Wir haben im Landtag schon häufig über das Thema Ausbildung debattiert. Auch wenn die Arbeitslosenzahlen in den letzten Monaten kontinuierlich zurückgegangen sind, ließ ein gleichartiger Erfolg am Ausbildungsmarkt vergleichsweise länger auf sich warten. Besonders beunruhigend war diese Tendenz, weil junge Menschen ohne Ausbildung immer seltener den Sprung in den Arbeitsmarkt schaffen, da die fachlichen Anforderungen in vielen Betrieben enorm gestiegen sind und die internationale Konkurrenz nicht schläft.
Hinzu kommt, dass viele Ausbildungs- und Arbeitsplätze im Produktionsbereich, der für Geringqualifizierte besonders geeignet ist, aufgrund ausländischer Mitbewerber vielfach weggebrochen sind; denn diese produzieren häufig günstiger. Der Opposition, allen voran den Grünen, fiel in diesem Zusammenhang nichts Besseres ein, als die Ausbildungsplatzabgabe zu fordern. Eine solche Umlage wäre aus unserer Sicht weder wirtschaftlich noch bildungspolitisch zu verantworten
und hätte mehr Schaden als Nutzen angerichtet – von dem bürokratischen Aufwand für die Abwicklung ganz zu schweigen.
Jetzt zeigt sich, dass wir gut daran getan haben, auf eine Zwangsmaßnahme für Betriebe zu verzichten. Das bedeutet jedoch keineswegs, dass wir im kommenden Jahr die Hände in den Schoß legen werden; denn die Zahl der Altbewerber ist immer noch hoch. Dies ist auch ein Erbe der früheren rot-grünen Landesregierung, die gerade für diese Gruppe junger Menschen, die es auf dem Arbeitsmarkt schwer haben, viel zu wenig getan hat.
Wir dagegen haben schon sehr bald nach Regierungsübernahme das Werkstattjahr eingeführt, um gerade den Jugendlichen, die keine Lehrstelle gefunden und ihre Zeit mehr oder weniger sinnlos in Warteschleifen verbracht haben, eine Chance zu geben.
Es war vor allem diese Gruppe der Altbewerber, für die das Sonderprogramm „Ausbildung“ ins Leben gerufen wurde; denn allein durch die Betriebe wäre diese Herausforderung kaum zu schultern gewesen. Die Anstrengungen während der letzten beiden Jahre haben sich ausgezahlt. Auf diesem Weg konnten viele junge Menschen ihr persönliches Risiko einer dauerhaften Arbeitslosigkeit deutlich verringern. Das Land finanziert derzeit noch rund 1.000 solcher Ausbildungsplätze.
Die von CDU und FDP getragene Landesregierung hat darüber hinaus über den dritten Weg der Berufsausbildung eine stärkere Modularisierung und Stufung der Berufsausbildung auf den Weg gebracht. Auf diese Weise werden Sackgassen verhindert und die Anschlussfähigkeit an etablierte Berufsbilder durch Leistungszertifizierung ermöglicht. Dies ist gerade für solche junge Menschen wichtig, die mit dem Niveau einer Ausbildung auf Facharbeiterniveau überfordert sind.
Auch das Programm „Jugend in Arbeit plus“ für langzeitarbeitslose Jugendliche ist ein wichtiger Baustein auf dem Weg in den ersten Arbeitsmarkt.
Insgesamt wurden im Jahr 2007 rund 104 Millionen € an Landesmitteln für den Bereich Ausbildung zur Verfügung gestellt.
Eine wichtige Voraussetzung zur Schaffung von Ausbildungsstellen liegt selbstverständlich neben den konjunkturellen Faktoren auch in den günstigen Rahmenbedingungen, die gerade für kleine Betriebe sehr wichtig sind. Denn eine Ausbildung ist eine sehr aufwendige und kostspielige Angelegenheit. An dieser Stelle ist daran zu erinnern, dass wir die Berufsschulpraxis organisatorisch so geregelt haben, dass sie den Anforderungen im Betriebsalltag in einigen Berufszweigen eher entgegenkommt. So ist dort im zweiten und dritten Lehrjahr nur noch ein Berufsschultag notwendig.
