Anna Boos

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 50.000 Studierende, Schülerinnen und Schüler – das ist eine beeindruckende Zahl von jungen Menschen, die ihren Willen in der vergangenen Woche kundgetan haben.
50.000 junge Menschen waren es, die auf die Straße gegangen sind, um ihren Unmut über die aktuelle Bildungspolitik in diesem Land auszusprechen. Was ich fast noch wichtiger finde: Diese jungen Menschen haben nicht nur gesagt, wogegen sie sind; das ist oft leicht. Viel schwieriger ist es zu formulieren, was man stattdessen will. Aber genau das ist bei dem Bildungsstreik geschehen.
Wir haben es mit jungen Menschen zu tun, die Bildung wollen und dafür kämpfen, dass sie sie auch bekommen. Ich frage Herrn Rüttgers als Verantwortlichen:
Was könnte für unser Land besser sein als junge Menschen, die Ihre Bildungschancen einfordern?
Spontan sagt man erst einmal: Nichts könnte besser sein. – Aber es fällt einem noch eine andere Antwort ein, nämlich eine Bildungspolitik, die so gut ist, dass der Streik nicht nötig gewesen wäre.
Junge Menschen setzen auf Bildung als Menschenrecht. Darüber können wir uns alle freuen. Entsprechend hat die SPD den Bildungsstreik von vornherein unterstützt. Frau Ministerin Sommer hingegen untersagt die Teilnahme und macht es Schülern und Schülerinnen schwer.
Herr Minister Pinkwart zeigte sich an dieser Stelle den Studierenden gegenüber offen. Er diskutierte in Münster mit Studierenden. Die Argumentation für seine Politik schien aber nicht ganz gelungen. Ich zitiere aus den „Westfälischen Nachrichten“ vom 17. Juni 2009 mit Erlaubnis des Präsidenten:
Das Argument Pinkwarts, auch zu seiner Zeit hätte es schon überfüllte Hörsäle gegeben, war verbales Öl ins Feuer der Studierenden.
Ihm wurde von sieben Klausuren in einer Woche und von zeitgleichen Abgabeterminen für schriftliche Arbeiten berichtet. Dazu dann noch für die Studiengebühren nebenbei zu arbeiten, sei einfach zu viel, so die Argumentation der Studierenden.
Die Landesregierung und die zuständigen Minister rühmen sich seit vier Jahren, dass sie die gesamte Bildungslandschaft verbessert und umgekrempelt haben. Einen landesweiten Bildungsstreik als Antwort zu bekommen, zeigt deutlich, in welche Bildungskrise die Landesregierung unser Land gesteuert hat.
Ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, dass Bundesbildungsministerin Schavan die Forderungen des Streiks als gestrig bezeichnet.
Gründe für diesen Streik gibt es genug; das hat Frau Seidl gerade schon ausgeführt. Es geht um die Behebung des Lehrermangels, die Umsetzung des Turboabiturs, um verbindliche Grundschulempfehlungen, um Kopfnoten usw.
Im Hochschulbereich gibt es aber zwei besondere Problemlagen, die sich herauskristallisieren: einerseits die Umstellung der Studienabschlüsse auf Bachelor und Master und andererseits die Studiengebühren. Bei den neuen Studienabschlüssen Bachelor und Master gibt es eine Menge Schwierigkeiten, die in den letzten Jahren nicht weniger wurden.
Rein formal ist der Bologna-Prozess umgesetzt worden. An den Hochschulen selbst gibt es bei der Umsetzung aber eine Menge Baustellen. Hierunter leiderndie Studierenden. Die Landesregierung arbeitet nicht daran, diese Baustellen loszuwerden. Eine inhaltliche Überarbeitung des BolognaProzesses ist dringend nötig. Die Studierenden haben Recht, das einzufordern.
Die Landesregierung hat die Hochschulen in eine gewollte strukturierte Verantwortungslosigkeit entlassen. Sie gibt den Hochschulen keine Hilfestellung und lässt damit die Studierenden im Regen stehen. Verantwortungslos ist die aktuelle Hochschulpolitik deshalb, weil sie blindlings die Verantwortung für fast alle Fragen von sich schiebt.
Die Verantwortungslosigkeit ist deshalb strukturiert, weil dahinter ganz klar eine Ideologie, ein Plan steckt, nämlich der Plan, sich als Landesregierung aus dem Hochschulsektor so weit wie möglich zurückzuziehen, der Plan, keine notwendigen Gestaltungsinitiativen zu ergreifen. Sicher steckt auch der Gedanke dahinter, den Protest von Düsseldorf und der Landesregierung abzulenken und ihn an den Hochschulen zu kanalisieren. Aber der aktuelle Bildungsstreik hat gezeigt, dass dieses Ziel offensichtlich nicht erreicht wurde.
Wir als SPD befürworten die Umsetzung des Bologna-Prozesses, um einen europäischen Bildungsraum zu erreichen. Wir haben aber nie Zweifel daran gelassen, dass wir die derzeitige Hochschulpolitik, die diesen Prozess nicht gestaltet, ablehnen. Sie führt innerhalb des Bologna-Prozesses dazu, dass Auslandsaufenthalte problematischer und weniger
werden. Sie führt dazu, dass die BachelorStudiengänge völlig verschult sind. Es handelt sich nur noch um die Vermittlung des Lernstoffs.
Vom humboldtschen Zitat haben wir gerade schon etwas gehört. Wissenschaft braucht Kreativität, Wissensdurst und Engagement. Eine Studienreform zur Verbesserung der aktuellen Lage ist nötig aber nicht im Plan der Landesregierung vorgesehen. Der Bildungsstreik ist also nachvollziehbar.
Der zweite große Themenkomplex, um den sich die Proteste drehen, sind natürlich die Studiengebühren. Das haben auch unsere jungen Menschen verstanden. Es werden gerade Kinder und Jugendliche vom Studium abgehalten, deren Eltern selbst keine akademische Ausbildung haben. Studiengebühren fördern eine soziale Spaltung, an der niemand Interesse haben kann.
Dass die Studienanfängerzahlen im Moment recht hoch sind, liegt an den starken Jahrgängen. In Hessen wurden die Studiengebühren bereits wieder abgeschafft. Seitdem ist die Zahl der Studienanfänger und Studienanfängerinnen um 17 % gestiegen. In NRW sitzen die Studierenden in überfüllten Hörsälen und müssen einen Kredit aufnehmen, um ihre Studiengebühren finanzieren zu können. Gegen diese Gebühren zu streiken, macht also deutlich Sinn.
Demnächst werden 60.000 Akademiker mit mehr als 5.000 € Schulden in ein ungewisses Berufsleben geschickt. Mit dieser Zukunftsperspektive können junge Menschen nicht zufrieden sein.
Andererseits müssen aber einzelne Hochschulen vom Minister angemahnt werden, die Studiengebühren doch endlich zeitnah auszugeben. Da ja mittlerweile in jedem Hörsaal ein Beamer vorhanden ist – so frotzeln die Studierenden –, gibt es eben keine zeitnahen Verwendungsmöglichkeiten. Mit dieser Politik verspielt die Landesregierung viele Zukunftspotenziale. Dieser Bildungsstreik ist völlig nachvollziehbar.
Wenn sich der Ministerpräsident so gerne mit seiner Nachfolge von Johannes Rau rühmt, so sei klar: Johannes Rau wäre niemals auf die Idee gekommen, mit Studiengebühren neue Hürden aufzubauen
und die Bildungschancen an den Geldbeutel der Eltern zu knüpfen.
Schaffen Sie die Gebühren ab, zeigen Sie Gestaltungswillen und eröffnen Sie mehr Bildungschancen! – Vielen Dank.
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Auch ich bedanke mich im Namen der SPD-Fraktion für die umfangreichen Zahlen, die wir geliefert bekommen haben. Ich freue mich, dass wir auf der Grundlage dieser Zahlen hier diskutieren können.
Als ich gestern in einem Gespräch Kollegen erzählte, dass ich zum Thema „Gleichstellung an Hochschulen“ reden würde, hieß es aus Männermund direkt: Dann machen Sie auch einmal etwas für die Jungen! Da ist die Gleichberechtigung im schulischen Bereich genauso nötig! – In der Tat: Das, was Frauen in Wissenschaft, Wirtschaft und in der Politik an Gleichberechtigung einfordern, das sollen Männer ebenso für die schulische Ausbildung der Jungen machen.
Es ist noch besser, wenn wir das Thema Gleichstellung als Männer- und Frauenthema betrachten.
