Protokoll der Sitzung vom 19.12.2007

Meine Damen und Herren! Ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen, der 79. Sitzung des Landtags Nordrhein-Westfalen in dieser Wahlperiode. Mein Gruß gilt auch den Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.

Für die heutige Sitzung haben sich elf Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.

Meine Damen und Herren, die Landeswahlleiterin hat mir mit Schreiben vom 10. Dezember 2007 mitgeteilt, dass Herr Oliver Wittke aus der Landesreserveliste der CDU als Nachfolger des verstorbenen Abgeordneten Wolfgang Aßbrock mit Wirkung vom 10. Dezember 2007 Mitglied des Landtags geworden ist.

Ich bitte Herrn Wittke, zu mir zu kommen, damit ich die nach § 2 unserer Geschäftsordnung vorgesehene Verpflichtung vornehmen kann.

(Die Abgeordneten erheben sich.)

Herr Wittke, ich bitte Sie, die folgenden Worte der Verpflichtungserklärung anzuhören und anschließend durch Handschlag zu bekräftigen:

„Die Mitglieder des Landtags von NordrheinWestfalen bezeugen vor dem Lande, dass sie ihre ganze Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, die übernommene Pflicht und Verantwortung nach bestem Wissen und Können erfüllen und in der Gerechtigkeit gegenüber jedem Menschen dem Frieden dienen werden.“

Lieber Herr Wittke, ich begrüße Sie als neuen Abgeordneten der 14. Wahlperiode und wünsche Ihnen nicht nur als Minister, sondern jetzt auch als Abgeordnetem viel Erfolg. Herzlichen Glückwunsch!

(Allgemeiner Beifall)

Meine Damen und Herren, wir treten nunmehr in die Beratung der heutigen Tagesordnung ein.

Ich rufe auf:

1 Aktuelle Stunde

NRW ist bundesweit Motor der Ausbildung

Antrag

der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP

Drucksache 14/5834

Die Fraktion der CDU und die Fraktion der FDP haben mit Schreiben vom 17. Dezember 2007 gemäß § 90 Abs. 2 der Geschäftsordnung zu der genannten aktuellen Frage der Landespolitik eine Aussprache beantragt.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner vonseiten der antragstellenden Fraktion Herrn Tenhumberg das Wort.

Guten Morgen, Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nordrhein-Westfalen kommt wieder: Das war unser Anspruch am Anfang unserer Regierungszeit 2005. – Nordrhein-Westfalen ist wieder da: Das ist heute.

(Beifall von der CDU)

Unsere heutige Aktuelle Stunde belegt das sehr deutlich durch den Teilbereich der beruflichen Ausbildung. Waren wir hier in Nordrhein-Westfalen bis 2005 auf einem absteigenden Ast, so haben wir per 30. September dieses Jahres ein seit 15 Jahren nicht mehr da gewesenes Rekordergebnis bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen erzielen können.

(Beifall von CDU und FDP)

Das ist das Ergebnis eines fairen partnerschaftlichen Austauschprozesses mit allen Beteiligten des Arbeitsmarktes, insbesondere mit der Wirtschaft. 132.000 neue Berufsausbildungsverträge: Das sind 16.000 zusätzliche Verträge gegenüber dem Vorjahr. Mit einer Steigerungsrate von 14,1 % ist das ein Spitzenergebnis in Deutschland.

(Beifall von CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, wenn auch regionale Unterschiede festzustellen sind, so ist doch erfreulich, dass in allen Bezirken der Agentur für Arbeit in Nordrhein-Westfalen ein Zuwachs an Ausbildungsplätzen zu verzeichnen ist. Bundesweit lag die Steigerung bei 8,6 %. Damit wurde ein Drittel aller zusätzlichen deutschen Ausbildungsverträge in Nordrhein-Westfalen abgeschlossen. Das ist eine gute Weihnachtsbotschaft an die Jugendlichen unseres Landes und ihre Eltern.

