Dann wird die Meinung vertreten, ein Exportverbot nach Holland einzuführen, weil sich die Holländer bei uns bedienen würden. Kollege Remmel, ein Blick in die Sachzusammenhänge macht sofort deutlich: Die Niederländer bauen Kies und Sand nach einem anderen Rechtssystem ab. Wenn die Niederländer eine Straße bauen, regeln sie die Abgrabung direkt mit. Wenn sie Hochwasserschutz betreiben, regeln sie das Tieferlegen des Geländes direkt mit. Wenn sie eine Bahntrasse oder einen Kanal bauen, regeln sie es direkt mit.
Wie Sie auf Ihre apokalyptische Darstellung kommen, weiß ich nicht: Nordrhein-Westfalen decke 82 % des Bedarfes an Kies und Sand in den Niederlanden; das sei Raubbau zulasten Nordrhein-Westfalens. – Nach meinem Kenntnisstand haben die Niederlande einen Bedarf von rund 40 Millionen t. Davon decken sie 20 Millionen t selber. Weniger als ein Viertel – weniger als 10 Millionen t – kommt aus Nordrhein-Westfalen.
Sind wir nicht Exportweltmeister? Sind wir nicht exportabhängig? Und wir fordern hier ein zusammenwachsendes Europa unter Kirchturmspolitik? Kein deutscher Kies in die Niederlande? Vielleicht sagen die auch einmal: Kein niederländisches Gas nach Deutschland! Das könnte auch sein. Keine deutschen Produkte in die Niederlande – kann das richtig sein? Das ist doch kleinkariert. Das sollten wir ganz schnell vergessen, von den europarechtlichen Fragestellungen einmal ganz abgesehen.
Sie fordern, Tabuflächen darzustellen, die wir von Anfang an gar nicht erst in die Abwägung einbeziehen. Die rechtliche Situation – das wissen Sie ganz genau, Kollege Remmel – ist eine ganz andere. Ich muss alles erst einmal in die Abwägung einstellen und dann begründet ausschließen. Das ist aber etwas völlig anderes, als populistisch den Niederrhein-Appell abzuschreiben und zu sagen: Leute, schaut, wir kämpfen für euch!
Meine Damen und Herren, Ziel ist es – da sind wir uns, glaube ich, in den Beiträgen einig –: Wir müssen eine langfristig orientierte Kalkulationssicherheit für Bevölkerung, Kommunen, Naturschutz und auch Kiesindustrie haben.
Da, Frau Kollegin Fasse, vertrete ich eine andere Meinung als Sie. Ich sage nach wie vor Ja zur 25jährigen Versorgungssicherheit in den Darstellungen in den Regionalplänen. Das steht im Landesentwicklungsplan so drin. Dazu stehe ich nach wie vor. Den Erlass, der 15 Jahre vorsieht, werden Sie, Frau Ministerin, vielleicht gleich noch einmal kurz darstellen, damit es hier nicht zu weiteren Ir
ritationen kommt. Ich sage für meine Fraktion ganz klar: 25-jährige Darstellung des Versorgungszeitraums im Regionalplan plus eine Lagerstättenkarte, aus der sich weitere Abgrabungen entwickeln können.
Der Antrag der Grünen zeigt: Wir wollen Probleme problematisieren, ohne sie einer Lösung zuzuführen, statt Chancen und Möglichkeiten zu diskutieren. Da, Kollege Remmel, bin ich froh, mit dem Begriff „Ijsselmeer an Rhein und Ruhr“, Vernetzung vorhandener Abgrabungen mit Erweiterungen einen Beitrag zu leisten zur Arbeitsplatzsicherung und zur ökologischen Aufwertung des Niederrheins.
Herr Kollege, entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie unterbreche. Der Kollege Remmel würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen. Lassen Sie das zu?
Kann ich Ihre Ausführungen, sehr geehrter Kollege Ellerbrock, zum Planungsrecht und zu den 25 Jahren so interpretieren, dass Sie mit mir der Meinung sind, dass der Erlass der Ministerin, wenn man denn den Planungszeitraum auf zweimal 15 Jahre verkürzen will, nicht ausreicht und man stattdessen, wenn man das wirklich will, die Grundlagen im LEP entsprechend ändern müsste?
Nein, Herr Kollege Remmel, es wäre unzulässig, meine Aussage so zu interpretieren, da meine Zielrichtung ist, an der 25-jährigen Versorgungssicherheit festzuhalten. So ist es eben nicht zu interpretieren.
Meine Damen und Herren, ich sage: „Ijsselmeer an Rhein und Ruhr“, Vernetzung vorhandener Standorte mit einer erheblich höheren Wertschöpfung.
