Auch Normalverdiener haben immer mehr Probleme mit den Energiekosten. Ihre Vorschläge sollen lediglich beruhigen und sind Augenwischerei. Sie nehmen diese Probleme nicht wirklich ernst, sondern fürchten nur um die Stimmen von Wählerinnen und Wählern. Das ist Ihre einzige Sorge.
Wenn Herr Leuchtenberg von der SPD von einem Grundverständnis in der Energiepolitik zwischen SPD und Grünen redet, kann ich nur sagen: Wo ist denn dieses Grundverständnis bei der Kohlepolitik? In Hamburg gibt es unter Schwarz-Grün Jagdszenen in Moorburg. Das konnte man so in der Zeitung lesen. Das ist die Realität; das ist die Politik, die hier gemacht wird. Von einem Konsens in dieser Frage kann ich bei SPD und Grünen überhaupt nichts erkennen.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es freut mich sehr, dass Frau Kollegin Thoben bereits deutlich gemacht hat, was Bundesverbraucherminister Seehofer gegenüber der Presse gesagt hat. Seine Bereitschaft zur Prüfung eines Vorschlags wurde von Ihnen bei der Beantragung der Aktuellen Stunde plötzlich in eine Zustimmung zu Stromspartarifen umgewandelt.
Im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz ist keine Entscheidung über eine gesetzlich vorgeschriebene flächendeckende Einführung von Stromspartarifen getroffen worden. Vielmehr beabsichtigt das Bundesministerium, ein Gutachten zu der genannten Problematik zu vergeben, um sich kurzfristig wissenschaftlichen Rat einzuholen. Auch ich bin sehr gespannt auf die Ergebnisse dieser Bewertung.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, persönlich bin ich davon überzeugt, dass die Bedeutung und Wirkung von Stromspartarifen in der aktuellen Diskussion über die steigenden Energiepreise überbewertet wird. Lassen Sie mich das an einem konkreten Vorschlag der Verbraucherzentrale erläutern.
Die Verbraucherzentrale hatte vor einigen Wochen ein Modell für einen Stromspartarif vorgelegt. Danach soll jeder Haushalt pro Person 250 Kilowattstunden Strom pro Jahr kostenlos erhalten. Darüber hinausgehende Mengen sollen 25 Cent pro Kilowattstunde kosten.
Das Problem besteht schon darin, dass die Freimenge Strom nur für Personen mit erstem Wohnsitz gewährt werden soll. Zudem fürchte ich einen großen bürokratischen Aufwand für die Unternehmen und die Meldeämter. Ganz unabhängig davon bin ich aber der festen Überzeugung, dass sich dieser Aufwand auch nicht lohnen würde. Die Verbraucherzentrale hat berechnet, dass ein Dreipersonenhaushalt mit ihrem Stromspartarif im Vergleich zur Grundversorgung 7,4 % der Stromkosten einsparen würde. Diese Einsparung können Verbraucher aber auch erzielen, wenn sie den Wettbewerb nutzen und den Versorger wechseln. Dann sind für einen Haushalt sogar erheblich höhere Einsparungen möglich.
Deshalb frage ich die Kolleginnen und Kollegen von der Opposition: Warum sollen die Menschen bei ihrem Stromversorger um 250 kostenlose Kilowattstunden bitten, wenn sie die gleiche Ersparnis oder sogar noch deutlich mehr durch einen problemlosen Wechsel des Versorgungsunternehmens erzielen können?
Wenn wir etwas für die Kunden erreichen wollen, sollten wir noch mehr über die Möglichkeit des Wettbewerbs auf dem Strommarkt informieren.
Wir brauchen keine bürokratischen Tarife, sondern, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir brauchen gut informierte Verbraucher, die die Preise vergleichen und Preisdruck auf die Unternehmen ausüben.
Damit lässt sich Geld sparen. Deshalb werde ich mich dafür einsetzen, dass auch auf Bundesebene – denn die steigenden Energiepreise sind ein bundesweites Problem – weitere Maßnahmen zur Information der Verbraucherinnen und Verbraucher ermöglicht werden.