(Beifall von CDU und FDP)

Ausbildung ist Ehrensache, so wie es unser Minister Karl-Josef Laumann im Mai vorigen Jahres formulierte. Dies stößt bei allen Beteiligten auf

Anerkennung und Einsicht. Betriebsinhaber, zusammen mit der Politik und vielen ehrenamtlichen engagierten Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes, sind sich der Verantwortung gegenüber den jungen Menschen bewusst. Ausbildung lohnt sich für die Unternehmen in Nordrhein-Westfalen. Mit selbst ausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sichern die Betriebe ihre Wettbewerbsfähigkeit und ihren zukünftigen Fachkräftebedarf. Ausbildung ist eine lohnende und gewinnbringende Investition in die Zukunft eines Unternehmens.

Aus demografischen, betriebswirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen sowie gesellschaftspolitischen Gründen ist es unabdingbar, dass wir unseren Abgängern aus dem Bildungssystem eine faire Chance zu einem Berufseinstieg anbieten. Der verabredete Ausbildungskonsens zwischen der Landesregierung, den Organisationen der Wirtschaft, den Gewerkschaften, der Arbeitsverwaltung und den Kommunen ist erfolgreich.

Zur politischen Forderung nach der Bereitstellung von Ausbildungsplätzen durch die Wirtschaft kommen die neuen Initiativen der Landesregierung. Sie leisten einen bedeutenden Beitrag dazu, dass Jugendlichen der Einstieg in eine qualifizierte Berufsausbildung erleichtert wird. Die Landesregierung und der Arbeitsminister haben durch ihre Aktivitäten entscheidend und bundesweit vorbildhaft dazu beigetragen, dass zusätzliche Ausbildungskapazitäten bereitgestellt wurden. Vielen Dank dafür!

Zu dieser Entwicklung haben folgende Maßnahmen beigetragen: Der Berufsschulunterricht ist in bestimmten Berufsgruppen flexibilisiert worden. Die Bürokratie in der Ausbildung ist abgebaut worden. Wir haben mit den Kammern die Passgenauigkeit von Ausbildungsstellen, Bewerbern und Anbietern verbessert. Wir haben durch die Instrumente Verbundausbildung, Werkstattjahr, Übergangsmanagement zwischen Schule und Beruf, Betrieb und Schule – BUS –, den Kompetenzscheck, Jugend in Arbeit plus, den dritten Weg in der Berufsausbildung und weitere Maßnahmen den Einstieg insbesondere auch für benachteiligte Jugendliche wesentlich verbessert.

(Beifall von der CDU)

Diese Aktivitäten haben – wie in bestimmtem Umfang auch der konjunkturelle Aufschwung – dazu geführt, dass die Anzahl der betrieblichen Ausbildungsplätze in diesem Jahr nochmals überproportional gestiegen ist. Ein Dankeschön an dieser Stelle für die unzähligen neuen Ausbildungsstellen an die Ausbilder und Ausbildungsbetriebe, die sich wie in den vergangenen Jahren der großen

gesellschaftlichen Aufgabe der beruflichen Ausbildung stellen!

(Beifall von der CDU)

Ein Dank geht auch an die vielen Privatinitiativen, die sich um die Begleitung von jungen Menschen in der Berufsorientierung kümmern. Ohne ihre vorbildliche Arbeit wäre die Herausforderung schwieriger zu bewältigen gewesen.

Nach wie vor dürfen die Aktivitäten der beruflichen Ausbildung aus demografischen Gründen nicht vernachlässigt werden. Den Unternehmen muss bewusst bleiben, dass unser Wohlstand und unsere sozialen Sicherungssysteme nur weiterentwickelt werden können, wenn uns auch zukünftig Fachkräfte zur Verfügung stehen. Deshalb ist es in unser aller Interesse, dass heute für qualifizierte Nachwuchskräfte gesorgt wird.

Aus früheren Zeiten haben wir noch das Problem der sogenannten Warteschleifen zu lösen. Viele Jugendliche befinden sich in den Berufskollegs, weil sie in den vergangenen Jahren keinen Ausbildungsplatz gefunden haben und ihnen keine optimierte Beratung und Hilfestellung gewährt wurde.

