Protokoll der Sitzung vom 27.08.2008

Was wir heute Morgen hier gehört haben, grenzt wirklich an Realitätsverweigerung bezüglich der realen Situation der Schulen. Das war während der heutigen Haushaltsdebatte auch vom Ministerpräsidenten mit Händen zu greifen.

Ich will Ihnen einen Satz mit auf den Weg geben, Frau Ministerin: Es reicht nicht, Geld in ein System zu geben; dieses Geld muss auch effizient eingesetzt werden, damit es die entsprechenden Wirkungen entfalten kann.

(Beifall von den GRÜNEN)

Es ist klar, dass man das gegliederte Schulwesen auch mit Ressourcentransfusionen, wie Sie sie versuchen, nicht gesund machen kann. Das wird absolut nicht helfen.

Sie verweigern offensichtlich auch die Kenntnisnahme des bildungspolitischen Signals, das die Bertelsmann Stiftung nun zweimal gesetzt hat: erstens mit ihrer repräsentativen Befragung, die ganz anders als die von Herrn Stahl eingeholten Daten statistisch fundiert ist, und zweitens mit dem Carl-Bertelsmann-Preis, der sehr deutlich macht: Die Zukunftsaufgabe liegt darin, mit Heterogenität in dieser Gesellschaft positiv umzugehen, nicht auszugrenzen, Schulen zu belohnen, die mit Migrant(inn)en, mit Zuwandererkindern arbeiten. Integration in dieser Gesellschaft muss sich lohnen.

Und was machen Sie, Frau Ministerin? Sie schlagen gerade den Lehrern und Lehrerinnen an Gesamtschulen, die sich genau dieser Arbeit widmen, ins Gesicht. Das ist unsäglich! Wir werden morgen früh noch ausführlich darüber diskutieren. Das ist wirklich ein Dollpunkt, den Sie sich in der letzten Woche geleistet haben.

All das zusammengenommen ist ein Offenbarungseid in der Schulpolitik. Wenn Sie den Schulen wirklich etwas Gutes tun wollen, dann setzen Sie das Fünf-Punkte-Programm um. Davon haben die Schulen sofort etwas. Auch Sie hätten mehr Ruhe und könnten besser schlafen mit dem Gedanken, dass es in den Schulen mit grünem Programm runder läuft.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Beer. – Frau Pieper-von Heiden hat noch um die Gelegenheit zu einer Kurzintervention gebeten. Die Betonung liegt auf „kurz“.

Herr Präsident, sie wird auch kurz. Meine Kolleginnen und Kollegen! auf das Klagelied von Frau Beer will ich nicht eingehen, nur auf den Punkt Blomberg, den Sie genannt hatten, Frau Schäfer. Ich konnte am Freitag leider nicht dabei sein, weil ich zu einer Beerdigung musste. Aber: Vor zwei Jahren bin ich von Blomberg aus angerufen und gefragt worden, ob in der Hauptschule, die nun eine Mensa bekomme, auch Schüler anderer Schulformen essen dürften. Ich habe ganz erstaunt gesagt: Selbstverständlich können auch andere Schüler in dieser Mensa essen.

(Zuruf von Ute Schäfer [SPD])

Ich will Ihnen erklären, womit das zusammenhängen mag, Frau Schäfer. Die Kommunen sind früher unter Ihrer Verantwortung so mit detaillierten Anweisungen überzogen worden, dass sie sich überhaupt nicht vorstellen konnten, etwas machen zu dürfen, was nicht explizit erlaubt ist.

(Lebhafter Beifall von der CDU)

Ich wundere mich, wie Sie immer wieder imstande sind, in manche Stelle des Schulgesetzes Dinge hineinzuinterpretieren, die dort überhaupt nicht stehen. Ich sage Ihnen noch einmal – dafür übernehme ich an dieser Stelle auch gerne die Verantwortung –: Alles, was im Schulgesetz nicht verboten ist, das ist erlaubt. Dann muss man nicht tausend Mal nachfragen, ob man etwas machen darf.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Pieper-von Heiden. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe damit die Beratung.

