Protokoll der Sitzung vom 04.06.2008

Wir kommen zur Abstimmung. Ich lasse erstens über die Beschlussempfehlung Drucksache 14/6455 abstimmen. Der Ausschuss für Bauen und Verkehr empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung, den Gesetzentwurf in der Fassung seiner Beschlüsse anzunehmen. Wer ist für diese Empfehlung? – CDU und FDP. Wer ist dagegen? – Niemand. Wer enthält sich? – Es enthalten sich die SPD und die Grünen. Damit ist die Beschlussempfehlung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen angenommen.

Wir kommen zweitens zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 14/6912. Wer ist für diesen Antrag? – SPD und Grüne. Wer ist dagegen? – CDU und FDP. Wer

enthält sich? – Niemand. Damit ist dieser Entschließungsantrag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen abgelehnt.

Wir kommen zu:

6 Exzellenzinitiative II benötigt eine breite Debatte

Antrag

der Fraktion der SPD

Drucksache 14/6006

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses

für Innovation, Wissenschaft,

Forschung und Technologie Drucksache 14/6639

Ich weise darauf hin, dass dieser Antrag gemäß § 79 Abs. 2 Ziffer b unserer Geschäftsordnung vom Plenum an den Ausschuss für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie überwiesen wurde mit der Maßgabe, dass eine Beratung und Abstimmung erst nach Vorlage der Beschlussempfehlung erfolgt. Diese liegt nunmehr vor.

Ich eröffne die Beratung und erteile für die SPDFraktion Frau Kollegin Dr. Boos das Wort. – Die Kolleginnen und Kollegen darf ich um ein bisschen mehr Ruhe bitten, damit die Rednerin jetzt Gelegenheit hat, die Meinung ihrer Fraktion vorzutragen. – Bitte schön, Frau Kollegin Boos.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die abschließende Debatte am 24. April im Fachausschuss für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie hat leider nicht zu einem einvernehmlichen Votum für diesen Antrag geführt. Die im Verfahren der Exzellenzinitiative I aufgetretenen Mängel, nämlich die Nichtbeachtung unterschiedlicher Ausgangsbedingungen, das Übergewicht der technischen und naturwissenschaftlichen Fächer und die regionale Unausgewogenheit, werden offensichtlich durch Landesregierung und Landtagsmehrheit verdrängt.

Im Jahr 2009 werden Bund und Länder auf der Grundlage eines Evaluationsberichtes zum Exzellenzprogramm über dessen Fortsetzung nach 2011 entscheiden. Bereits im Oktober 2007 haben sich die Wissenschaftsminister von Bund und Ländern grundsätzlich für eine Fortführung ausgesprochen.

Für die erste und zweite Förderlinie stehen für die im Wettbewerb erfolgreichen NRW-Hochschulen

350 Millionen € bis 2011 zur Verfügung. Hiervon muss das Land Nordrhein-Westfalen 87,5 Millionen € erbringen. Wir müssen feststellen, dass der Anteil des Landes nicht auskömmlich finanziert ist und die im Wettbewerb erfolgreichen Universitäten durch das MIWFT zur Eigenbeteiligung angehalten werden.

Bundesweit wurden neun Zukunftskonzepte von Universitäten ausgezeichnet, also neun Exzellenzhochschulen ausgewählt. Prof. Winnacker, der ehemalige DFG-Präsident, fordert, den Kreis der Exzellenzhochschulen zu reduzieren. Er sagt, die Zahl von neun Hochschulen sei zu hoch. Insofern ist die seitens des Ministeriums angekündigte Phalanx von Spitzenuniversitäten in NordrheinWestfalen unrealistisch. Das bestätigt auch das letzte CHE-Ranking, das erneut eindrucksvoll feststellt, dass es eine über alle Fächer hinweg exzellente Hochschule nicht gibt und wohl auch nur im absoluten Ausnahmefall geben könnte.

Schwerpunkt der Exzellenzaktivitäten muss deshalb der Aufbau weiterer Exzellenzcluster und Graduiertenschulen sein und eine damit verbundene Exzellenzinitiative Lehre. Hier stimmen wir dem ebenfalls vorliegenden Antrag zum Thema „Exzellenz in der Lehre“ von Bündnis 90/Die Grünen voll und ganz zu. Auch hochschulübergreifende Exzellenzcluster und die Einbeziehung außeruniversitärer Forschungseinrichtungen müssen möglich sein.

