land Nordrhein-Westfalen auf einem guten Weg bei der Sicherung der biologischen Vielfalt. Daher kann sich das Land durchaus als guter Gastgeber
Dennoch, meine Damen und Herren, sieht auch die Landesregierung zusätzlichen Handlungsbedarf, um die Situation der Arten und Lebensräume weiter zu verbessern. Daher haben die Fraktionen von CDU und FDP den Ihnen bekannten Antrag gestellt mit der Fortführung des Kooperationsprinzips „Mensch – Natur – Heimat – Partnerschaften für den Erhalt der natürlichen Lebensvielfalt“, einem Konzept zur regionalen Biodiversität, einem flächendeckenden Biodiversitätsmonitoring, der „Allianz für die Fläche“ sowie weiteren Aktivitäten im „Bündnis für die Natur“.
Ich freue mich sehr, dass der NABU-Vorsitzende in der Zeitschrift „Naturschutz in Nordrhein-Westfalen“ – Ausgabe 2/2008 – dies so dokumentiert:
„Und CDU und FDP haben einen Beschluss „Biodiversität in Nordrhein-Westfalen bewahren“ in den Landtag eingebracht, dessen Feststellungen wir in allen Punkten unterstützen können.“
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie sehen: Nordrhein-Westfalen wird nicht nur ein guter Gastgeber sein, sondern in Nordrhein-Westfalen wird eine gute Umwelt-, Naturschutz- und Artenschutzpolitik betrieben, nicht gegen die Menschen, sondern mit den Menschen.
Zum Schluss möchte ich als Beispiel noch folgende Zahl nennen: Wir hatten im Jahr 2005 in Nordrhein-Westfalen 25 Weißstorchpaare. Im Jahre 2008 sind es inzwischen 40 Weißstorchpaare. Ich freue mich darüber, dass damit die Artenvielfalt gestärkt wird, und hoffe, dass das ein Beitrag zur demografischen Entwicklung in Nordrhein-Westfalen ist, dass der Weißstorche auch hier seine Früchte trägt und segensreich wirkt, sodass wir keine alternde Gesellschaft sind. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Minister. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion der SPD Kollegin Schulze das Wort. Bitte.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Deppe und Herr Minister haben gerade gelobt, wie schön es ist, dass wir die Biodiversitätskonferenz in NordrheinWestfalen haben, wie schön es ist, dass am Montag so viele Ehrenamtler ein so schönes Fest hingelegt haben. Das ist zwar alles sehr schön; nur
stellt sich die Frage: Was leistet eigentlich das Land Nordrhein-Westfalen? Was tut der Gastgeber dazu, dass diese Biodiversitätskonferenz nachhaltig ein Erfolg wird?
Darauf antworte ich: Sie produzieren Fotos. Sie stellen ein paar Broschüren her. Sie machen einen Internetauftritt, aber mehr eben nicht. Das ist Ihr Beitrag – eine Broschüre. 50 % der Arten sind vom Aussterben bedroht und gefährdet, und Sie erstellen eine Broschüre. Das kann doch wohl nicht der einzige Beitrag des Landes zu dieser Biodiversitätskonferenz sein.
Wenn es nur das wäre! Aber es ist noch schlimmer. Sie erzählen hier im Parlament und bei Sonntagsreden das eine und tun in Wirklichkeit das andere. Sie betreiben ein doppeltes Spiel. Sie wollen in Wirklichkeit, dass sich der Naturschutz unterordnet, nur noch dort präsent ist, wo er nirgends stört, und sich hinter die wirtschaftlichen Belange zurückduckt. Das ist genau das, was nicht funktioniert. Das wissen Sie eigentlich auch.
Sie wissen es und tun es trotzdem. Das werfen wir Ihnen vor. Deswegen macht es auch Sinn, heute noch einmal über den Antrag zu diskutieren. Deswegen hat meine Fraktion zusätzlich einen Entschließungsantrag eingereicht.
Herr Minister, Sie haben sich vor zwei Jahren über die Höhe der Agrarumweltmaßnahmen und darüber beschwert, was alles unsinnig sei und finanziert werden müsse. Heute stellen Sie sich hierher und loben die Höhe dieses Etats. Das ist das Verlogene, was wir Ihnen vorwerfen. So kann man mit meinem solch wichtigen Thema nicht umgehen.
Ich glaube, es ist Ihre Grundphilosophie, die Sie gegen den Naturschutz schießen lässt. Diese Philosophie ist meines Erachtens grundsätzlich falsch. Sie geben der Wirtschaft immer Vorrang. Die Wirtschaft kommt bei Ihnen zuerst. Die Natur muss sich ihr unterordnen. Sie begreifen nicht, dass Naturschutz nicht nur deshalb gut ist, weil es ökologische, ethische, gesundheitliche und ästhetische Gründe gibt, den Naturschutz wichtig zu finden.
Naturschutz ist inzwischen auch wirtschaftlich sinnvoll. Die von Ihnen vorgebrachten Gegensätze gibt es heute in der Realität gar nicht mehr. Das müssten Sie sich endlich einmal ein bisschen näher betrachten. Sie müssten überlegen, welche Potenziale heute im Naturschutz bestehen und
Bundesminister Gabriel wird uns in der nächsten Woche einen Bericht darüber vorlegen, was das Artensterben ganz konkret kostet, was es kostet, wenn wir Arten verlieren. Ich bin mir ganz sicher, dass dabei auch Zahlen für Nordrhein-Westfalen herauskommen. Herr Minister, danach werden wir sehen, ob sich Nordrhein-Westfalen auch finanziell überhaupt noch eine solche Landesregierung leisten kann.