Jetzt gehen wir einmal einen anderen Weg, Kollege Remmel. Natürlich wird wertvoller Ackerboden dadurch, wie Sie sagen, vernichtet. Das ist richtig. Aber wir schaffen auf Dauer eine Menge mehr Arbeitsplätze. Das ist für die Region an Rhein und Ruhr auch wichtig. Wir schaffen sogar ökologi
sche Vorteile. Denken Sie an die Zigtausenden Kraftfahrten an die Maas, an das Ijsselmeer am Wochenende. Wenn wir die heute dort stattfindende Wertschöpfung bei uns stattfinden lassen können, werden wir erhebliche Vorteile haben – ökologische, ökonomische und auch soziale!
Deswegen ist es den Schweiß des Edlen wert, dass wir dieses Konzept, vielleicht auch mit Ihrer Hilfe, weiter vorantreiben. Ich will das gerne tun und werde das auch weiter tun.
Ich muss einfach sagen: Wir hatten früher eine rheinische Fruchtfolge: Abgraben, Verfüllen, Auffüllen, Bauland.
Heute werden wir sicherlich sagen: Das Bergematerial fehlt. Deswegen machen wir hier eine vernünftige Wertschöpfung abweichend von den Vorstellungen des Kreises Kleve. Jawohl, wir müssen dazu kommen, auch rheinnah weiter abzugraben, damit wir von Kalkar nach Kalkutta segeln können. Das macht Spaß. Das bringt Geld hierher. Das schafft Arbeitsplätze. Das stärkt unsere Kommunen. Wir haben dann auch genug finanzielle Mittel für ökologische Ausgleichsleistungen. – Ich danke Ihnen für die freundliche Aufnahme meines Redebeitrags.
Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Als nächste Rednerin hat für die Landesregierung Frau Ministerin Thoben das Wort. Bitte schön, Frau Ministerin.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Remmel, egal, welche Wünsche und Vorstellungen man hat – ich werbe dafür, vorab die Sachverhalte zur Kenntnis zu nehmen.
Sie behaupten immer wieder, das wäre ungebremster Raubbau, immer schneller würden immer größere Teile unserer Rohstoffvorräte aufgefressen. Das Gegenteil ist richtig. Mitte der 90erJahre lag die Produktion von Kies und Sand in Nordrhein-Westfalen in der Spitze bei rund
Wenn Sie seitens der Grünen so auf Nachhaltigkeit pochen, dann könnte man es doch auch so sehen: Mitte der 90er-Jahre war Frau Höhn für die landesplanerische Rohstoffsicherung zuständig. Wir sind heute um 28 % nachhaltiger als damals. Auf diesem Weg wollen wir weiter gehen.
Meine Damen und Herren, gleich eingangs will ich überhaupt keinen Zweifel daran lassen, dass die Gewinnung von Rohstoffen erhebliche landschaftliche Eingriffe mit sich bringen kann. Das gilt in besonderer Weise dort, wo wegen langjähriger Abbaumaßnahmen die Raumbelastung sehr hoch ist. Das ist grundsätzlich unbestritten. Dem stehen schlichtweg volkswirtschaftliche Bedarfe und landespolitische Erfordernisse gegenüber. Man kann sich also aus der notwendigen Rohstoffsicherung nicht davonstehlen oder sie mit realitätsfernen Fesseln versehen, sondern man muss im Rahmen unserer planungsgesetzlichen Regelungen zu Lösungen und Konsensen kommen. Das ist im Übrigen auch bundesgesetzlicher Auftrag.
Sie wissen, dahinter verbirgt sich angesichts enormer Nutzungskonkurrenzen und Konflikte ein wahrlich schwieriges Planungsgeschäft. Die fünf Regionalräte im Land können davon ein Lied singen. Detmold hat gerade im OWL-Bereich einen Regionalplan fertiggestellt. Münster und Arnsberg sind mitten in Entwicklungsarbeiten. In Düsseldorf und Köln laufen sehr zähe Änderungsverfahren, Stichworte: Niederrhein, Quarz, Kies, Kottenforst.
In solchen Zeiten gilt ganz allgemein: Die Akteure sind aufgerufen, alles zu tun, damit im vorgegebenen rechtlichen Rahmen Akzeptanzen erreicht werden, statt Öl ins Feuer zu schütten. Denn – und das ist in den Regionen besonders wichtig – Regionalpläne brauchen Rechtssicherheit. Sie müssen Steuerungskraft entfalten, und die Regionalräte müssen die Fäden in der Hand behalten, um räumliche Entwicklungen zu lenken. Wir wissen vom Niederrhein, wohin es führt, wenn instabile Planungen verwaltungsgerichtliche Streitigkeiten nach sich ziehen.
In dieser Situation hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem vorliegenden Antrag Forderungen zur Änderung des Landesentwicklungsplans vorgebracht. Der Antrag greift manches auf, was seitens der Landesregierung längst in die Diskussion eingebracht worden ist.