Die antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat direkte Abstimmung beantragt. Wir stimmen somit über den Inhalt des Antrags Drucksache 14/7343 ab. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktion Die Grünen und die SPD-Fraktion. Wer ist dagegen? – Das sind die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist dieser Antrag mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen abgelehnt.

Meine Damen und Herren, ich rufe auf:

7 Land NRW darf Entwicklung des Flughafens Köln/Bonn nicht torpedieren

Antrag

der Fraktion der SPD und

der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 14/7349

Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende SPD-Fraktion dem Herrn Abgeordneten Tüttenberg das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag wurde gestellt, um für den wieder einmal von der Landesregierung ohne Not mit einer Negativdiskussion belegten Flughafen Köln/Bonn zu einer klaren, berechenbaren und verbindlichen Aussage dieses Parlamentes zu kommen.

Diesmal ist es das Privatisierungsgespenst, das nach der LEG und den Sparkassen nun auch den Flughafen heimsuchen soll. Dabei wird von Ihrer Seite ständig von Planungssicherheit gesprochen, für die Sie angeblich sorgen. Nun stellen wir fest: Das größte Risiko für diese Planungssicherheit scheint die Landesregierung selbst zu sein.

(Beifall von der SPD)

Der Flughafen Köln/Bonn ist das zentrale Frachtdrehkreuz für Nordrhein-Westfalen, ein logistischer Umschlagplatz ersten Ranges. Darin unterscheidet er sich grundlegend von den anderen Flughäfen.

Nach langen Verhandlungen haben sich die Gesellschafter des Flughafens darauf verständigt, dass der Bund seine Anteile am Flughafen verkaufen kann, wenn im Gegenzug der Flughafen das Grundstück zur Sicherung seiner wirtschaftli

chen Zukunft erwirbt. Dabei ist der Bund dem Verkehrsträger insoweit entgegengekommen, als er zugesagt hat, das Grundstück nicht an den Meistbietenden zu veräußern, sondern an den Flughafen zu einem Preis, der durch Wertgutachten ermittelt wird.

Ein Wertgutachten hat aber naturgemäß keine unbegrenzte Gültigkeit, sondern eine zeitliche Befristung. Daher der Zeitdruck! Die Frist endet am Sonntag, also in vier Tagen. Kurz vor Ablauf dieser Frist zieht sich das Land zunächst einmal aus allen Verhandlungen zurück, um dann plötzlich und unerwartet zu verkünden, dass es eine Mehrheit der Kommunen am Flughafeneigentum ablehnt. Kurz vor Ablauf der Frist erklärt der Verkehrsminister, dass er auch keine Mehrheit Privater will, sondern sich eine Konstruktion wie in Düsseldorf vorstellen kann, bei der 50 % der Anteile von Privaten und 50 % von der öffentlichen Hand gehalten werden.

Seitdem sind zahlreiche Gespräche mit dem Bund und der Stadt Köln angekündigt, aber nicht zum Ergebnis geführt worden. Für die Kommunen bedeutet das, dass sie derzeit machtlos sind. Sie haben keine Verhandlungsgrundlage, um beispielsweise miteinander zu klären, wie sie untereinander zusätzliche Anteile verteilen könnten. Sie haben keine Grundlage für weitere Verhandlungen mit dem Bund. Nur die Uhr tickt.

Das hat sich die SPD-Fraktion übrigens nicht zusammengereimt, sondern es ist die zusammengefasst dargestellte Chronologie, die im Übrigen bereits im Juni 2006 begonnen hat. Schon damals begannen die Verhandlungen. Eigentlich Zeit genug für die Landesregierung, eine eigene Position zu entwickeln!

Es kommt aber bewusst anders, denn die Landesregierung beschließt ihre Privatisierungspläne für den Flughafen erst am 10. Juni dieses Jahres, nachdem sie vorher mit den weiteren Gesellschaftern anberaumte Termine mehrfach hat platzen lassen. Sie wollen offensichtlich selbst keine Verantwortung für zusätzliche Anteile übernehmen, zugleich aber den Kommunen verbieten, ihrerseits Mehrheitsverantwortung zu tragen. Das hat zwei Gründe:

Zum einen herrscht ein abgrundtiefes Misstrauen gegenüber den Kommunen. Ich frage Sie, wem Sie da eigentlich misstrauen: dem Oberbürgermeister von Köln, Ihrem Parteifreund Schramma, oder dem Landrat des Rheinisch-Bergischen Kreises, Ihrem Parteifreund Menzel, oder dem Landrat des Rhein-Sieg-Kreises, Ihrem Parteifreund Kühn, oder vielleicht dem dortigen CDU

Kreisparteichef, Ihrem Kabinettskollegen Krautscheid?