Danke!
Gleichstellung ist ein Grundrecht. Sie ist eine im Grundgesetz abgesicherte Querschnittsaufgabe für uns alle. Auch ganz pragmatisch betrachtet ist sie geboten. Der demografische Wandel, der Fachkräftemangel und die Tatsache, dass Frauen mittlerweile bessere Abschlüsse erreichen, all das spricht eine deutliche Sprache.
Konkret zur Großen Anfrage! Mit den erhobenen Zahlen wird mittlerweile Folgendes deutlich belegt: Bei den Schulabschlüssen mit Studienberechtigung ist eine Parität erreicht. Meistens ist sogar der weibliche Anteil höher. Viele Frauen beginnen ein Studium. An den Unis sind es 53 %, an den Kunsthochschulen 56 %. An den Fachhochschulen liegt der Anteil noch bei 35 %.
Also alles bestens? – Ein deutliches Nein! Je höher die Qualifikation, die Machtposition und damit die
entsprechende Vergütung, desto geringer wird der Frauenanteil. Es besteht Handlungsbedarf.
Der gesamten Antwort des Ministeriums ist aber dieser Wille zum Handeln nicht anzumerken. So wird in der Einleitung zur Großen Anfrage darauf hingewiesen, dass die Förderung des Hochschul- und Wissenschaftsprogramms 2006 eingestellt wurde. Diese umfasste Nachwuchsförderung, Projekte zur Frauen- und Gender-Forschung sowie Forschungsprojekte im MINT-Bereich.
Wie und ob die neu etablierten Anreizsysteme wie zum Beispiel der Strukturfonds wirken, weiß man derzeit noch nicht. Das MIWFT hat noch keinen Gender-Report vorgelegt. Der wird erst 2010 vorliegen. Deshalb werden wir ihn nicht mehr in dieser Legislaturperiode diskutieren können. Lobenswert aber beschreibt das MIWFT schon die Tatsache, dass dieser Gender-Report als solcher kommen wird. Da reibt man sich schon ein wenig die Augen.
Gleichstellungsfragen sind nicht nur individuell, sondern vor allem auch strukturell zu betrachten. Hierzu ein einfaches Beispiel: Frauen sind an Teamarbeit gewöhnt. In den gehobenen Positionen des Wissenschaftsbereichs sind kaum Frauen für diese Teamarbeit zu finden. Hierdurch fehlen den Nachwuchswissenschaftlerinnen Vorbilder. Diese müssten den jungen Frauen zeigen, wie man in Spitzenfunktionen kommt und dort agiert. Ich möchte an die schulischen Probleme der Jungen erinnern. Ihnen fehlen die Vorbilder in Form männlicher Grundschullehrer. Die aktuelle Landespolitik gibt auf diese Problematik aber keine Antwort.
Die deutliche Unterrepräsentierung von Frauen in den Führungspositionen wird anhand der Zahlen deutlich. Darauf war Herr Brinkmeier zum Teil schon eingegangen: Gerade einmal 10 % aller C4-Professuren besetzen Frauen. In den Hochschulleitungen gibt es 17 % Frauen. Präsidentinnen und Rektorinnen gibt es nur zwei in NRW. Das sind gerade einmal 1,5 %. Dieser Wert ist wirklich beschämend.
Der Frauenanteil in den Hochschulräten liegt bei ca. 30 %. Vorsitzende sind aber nur 2,7 %.
Noch ein paar Zahlen mehr, die die mangelhafte Gleichstellung von Männern und Frauen im Hochschulsektor deutlich machen: Frauen haben zu 53 % befristete Stelle, bei Teilzeitstellen entfallen 87 % auf Frauen. Aus der Soziologie wissen wir, dass der Männeranteil da abnimmt, wo Prestige und Gehälter sinken, und genau das wird hier deutlich belegt. Aber was unternimmt das MIWFT, wie agiert die Landesregierung, um diese Ungleichgewichte zu beseitigen? Wo ist der Gestaltungswille, den auch schon Frau Seidl eingefordert hat?
Spätestens an dieser Stelle sind wir wieder in der Strukturdebatte. Die Politik der Landesregierung scheint mit ihrer strukturierten Verantwortungslosigkeit nicht zielführend. Zielvereinbarungen zwischen Hochschulen und MIWFT sollen derzeit zur Quali
tätssicherung beitragen. Das reicht nach unserer Meinung nicht aus. Eigene strukturverändernde Anreize müssen vom Land kommen. Doch Programme wie das Lise-Meitner-Programm wurden abgeschafft. Es war ein gutes, akzeptiertes und nachhaltig wirksames Landesprogramm.
Wie sieht es mit Juniorprofessuren verbunden mit einem Tenure-Track aus? – Auch dieses wäre zielführend. Aber diese Möglichkeit wird von der Landesregierung nicht genutzt.
Außerdem hat das MIWFT die Hochschulen beim Professorinnenprogramm nicht ausreichend unterstützt. Die Teilnehmerquote war, wie das MIWFT in der Beantwortung der Anfrage einräumt, unterdurchschnittlich. Eine frühzeitige Information der Hochschulen ist nicht erfolgt. – Mehr als schade. Das hat sicherlich zu mehr als einer verpassen Chance für Professorinnen geführt.
Besonders schwierig war die Teilnahme für Fachhochschulen. Sie sollten nach Meinung der Landesregierung auf ihre eigenen Mittel zur Kofinanzierung zurückgreifen. Das funktioniert aber nicht, wenn die Fachhochschulen die Mittel nicht in der notwendigen Größenordnung zugewiesen bekommen haben. Die Angabe, dass die Hochschulen frühzeitig informiert wurden, ist an der Stelle falsch. Und die Zusage der Kofinanzierung bei Finanzierungsproblemen kam erst nach dem Antragsschluss zur ersten Runde.
Auch hier gewinnt man den Eindruck, dass es seitens des Ministeriums kein großes Interesse und keinen Einsatz für die Gleichstellungsprobleme gab. Die Landesregierung weiß doch selbst, dass Networking ein Mittel der Wahl ist. Frauen müssen sich austauschen, auch und besonders im Bereich Personalpolitik.
Es kommt derzeit die Problematik hinzu, dass die Gleichstellungsbeauftragten an den Hochschulen ständig Wettbewerbe bestreiten müssen. Getreu dem Durchsetzen mit ausgefahrenen Ellbogen wird die Teamarbeit über die eigene Hochschule hinaus erschwert. Statt also in Kooperation mit anderen arbeiten zu können, müssen sie sich die Mittel unter Konkurrenzdruck in Wettbewerben erstreiten. Hier sei auf den „Gender-Preis“ verwiesen. Er wird in der Antwort der Großen Anfrage als innovativ gelobt, ist allerdings im Sinne des Networking eher kontraproduktiv.
Ich hoffe nach wie vor, dass wir uns über Fraktionsgrenzen hinweg einig sind, dass Gleichstellung nicht nur eine Aufgabe für die Frauen ist. Es ist eine gesellschaftspolitische Aufgabe, männlich dominierte Strukturen fair und gerecht umzugestalten.
Gleichstellung kann man aber nicht erreichen, wenn man Frauen in Wettbewerbe, und dazu noch untereinander, schickt.
Es wäre gut, wenn man Familie und Beruf besser miteinander vereinbar machen würde. Dazu gibt es Beispiele aus dem englischen Hochschulsektor, etwa flexible Arbeitszeiten und die Beschränkung, Besprechungen nur in Kernzeiten durchzuführen. Dies hat einiges geleistet. Auch verkürzte Berufungsverfahren kämen Frauen entgegen. Doch seitens der Landesregierung gibt es bisher keinen Gestaltungswillen.
Insgesamt ergeben sich für die SPD-Fraktion verschiedene Forderungen aus der Großen Anfrage: Wir wollen mehr Stellen im Rahmen einer Juniorprofessur mit Tenure Track. Wir wollen Landesprogramme zur Verbesserung der Gleichstellung, zum Beispiel das Lise-Meitner-Programm. Und falls die Veränderungen weiterhin so schleppend verlaufen, dann ist für uns auch eine Quotenregelung letztendlich denkbar.
Denn wenn 50 % der Frauen gute Abschlüsse machen, dann soll und muss sich ihre Kreativität, ihr Fleiß und ihre Intelligenz an den Hochschulen in Führungspositionen widerspiegeln. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist wirklich die Frage, wer hier die Chance vertan hat.
