Protokoll der Sitzung vom 27.08.2008

die Betreuungsquote für unter Dreijährige von 2,8 % auf 13,6 % gesteigert hat

(Beifall von CDU und FDP – Weitere Zurufe von der SPD – Glocke)

und sich gleichzeitig auf die dauerhafte und strukturelle Konsolidierung des Landeshaushalts konzentriert, dann kann ich als Finanzminister zuversichtlich an dieses Pult treten, um den Landeshaushalt 2009 in den Landtag einzubringen.

(Beifall von CDU und FDP – Zurufe von der SPD)

Mit dem Landeshaushalt für 2009 setzt die Landesregierung ihre erfolgreiche Politik der richtigen Schwerpunkte im nächsten Jahr fort. Dass unser Weg richtig ist, zeigen uns die Ergebnisse. Der

Erfolg gibt uns Recht. Wir werden auch die bevorstehenden Herausforderungen meistern.

Wir konsolidieren den Gesamthaushalt, um unser Land fit für die Zukunft zu machen. Wir investieren in die Schwerpunkte Kinder, Jugend und Bildung, damit jeder einzelne gute Chancen für die Zukunft bekommt.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Was?)

Wir sorgen dafür, dass Nordrhein-Westfalen ein Land der neuen Chancen ist. Das wird sich positiv auszahlen.

(Beifall von CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, unsere Politik setzt nicht auf Effekthascherei oder das kurzfristige Verkünden froher Botschaften.

(Zuruf von der SPD: Nur darauf!)

Die nachhaltige Konsolidierung, die Reduzierung der Schulden bleiben das finanzpolitische Kernziel dieser Landesregierung.

(Zuruf von der SPD: Fernziel!)

Wir schaffen Schritt für Schritt dauerhaft solide Staatsfinanzen. Dass man dabei nicht alles auf einmal erledigen kann, versteht sich von selbst. Angesichts des schweren Erbes, das wir 2005 von Rot-Grün

(Svenja Schulze [SPD]: Oh!)

übernommen haben, ist es vielmehr bemerkenswert, wie weit wir heute schon gekommen sind.

(Beifall von der CDU – Widerspruch von der SPD)

Der Politikwechsel vor drei Jahren hat unserem Land gutgetan. Die Erfolge unserer Arbeit sind für jeden bereits sichtbar und spiegeln sich auch im Landeshaushalt für 2009 wider.

(Zuruf von der SPD: Oh, ja!)

Jeder Landeshaushalt muss im Zusammenhang mit der Wirtschaftsentwicklung gesehen werden. Die Entwicklung der Staatsfinanzen ist untrennbar mit der Konjunkturentwicklung verknüpft.

Niemand kann bestreiten, dass uns der Mitte 2005 einsetzende konjunkturelle Aufschwung geholfen hat. Er hat sich 2007 fortgesetzt. Das nordrhein-westfälische Bruttoinlandsprodukt hatte um 2,6 % zugelegt und liegt damit knapp über der gesamtdeutschen Entwicklung.

Die Wachstumsdynamik hat aber zum Jahresende 2007 nachgelassen. Die Bundesregierung geht davon aus, dass trotz des Einbruchs im zweiten

Quartal 2008 der Zuwachs des realen Bruttoinlandsprodukts 2008 bei 1,7 % liegen wird. Auch für 2009 bleibt es nach Ansicht der Bundesregierung und führender Wirtschaftsforscher bei einem stabilen – wenn auch geringeren – Wachstum.

Ich neige weder zu Pessimismus noch zu Schwarzmalerei, aber Risiken für die Konjunktur sind für jeden erkennbar.

(Zuruf von der SPD)

Darauf reagieren wir mit dem Landeshaushalt 2009 so, wie es seit 2005 gute und erfolgreiche Praxis in Nordrhein-Westfalen ist: mit Vorsicht.