Ich würde mich freuen, wenn die Wechselkampagne, die der Bundesverband der Verbraucherzentralen im vergangenen Jahr durchgeführt hat, fortgesetzt würde; denn mehr Wettbewerb ist der beste Schutz der Verbraucher.
Lassen Sie mich darüber hinaus auf Folgendes hinweisen: Sie wissen so gut wie ich, dass finanzielle Einsparungen in der von der Verbraucherzentrale vorgerechneten Größenordnung auch gut durch Stromsparen erzielt werden können. Die Deutsche Energie-Agentur zum Beispiel hat kürzlich erneut darauf hingewiesen, dass allein durch das konsequente Abschalten der Geräte und den Verzicht auf unsinnige Stand-by-Schaltungen in einem normalen Haushalt mehr als 70 € Stromkosten pro Jahr gespart werden können.
Wir müssen deshalb die Information und Beratung der Verbraucher durch unabhängige Einrichtungen wie die Verbraucherzentralen auf hohem Niveau fortsetzen.
Das gilt aber nicht nur für Strom, sondern vor allem auch für die energetische Gebäudesanierung; denn die Stromkosten machen nur einen geringen Anteil der Energierechnung der privaten Haushalte aus. Zwei Drittel der Energiekosten betreffen
die Heizenergie. Deshalb müssen und werden wir auf die Energieeinsparung beim Heizen ganz besonders Wert legen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, als Umweltminister würde ich es darüber hinaus sehr begrüßen, wenn die Stromversorger ihre Tarife linear gestalten würden. Das bedeutet, dass die Grundpreise, die die Unternehmen erheben, in den Arbeitspreis, also in den Preis pro verbrauchte Kilowattstunde, eingerechnet werden. Auch dadurch könnte der Anreiz zum Stromsparen erhöht werden, ohne dass neue Gesetze, komplizierte Verfahren oder gar die Vorlage von Meldebescheinigungen erforderlich wären. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Minister. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, als nächster Redner hat für die Fraktion der SPD der Kollege Stinka das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Meine Mutter hat mir das Sprichwort beigebracht „Reisen bildet“. Als ich heute Morgen Herrn Brockes hörte, habe ich mich gefragt, ob wir letzte Woche gemeinsam mit dem Wirtschaftsausschuss Deutschland besucht haben oder nicht. Aber gut!
Herr Brockes, schreien ersetzt keine Argumente. Und „Argument“ ist das Wort, das meine Rede einleitet. Ich habe mir schon gedacht, dass Ihr Argumentationsmuster, wenn wir heute über Stromspartarife sprechen, das Gleiche ist, das wir hier immer gebetsmühlenartig hören. Es passt nicht in Ihr Weltbild. Sie wollen es nicht hören und den Menschen dann auch noch weismachen, die hohen Energiepreise hätten etwas mit der üppigen Förderung der erneuerbaren Energien zu tun.
Ich komme aus dem Kreis Coesfeld im Münsterland. Wer dort von den üppigen Subventionen profitiert, gehört nicht zu unserer Wählerklientel, Herr Brockes. Es sind vielmehr große Landwirte, die wissen, wo Zukunftsmärkte sind und wo zukünftig investiert werden kann. Schauen Sie sich das einmal an.
Sie wollen den Menschen weismachen, dass die Laufzeitverlängerung und die Atomkraftwerke dazu beitragen, die Energiepreise langfristig zu sta
bilisieren. Sie blenden den Blick nach Finnland völlig aus. Dort können Atomkraftwerke nur mit subventionierten Krediten gebaut werden. Gleiches gilt für Cattenom, wo der dritte, vierte oder sogar fünfte Zwischenfall die Bevölkerung stark beunruhigt. Ihre Ausführungen haben mit den Menschen in NRW überhaupt nichts zu tun.