Unserer Meinung nach ist ganz deutlich, dass dieser Gesetzentwurf eine große Chance vertan hat. Sie haben bei der Lehrerausbildung mit der Einsetzung der Baumert-Kommission gut begonnen. Auch die Einführung gleich langer Ausbildungszeiten für die Lehrämter begrüßen wir. Das ist nicht Philosophie, sondern einfach nur logisch. Alles andere bleibt aber hinter den Erwartungen zurück.
Die Rahmenbedingungen für die Lehrerausbildung werden nicht in der Weise verbessert, dass sie zukunftsfähig sind. Der vorliegende Gesetzentwurf bedarf deshalb schlicht und einfach einer grundlegenden Überarbeitung. Ziel sind nicht nur gute, sondern bestens ausgebildete und motivierte Lehrer. Denn sie sind es, die unsere Kinder für ein immer anspruchsvoller werdendes Leben ausbilden und sie auf ihrem Weg ins Leben unterstützen.
Ein erstes Beispiel für Licht und Schatten – so haben wir auch Punkt I unseres Entschließungsantrags genannt –: Die Lehrerausbildung wird auf Bachelor/Master-Strukturen umgestellt. In der Anhörung der Experten, insbesondere der Hochschulexperten, wurde deutlich, dass diese Umstellung als
gut durchführbar akzeptiert, gewollt ist und dringend gemacht werden muss.
Doch der Bologna-Prozess sieht mit der Umstellung auf diese Struktur einen Bachelor mit erster Berufsqualifizierung vor. Ein Bachelor soll eine echte Möglichkeit darstellen, in das Berufsleben zu starten. Alternativ soll der Bachelor die Chance bieten, polyvalent verschiedene Masterstudien on top zu ermöglichen. Diese Möglichkeit der Polyvalenz ist durch den vorliegenden Gesetzentwurf nicht erreicht. Da wird gesagt, die Berufsfelder werden sich schon definieren, wenn die Personen vorhanden sind. Aber das bedeutet doch, es wird sich irgendetwas für die Bachelor-Absolventen ergeben, und das ist meiner Meinung nach dann ein Feldversuch mit Studierenden.
Ein zweiter Aspekt mit Licht und Schatten: Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf wird eine gleich lange Ausbildung für alle Lehrämter eingeführt. Nach unserer Meinung ist es ein wichtiger Schritt, allen Lehrern und Lehrerinnen eine gute Ausbildung zukommen zulassen – ohne Unterschiede zwischen der Grundschule sowie der Sekundarstufe I und II. Es wäre heute auch nicht mehr begründbar, dass gerade für diese Arbeit in den Grundschulen eine kürzere Ausbildungszeit erforderlich sein soll. Grundschulen sind wichtig.
Aber dann wird es im Gesetzentwurf ganz dunkel. Denn durch dieses Gesetz sollen wirklich und wahrhaftig schulformbezogene Lehrämter festgeschrieben werden. Es ist kaum zu glauben und bleibt völlig im Dunkeln, warum man so etwas in einem Gesetz aus dem Jahre 2009 festschreiben will.
Der Schulformbezug wurde nicht zugunsten eines Schulstufenbezugs überwunden. Er wurde sogar im Gegenteil noch verschärft. Sinnvoll wäre jedoch eine Stufenlehrerausbildung, die sich auf die Primarstufe sowie auf die Sekundarstufe I und II bezieht.
Professor Baumert hat an dieser Stelle übrigens darauf hingewiesen, dass es sich um eine politische und nicht um eine sachliche Entscheidung handelt. Was es für die Besoldung der Lehrer und Lehrerinnen bedeuten wird, dass demnächst alle eine gleich lange Ausbildungsdauer haben, darüber schweigt sich die Koalition bisher aus.
Drittens. Eine Kooperation der unterschiedlichen Institutionen im Rahmen der Lehrerausbildung wird durch die Hochschulautonomie einerseits und die staatlich notwendigen Reglementierungen der Lehrerausbildung auf der anderen Seite nicht erleichtert.
So begrüßen wir die Zentren für Lehrerbildung ausdrücklich. Nach § 30 Hochschulgesetz wird eine Satzung für diese Zentren eingefordert, die deren Kooperation regelt. Es gibt aber für diese Satzung keine Vorgaben und keine Ausgestaltung. Daher stellen sich Fragen. Wie wird zum Beispiel eine adäquate Betreuungsrelation zwischen Hochschulpersonal und Lehramtsstudenten und -studentinnen sichergestellt? Wie werden die Fachbereiche angebunden? Wie wird die Fachdidaktik angebunden? Wie wird Forschung in diesem Bereich beflügelt?
Wir wissen alle, dass die Lehrerausbildung durch die Dominanz der Forschung über die Lehre und den Kampf um das Einwerben von Drittmitteln ein eher ungeliebtes Kind geworden ist. Die Lehrerausbildung wird sich an vielen Standorten für ihre Daseinsberechtigung immer wieder positionieren müssen. Einen gestalterischen Willen im Sinne der Lehre lässt der Gesetzentwurf vermissen. Die Antwort der Regierung erfolgt darauf ideologisch als übliches Laisser-faire. Ober besteht einfach kein Interesse?
Die Auswertung der Anhörung ist übrigens erst in einem zweiten Anlauf gelungen. Denn die Beteiligung der regierungstragenden Fraktionen war mit fünf anwesenden Landtagsabgeordneten aus zwei Ausschüssen niederschmetternd gering, und ein zweiter Sitzungstermin wurde nötig. Laisser-faire auch an dieser Stelle?
Die Hochschulen brauchen mehr Zeit und mehr Ressourcen, um die Lehrerausbildung auf neue Füße zu stellen.
Ich rede von der Lehrerausbildung, die Ihnen ja so wichtig ist. – Ein Schnellschuss, wie er heute vorliegt, ist ganz und gar nicht im Sinne der Hochschulen und schon gar nicht der Studierenden. Das bald anstehende Ende der Legislaturperiode ist überhaupt kein Grund, jetzt ein nur halb fertiges und halb durchdachtes Gesetz durch den Landtag zu drücken. Vernünftige Ergebnisse brauchen eben auch mehr Zeit – mehr Zeit, um zum Beispiel die Akkreditierung der Studiengänge nicht im Schnelldurchgang durchführen zu müssen.
An mehreren Stellen berücksichtigt der Entwurf nicht die realen Voraussetzungen der Hochschulen oder der Studierenden. Die Durchlässigkeit ist zu gering. Quereinsteiger werden zu wenig berücksichtigt. Eine Qualifizierung durch ein drittes Fach ist im Gesetzentwurf nicht vorgesehen. Wie werden die verschiedenen Praxisphasen im Studium ausgestaltet? Weiterhin ist noch zu klären, wie die Kooperation der verschiedenen Phasen der Lehrerausbildung inhaltlich und auch in Hinsicht auf die Ressourcen funktionieren soll.
Abschließend möchte ich zu einem Knackpunkt kommen, den mein Kollege Trampe-Brinkmann in
der weiteren Debatte noch beleuchten wird. Allein dieser Punkt wäre Anlass genug, um den Gesetzentwurf grundlegend zu überarbeiten. Gemeint sind die verschiedenen Praxisphasen und der bedarfsdeckende Unterricht im Rahmen der Lehrerausbildung. Mehr Praxis und mehr Praxisnähe sind auf jeden Fall wünschenswert; sie werden auch von Professor Baumert gefordert. Allerdings fordert Professor Baumert nicht mehr, sondern bessere Praxis. Auch hierzu gibt es viele Fragen: Wie erfolgt die Arbeitsverteilung zwischen Schule und Hochschule beim Eignungspraktikum? Wer trägt welche Kosten? Warum gibt es hierfür keinen Testlauf in kleinem Rahmen? Wie erfolgt die fachliche Evaluation?
Für das Praxissemester gilt Ähnliches: Auch hier sind viele Fragen ungeklärt.
Insbesondere geht es aber auch um die finanziellen Probleme für die Studierenden. Wie wirken sich zwei Stunden Fahrzeit täglich finanziell aus? Die Studierenden werden vor große Probleme gestellt, auch deshalb, weil in dieser Phase des Studiums eine eigene Erwerbstätigkeit nicht möglich ist. Gerade in Zeiten von Studiengebühren ist die Erwerbstätigkeit aber noch bedeutender geworden.
Die Dauer des Vorbereitungsdienstes soll auf zwölf Monate verkürzt werden. Auch dies halten wir für falsch. Eine qualifizierte Ausbildung, während der auch noch bedarfsdeckender Unterricht erteilt wird, ist unserer Meinung nach in zwölf Monaten nicht möglich. Entsprechend plädieren wir für 18 Monate.