(Minister Oliver Wittke: Der rot-grünen Mehr- heit in Köln misstrauen wir, Herr Kollege!)

In allen betroffenen Kommunen stellt die CDU entweder den Verwaltungschef oder die größere Mehrheitsfraktion oder beide. Welche Diskreditierung der eigenen Basis durch den CDULandesminister!

(Beifall von der SPD)

Man fragt sich, ob es denn keine Möglichkeit gegeben hätte, sich zum Beispiel frühzeitig mit den Kommunen über eine andere Aufteilung der Anteile zu verständigen, die eine öffentliche Mehrheit am Flughafen sichern würde, ohne bei den Kommunen zu liegen, was Sie ja nicht wollen. Die Möglichkeit hätte es gegeben; es gibt sie auch jetzt noch. Es hätte auch noch andere Möglichkeiten gegeben. Aber die Landesregierung wollte keine Einigung. Denn diese Landesregierung – und das ist der zweite Grund nach dem Misstrauen gegenüber den Kommunen – trägt die Fackel der Privatisierung in alle Teile des Landes, ideologisch motiviert und auf die einmaligen Erträge schielend, um die Wahlgeschenke für die nächste Landtagswahl finanzieren zu können.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Wie hoch soll nach Ihrer Vorstellung der Landesanteil schlussendlich sein, wenn es keine private und keine kommunale Mehrheit geben soll? Stellt Ihr Konzept eine öffentliche Mehrheit sicher, oder konstruieren Sie ein öffentlich-privates Patt, das möglicherweise die Handlungsfähigkeit dieses großen Verkehrsträgers infrage stellt?

Nicht nur die am Flughafen ansässigen Unternehmen, sondern vor allem die Tausende von Beschäftigten haben Anspruch auf Klarheit. Heute war ein Bus voll von Arbeitnehmervertretern bei Ihnen, auch hier im Hause. An die 10.000 Unterschriften, in kürzester Zeit während der Sommerferien gesammelt, belegen: Man hat Angst vor der Zukunft, man hat Angst vor einer groben Fehlentscheidung, Herr Minister, man hat Angst vor Ihrer Politik.

(Beifall von der SPD)

Deswegen fordern die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit ihrem gemeinsamen Antrag Klarheit für die Arbeitnehmer. Wir fordern Planungssicherheit für die Unternehmen und eine faire Behandlung der Kommunen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Tüttenberg. – Für die Grünen hat der Kollege Becker das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Worum geht es heute nicht? Es geht heute nicht um die Frage der Nachtfluggenehmigung, wie es vonseiten des Ministers teilweise in der Öffentlichkeit vermittelt worden ist, und nicht um die Aufgaben, die die Genehmigungsbehörde zusammen mit dem Bund zu erfüllen hat.

Heute geht es um folgende Fragen: Welche Ausgangslage ist für den Flughafen Köln/Bonn die richtige? Welche Ausgangslage in der Frage der Privatisierung oder Nichtprivatisierung ist für die Gebietskörperschaften rund um den Flughafen die richtige? Welche Ausgangslage ist die richtige sowohl für die Interessen der Wirtschaft als auch für die der lärmgeplagten Bürgerinnen und Bürger?

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Chris- tian Möbius [CDU])

Jedenfalls ist es nicht die richtige Ausgangslage, die Wirtschaft zum alleinigen Akteur in dem Spiel zu machen, bei dem es ganz massiv auch um die Fragestellung geht: Gibt es eigene Interessen gegenüber anderen Flughäfen vonseiten Kölns und des Umlands? Gibt es eigene Interessen der Bevölkerung gegenüber den dort tätigen Betrieben? Ich sage in beiden Fällen Ja. Ich will Ihnen das in aller Kürze erklären: