Protokoll der Sitzung vom 27.08.2008

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Stinka. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der CDU der Kollege Weisbrich das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will nur kurz

auf ein paar Bemerkungen eingehen, die in dieser Debatte gemacht worden sind.

Herr Eiskirch, Sie sagen, wir würden ständig die steigenden Preise bedauern, aber nicht politisch handeln. Sie haben wohl nicht ganz richtig zugehört, denn ich hatte Ihnen gesagt: Der Preisanstieg kann für die Bezieher von niedrigen Einkommen nicht durch die Energiepolitik eliminiert werden. Das ist die Aufgabe der Sozialpolitik. Dafür habe ich Ihnen auch ein paar Beispiele genannt.

Unser festes Kredo lautet ganz klar: In der Energiepolitik müssen wir uns ordnungspolitisch, marktwirtschaftlich sauber verhalten. Entstehende Schwierigkeiten können und müssen wir über die Sozialpolitik ausgleichen. Wir dürfen aber nicht die Fachpolitik verhunzen.

Die Stromspartarife, über die Sie reden, sind im Wesentlichen darauf ausgerichtet, das Energiesparen anzuregen. In der Spitze wird es aber für viele teurer. Herr Kollege Priggen, das ist so, als wenn Sie diejenigen mit höheren Preisen belasten würden, die sich kaum noch Lebensmittel leisten können, damit sie noch weniger essen. In Zeiten steigender Preise ist das nicht der richtige Weg. Es wird sowieso gespart. Jeder, der viel Energie verbraucht, müsste bekloppt sein, bei steigenden Preisen nicht zu versuchen, weniger zu verbrauchen. Dafür braucht man keine zusätzliche Preissteigerung.

Zur grundlegenden Krux, die ich vorhin angeführt hatte, was nämlich in den Jahren von 1998 bis 2004 zusätzlich auf die Verbraucher draufgepackt worden ist, haben Sie nichts gesagt.

(Zuruf von Thomas Eiskirch [SPD])

Von 2,3 Milliarden € an staatlichen Lasten sind die Belastungen durch Ihre segensreiche Tätigkeit in der rot-grünen Regierungskoalition um 9,5 Milliarden € auf 11,8 Milliarden € angestiegen. Dieses Geld haben Sie den Bürgern – für welchen Zweck auch immer – aus der Tasche gezogen; das muss man ganz klar sagen.

(Zuruf von Thomas Eiskirch [SPD])

Dieses Geld haben Sie von den Bürgern im Energiesektor eingesammelt.

Mich ärgert noch ein Punkt. Sie haben gesagt, ab 2005 seien die Preise richtig explodiert. Das ist im Prinzip richtig: Die Preise, speziell die Großhandelspreise, sind 2005 stark angestiegen. Das hat aber zum einen damit zu tun, dass die Preise für Primärenergieträger weltweit dramatisch gestiegen sind, und zum anderen damit – an dieser

Stelle gibt es wahrscheinlich einen Konsens zwischen uns –, dass die großen Energieerzeuger die Zertifikatpreise in den Großhandelspreis eingepreist und damit Windfallprofits erzielt haben. Wir sind wahrscheinlich alle einer Meinung, dass Windfallprofits an dieser Stelle nicht in Ordnung sind und in Zukunft abgestellt werden müssen. Der Preisanstieg war aber wiederum staatlich induziert, weil wir mit dem Zertifikathandel überhaupt erst die Vorlage geliefert haben.

Herr Eiskirch und Herr Stinka, lassen Sie mich noch eine Bemerkung zur Diskussion über die längeren Laufzeiten und erneuerbaren Energien machen. Vielleicht können Sie dem einfachen Dreisatz folgen: Derzeit erzeugt die Kernenergie – Herr Priggen, korrigieren Sie mich – ungefähr 140 Terawattstunden, die ins Netz gehen und zum Preis von 3 Cent produziert werden. Wenn man das durch erneuerbare Energien ersetzen würde, wäre das bei einer Durchschnittsvergütung von 15 Cent das Fünffache, bei einer Durchschnittsvergütung von 20 Cent – man kann sich streiten, welche man ansetzt – das Sechsfache des Preises für 30 % des Stroms.