Wir befinden uns hier im Einvernehmen mit vielen Experten aus der Anhörung. Zitat von Professor Baumert: „Wenn sie schon im Gesetzentwurf steht, würde ich die Mindestdauer betonen.“
Der Gesetzentwurf ist an vielen Stellen nicht konkret. Viele Fragen bleiben unbeantwortet. Das Gesetz wird in der vorliegenden Form der anspruchsvollen Aufgabe überhaupt nicht gerecht. Es ist zu schnell und zu kurz gesprungen.
Stimmen Sie unserem Entschließungsantrag zu! Wir können dem Gesetzentwurf dann die Zeit geben, die wir brauchen, um die Lehrerausbildung zukunftweisend zu reformieren. Alles andere wäre schlecht für Nordrhein-Westfalen. – Vielen Dank.
Herzlichen Dank, Herr Minister, für die Beantwortung der Anfrage. Ich beziehe mich darin auf eine Studie des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie; ich habe mir die Zahlen nicht ausgedacht. 52,5 % eines Altersjahrgangs in Nordrhein-Westfalen haben eine Hochschulzugangsberechtigung; das ist ein sehr hoher Wert. Die Zahl der Studienanfänger ist aber nicht entsprechend hoch. Absolut haben wir zwar eine Steigerung bei den Studienanfängern, aber sie entspricht nicht derjenigen bei den Hochschulzugangsberechtigten. Wir müssen versuchen, diese Diskrepanz aufzulösen. Es ist schade, wenn Nordrhein-Westfalen diesbezüglich das Schlusslicht ist, wie in der von mir angeführten Studie herausgestellt worden ist.
Wir hatten 2007 eine Anhörung im Landtag, bei der es um den Übergang von der Schule zur Hochschule ging; es gab damals viele Anregungen. Was ist seitdem eigentlich bei der Studienberatung für Schülerinnen und Schüler auf den Weg gebracht und verbessert worden?
Um das noch einmal festzuhalten: Die Zahl derjenigen, die eine Studienberechtigung haben, steigt, aber die Zahl derjenigen, die mit ihrem Studium beginnen, steigt nicht in dem Maße. Sie begründen das jetzt mit „Fachhochschule“. Ich finde die Frage, wie man denn eigentlich den Übergang besser gestalten kann, berechtigt. Die Antwort, die ich bekommen habe, war mir etwas unkonkret. Was ist denn nun wirklich passiert, wenn Sie sagen, Sie seien die erste Landesregierung, die an der Stelle etwas macht?
Ich habe eine Nachfrage zu dem, was Sie gerade gesagt haben, Herr Minister Pinkwart. Die Planung, die zweite Stelle auszuschreiben, bestand schon, bevor es zu diesem Eklat gekommen ist?
Sie sagten: Wir haben das geplant. Mit „wir“ ist sicherlich die Landesregierung gemeint. Meine Frage lautet: Hat die Landesregierung noch mehr in petto? Welchen Anreiz gibt es für die Hochschulen, diese Stellen einzurichten? Denn wir sprechen ja von Hochschulautonomie.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir haben im Ausschuss zum Thema Hochschuldidaktik eine spannende Anhörung erlebt. Da berichtete einer der Experten, dass er mit jedem Studenten, mit jeder Studentin einmal während der Studienzeit ein ausführliches Gespräch über dessen oder deren Studienziele führt. Ein eingeladener Philosoph stellte dar, was intrinsische Motivation bedeutet, und ein anderer Experte, der über einen langen Zeitraum als Professor in der Hochschuldi
daktik arbeitete, kannte alle Tücken des Systems und schilderte sie eindrucksvoll.
Mir wird diese didaktische Anhörung in Erinnerung bleiben. Wir waren und sind uns im Ausschuss einig, dass die Didaktik im Hochschulalltag wichtig ist. Schade war es, dass es mit der Einigkeit bei der Abstimmung vorbei war. Da haben wir auf der einen Seite SPD und Grüne, die gemeinsam die hochschuldidaktische Forschung stärken wollen. Wir wollen hochschuldidaktische Einrichtungen ausbauen. Wir wollen gleichzeitig hochschuldidaktische Fortbildungen für das Lehrpersonal verbindlicher machen.
Auf der anderen Seite finden wir CDU und FDP. Auch wenn sie die Wichtigkeit der Hochschuldidaktik grundsätzlich anerkennen, betonen sie doch, dass sie aus dieser Erkenntnis keine Konsequenzen ziehen wollen. Stattdessen stellen sie wie üblich das freie Spiel der Kräfte heraus und setzen auf die Eigeninitiative und Selbstkontrolle der Lehrenden.
Zum Antrag der Grünen: Er geht in die richtige Richtung. Mit unserem vorliegenden Entschließungsantrag ist es uns aber wichtig, diesen auf Basis der Empfehlungen der Experten zu konkretisieren. Der Bologna-Prozess, die Umstellung auf Bachelor und Master, hat zu vielfältigen Veränderungen geführt. Wir stehen zu der Umsetzung des Prozesses. Wir sehen aber auch deutlich, dass ohne eine verantwortungsvolle Gestaltung die Probleme nicht kleiner werden. Ein Laisser-faire scheint aktuell nicht angebracht, aber eine Stärkung der Hochschuldidaktik kann viel zur Verbesserung der Lehre beitragen.
Unsere Forderungen im Einzelnen: Wir brauchen zunächst eine vernünftige Forschungsinfrastruktur. Wir wollen, dass es landesweit mindestens drei Professuren für die Hochschuldidaktik gibt. Diese sollen über einen Wettbewerb an die Hochschulen vergeben werden. Projekte in diesem Bereich sollen über einen Forschungs- und Entwicklungsfonds finanziert werden. Zudem brauchen wir auf Landesebene ein Graduiertenkolleg für die Hochschuldidaktik.
Gleichzeitig ist uns wichtig, dass die Hochschulen auf diesem Gebiet mehr miteinander kooperieren, um auch voneinander zu lernen. Ein passendes Mittel hierfür ist eine Ausweitung des Netzwerkes Hochschuldidaktik. Die Landesregierung steht hier in der Pflicht, zum Ausbau einer Struktur die nötigen Mittel bereitzustellen. Gleiches gilt für den Aufbau einer entsprechenden Internetplattform.
Um die hochschuldidaktische Infrastruktur zu erweitern, sollen zudem in einem landesweiten Wettbewerb Fachzentren eingeworben werden. Fachbezogene Didaktik ist dabei von fächerübergreifender Didaktik zu trennen. Die fachbezogenen Einrichtun
gen sollen als Ergänzung der fächerübergreifenden Institutionen an den Hochschulen dienen.
Die gesamte Verbesserung der Infrastruktur und der Forschungslage würde nur wenig bringen, wenn sie nicht auch von den Lehrenden an den Hochschulen genutzt wird. Es ist zu kurz gedacht, nur auf die Eigeninitiative der Lehrenden zu setzen. Nicht jeder Professor, nicht jede Professorin ist ein Naturtalent beim Erklären von Forschung. Wir fordern daher verpflichtende hochschuldidaktische Weiterbildung. So kann schnell und effektiv eine wirkliche Verbesserung der Qualität in der Lehre im Sinne der Studierenden erreicht werden.
Wir brauchen eine Neuausrichtung der leistungsorientierten Mittelvergabe. Sie haben die Vergabe zu sehr in Richtung Forschung verschoben. Es muss wieder ein Gleichgewicht her. Die Leistungen der Lehre können unter anderem über die Absolvierenden-Quoten und durch eine Evaluation ermittelt werden. All das wird dazu beitragen, dass es an den Hochschulen eine deutliche Verbesserung gibt.
Eines Ihrer ablehnenden Argumente ist, dass es dies so oder so ähnlich alles bereits einmal gegeben hat und es abgeschafft wurde, da es nicht genügend effektiv war. Aber neue Systeme – und das Bachelor-/Master-System stellt eine solche Veränderung dar – erfordern auch Änderungen der Rahmenbedingungen.
Mit Blick auf die Abbrecherzahlen wird klar: Didaktische Begleitung ist notwendiger denn je. Die Politik der Landesregierung bewirkt mit ihrer Deregulierung ein Ungleichgewicht zwischen Forschung und Lehre. In Zeiten des Fachkräftemangels und der starken demografischen Veränderungen brauchen wir jeden und jede. Mit einer Verbesserung der Hochschuldidaktik können und müssen wir mehr Menschen an unsere Hochschulen binden und zum erfolgreichen Abschluss bringen.