In diesem Jahr konnten durch die verstärkten Bemühungen der Landesregierung und den engagierten Einsatz vieler Menschen vor Ort zwar fast drei Viertel der Altbewerber aus dem letzten Ausbildungsjahr versorgt werden. Den restlichen unversorgten Altbewerbern des letzten Jahres und der Jahre davor gilt jedoch weiterhin unsere Aufmerksamkeit, zumal noch unbesetzte betriebliche und außerbetriebliche Ausbildungsplätze sowie Langzeitpraktika zur Verfügung stehen. Wir müssen dazu beitragen, dass auch den noch nicht versorgten Jugendlichen eine Lebens- und Berufsperspektive angeboten wird.

Die Landesregierung hat nicht – wie bei früheren Regierungen üblich – die realen Fakten und Zahlen schöngeredet. Es gilt, mit mehr Ehrlichkeit die noch vorhandenen Problembereiche anzusprechen und sich den Herausforderungen zu stellen. Das tun wir. Deshalb verbessern wir die Situation an den allgemeinbildenden Schulen und schaffen neue Zugänge für Jugendliche zum Arbeitsmarkt. Viele Arbeitgeber stellen Praktikumsstellen zur Berufsorientierung zur Verfügung. Wir danken den Arbeitgebern und den Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben für diese Aktivitäten. Das ist oft mit Mehrarbeit verbunden und deshalb nicht selbstverständlich.

Meine Damen und Herren, mit der Politik der Erneuerung dieser Regierung und der sie tragenden

Fraktionen erhalten die Jugendlichen unseres Landes neue Chancen am Arbeitsmarkt. Mit dem Ergebnis dieses Jahres können wir sehr zufrieden sein, aber nur im Bewusstsein dessen, dass unsere Arbeit noch nicht zu Ende ist. – Danke.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Tenhumberg. – Für die FDP spricht nun Herr Kollege Dr. Romberg.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „15,3 % mehr Lehrstellen“: Das war heute die Nachricht in den „Westfälischen Nachrichten“ im Kreis Warendorf.

(Der Redner hält eine Zeitung hoch.)

Das Ergebnis des Ausbildungsnetzwerkes im Kreis Warendorf übertrifft alle Erwartungen. Eine Steigerung um 14,1 % bei den Berufsausbildungsverträgen gegenüber dem vorigen Ausbildungsjahr ist eine Bilanz für NRW, die sich sehen lassen kann. In absoluten Zahlen sind das mehr als 132.000 Verträge gegenüber knapp 116.000 Verträgen im Vergleichszeitraum Oktober 2005 bis September 2006. Dies ist der höchste Stand seit 16 Jahren. Damit trägt NRW mit einem Drittel zur bundesweiten Steigerung bei den Ausbildungsverträgen um 8,6 % bei. Endlich geht NRW wieder positiv voran.

Auch ich möchte die Gelegenheit nutzen, um allen Beteiligten meinen herzlichen Dank auszusprechen. Ohne die gemeinschaftlichen Kraftanstrengungen aller Mitglieder im Ausbildungskonsens und ohne die Betriebe in Nordrhein-Westfalen wäre dieser Erfolg nicht möglich gewesen.

(Beifall von FDP und CDU)

Unser Dank gilt auch Minister Laumann, der sich persönlich sehr dafür eingesetzt hat, beispielsweise bei seiner Ausbildungstour, dass wieder mehr Betriebe in Nordrhein-Westfalen dazu bereit sind, jungen Menschen eine Chance zu geben.

Wir haben im Landtag schon häufig über das Thema Ausbildung debattiert. Auch wenn die Arbeitslosenzahlen in den letzten Monaten kontinuierlich zurückgegangen sind, ließ ein gleichartiger Erfolg am Ausbildungsmarkt vergleichsweise länger auf sich warten. Besonders beunruhigend war diese Tendenz, weil junge Menschen ohne Ausbildung immer seltener den Sprung in den Arbeitsmarkt schaffen, da die fachlichen Anforderungen in vielen Betrieben enorm gestiegen sind und die internationale Konkurrenz nicht schläft.