Protokoll der Sitzung vom 18.06.2008

sind. Als Erstes komme ich zur Mietpreisentwicklung.

Der Stadtforscher Prof. Volker Eichener, der wissenschaftliche Direktor von InWIS in Bochum, hat es in einem WDR-Interview auf den Punkt gebracht. Er hat wörtlich erklärt: Auch die LEG hat kein Geld verschenkt. Sie hat in der Vergangenheit als wirtschaftlich handelndes Unternehmen selbstverständlich die vorhandenen Mietspielräume ausgenutzt.

Darum, liebe Frau Schulze, ist es Panikmache, wenn Sie behaupten, in Münster würden die Mieten jetzt um 20 % erhöht und alle Mieter könnten sich darauf einstellen, dass sie 100 € mehr Miete zahlen müssten. Es besteht gar kein Spielraum, diese Mieten zu erhöhen. Sie betreiben Panikmache, Sie verunsichern die Mieterinnen und Mieter. Es geht Ihnen nur darum, ein politisches Süppchen zu kochen, anstatt Aufklärung zu betreiben und sich sachlich mit unserer Sozialcharta und unseren Verträgen auseinanderzusetzen.

(Beifall von CDU und FDP – Dieter Hilser [SPD]: Das ist Unsinn! – Svenja Schulze [SPD]: Sie müssen besser zuhören! Sinnver- stehendes Zuhören!)

Herr Prof. Eichener weist im Übrigen auch darauf hin, dass es bei dem Verkauf der GSW in Berlin keine nennenswerten Mieterhöhungen gegeben habe. Vielmehr hätten seine Untersuchungen ergeben, dass der Vermieter Wort gehalten habe. Wörtlich sagt Eichener: „Whitehall hat in Berlin die Mieten nicht nennenswert erhöht.“ Wie Sie vor diesem Hintergrund zu dem Schluss kommen, in Nordrhein-Westfalen würde das völlig anders laufen, obwohl Sie wissen, dass es juristische Grenzen im Mietrecht gibt,

(Zuruf von der FDP: Alles Panikmache!)

obwohl Sie wissen, dass es Grenzen durch die Sozialcharta gibt, das bleibt Ihr Geheimnis. Alles nur politische Panikmache, die Sie hier betreiben!

(Beifall von CDU und FDP – Carina Gödecke [SPD]: Alles heiße Luft!)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich will an der Stelle auch darauf hinweisen, dass in Deutschland schon kraft Gesetzes der Vermieter nur die ortsübliche Vergleichsmiete beanspruchen kann. Zum anderen haben wir in der Sozialcharta eine Grenzschwelle definiert, die übrigens deutlich niedriger ist als bei einigen der genannten Transaktionen, die von sozialdemokratischen Regierungen zu verantworten waren, die ich gerade, wie ich finde, recht eindrucksvoll vorgetragen habe.

(Carina Gödecke [SPD]: „Wie ich finde, recht eindrucksvoll“!)

So weit rechtlich möglich, haben wir darüber hinaus dafür Sorge getragen, dass Bestandteile des Mieterschutzes, beispielsweise der Kündigungsschutz, der Verzicht auf Luxusmodernisierung gegen den Willen der Mieter und weitere Regelungen, nach Beendigung des gesamten Verkaufsverfahrens zum Gegenstand der Mietverträge zu machen sind. Auch das war eine Forderung der Mieterverbände. Wir reden nicht nur mit denen, sondern wir haben deren Anregungen aufgegriffen und sie in unsere Sozialcharta eingearbeitet. Es wäre schön, wenn das endlich einmal zur Kenntnis genommen würde.

(Beifall von CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, ich lege größten Wert darauf, die Sozialcharta mit den Verbänden nicht nur abgestimmt, sondern auch ihre Anregungen und Bedenken ernst genommen und im Übrigen auch im weiteren Verkaufsprozess eingearbeitet zu haben. Ich bedanke mich ausdrücklich beim Finanzminister, dass er sich bei den Verhandlungen mit den unterschiedlichen Bietern und Investoren zum Anwalt dieser Sache gemacht hat. Er hat damit auf einen Mehrerlös im dreistelligen Millionenbereich verzichtet.

Wenn Sie die Presse aufmerksam verfolgt haben, dann gab es einige, die gefragt haben, wie wir das denn überhaupt rechtfertigen, dass die LEGMieter und -Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter hier Rechte eingeräumt bekommen, die andere in Nordrhein-Westfalen so nicht haben.