Aktuell hat das Ministerium ein spezielles Angebot konzipiert, um Jugendlichen bei der Suche nach dem richtigen Ausbildungsberuf zusätzliche Orientierungshilfen zu bieten. Das neue internetgestützte Jugendportal richtet sich an die Schülerinnen und Schüler der 9. und 10. Klasse. Das Ziel besteht darin, auch unbekannte Ausbildungsberufe populärer zu machen und Fehlentscheidungen aufgrund falscher oder unrealistischer Vorstellungen vorzubeugen. Da mehr als 60 % der Lehrlinge in die 25 beliebtesten Ausbildungsberufe drängen – viele wollen zum Beispiel Einzelhandels- oder Bürokaufleute werden –, sind gezielte Informationen zu Alternativen erforderlich.
Sehr zukunftsweisend ist auch der Aspekt, dass Informationen zu den Möglichkeiten von Zusatzqualifikationen eingestellt werden. Damit zeigt die Landesregierung, dass sie das Thema lebenslanges Lernen wirklich ernst nimmt und ihr arbeitsmarktpolitisches Gesamtkonzept auch so zusammenstellt.
Somit machen wir klar, dass Schule, Ausbildung und Weiterbildung gerade auch in der Zukunft sehr eng miteinander verzahnt werden müssen. Nur so kann der künftige Fachkräftemangel in einigen Branchen aufgrund der demografischen und letztendlich auch der raschen technologischen Entwicklung abgewendet werden.
Diese Botschaft ist auch bei einer größer werdenden Zahl von Betrieben angekommen. Die Investition in die Qualität von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowohl in der Ausbildung als auch in der Weiterbildung wird in einer Wissensgesellschaft immer öfter über die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens entscheiden.
Doch auch die Qualität der Schulausbildung liefert selbstverständlich eine zentrale Voraussetzung, um die Zahl der Ausbildungsplätze weiter zu erhöhen. Zu häufig mussten Arbeitgeber in der Vergangenheit feststellen, dass die Bewerber notwendige Qualifikationen nicht erreichten, um den betrieblichen Anforderungen sowohl in fachlicher als auch in sozialer Hinsicht zu genügen. Hier hat die Landesregierung bereits geeignete Maßnahmen ergriffen, diesem Trend wirksam zu begegnen.
Wir werden auch im kommenden Jahr unser Engagement für den Ausbildungsbereich bzw. für den Bildungsbereich insgesamt unverändert fortsetzen. Denn dieses ist der wirksamste Schutz vor Armut und Perspektivlosigkeit junger Menschen in NRW. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ja, wir haben wieder mehr Ausbildungsplätze in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland. Mein Dank gilt allen, die das ermöglicht haben. Vor allem die Unternehmen aus Industrie und Handel, insbesondere aus dem Handwerk haben neue Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt.
Mein Dank gilt darüber hinaus aber insbesondere Gerd Pieper von der IHK-Vereinigung, HorstWerner Meier-Hunke vom Arbeitgeberverband Nordrhein-Westfalen, Franz-Josef Knieps vom Westdeutschen Handwerkskammertag
und Guntram Schneider vom DGB. Sie waren es nämlich, die Ende September 2006 im Rahmen des Ausbildungskonsenses das Heft des Handelns in die Hand genommen haben. Sie haben der Landesregierung in diesem Ausbildungskonsens ein Sonderprogramm diktiert. Dank ihrer Initiative ist das Sonderprogramm „Ausbildung 2006“ entstanden; Kollege Romberg erinnerte gerade daran. Das ist sehr gut nicht nur in der Presse, sondern auch in den Schreiben dieser Akteure nachzulesen.