Wir erwarten deshalb durch Sie, Herr Minister Pinkwart, die rechtzeitige Vorlage eines Konzepts, mit dem die Landesregierung in die Verhandlungen über die Ausgestaltung der Exzellenzinitiative II im Jahr 2009 eintreten wird. Nur ein mit den Hochschulen abgestimmtes Konzept bietet Gewähr dafür, dass die Interessen NordrheinWestfalens erfolgreich wahrgenommen werden können. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Boos. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Dr. Brinkmeier.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der SPD-Antrag beschäftigt sich sehr wohl mit einem Zukunftsthema, der Exzellenzinitiative, ist aber trotzdem nach unserer Ansicht vor allem in der Argumentation und den Folgerungen und damit in der Antragstellung an sich rückwärts gewandt. Wir sollten festhalten, dass die Exzellenzinitiative II grundsätzlich schon im Oktober letzten Jahres beschlossen worden ist. Natürlich – das ist richtig – werden die Rahmenbe

dingungen in den kommenden Wochen festgelegt, aber die Grundstruktur wird bleiben. Warum sollten wir die dritte Förderlinie preisgeben – das ist die Kernforderung Ihres Antrags –, wenn es in Nordrhein-Westfalen Universitäten gibt, die durchaus die Chance haben, beim nächsten Mal auf dem Siegertreppchen zu stehen?

Ich möchte noch einmal verdeutlichen, wes Kind Ihr Antrag ist und einige Passagen daraus zitieren. Eine Überschrift lautet: „Kooperation … statt Konkurrenz“. Wir halten dagegen: Kooperation und Konkurrenz. Der Wettbewerb muss sein. Für uns ist der Wettbewerb ein wesentliches Ziel. Dies schließt nicht aus, dass man kooperiert. Darüber haben wir schon bei zwei vorhergehenden Tagesordnungspunkten diskutiert.

All das zeigt wieder einmal, dass Sie nicht gewillt sind, einen echten Wettbewerb zuzulassen. Dann frage ich mich natürlich, warum Frau Bulmahn als seinerzeitige Forschungsministerin den Titel „Deutschland sucht die Superuni“ aufgelegt hat. Sie wollte das wohl nicht wettbewerblich machen und selbst suchen. Von daher ist es wohl ganz gut, dass wir einen fachlich orientierten Wettbewerb zulassen, auch wenn in der ersten Runde durchaus regional erhöhte Siegeschancen vorhanden waren. Wir arbeiten daran und wollen unsere Hochschulen darin unterstützen, es besser zu machen.

Sie haben in Ihrem Antrag auch geschrieben, dass ein Abschluss am Standort X weniger wert ist als am Standort Y. Dann muss ich fragen: Wo leben Sie denn? Sind wir nicht realistisch genug, klar zu sehen, dass sich zum Beispiel Arbeitgeber darüber unterhalten, an welcher Hochschule man seinen Abschluss gemacht hat? Als ob alle gleich wären! Es ist doch unrealistisch, das anzunehmen. Natürlich gibt es Unterschiede. Die sind auch gewollt. Unterschiede werden nur dann ungerecht, wenn die Rahmenbedingungen ungleich sind. Wir wollen aber gute Rahmenbedingungen schaffen.

Ich warne Sie davor, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, sich allzu sehr auf Unterschiede in den Rahmenbedingungen zu kaprizieren. Die haben Sie über die letzten Jahrzehnte nämlich selbst geschaffen. Ich nenne nur das Stichwort Gesamthochschule.

(Beifall von der CDU)

Weiter ist mir ein Satz in Ihrem Antrag sehr sauer aufgestoßen. Sie haben geschrieben: Die Spaltung der Gesellschaft in diesem Zusammenhang ist von der Landesregierung gewollt. – Das halte ich für ein Unding.

(Manfred Kuhmichel [CDU]: Schwachsinn!)

Auch hier könnte ich mich wieder richtig toll aufregen. Ich bin aber Westfale und bleibe etwas ruhiger. Doch möchte ich auch hier so reagieren wie bei Tagesordnungspunkt 3: Bitte mäßigen Sie Ihre Worte! Ich sage es einmal ganz nüchtern: Ich glaube nicht, dass Sie ernsthaft meinen, dass die Landesregierung oder die sie tragenden Fraktionen eine Spaltung der Gesellschaft in dieser Hinsicht wollen. Versuchen Sie, Ihre Anträge in dieser Hinsicht besser zu schreiben!

(Zuruf von Ursula Meurer [SPD])

Die Debatte um die Exzellenzinitiative II soll mit der um die Föderalismusreform II verbunden werden. Das ist ein schöner Gedanke, aber in unseren Augen eine unrealistische Forderung. Sie wissen, es geht bei der Debatte um die Föderalismusreform II in erster Linie um die Finanzverflechtungen zwischen Bund und Ländern. Das Thema ist so kompliziert, dass wir alle darüber in Pension gehen werden. Sie haben auch nur die Forderung aufgestellt, aber ein konkreter Vorschlag ist im Antrag nicht zu finden. Im Ausschuss können wir darüber nicht mehr diskutieren, denn wir schließen die Beratung ja heute ab. Aber das können wir gerne bei anderer Gelegenheit tun.