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Das heißt im Klartext: Wenn wir die laufzeitverlängerte Kernkraft durch erneuerbare Energien ersetzen, kommen wir insgesamt auf einen Strompreis, der bei 210 % bzw. 250 % des ursprünglichen Preises liegt. Das ist relativ einfach nachzurechnen. Bei einem Ersatz der Kernkraft durch erneuerbare Energien würden Sie sämtliche Strompreise in Deutschland mindestens verdoppeln.

(Beifall von CDU und FDP)

Das muss man den Bürgern auch sagen, wenn man eine Brückentechnologie für eine Übergangszeit, in der die Technologien für die erneuerbaren Energien noch nicht so leistungsfähig sind, am Leben erhält.

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Kollege Priggen, Sie haben sich sehr damit aufgehalten, dass wir von Sozialtarifen gesprochen haben, während Sie in Ihrem Antrag von Stromspartarifen sprechen. Das haben Sie sich selbst zuzuschreiben, denn im Juni hatten Sie den Antrag „Soziale Folgen explodierender Energiepreise – Politik muss reagieren“ gestellt, in dem Sie selbst abwechselnd von Sozialtarifen und Spartarifen schreiben. Nehmen Sie es uns also nicht übel, dass wir einen dieser Begriffe ausgewählt haben. Wir wissen beide, was gemeint ist. Was Sie propa

gieren, hilft den Bürgern im Grunde genommen nicht. – Schönen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Weisbrich. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

(Rüdiger Sagel [fraktionslos] weist auf seine Wortmeldung hin.)

Es liegt mir noch eine Wortmeldung des Kollegen Sagel vor. Allerdings können Redezeiten in Aktuellen Stunden nicht angerechnet werden.

(Rüdiger Sagel [fraktionslos]: Ich habe noch 25 Sekunden!)

Aber nur deshalb, weil eine Fraktion ihre Redezeit in der Aktuellen Stunde nicht in Gänze in Anspruch genommen hat. In Aktuellen Stunden ist sie nicht im Kontingent und kann nicht abgerufen werden. Für Aktuelle Stunden haben wir gesonderte Regeln, auf die ich an dieser Stelle hinweisen möchte.

(Rüdiger Sagel [fraktionslos]: Das wird ja immer lustiger hier!)

Anders verhält es sich an der Stelle bei der Fraktion der SPD. Die hat noch einen Redner in ihrem Kontingent. Deswegen hat jetzt der Kollege Stinka für die Fraktion der SPD das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Frau Präsidentin! Herr Weisbrich, nur eine Frage, die wir hier ganz klar erläutern sollten: Sie führten vorhin aus, dass in der Kernkraftproduktion eine Kilowattstunde Strom 3 Cent kostet. Was macht Sie – auch vor dem Hintergrund eines hohen Atomstromanteils in Baden-Württemberg und eines ganz hohen Strompreises in Baden-Württemberg – eigentlich so sicher, dass die Atomindustrie diesen Gewinn an die Bevölkerung weitergibt? Das könnte sie heute schon tun. Das ist ja die Frage, die Sie hier schuldig geblieben sind.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Stinka. – Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Damit ist die Aktuelle Stunde zu schließen.

Ich rufe nun auf Tagesordnungspunkt

2 Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2009 (Haushaltsge- setz 2009)

Gesetzentwurf

der Landesregierung

Drucksache 14/7000

In Verbindung mit:

Finanzplanung 2008 bis 2012 mit Finanzbericht 2009 des Landes Nordrhein-Westfalen

Drucksache 14/7001

Sowie:

Gesetz zur Regelung der Zuweisungen des Landes Nordrhein-Westfalen an die Gemeinden und Gemeindeverbände im Haushaltsjahr 2009

Gesetzentwurf

der Landesregierung

Drucksache 14/7002

erste Lesung

Ich eröffne die Beratung und gebe zur Einbringung der Gesetzentwürfe zunächst dem Finanzminister Dr. Linssen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn eine Landesregierung innerhalb von nur drei Jahren die Nettoneuverschuldung um fast 75 % verringert hat, den dramatischen Unterrichtsausfall in unseren Schulen annähernd halbieren konnte,

(Lachen von der SPD)

die Betreuungsquote für unter Dreijährige von 2,8 % auf 13,6 % gesteigert hat