(Beifall von der CDU)

Ich will Ihnen sagen, womit wir das rechtfertigen. Wir haben eine soziale Verantwortung auch gegenüber unseren ehemaligen Mieterinnen und Mietern, und wir haben auch eine Verantwortung gegenüber unseren ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Das meinen wir, wenn wir sagen: Wir wollen ökonomische Vernunft und soziale Gerechtigkeit zusammenbringen. Hier haben Sie ein plastisches Beispiel dafür.

(Beifall von CDU und FDP)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, dann will ich noch eine Bemerkung zum Thema Mindestinvestitionen machen. Wir haben festgelegt und Whitehall hat sich verpflichtet, 12,50 € pro m2 zu investieren. Jetzt wird gesagt: Na, bei der LEG ist das aber zurzeit so, dass die ja 16,50 € in 2006 und 19,96 € in 2007 pro m2 investiert haben. Das ist aber nur die halbe Wahrheit.

Die ganze Wahrheit ist, dass die durchschnittliche Investition bei der LEG zwischen 1999 und 2006, also in der Zeit Ihrer Regierungsverantwortung, gerade einmal bei 10,30 € lag. Damit liegen wir mit dem, was wir vereinbart haben, deutlich über dem, was Sie damals in die Wohnungsbestände der LEG investiert haben.

(Beifall von CDU und FDP – Widerspruch von der SPD)

Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen, in der Diskussion war auch vielfach zu vernehmen, das Unternehmen werde nun zerschlagen und ein Ausverkauf von Wohnungen werde beginnen. Um zur Beruhigung beizutragen, hilft hier vielleicht ein Blick auf die Strategie, die der Investor bei der Berliner Gesellschaft GSW verfolgt. Whitehall hat die Anzahl der Berliner Wohnungen seit dem Kauf von 65.000 auf 75.000 erhöht, also im Saldo 10.000 Wohnungen dazugekauft. Dass dennoch einzelne Wohnungsbestände veräußert werden, ist ein ganz alltägliches Geschäft, wie Sie es bei jeder Wohnungsbaugesellschaft finden. Da ist keine kommunale Wohnungsbaugesellschaft anders als große Wohnungsbaukonzerne. Ich glaube, es ist schon wichtig, genau hinzuschauen.

Wenn ich dann die Krokodilstränen von denen sehe, die sagen: „Jetzt soll auch noch an kommunale Wohnungsbauunternehmen veräußert werden!“, muss ich fragen: Ja, was wollen Sie denn? Wollen Sie kommunale Wohnungsunternehmen weiterhin haben, wollen Sie sie stärken, begrüßen Sie es, dass gegebenenfalls Teile der Wohnungsbestände auch an Kommunale veräußert werden oder nicht?

(Zuruf von Hannelore Kraft [SPD])

Ich jedenfalls freue mich darüber, dass beispielsweise die Dortmunder Wohnungsbaugesellschaft offenbar ein Angebot unterbreitet hat, die Dortmunder Wohnungen gerne zu übernehmen. Ich bin mir auch sicher, dass sie in diesem Fall von guten Händen in gute Hände kommen werden.

Übrigens: Selbst der Sprecher des Aktionsbündnisses, Herr Lierhaus, begrüßt diese Entwicklung. Er sehe – so sagt er in den „Ruhr Nachrichten“ vom 14. Juni 2008 – „eine Übernahme von Teilen des Bestandes durch kommunale Unternehmen grundsätzlich positiv. Ein solcher Erwerb bedeute mehr Sicherheit für die Mieter.“ Warum Sie sich heute hierhin stellen und sagen: „Das ist von Übel, das ist alles schlecht“, bleibt Ihr Geheimnis.

(Beifall von der CDU)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, für mich als Wohnungsbauminister war in dem Verfahren ganz

besonders wichtig, dass das soziale Engagement der Landesentwicklungsgesellschaft nach dem Verkauf nicht nur fortbesteht, sondern verstärkt wird. So enthält die Sozialcharta beispielsweise eine Klausel, dass – wie bisher auch – Sozialarbeiter in sozialen Brennpunkten eingesetzt werden.

Außerdem wurde Sorge dafür getragen, dass eine Stiftung zur Unterstützung notleidender Mieterinnen und Mieter, die mindestens 5 Millionen € umfasst, eingerichtet wird. Diese Stiftung soll soziale Projekte fördern, aber insbesondere auch Menschen in Not unterstützen.