Herr Prof. Dr. Wildt hat in der Expertenanhörung sehr treffend von Spaß an der Lehre gesprochen. Der ist in der Tat notwendig. Damit dieser entstehen kann, sind aber eine entsprechende Infrastruktur und vor allem eine hohe Verbreitung von hochschuldidaktischen Weiterbildungen nötig. An beiden müssen wir in NRW dringend arbeiten. Entsprechend darf ich Sie für unseren Antrag um Zustimmung bitten. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Meine Damen und Herren! In den letzten Wochen und in diesen Tagen beschäftigen wir uns mit einer Reihe von Themen, die man sicherlich zum Anlass für eine Aktuelle Stunde hätte nehmen können. Viele Themen würden sich sogar hervorragend dazu eignen. Neben der Debatte zur Atomenergie von gestern möchte ich zum Beispiel an das Thema „Zukunft des sozialen Wohnungsbaus“ erinnern.
Genauso wichtig ist die Frage, wie es mit der WestLB weitergeht. Aber darüber möchten die Koalitionsfraktionen wohl nicht gerne reden, denn darauf haben sie keine Antworten.
Wir befinden uns deshalb hier und heute in einer Verlegenheitsdebatte, die auf einer Pressemitteilung des Wissenschaftsministeriums beruht, deren Inhalt bereits Ende Januar beschlossen wurde.
Doch die Verlegenheit Ihrerseits gibt mir – ähnlich wie Herrn Kuhmichel – nun die Möglichkeit, mich bei der Bundesregierung zu bedanken, und zwar dafür, dass sie uns das Geld zur Sanierung unserer Schulen und Hochschulen zur Verfügung gestellt hat.
Herzlichen Dank an die Bundesregierung, dass nun die Finanzierungslücke beim Sanierungsprogramm des Landes NRW gestopft ist!
Dabei will ich eines ganz klar sagen: Das Geld des Bundes aus dem Konjunkturpaket II ist in meinen Augen bestens angelegt. Mir ist jeder Cent im Hochschulbau ebenso wichtig wie im Straßenbau, denn hier wirkt jeder Euro nachhaltig und langfristig. Die Durchsetzungsfähigkeit von Herrn Wittke war in den letzten Tagen seiner Zeit als Verkehrsminister vor dem folgerichtigen und überfälligen Rücktritt bekanntlich nur eingeschränkt. Jetzt gibt es auch Geld für die Hochschulen.
Für mich reiht sich dieser Teil des Konjunkturpakets II, den wir für den Hochschulbereich diskutieren, in eine höchst spannende, aktuelle Entwicklung ein. Langsam wird Stück für Stück der unsinnige Teil der Föderalismusreform im Bildungsbereich aufgeweicht.
Wir erinnern uns: Roland Koch als Wortführer der Radikalen in der CDU wollte den Bund 2005 noch aus allen Belangen heraushalten. Aber was ist mittlerweile passiert? Der Bund finanziert den Ausbau der Kinderbetreuung. Der Bund gibt Geld zur Sanierung der Schulinfrastruktur. Und jetzt – aktuell, durch die Hintertür – steigt der Bund wieder in den Hochschulbau ein.
Wenn man jetzt auch noch an die Entwicklung bei der ZVS denkt, über die wir im Laufe des Tages ebenfalls reden werden, wird einem langsam klar, dass selbst bei der CDU der Beton bröckelt. All das sind sinnvolle Projekte, die von Berlin angestoßen werden, und da können wir froh und dankbar sein.
Ich weiß, dass diese sozialdemokratische Politikausrichtung der Großen Koalition gerade in der NRW-CDU nicht besonders beliebt ist. Aber die Alternative wäre ein Privatisierungskurs im Sinne der FDP. Und da sind die Verwerfungen auf Bundesebene doch sehr deutlich; denn die FDP hat dem Konjunkturpaket II auf Bundesebene nicht
zugestimmt. Ihr Parteichef, Herr Minister Pinkwart, und auch Herr Lindner gerade haben sich kräftig gegen diesen Pakt ausgesprochen. Wie ist überhaupt die aktuelle Auffassung der FDP in Niedersachsen dazu?
Kommen wir aber zur Umsetzung des Programms selber. Die Bundesregierung hat uns auferlegt, dass die Investitionen in Bildung und Infrastruktur so ausgerichtet sein müssen, dass zugleich deutliche Impulse für Klimaschutz und Energieeffizienz gesetzt werden. Die vorgegebenen Rahmenbedingungen sind damit klar. Wir als SPD erwarten nun von der Landesregierung, dass sie dem BLB auch entsprechende Vorgaben macht.
Besonders befürworten wir, dass ein großer Teil der Mittel an die Studentenwerke fließen wird. Wir stimmen dabei völlig mit dem Sprecher der Studentenwerke, Günther Remmel, überein. Ich zitiere:
Wir begrüßen diese Investitionen auch mit Blick auf die zu erwartenden steigenden Studierendenzahlen der kommenden Jahre sehr. Das sind Maßnahmen, die ohne die Förderung nicht realisierbar wären und die längerfristig die Attraktivität der nordrhein-westfälischen Studienstandorte erhöhen.
Richtig! Die Forderung zur Verbesserung der Lage der Studentenwerke findet sich in einem Antrag, den wir Jahr für Jahr stellen. Wir wollen, dass die Studierenden es als selbstverständlich erleben, dass ihr Lebensraum mit energiesparenden Maßnahmen ausgestattet ist.
Das ist zum Beispiel in unserem Antrag nachzulesen: „Mehr Studierende brauchen mehr studentischen Wohnraum – Ausbau von studentischem Wohnraum und energetisches Sanierungsprogramm koppeln“. Unserer Forderung wird also nun nachgekommen, indem das Bundesgeld fließt.
Ein weiterer großer Batzen Geld ist für die Hochschulen – und hier speziell für die Klinika – bestimmt. Auch das ist gut und richtig so. Doch hierbei stellen sich für NRW spezielle Fragen: Wie genau wird innerhalb der einzelnen Hochschulen die Aufteilung erfolgen? Auf die direkte Gestaltung dürfte es doch keinen rechten Einfluss mehr geben. Oder sagen wir besser: Man will auch gar keinen Einfluss mehr darauf nehmen.
Aber, Herr Minister, Sie sind für die Ausgabe dieses Geldes rechenschaftspflichtig. Wie genau werden Sie darüber Rechenschaft ablegen? Werden alle Maßnahmen so energetisch sinnvoll sein wie zum Beispiel die Modernisierung der Wäscherei an der Universitätsklinik Münster? Dort werden pro Jahr 212 Millionen kg Wäsche gereinigt, und dies mit zum Teil veralteten Waschmaschinen.
Unsere Erwartungen sind klar zu formulieren: In allen Hochschulbauten sind in Bezug auf die Energieeffizienz höchste Standards umzusetzen, und
der Einsatz regenerativer Energien ist in jedem Fall zu prüfen. Zudem ist die Sanierung und Modernisierung ohne Mehrkosten für die Hochschulen und die Studentenwerke durchzuführen. Die erhöhten Mietmittel zur Refinanzierung sind 1:1 zur Verfügung zu stellen. Sobald der BLB seine Planung abgeschlossen hat, erwarten wir von der Landesregierung die Vorlage klarer Haushaltszahlen.
Lieber Herr Minister Pinkwart, am 11. September 2008 haben Sie uns im Zusammenhang mit dem Redeverbot für Vertreter des BLB im Ausschuss zugesagt – das steht im Protokoll –, „dem Ausschuss bis zum Jahresende einen umfassenden Bericht vorlegen zu können“. Weiter zitiere ich:
Das sei ihm wichtig, weil das Finanzministerium, der BLB und das Wissenschaftsministerium sehr eng zusammenarbeiteten und darauf hinwirkten, endlich eine verlässliche Perspektive zur Modernisierung der Hochschulen in NordrheinWestfalen zu haben.
Auf diesen Bericht, Herr Minister, warten wir noch. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Meine Damen und Herren! Wenn wir vom Fachkräftemangel reden, haben wir zumeist das Bild von fehlenden Ingenieuren im Kopf, von zu wenig gut ausgebildeten Männern und Frauen in technischen Berufen. In der Ausbildung und speziell im Studium sind es im Wesentlichen die MINT-Fächer – Mathematik, Ingenieurwissenschaften, Naturwissenschaften und Technik –, in denen die Studierenden fehlen und es zu wenige Absolventen gibt. Die Zahlen geben dieser These recht: Deutschland ist in den kommenden Jahren nicht mehr in der Lage, ausscheidende Ingenieure und Naturwissenschaftler selbst zu ersetzen. Schon 2007 gab es ca. 70.000 Stellen, die nicht besetzt
werden konnten, so der Verein Deutscher Ingenieure.