Herr Minister, Sie haben sich in Ihrer Rede auch nicht zu unserem Entschließungsantrag geäußert. Deswegen fordere ich Sie noch einmal dazu auf. Warum haben Sie den vom Land Hessen in den Bundesrat eingebrachten Antrag „Das europäische Naturschutzrecht evaluieren und zukünftig ausgestalten“ unterstützt, der nur das Naturschutzrecht schleifen will, wenn Sie so für Umweltschutz stehen?
Zweite Frage: Warum das Frenz-Gutachten, wenn Sie wirklich Naturschutz wollen? Es trägt nicht dazu bei, den Naturschutz weiter zu stärken, sondern es trägt dazu bei, ihn zu schwächen.
Wenn Sie wirklich Naturschutz wollen, stellt sich die Frage, warum Sie nach der Meldung der Schutzgebiete des Netzes Natura 2000 nicht die personellen Ressourcen zur Verfügung gestellt haben. Wenn Sie wirklich Naturschutz wollen, ist die Frage, warum Sie dann nicht endlich auch einmal Ziele nennen.
Die Bundesregierung hat mit ihrer nationalen Biodiversitätsstrategie ganz konkrete Ziele benannt. Sie hat gesagt, sie will zuerst dies, dann das und anschließend jenes. Es sind genau ausformulierte und ganz konkrete Ziele. Warum machen Sie nicht einmal so etwas? Warum sagen Sie nicht ganz konkret, was Sie im Naturschutz wollen, anstatt immer nur Fotos und Broschüren zu produzieren und in Wirklichkeit nichts zu machen? So kann man Naturschutzpolitik in diesem Land nicht betreiben.
Der Protest, den Sie nicht wahrnehmen wollen, den es aber ganz massiv gibt, gibt uns da auch Recht. – Ganz herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Schulze. – Für die CDU hat Herr Kollege Kemper das Wort. Bitte, Herr Kollege.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kollege Ellerbrock hat die Beschreibung der Biodiversität im Sinne von Professor Haber dargestellt. Er war in den 90erJahren Vorsitzender des Sachverständigenrates für Umweltfragen.
Herr Haber hat beschrieben, was Biodiversität eigentlich ist. Sie ist nicht nur eine biologische Biodiversität, sondern auch eine kulturelle Biodiversität. Sie lässt sich sowohl dynamisch als auch statisch beschreiben. Die echte Beschreibung betrifft aber nur die dynamische Biodiversität; denn es geht um belebte Natur, die sich bewegt und weiterentwickelt. Insofern wird es auch keinen Artenschwund, aber eine Artenveränderung geben. Die Roten Listen sind selten dazu geeignet, eine Artenveränderung darzustellen. Sie stellen immer nur den jeweiligen Artenschwund dar.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Konvention über die biologische Vielfalt bei dieser CBD-Konferenz ist eine der drei völkerrechtlichen Abkommen, die bei der Konferenz der Vereinten Nationen in Rio im Jahre 1992 beschlossen wurde. Sie ist also relativ wichtig. Das Wichtigste daraus ist: Der weltweite Verlust an biologischer Vielfalt soll bis zum Jahr 2010 gebremst werden. Das ist die Hauptaufgabe.
Wer liest, wird schlauer. Die drei – gleichrangigen – Hauptziele der am Montag beginnenden CBDKonferenz sind im Wesentlichen:
Drittens. Der gerechte Ausgleich von Vorteilen, welche aus der Nutzung genetischer Ressourcen entstehen.
Gemeint sind insbesondere Arten und Sorten aus Entwicklungs- und Schwellenländern dieser Welt und deren Entgeltung auf dem internationalen Markt.
Das sind die drei gleichrangigen Ziele dieser Konferenz. Es macht mich ein bisschen nachdenklich, dass wir dies heute nicht abschließend diskutieren, sondern an den Ausschuss überweisen. Anschließend ist die Konferenz schon zu Ende. Ich muss ehrlich sagen, das kann ich nicht verstehen. Wenn wir etwas für diese Konferenz machen wollen, müssen wir das vorher beschließen. Ansonsten reden wir nachher wieder über Schnee von vorgestern. Das ist aber scheinbar so gewollt.
Schutz der Wälder in Nordrhein-Westfalen, sondern der Schutz der Wälder in aller Welt gemeint. Die Schaffung eines weltweiten Netzwerkes von terrestrischen und maritimen Schutzgebieten und dessen Finanzierung gehören auch dazu. Das ist übrigens auch ein gleichrangiges Ziel. Man muss sich auch leisten können, was man will. Weitere Unteraufgaben sind die engere Verknüpfung des internationalen Klimaschutzes mit eben diesen CBD-Zielen sowie Fortschritte bezüglich des Zugangs zu allen genetischen Ressourcen und deren Bewertung und Entgeltung.
Ich komme jetzt einmal zur Biodiversität der Kulturlandschaft in Nordrhein-Westfalen. Wir leben hier in Nordrhein-Westfalen immerhin mit 18 Millionen Einwohnern. Das heißt, wir haben ca. 530 Einwohner pro Quadratkilometer. Das Aussterben nimmt angeblich zu. Die Roten Listen werden länger. Das ist die gefühlte Wahrheit. Eine echte Wahrheit konnte monitoringmäßig bisher nirgendwo bewiesen werden.
Die offene Frage bleibt: Ist denn die Rote Liste wirklich wichtig für die Beschreibung, was in Zukunft passiert? Die Rote Liste beschreibt den Idealzustand der genetischen Vielfalt im Jahre 1830, im Übrigen nicht bei 18 Millionen Menschen in Nordrhein-Westfalen, sondern bei 12 Millionen Menschen in Europa. Die Entwicklung beschreibt eine Rote Liste eben nicht.