Selbstverständlich – damit beantworte ich eine weitere Frage, die das Aktionsbündnis in diesen Tagen aufgeworfen hat – werden auch die Programme „Stadtumbau West“ und „Soziale Stadt“ unabhängig vom Verkauf fortgeführt. Natürlich hat der Erwerber ein Interesse daran, dass diese Programme fortgeführt werden, denn damit steigern wir die Werthaltigkeit seiner Wohnungsbestände und sorgen gleichzeitig dafür, dass Wohnquartiere in Ordnung gebracht werden.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch darauf eingehen, wie der einzelne Mieter für sich sicherstellen kann, dass seine Interessen tatsächlich gewahrt werden.

Neben der bereits angesprochenen Verankerung der Rechte in den Mietverträgen wurde in die Sozialcharta aufgenommen, dass ein Mieterbeirat einzurichten ist, der hinsichtlich der Belange der Mieterinnen und Mieter als Kommunikationsplattform zwischen ihnen und den Konzerngesellschaften dient.

Darüber hinaus ist der Erwerber verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass meinem Ministerium zur Einhaltung der Schutzregelungen der Sozialcharta umfassend Auskunft erteilt und im Übrigen auch regelmäßig Bericht erstattet wird. Der Bericht hat einmal jährlich zu erfolgen und sämtliche Maßnahmen und Versäumnisse des vergangenen Jahres zu enthalten. Er ist auf Kosten des Erwerbers ferner mit der Bestätigung eines Wirtschaftsprüfers zu versehen und wird von der in meinem Hause einzurichtenden Clearingstelle geprüft.

Wir lassen die Mieterinnen und Mieter nicht allein. Sie können sich darauf verlassen, dass wir auch nach dem Verkauf zu unserer sozialen Verantwortung stehen.

Ich habe zum Abschluss dieser Debatte eine ganz große Bitte: Wir können uns über vieles in diesem Hohen Hause streiten. Wir können uns darüber streiten, ob es vom Grundsatz her richtig war, die

Wohnungen zu veräußern, oder ob wir die Politik der Vergangenheit hätten fortsetzen sollen. Wir können uns darüber streiten, ob vielleicht an der einen oder anderen Stelle die Sozialcharta noch mehr hätte ausgefeilt werden müssen oder ob sie vielleicht zu weit geht. Aber wir sollten bitte dafür sorgen, dass die Panikmache, die Verunsicherung,

(Svenja Schulze [SPD]: Das machen doch Sie!)

die derzeit insbesondere Sie mit Ihrer Partei betreiben, Frau Schulze, ein Ende findet.

(Beifall von der CDU)

Denn es ist nicht gerecht gegenüber den Menschen in den Wohnungen der LEG, Unsicherheit zu schüren in einer Zeit, die für sie vielleicht keine einfache ist; denn man hat es nicht gerne, wenn der Vermieter wechselt.

Lassen Sie uns vielmehr gemeinsam aufklären, lassen Sie uns die Fakten benennen. Aber hüten wir uns davor, mit Mietsteigerungen im Wert von 100 € in die Weltgeschichte zu gehen! Sie wissen genau, dass das nicht stimmt. Ich sage Ihnen eines ganz deutlich: Auch damit werden Sie keinen politischen Pluspunkt erzielen, denn die Menschen werden in den nächsten Jahren ganz genau zu bewerten wissen, was tatsächlich passiert und was in den Tagen des LEG-Verkaufs allein Ihre Panikmache war. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Anhaltender Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Minister. – Für die SPD spricht nun der Kollege Hilser.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, Sie haben teilweise richtig am Thema vorbeigesäbelt, von daher sind Sie der Mario Gomez der Landesregierung.

(Heiterkeit und Beifall von SPD und GRÜ- NEN)

Sie versuchen hier, ein Märchenbuch vorzulegen, indem Sie die Kette stricken: Wir haben 2005 einen desolaten Laden übernommen,

(Beifall von der CDU)

auf Vordermann gebracht und verkaufen ihn jetzt gewinnbringend an eine gemeinnützige Vereinigung. – Das ist ungefähr die Kette, die Sie hier aufbauen wollen.

(Heiterkeit und Beifall von SPD und GRÜ- NEN)

Ich fange bei dem desolaten Laden an. 2003 – unter Rot-Grün – hat die LEG die Bilanz mit einem Plus von 13 Millionen € abgeschlossen. Das nennen Sie „desolaten Laden“.

(Widerspruch von der CDU)