Fachkräftemangel hat aber auch noch eine andere Dimension, die wir nicht vergessen dürfen. Diese Dimension hat wenig mit dem Sektor der industriellen Produktion zu tun, umso mehr aber mit dem Lebensgefühl der Menschen im Lande. So haben wir heute in vielen ländlichen Regionen bereits einen eklatanten Ärztemangel. Familienfreundliche Arbeitsbedingungen und gerechte Entlohnung sind insbesondere abseits von Großstädten nicht unbedingt mit dem Arztberuf verknüpft. Es ist aber gerade für die Bewohnerinnen und Bewohner kleinerer Gemeinden enorm wichtig, eine medizinische Grundversorgung vor Ort vorzufinden. In Notsituationen ist es umso wichtiger, einen Arzt oder eine Ärztin in der Nähe zu haben.
Dieses Beispiel macht deutlich, dass das Problem des Fachkräftemangels nicht nur den Wirtschaftssektor betrifft, sondern weitaus größere Dimensionen hat.
Es handelt sich um ein Thema, das unsere Entwicklung in NRW und in ganz Deutschland auf allen Ebenen betrifft. Dies ist ein Thema, mit dem wir uns auseinandersetzen und bei dem wir anpacken müssen.
Die Landesregierung legt die Hände in den Schoß und trifft sogar Maßnahmen, die den Fachkräftemangel mittel- und langfristig noch verschärfen. Sie werden uns gleich das Gegenteil erklären; das ist mir klar. Man fragt sich aber schon: Wieso haben wir einen solchen Fachkräftemangel?
Schauen wir uns einmal die aktuelle Ausgangslage an. Auf der einen Seite beginnen relativ gesehen immer weniger junge Menschen eines Jahrgangs ein Studium an einer Hochschule, obwohl die Zahl der Studienberechtigten steigt. Die Studierneigung sinkt also erheblich.
Die absoluten Zahlen sehen noch dramatischer aus. Im Jahr 2003 lag die Zahl der Studienberechtigten bei knapp 94.000, im Jahr 2007 bei 111.000. Die Zahl der Studienanfänger lag aber 2003 bei 82.000 und 2007 bei 78.000.
Die ebenfalls steigende Zahl der Studienabbrecher macht das Problem noch größer. Sie liegt viel zu hoch, nämlich bei ca. 25 %, und geht in den MINTFächern sogar in Richtung 40 %.
Was also machen die jungen Menschen, die die Schule mit der Möglichkeit verlassen, auf eine Universität oder Fachhochschule zu gehen, diese Möglichkeit aber nicht wahrnehmen? Der übergroße Teil von ihnen drängt auf den Ausbildungsmarkt und verschlechtert dort die Chancen von Absolventen der Haupt- und Realschulen auf einen Ausbildungsplatz ganz erheblich. Wir haben es hier mit einem
Verdrängungswettbewerb zu tun, in dem sich die Starken gegen die Schwachen durchsetzen.
Durch den bevorstehenden doppelten Abiturjahrgang wird diese Problematik noch verschärft. Dann werden noch mehr Abiturientinnen und Abiturienten in diesen Verdrängungswettbewerb eintreten. Das ist nicht nur für die Betroffenen schlimm, sondern im Endeffekt für alle.
Der Arbeitsmarkt braucht mehr gut ausgebildete junge Menschen, die entweder aus einer betrieblichen Ausbildung kommen oder über eine Hochschulbildung verfügen. Eine sinkende Studierneigung führt aber zu einem steigenden Fachkräftemangel.
Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels wird schon allein aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus ganz deutlich, dass wir uns eine unzureichende Ausbildung junger Menschen nicht leisten können.
Entsprechend ist, wie ich erläutert habe, das erste und beste Mittel gegen den Fachkräftemangel, Maßnahmen zu ergreifen, um die Quote der Studienberechtigten zu erhöhen – die dann aber auch ein Studium aufnehmen.
Dies gilt insbesondere, aber nicht nur für die natur- und ingenieurwissenschaftlichen Fächer.
Dazu gehört natürlich in allererster Linie eine Steigerung der Zahl der Studienplätze. In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal die von Frau Seidl gerade genannten Zahlen unterstreichen. Die Landesregierung schafft es bisher nicht, die Zusagen aus dem Hochschulpakt I von 2007 umzusetzen, weshalb das Land zur Rückzahlung von Bundesmitteln verpflichtet werden kann. Anstelle der angestrebten 26.000 Plätze waren Ende letzten Jahres nur 2.603 Plätze neu ausgewiesen.
Um die Studierneigung zu steigern und gegen den Fachkräftemangel vorzugehen, ist nach Meinung der SPD-Fraktion ein groß angelegter Masterplan nötig. Frau Seidl hat schon Entsprechendes vorgetragen. Dieser Masterplan muss die verschiedenen problematischen Facetten aufgreifen, um die Probleme erfolgreich zu bekämpfen.
Dazu gehören unserer Meinung nach – diese Auffassung haben auch die Experten bei der Anhörung vertreten – fünf wesentliche Punkte, die ich im Folgenden kurz erläutern möchte.
Erstens. Wir müssen bereits in der Schule das Interesse für die Naturwissenschaften wecken. Dazu erscheint uns insbesondere die Wiedereinführung eines integrierten Unterrichtsfaches Naturwissenschaften sinnvoll.
Das wurde in der Anhörung ebenfalls gesagt; Frau Seidl hat es gerade auch schon erwähnt.
Schließlich können dort die Zusammenhänge fächerübergreifend hergestellt und erläutert werden. Speziell für junge Frauen ist dies ein wichtiger Ansatz, um sich stärker mit Naturwissenschaften zu beschäftigen. Auch das ist in der Anhörung ganz deutlich geworden.
Zweitens. Auch auf betrieblicher Ebene müssen nachhaltige Maßnahmen ergriffen werden. Die Förderung von dualen Studiengängen, die Hochschulbildung mit einer betrieblichen Ausbildung verbinden, ist dazu ein wichtiger Schritt. Zurzeit machen solche Modelle nur knapp 1 % aller geschlossenen Ausbildungsverträge aus. Eine Erhöhung auf mindestens 3 % wäre ein wichtiger Schritt – gerade in den bereits genannten natur- und ingenieurwissenschaftlichen Fächern und Berufen.
Drittens. Für den doppelten Abiturjahrgang 2013 ist eine Studienplatzgarantie nötig. Um diese Spitze an Studienanfängerinnen und Studienanfängern aufzufangen, brauchen wir auch Kooperationen mit unseren Nachbarländern, die im Gegenzug die entsprechenden Finanzmittel pro Studienplatz erhalten müssen.
Viertens. Deutlich verbessert werden muss die Studienfinanzierung. Es muss unbedingt unabhängig vom Geldbeutel der Eltern möglich sein, ein Studium aufzunehmen. Im Moment ist das Gegenteil der Fall. Die Haupteinnahmequelle von Studierenden zur Finanzierung ihres Studiums ist die Unterstützung durch ihre Eltern, gefolgt von eigenen Nebenjobs. Das BAföG muss weiter aufgewertet werden.
Es macht Sinn, die Zahl der BAföG-Anspruchsberechtigten zu erhöhen und parallel ein Stipendiensystem aufzubauen. Dieses Stipendiensystem darf aber nicht nur auf leistungsbezogenen Kriterien beruhen, sondern muss auch soziale Kriterien berücksichtigen.
Fünftens. Soziale Barrieren müssen beseitigt werden, damit gerade auch Kinder aus bildungsfernen Schichten einen besseren Zugang zu den Hochschulen bekommen. Wie wir aus der EurostudentStudie wissen, gestaltet sich der Hochschulzugang für Kinder aus bildungsfernen Schichten nur noch in Bulgarien schwieriger als in Deutschland.
Für uns schließt das ganz ausdrücklich Kinder mit Migrationshintergrund ein. Dies ist meines Erachtens die bedeutendste gesellschaftspolitische Aufgabe, die zu mehr sozialer Gerechtigkeit führt. Wir fordern daher die schnellstmögliche Beseitigung der Studiengebühren.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, mit der Umsetzung dieser fünf wichtigen Punkte wäre schon viel erreicht, um dem heutigen und dem zukünftigen Mangel an akademischen Fachkräften zu begegnen.