Das war nicht der Plan der Landesregierung. Wir erinnern uns: Die Landesregierung wusste nicht, wie ihr geschieht, denn sie hatte gar keine Mittel für ein Sonderprogramm eingeplant. So mussten
binnen weniger Tage ESF-Projekte gestoppt werden, um die Mittel für die Verabredung des Ausbildungskonsenses freizuschaufeln. Dank der Akteure des Ausbildungskonsenses konnte dann doch einiges erreicht werden, womit Ihre Zahlen heute unter anderem begründet sein dürften, wie Sie es in der Beantragung der heutigen Aktuellen Stunde auch dargelegt haben.
Aber der Arbeitsminister selbst schüttet Wasser in den Wein Ihrer heutigen Feierlichkeiten, hat er doch gerade in den laufenden Haushaltsplanberatungen für 2008 angekündigt, eine Neuauflage eines Sonderprogramms Ausbildung für 2008 käme nicht mehr infrage. Er favorisiert vielmehr einen Vorschlag des Deutschen Gewerkschaftsbundes und der SPD, aus Überschüssen der Bundesagentur 200 Millionen € in Ausbildung zu investieren.
Im Unterschied zu SPD und DGB legt der Arbeitsminister jedoch seine Hände in den Schoß und verzichtet wie immer auf eigene Initiativen für den Ausbildungsmarkt. Sie begnügen sich damit, auf andere zu zeigen. Das wird nicht reichen! – Herr Laumann, der nordrhein-westfälische Arbeitsminister muss schon eigene Ideen und auch eigenes Geld für eine gute Ausbildungspolitik beisteuern. Und seien Sie gewiss, Herr Laumann: Bei guten Ansätzen können Sie unserer Unterstützung sicher sein und im nächsten Jahr wieder eine Lobhuldigungs-Aktuelle-Stunde durchführen.
Eine gute Konjunktur, die Demografie mit dem damit verbundenen Fachkräftemangel, aber auch der Wettbewerb um die Qualität tragen dazu bei, dass vermehrt ausgebildet wird. Das ist auch gut so!
Trotzdem darf Politik nicht untätig und nicht selbstzufrieden sein angesichts guter Zahlen. Wir, die SPD-Fraktion mit Unterstützung von Herrn Laumann, haben gemeinsam die Verbundausbildung dahin gehend erweitert, dass Klein- und Kleinstunternehmen wieder mit einem externen Weiterbildungsträger ausbilden können. Erfolge aus der Vergangenheit haben gezeigt, dass hierin ein großes Potenzial an Ausbildungsplätzen liegt. Anfang des nächsten Jahres wird mindestens ein Projekt im östlichen Revier wieder aufgelegt.
Alle Verantwortlichen dürfen aber nicht müde werden, weiterzuarbeiten, insbesondere an der immer noch vorhandenen sogenannten Bugwelle. Es muss weiter an Ideen, die bisher immer noch unversorgten Jugendlichen in Ausbildung zu bekommen, gearbeitet werden; gegebenenfalls muss hierfür auch Geld investiert werden.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat errechnet: Wenn es nicht gelingt, die derzeitige Ausbildungslücke zu schließen, droht in 15 Jahren ein Mangel von 3 bis 3,5 Millionen Fachkräften in den Betrieben. Immer noch wird in vielen Teilen des Landes zu wenig von der vollzeitschulischen Berufsausbildung mit Kammerabschluss Gebrauch gemacht. Hier muss die Politik, insbesondere die Landesregierung, die regionalen Akteure mehr informieren und, wenn nötig, mit geeigneten Mitteln die Initiative vor Ort ergreifen.
Wir alle dürfen nicht hinnehmen, dass immer noch rund 50.000 junge Menschen keinen Ausbildungsplatz haben. Die jungen Menschen brauchen keine Maßnahmen, sondern Ausbildungsplätze! Maßnahmen und Warteschleifen sind die Synonyme für Perspektivlosigkeit und Frust.