Fakt zur Umlage ist, dass der Anteil für die erneuerbaren Energien am Strompreis 1 Cent beträgt. Wenn wir bei Familien 3.500 Kilowattstunden annehmen, dann sind das 3 € pro Monat für erneuerbare Energien – die faktisch in die Arbeitsplätze umgesetzt werden, die Sie letzte Woche gesehen haben, Herr Brockes.
Diese 3 €, Kolleginnen und Kollegen, sind gut angelegtes Geld, sichern 250.000 Menschen Arbeit und Brot, sodass sie eben nicht in Sozialtarife fallen können, und haben zu einer boomenden Branche in Deutschland geführt, in der wir Exportweltmeister sind.
Ihr ständiger Versuch, Klimaschutz, Arbeitsplätze und Energiekosten gegeneinander auszuspielen, ist in Zeiten explodierender Preise für Gas und Öl gescheitert. Nehmen Sie das zur Kenntnis! Es ist ein Gebot ökologischer und wirtschaftlicher Vernunft, auf heimische Energie – Herr Leuchtenberg hat das ausgeführt – und Klimaschutztechniken aus Nordrhein-Westfalen zu setzen.
Das EEG der Bundesregierung – eingeführt unter der rot-grünen Bundesregierung – ist ein Erfolgsmodell. Sonst hätten sich wohl kaum 19 europäische Länder für dieses Modell entschieden. Nur fünf Länder haben sich für ein Quotenmodell entschieden, das weder in England noch in anderen Ländern zu einem Ausbau der erneuerbaren Energien geführt, aber den Strompreis dort erhöht hat.
Die Einspeisevergütung für den Windstrom ist bei uns in der Spitzenlast inzwischen deutlich niedriger als der Strom aus herkömmlichen Anlagen. Das konnten wir letzte Woche hören. Sie hätten mitschreiben sollen, dann wäre die Diskussion heute sinnvoller gewesen.
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz mit seiner degressiven Abschreibung ermöglicht zukunftsfähige Arbeitsplätze und zukunftsfähige Energiekosten und – wir waren im Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, Herr Brockes – leistet einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz.
Für die SPD steht fest: Wir müssen die Menschen dabei unterstützen, weniger Energie zu verbrauchen. Herr Weisbrich, wer von mehr Aufklärung spricht, aber gleichzeitig die Mittel für die Verbraucherzentralen kürzt, redet erneut an den Menschen vorbei.
Wer behauptet, erkannt zu haben, dass die Menschen gerade bei der Deckung des Wärmebedarfs ein Problem hätten, auf Bundesebene beim Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz aber gerade die Altbausanierung blockiert – Gruß an Herrn Glos! –, der muss sich fragen, ob er die Sorgen der Menschen in Bezug auf die Wärme wirklich ernst nimmt.
Soweit erforderlich, Kolleginnen und Kollegen, müssen Sozialtarife flankierend eingreifen. Dazu hat Minister Gabriel besonders die Energieversorger in die Verantwortung genommen. Ich sage es zum letzten Mal: Heimische Energieträger sind die beste Versicherung gegen stark steigende Energiepreise. Nebenher kommt es sogar noch zu einer Wertschöpfung in unserem Land.
Wir alle haben gelernt, dass ein freier Markt und die Ideologie „Privat vor Staat“ die Probleme nicht verkleinern, sondern vergrößern. Die Grundlage der sozialen Marktwirtschaft ist, dass der Staat Leitplanken aufstellt, damit die Menschen eben nicht abrutschen. Man muss deutlich sagen: Wenn Menschen in Not sind, wenn sie Schwierigkeiten haben, muss der Staat sich darum kümmern. Dieses Verständnis haben Sozialdemokraten vom Staat und seinen Aufgaben. Auch wenn Sie das nicht teilen, müssen Sie es doch zur Kenntnis nehmen.
Wir müssen die Anstrengungen gemeinsam schultern. Lassen Sie uns gerade die Argumente altmodischer Atomdebatten nicht als zukunftsfähig hinstellen. – Schönen Dank.