Die Bildung und das Bildungssystem eignen sich definitiv nicht dafür, dem Spiel der Märkte überlassen zu werden. Es ist unsere Aufgabe, in NRW sicherzustellen, dass alle Jugendlichen einen gerechten Zugang zu Hochschulbildung bekommen.
Dies liegt nicht nur im Interesse der jungen Menschen, für deren Ausbildung wir hier einen wichtigen Teil der Verantwortung tragen, sondern steht im Zentrum des Interesses der Wirtschaft und der Unternehmerinnen und Unternehmer in unserem Land.
In diesem Sinne bitte ich Sie hiermit um Zustimmung zu dem von uns vorgeschlagenen Katalog an Maßnahmen. – Vielen Dank.
Frau Ministerin, wenn die Anfrage schon im ersten Quartal 2007 gestellt worden ist, aber erst im Oktober 2008 Bewegung ent
stand, wie oft ist denn die Landesbeauftragte zwischendurch überhaupt angemahnt worden? Wie oft ist in der Zeit nachgefragt worden?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Haushaltsentwurf zum Geschäftsbereich des Ministeriums für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie steht in
seiner Gesamtheit an wesentlichen Stellen auf sehr tönernen Füßen. Mit einzelnen Änderungsanträgen an verschiedenen Stellen könnte man an diesem Entwurf vielleicht herumdoktern. Allerdings hilft das wenig, wenn das Gesamtzahlenwerk nicht stimmig ist. Das Wort Mogelpackung drängt sich bei der Betrachtung der grundlegenden Zahlen auf.
Der Wissenschaftshaushalt steigt zwar überproportional, das heißt aber nicht, dass die Landesregierung hier einen wirklichen Schwerpunkt setzt. Das Gegenteil ist eher der Fall. Die Ausgaben in diesem Bereich steigen nur, weil der Finanzierungsbedarf von Bund-Länder-Mischausgaben steigt. Hier wäre zum Beispiel die BAföG-Steigerung zu nennen, die von der SPD in der Bundesregierung durchgesetzt wurde,
oder die überproportional steigenden Versorgungslasten.
In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, wie Sie Vorsorge getroffen haben, wenn Sie die Kriterien des Hochschulpakts nicht erfüllen werden. Statt der anvisierten 26.307 neuen Studienplätze waren es Ende 2008 gerade einmal 2.300 zusätzliche zum Bezugsjahr 2005.
Laut KMK müssten 30 bis 40 Millionen € zurückgezahlt werden, wenn die zugesagten Studienplätze nicht entstehen.
Insofern sehen wir ganz deutlich, dass die Wissenschafts- und Hochschulpolitik des Landes schlicht und einfach nicht hält, was sie verspricht. Der Weg geht in die falsche Richtung. Durch die Gesetzgebung des Landes hat sich NRW mittlerweile vieler Profilierungsmöglichkeiten beraubt. „Privat vor Staat“ regiert im Hochschulbereich, da mag die aktuelle Finanzkrise noch so warnen.
An einigen Stellen möchte ich Ihnen exemplarisch Punkte aufzeigen, an denen sich unsere Kritik am Haushalt herauskristallisiert.
Als Erstes ist hier die Fachhochschulinitiative zu nennen. Neue Studienplätze müssen geschaffen werden. Dies ist hinsichtlich des bereits vorhandenen Fachkräftemangels absolut vernünftig. Fachkräfte im MINT-Bereich können nun einmal am besten an Fachhochschulen und wenn irgend möglich in dualen Studiengängen ausgebildet werden. Für den doppelten Abiturjahrgang ist ein vergrößertes Studienangebot sowieso ein absolutes Muss.
Doch was geschieht? Es gibt einen Wettbewerb mit vielen Überlegungen, mit vielen Konzepten, die unter anderem eine schnellstmögliche Bereitstellung von Studienplätzen beinhalten, die auch aufzeigen, dass die Schaffung von dualen Studiengängen bereits auf dem Weg ist.
Doch warum werden nicht die bestehenden Standorte ausgebaut? Warum werden neue Wasserköpfe produziert? Warum soll ein neuer Hochschulstandort für 40 Studierende etabliert werden? Warum müssen überhaupt neue Standorte ausgelobt werden? Bis diese Standorte entstanden sein werden, hat der doppelte Abiturjahrgang voraussichtlich sein Studium beendet.
Auch die Auswahl der neuen Standorte ist nicht transparent. Wir als SPD haben deshalb eine Anhörung zum Fachhochschulausbau beantragt.
Aber damit es noch mal deutlich ist: Studienplätze zu schaffen, ist eine wichtige Aufgabe dieses Landes,
die effizient zum Beispiel an bestehenden Orten und zeitnah erfolgen muss.
Was zeigt der Blick in den Haushalt? In Anbetracht des Haushaltsansatzes ist schon fraglich, wie die Landesregierung dies auf den Weg bringen will. 3,5 Millionen € stehen 2009 bereit. Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht, liebe Kolleginnen und Kollegen bei CDU und FDP, aber ich kann mir keine Fachhochschule und auch keinen weiteren Standort für eine bestehende Fachhochschule vorstellen, der mit diesem geringen Ansatz zügig auf den Weg gebracht werden soll. Oder schielen Sie hier bereits auf das zweite Konjunkturprogramm?
Als zweites Beispiel will ich den Hochschulbau nennen. Wir als Oppositionspartei stellen Anträge zu diesem Thema, denn die Problematik ist offensichtlich. Der Investitionsstau ist ganz deutlich, und auch nach fast vier Jahren veränderten politischen Konstellationen in diesem Land mit großmundigen Ankündigungen und erheblichen Steuermehreinnahmen des Landes NRW ist von der angekündigten Aufbruchstimmung leider nichts zu bemerken. Man kann eher konstatieren, dass in den letzten Jahren nur wenig geschehen ist.
In unseren Anträgen fordern wir eine energetische Sanierung unserer Hochschulen.
Unsere Hochschulen müssen unter dem Gesichtspunkt der Energieeffizienz Referenzeinrichtung werden.
Die Regierungskoalition scheint an dieser Stelle nicht zuständig und weist alle unsere Forderungen zurück. Plötzlich aber, als die Finanzkrise Bundesgeld in Aussicht stellt, wird ein 8-Milliarden-€Programm für den Hochschulbau angekündigt. Bei näherem Hinsehen wird deutlich, dass bis zum Jahr 2020 bereits 6 Milliarden € in der mittelfristigen Fi
nanzplanung vorgesehen waren. 6 Milliarden € sind bis dahin bereits vorhandener Ansatz.
Aber wo sind die restlichen Mittel versteckt? Die Erläuterungen im Ausschuss waren alles andere als deutlich. Das, was es aber gibt, ist Hochschulbau aus Studiengebühren. Ihn hat es seit deren Einführung als Neuregelung gegeben. Dass wir dies ablehnen, brauche ich nicht noch einmal zu betonen. Für die Grundfinanzierung der Hochschulinfrastruktur und für das Personal muss das Land seiner Verantwortung nachkommen.
Ein drittes Beispiel für falsche Weichenstellung findet sich bei den Studentenwerken. Die minimale Erhöhung des Ansatzes ändert nichts an ihrer chronischen Unterfinanzierung. Wir halten das für nicht weiter hinnehmbar, hat doch der gewünschte Ausbau der nordrhein-westfälischen Hochschullandschaft auch eine soziale Dimension. Allein die Wahrnehmung der Studentenwerke als BAföGÄmter verlangt eine wesentliche Aufstockung der Haushaltsmittel.
Das erkläre ich jetzt. – Zahlreiche Faktoren werden in den kommenden Jahren für neue Aufgaben, für neue Herausforderungen an unseren Hochschulen sorgen. Da ist die bereits angesprochene Verkürzung der Schulzeit mit dem darauffolgenden doppelten Abiturjahrgang genauso wie das Streben geburtenstarker Jahrgänge an die Hochschulen zu nennen.
So verändert sich die Altersstruktur der Studierenden, und dann reden wir eben nicht mehr nur über neue Studienplätze. Diese müssen einhergehen mit mehr Wohnraum, der sowohl bezahlbar als auch bedarfsgerecht sein muss. Hierzu gehört auch der Aufbau von mehr Beratung und mehr Angeboten im Bereich der Vereinbarkeit von Familie und Studium. Dafür brauchen wir hochschulnahe und familiengerechte Ganztagsbetreuungsangebote für die Kinder von Studierenden und Mitarbeitern der Hochschulen.