Es muss aber auch möglich sein, politische Wege zu ebnen, um die Rahmenbedingungen für Unternehmen, die ausbilden, zu vereinfachen, ja sie sogar attraktiv zu machen. Die Politik muss unterstützen, um wieder für eine ausgeglichene Bilanz zu sorgen. Dieses Nachsteuern darf jedoch nur ein vorübergehendes Angebot sein, die Zahl der Ausbildungsplätze des dualen Systems zu ergänzen. Denn es bleibt weiterhin gesellschaftliche Verantwortung und eigenes Interesse der Unternehmen, eine ausreichende Zahl von Ausbildungsplätzen zur Verfügung zu stellen.
Wenn die These richtig ist, dass Ausbildung ein Kostenfaktor ist – Kollege Romberg sprach gerade von einer „kostspieligen Angelegenheit“ –, dann erschleichen sich Unternehmen, die nicht ausbilden, durch die Hintertür einen Wettbewerbsvorteil. Denn sie vermeiden nicht nur die Ausbildungskosten, sondern überdies werben sie die gut ausgebildeten Fachkräfte bei den Ausbildungsbetrieben ab.
Die ausbildungswilligen kleinen und mittleren Unternehmen haben dabei das Nachsehen. Dieser erschlichene Wettbewerbsvorteil muss kompensiert werden. Um ihrem Auftrag gerecht zu werden, müssen die Kammern den fairen Wettbewerb der Unternehmen auch bei der Berufsausbildung regeln. Dazu gehört unter anderem die Abschaffung von Prüfungsgebühren und die Umfinanzierung aus Kammerbeiträgen oder die Einführung eines Berufsschulbonus, der alle Unternehmen einer Branche an der Finanzierung der Kosten für die Berufsschultage beteiligt. Das Kammergesetz muss dementsprechend angepasst werden.
tenzial der Ausbildungsplätze, die noch zu erreichen sind, muss politisch aufgearbeitet werden. Dann kommen wir dem Ziel des Abbaus der Bugwelle einen wesentlichen Schritt näher.
Danke schön, Herr Schmeltzer. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun die Kollegin Steffens.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn ich mir die Einlassungen der Koalitionsfraktionen anschaue und betrachte, welche Botschaften der Bundesagentur für Arbeit es schon im Oktober gab, frage ich mich zum einen: Wieso ist das Grund und Thema für eine Aktuelle Stunde? Denn die Zahlen sind nicht neu, sondern die Entwicklungen und alles, was Sie vorgetragen haben, hat die BA in der Pressemitteilung am 11. Oktober schon kundgetan.
Das ist zwar ein interessantes und immer wieder wichtiges Thema, jedoch muss man sich damit nicht unbedingt in einer Aktuelle Stunde im Dezember beschäftigen, wenn die Zahlen überwiegend seit Oktober vorliegen.
(Beifall von GRÜNEN und SPD – Minister Karl-Josef Laumann: Das ist doch gar nicht wahr! Nicht 132.000! – Rainer Schmeltzer [SPD]: Aber Frau Kollegin, es ist doch Weih- nachten!)
Zum anderen: Wenn ich die Pressemitteilungen der BA von damals anschaue, möchte ich kurz die Interpretationen und Bewertungen der BA für diese Steigerung vortragen. Darin steht: Der Ausbildungsmarkt hat sich mit der guten Konjunktur deutlich verbessert. Betriebe spüren den steigenden Fachkräftemängel und die demografische Entwicklung und investieren stärker in Ausbildung. Dennoch sind die Probleme nicht gelöst; die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage besteht weiterhin.
Da frage ich mich: Wie kann man, nachdem eine solche Botschaft und eine solche ganz klare und deutliche Interpretation der BA schon im Oktober verkündet worden sind, sich hier hinstellen und das so loben, abfeiern und sagen, NRW sei der Motor? Denn erstens ist klar: NRW ist nicht der Motor, sondern wir profitieren auch in NordrheinWestfalen von der konjunkturellen Entwicklung.
lem, wie groß der Berg der Altbewerber gerade in Nordrhein-Westfalen ist und dass es dafür überhaupt keine Lösung vonseiten der Landregierung gibt?