Sie haben in Ihrem Antrag auch geschrieben:

„Die Exzellenzinitiative war der Versuch, eine moderne Variante der Förderung von Spitzenforschung einzuführen, die beide Aspekte berücksichtigt.“

Da geht es um breite Akademisierung einerseits und Forschung auf höchstem Niveau andererseits. Wir von der CDU haben kein Problem damit. Aber – ich sage es noch einmal – Sie von der SPD sind im Innersten – wir spüren es immer wieder – gegen jede Art von Wettbewerb, weil Sie Gleichheit wollen, auch keinen Unterschied zwischen Gewinnern und Verlierern. Dass die Hochschul- und Forschungslandschaft gerade durch Wettbewerb insgesamt besser wird, das wollen Sie nicht erkennen. Das markiert das Rückwärtsgewandte Ihrer Politik. Darum lehnen wir Ihren Antrag ab. – Danke schön.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Brinkmeier. – Für die Fraktion der FDP spricht Herr Kollege Lindner.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann nahtlos an den Beitrag des Kollegen Dr. Brinkmeier anknüpfen. Auch

wir als FDP-Fraktion werden diesen Antrag ablehnen. Es gäbe jetzt eine ganze Menge aus den Beratungen im Ausschuss hier in Erinnerung zu rufen, ich will mich aber auf zwei Argumente konzentrieren.

Das erste Argument ist, dass die antragstellende Fraktion hier darstellt, der finanzielle Erfolg, der mit der Exzellenzinitiative verbunden ist, sei zu gering. Ich will aufzeigen, dass wir hier in NordrheinWestfalen in den zwei Förderlinien immerhin 125 Millionen und 225 Millionen € für Forschungszwecke zur Verfügung gestellt bekommen bzw. durch Landesmittel kofinanziert haben. Das ist die beachtliche Summe von immerhin 350 Millionen €.

Zuzustimmen ist der Fraktion der SPD, dass diese finanzielle Förderung im Vergleich etwa zum Aufkommen aus Studienbeiträgen nicht so groß ist. Die Studienbeiträge leisten gewiss einen größeren Beitrag zur besseren Finanzierung unseres Hochschulwesens. Aber die immerhin 350 Millionen € bedeuten in Zeiten angespannter öffentlicher Haushalte eine beachtliche Schwerpunktsetzung, um die Forschungsergebnisse in NordrheinWestfalen zu verbessern und neue zu stimulieren.

Zum Zweiten wird von der Fraktion der SPD vorgetragen, dass dieser Exzellenzwettbewerb eine viel zu große Kluft in die Hochschullandschaft bringe. Im Zusammenhang mit anderen Maßnahmen wie der leistungsorientierten Mittelvergabe sprechen Sie gar von einem ruinösen Wettbewerb zwischen den Hochschulen. Hier liegt nach unserer Auffassung ein grundsätzliches Missverständnis hinsichtlich der Arbeit im Wissenschaftsbereich zugrunde. Die ist nämlich konstitutiv vom Wettbewerbsprinzip geprägt. Nur durch den Wettbewerb von Forschern, ihren Ergebnissen und Methoden ist Fortschritt überhaupt möglich. Gerade in Zeiten knapper Kassen brauchen wir das Wettbewerbsprinzip, weil dieses dafür Sorge trägt, dass diejenige Stelle in der Forschungslandschaft über das meiste Geld verfügt, die am besten mit Geld wirtschaftet. Würde man nur mit der Gießkanne das Geld verteilen, dann würden auch weniger Engagierte und weniger Qualifizierte Mittel erhalten. Wir wollen aber, dass die Besten Geld bekommen, damit sie noch besser werden. Der positive Effekt, der sich dadurch ergibt, ist, dass auch diejenigen, die bislang noch so leistungsfähig waren, sich selbst ganz anders motiviert sehen können, selbst aufzuholen, ihre eigene Leistungsfähigkeit kritisch zu hinterfragen und dann zu verbessern.

Wettbewerb ist also ein Entdeckungsverfahren für Potenziale. Wettbewerb ist letztlich auch gerechter als jede zentrale Zuteilung. Alles andere als

Wettbewerb ist politischer Willkür ausgesetzt. Wettbewerb, zumal wenn eine unabhängige Jury nach klaren Regeln auf die Vergabe der Mittel im Wettbewerb achtet, ist Garant für Fairness.

Allein schon wegen dieser Unterscheidung in der Grundphilosophie der Forschungsförderung können wir dem Antrag der SPD nicht zustimmen. Er verweist auf ein staatszentriertes, verwaltungsorientiertes Denken im Wissenschaftsbereich, das nicht für beste Ergebnisse steht, sondern nur für verteilungspolitische Instrumente einer im Übrigen überholten Strukturpolitik. – Schönen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Lindner. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Dr. Seidl.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um ein Missverständnis auszuräumen: Wir Grüne haben uns von Anfang an für die Exzellenzinitiative eingesetzt. Denn wer hätte wohl etwas dagegen, dass neues Geld, mehr Geld für die Spitzenforschung nach Nordrhein-Westfalen fließt? Ich erinnere daran, dass die ersten Blockierer im Bundesrat 2004 damals aus den Reihen der CDU-geführten Länder kamen.

(Zuruf von der SPD: Hört, hört!)