Das Land muss also nicht nur in neue Studienplätze investieren, genauso wichtig ist es, in die soziale und wirtschaftliche Infrastruktur des Studiums zu investieren. Beides sind gemeinsam unverzichtbare Voraussetzungen für einen erfolgreichen Studienabschluss.
Leider beweist der Haushaltsentwurf, dass die Landesregierung die Bedeutung dieses Punktes nicht so verstanden hat. Dem setzen wir die Forderung nach einer Rücknahme der Kürzungen der vergangenen Jahre bei den Studentenwerken entgegen. Ihre Unterfinanzierung muss beendet werden, damit sie als Träger der sozialen Infrastruktur des Studiums ihre Aufgaben flexibel und bedarfsgerecht erfüllen können.
Wenn wir also über die soziale und wirtschaftliche Infrastruktur des Studiums reden, ist es natürlich auch ganz wesentlich, über die soziale und wirtschaftliche Lage von Studierenden selbst zu reden. So sind es besonders die Studiengebühren, die junge Menschen vom Studium abhalten. Sie führen dazu, dass die Studierenden mehr Stunden in Erwerbsarbeit und weniger Stunden in die Inhalte ihres Studiums stecken. Studiengebühren sind eine Belastung und halten Studierende vom Studium fern. Aber auch hier erscheint es müßig, auf einen Sinneswandel der FDP/CDU-Landesregierung zu setzen.
Dies gilt genauso für die bundesweit einzigartige Abschaffung der Studienkollegs. Auch hier gab es eine große Ankündigung von Mitteln, die in die Förderung ausländischer Studierender fließen sollten, nachdem die Studienkollegs ohne Not abgeschafft wurden. Eine Summe von unter 500.000 € soll nun gerade einmal in ein solches Programm fließen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Landesregierung, von CDU und FDP, Sie sollten sich meines Erachtens klar machen, dass ausländische Studierende in vielerlei Hinsicht eine Bereicherung für unsere Hochschulen, unsere Gesellschaft und Wirtschaft sind. Die sinkende Quote an ausländischen Studierenden bedeutet für unser Land einen Wettbewerbsnachteil.
Aber auch hier stellt sich die Landesregierung quer und lässt alle Aufrufe aus der Wissenschaft zur Wiedereinführung der Studienkollegs ungehört verhallen. Zuletzt wurde die Abschaffung von Dr. Bode, dem Generalsekretär des DAAD, kritisiert.
In zwei Jahren will man nachprüfen, wie der Entwicklungsstand ist. Dabei ist doch jetzt schon erkennbar, dass es sich bei der Schließung um eine Fehlentscheidung handelt. Für unsere Hochschulen und das internationale Ansehen unseres Landes ist diese Entscheidung unerträglich.
Dann ist auch die Förderung von Frauen in der Wissenschaft zu nennen. Die Regierung hat hier einen wichtigen strukturellen Fehler begangen, indem sie das Bonus-Malus-System abgeschafft hat.
Aber sie lässt die Hochschulen auch allein, indem sie bei bundesweit ausgeschriebenen Programmen, wie dem Professorinnenprogramm, keine echte Schützenhilfe und keine ausreichende staatliche Finanzierung leistet. So können besonders unsere Fachhochschulen, die im MINT-Bereich dringend Frauen als Vorbilder benötigen, eben nicht erfolgreich sein.
Unbefriedigend ist dieser Haushaltsentwurf insgesamt für Wissenschaft und Hochschulen, wie ich an den genannten Beispielen deutlich gemacht habe. Er stellt die falschen Weichen.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, eine zukunftsweisende Politik für die Hochschulen in NRW sieht völlig anders aus. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lehrerausbildung hat Erneuerungsbedarf. Dies bezweifelt niemand. Darüber nachgedacht und erprobt wird nicht erst seit dem Regierungswechsel 2005. Das, was wir aber seitdem in den letzten Monaten und Jahren zum Thema erlebt haben, ähnelt mehr und mehr einer unendlichen Geschichte.
Denn die Lehrerausbildung soll im Sinne des Bologna-Prozesses reformiert werden. Die Umstellung auf Bachelor- und Masterstrukturen soll erfolgen – dies auch, um einen europaweiten Austausch für die Studierenden zu ermöglichen. Eine europaweite Ausrichtung und internationale Vergleichbarkeit der Abschlüsse halte ich für sehr erstrebenswert.
Zur Umstellung wurde der Modellversuch „Gestufte Studiengänge in der Lehrerausbildung“ bereits im
Jahr 2003 eingerichtet. Seit dem Regierungswechsel 2005 gibt es zur Lehrerausbildung in NRW leider kein einheitliches Reformieren mehr. Einerseits will das Ministerium für Schule und Weiterbildung vieles bis in das kleinste Detail festschreiben, andererseits will das Ministerium für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie möglichst viel Verantwortung auf die Hochschulen schieben. Wenn zwei in zwei verschiedene Richtungen ziehen, dann ist ein sinnvolles Gestalten im Sinne einer Gesamtsteuerung nur schwer möglich.
Die unterschiedlichen Herangehensweisen der Ministerien führten im Verlauf der Ausbildungsreform dazu, dass sie nicht in dem Maße vorwärtskam, wie es angekündigt wurde. Denn meine Kollegin, Frau Apel-Haefs, bekam im Juni 2006 auf eine Kleine Anfrage die folgende Auskunft: Das Konzept des LABG soll Ende 06 vorliegen. Die rechtlichen Grundlagen werden in 07 geschaffen, und das neue Modell wird in 08 eingeführt.
Heute in der letzten Plenumssitzung in 2008 haben Sie es immerhin noch geschafft, den Gesetzentwurf zur Einbringung vorliegen zu haben.
Was ist geschehen? – Es war nicht so einfach wie gedacht, die unterschiedlichen Philosophien der beiden Ministerien in einem Gesetzentwurf zu bündeln. Insofern bleibt in diesem Entwurf eine Reihe von Fragen offen.
Da wäre zum einen das ungeklärte Problem der Zentren für Lehrerausbildung. Frau Beer ist darauf schon eingegangen. Es ist gut, dass der Fakultätsrang für die Zentren nach vielen Protesten mittlerweile vom Tisch ist. Aber ist es noch überhaupt nicht klar, wie die Organisation erfolgen soll. Hierzu wird im Artikel 2 des vorliegenden Gesetzentwurfs extra der § 30 des Hochschulgesetzes geändert. Wie werden also die Zentren für Lehrerausbildung an autonomen Hochschulen gestaltet, wenn sie Entscheidungs-, Steuerungs- und Ressourcenkompetenz zuerkannt bekommen? – Der Gesetzentwurf bleibt diese Antwort noch schuldig.
Gleiches gilt für die Probleme bei der Organisation des Praxissemesters. Große Universitäten stellt dies vor große Probleme. Denn die Schulen sind nicht nur in den Universitätsstädten selbst, sondern auch im jeweiligen Umland. Da mag sich das Umland dann über die Praktikanten freuen, aber wie genau gelangen die Studierenden konkret in die Fläche? Sie sind als Studierende in ihrem Wohnsitz schließlich an die Universitätsstadt gebunden. Soll ein Studierender für fünf Monate seinen Wohnsitz wechseln?
Nicht geklärt ist zudem der Umgang mit dem Bachelor-Studium. Ist der Bachelor bereits berufsqualifizierend, oder braucht es dafür doch noch den Master? Wird es zwischen Bachelor und Master einen Numerus clausus geben? Was ist mit Studierenden, die einen Bachelor außerhalb der Lehrerausbildung
gemacht haben? – Das haben Sie gerade schon angedeutet. Es wird wohl funktionieren, dass dann ein Masterstudiengang möglich ist. Aber wie sieht das mit einem Bachelor von einer Fachhochschule aus? – Bisher gibt es darauf keine Antworten.
Auch die Akkreditierung der Studiengänge wird uns in unseren Beratungen beschäftigen müssen. Sie soll zu bundes- und europaweit anerkannten Studiengängen führen. Frau Ministerin Sommer hat sich mit ihrem Ministerium ein Vetorecht erstritten. Dies ist nicht im Sinne autonomer Hochschulen, weckt jedoch vielleicht die Erkenntnis, dass nicht alles nach dem Mantra „Privat vor Staat“ machbar ist.