Ich erinnere daran, dass die Landesplanungsbehörde bereits zum Jahresende 2005 den 125seitigen Arbeitsbericht zur Rohstoffsicherung veröffentlicht hat, dass schon darin die Eckpunkte
künftiger Planungsregeln zur Rohstoffsicherung skizziert worden sind, dass dies auf viel Zustimmung gestoßen ist und den Diskussionsprozess befördert hat, dass dies im Übrigen erklärtermaßen Eingang finden soll in den neuen LEP 2025 und dass die Arbeiten an der Entwicklung des LEP 2025 bereits laufen.
Komponenten wie Nachhaltigkeit, Verkürzung der Planungshorizonte, Recycling und Substitution sind selbstverständlicher Bestandteil eines neuen Regelungsregimes, das bereits in Bearbeitung ist.
Es stellt sich die Frage: Was ist eigentlich der Sinn dieses Antrags, wenn er sich nicht reduziert auf Begleitmusik zu den ohnehin schwierigen Planverfahren in Düsseldorf und Köln? Ich will Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, sagen: Die derzeitigen, zum Teil in den Regionen wahrlich festgefahrenen Verfahren brauchen kein Öl in den Flammen, sondern sie brauchen wirkliche Lösungsbeiträge, etwa wie wir dies mit dem von Ihnen skizzierten Erlass am 11. April geboten haben.
Wer hingegen von Raubbau, von Wegbaggern der Heimat, von Trinkwasserverschlechterung, von Ewigkeitsschäden und Wertschöpfungsverlusten spricht, wer die Illusion nährt, wir könnten gegen EU-Recht zu diskriminierenden Restriktionen greifen, der stellt sich faktisch ins Abseits.
Wie können Sie von Nachhaltigkeit reden, wenn Sie die langfristige planerische Vorsorge zugunsten der nächsten Generation – Stichwort: Reservegebiete – selbst unterbinden wollen? Wie können Sie von Nachhaltigkeit reden, wenn bereits heute Lieferengpässe bei besonderen Körnigkeiten für den Verkehrswegebau dazu führen, dass Massengüter über 200 Straßenkilometer – umweltbelastend, Herr Remmel – herangefahren werden müssen?
Sie stellen die Flächenbelastung des Regierungsbezirks Düsseldorf in den Raum. Warum sagen Sie nicht dazu, dass Abgrabungen gerade einmal 1,4 % der Fläche in Anspruch nehmen, während rund zehnmal so viel unter Naturschutz und über 50 % unter Landschaftsschutz stehen, und dass fast 15 % Waldflächen sind?
(Svenja Schulze [SPD]: Unverschämtheit! – Johannes Remmel [GRÜNE]: Was heißt das denn? Das hat der Minister doch auch be- mängelt! Wie kann man das so gegeneinan- der stellen?)
Nein, der ist mit der Unterschutzstellung großer Flächen sehr einverstanden. Auch die ständige Präsentation des vermeintlichen Schlupflochs Bergrecht ändert nichts daran, dass es dieses Schlupfloch nicht gibt.
Bergrechtliche Verfahren – im Übrigen geht es dabei um Bundesrecht – haben landes- und regionalplanerische Vorgaben in vollem Umfang zu beachten, wie noch am 8. April dieses Jahres der Parlamentarische Staatssekretär Schauerte aus dem Wirtschaftsministerium auf die Frage eines Abgeordneten geantwortet hat.
Mit anderen Worten: Die von Ihnen gewählten Dramatisierungen helfen keinen Schritt weiter. Die Landesplanungsbehörde wird daher ihren konsequenten Weg der Konzipierung neuer Planungsregularien weitergehen – offen für Anregungen und Vorschläge; das füge ich ausdrücklich hinzu. Das bedeutet, planerische Rohstoffsicherung ist integraler Bestandteil des neues LEP 2025. Ihre Überarbeitung soll nicht sektoral gesondert oder zeitlich vorgezogen erfolgen, sondern ordnet sich in den weiteren Zeitplan zur LEP-Novelle ein.
Lassen Sie mich eines ganz klar sagen: Wir reden über ein Abwägen von prinzipiell gleichwertigen Belangen. Nur so wird aus einer Abwägung überhaupt ein Schutz. Der Entwurf des LEP 2025 ist zurzeit in Bearbeitung. Auf Basis dieses Entwurfs ist anschließend die strategische Umweltprüfung vorzunehmen.
Bei vorgezogener Kommunalwahl muss man den neuen Kommunalparlamenten und Regionalräten Gelegenheit zur Stellungnahme geben. Deren Beschlüsse können erst Ende 2009/Anfang 2010 gefasst werden. Dies bestimmt auch den Zeitplan für das Inkrafttreten des LEP 2025. Der für Landesplanung zuständige Ausschuss des Landtags wird selbstverständlich in den weiteren Fortgang umfassend einbezogen.