Die positive Wirtschaftsentwicklung der letzten Jahre hat sich auch in den Steuereinnahmen niedergeschlagen. So sind für das laufende Jahr 2008 Steuereinnahmen von 41,6 Milliarden € veranschlagt. Das sind 6,9 Milliarden € mehr, als das Land 2005 eingenommen hat. Das ist eine erfreuliche Entwicklung, vor allem, wenn man auf die Entwicklung der Nettoneuverschuldung schaut. Sie ist im gleichen Zeitraum um fast 4,9 Milliarden € gesunken.

Berücksichtigt man, dass für den kommunalen Steuerverbund 2008 rund 1,4 Milliarden € mehr als 2005 zur Verfügung gestellt werden, bedeutet das: Fast 90 % der für das Land disponiblen Steuermehreinnahmen sind in die Reduzierung der Nettoneuverschuldung geflossen.

(Beifall von der CDU)

Das ist eine beachtliche Konsolidierungsleistung; sie ist beispiellos.

(Gisela Walsken [SPD]: Och!)

Sie ist nur deshalb gelungen, weil der Steueransatz im Haushaltsplan immer vorsichtig war und weil wir der Versuchung widerstanden haben, Mehreinnahmen bloß zu konsumieren. So haben es nämlich Rot und Rot-Grün in der Vergangenheit regelmäßig praktiziert.

(Beifall von der CDU – Wolfgang Jörg [SPD]: Wo sind eigentlich Ihre Leute? Es ist gar kei- ner da! – Unruhe)

Zwei Beispiele dafür:

Erstens. Zwischen 1990 und 1995 gab es Steuermehreinnahmen von fast 6,3 Milliarden €. Davon wurden 0 € zur Absenkung der Nettoneuverschuldung eingesetzt. Stattdessen ist die Neuverschuldung

(Fortgesetzt Unruhe – Glocke)

um 877 Millionen € auf 3,1 Milliarden € angestiegen.

Zweitens. Zwischen 1995 und 2000 betrugen die Steuermehreinnahmen rund 4,4 Milliarden €. Davon wurde zur Reduzierung der Nettoneuverschuldung wiederum kein einziger Euro eingesetzt. Stattdessen ist die Neuverschuldung von 3,1 Milliarden € im Jahr 1995 auf über 3,5 Milliarden € im Jahr 2000 angestiegen. Schauen Sie sich Ihre Koalitionsvereinbarung von 1995 an! Darin stand, dass Sie 2000 0 € Verschuldung machen wollten. So haben Sie hier regiert.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Haben Sie Fakten zu den Steuermehreinnahmen?)

Das ist rote und rot-grüne Verschuldungspolitik. Das sind Ihre Verschuldungsorgien, die Sie gefeiert haben.

(Beifall von CDU und FDP)

Im Haushaltsentwurf für 2009 sind Steuereinnahmen in Höhe von 43,3 Milliarden € veranschlagt. Das ist ein Anstieg um 1,69 Milliarden € gegenüber dem zweiten Nachtragshaushalt 2008. Die Ansätze sind dabei realistisch kalkuliert. Diese Vorsicht hat sich in den letzten Jahren bewährt. In dem Ansatz sind im Übrigen die zu erwartenden Mindereinnahmen aus der Unternehmensteuerreform enthalten.

Insgesamt rechnen wir auch über den Haushalt 2009 hinaus bis 2012 – im Zeitraum der mittelfristigen Finanzplanung – mit kontinuierlich steigenden Steuereinnahmen. Sie werden aber im Vergleich zu den letzten Jahren moderat ansteigen. Prognostiziert ist ein Anstieg von 43,3 Milliarden € in 2009 auf 48,9 Milliarden € in 2012. Das entspricht einer durchschnittlichen Steigerungsrate von 4,1 % pro Jahr. Dabei orientieren wir uns an den Ergebnissen der aktuellen Steuerschätzung von Mai 2008.

Meine Damen und Herren, diese Prognosen der mittelfristigen Finanzplanung dürfen aber den Blick auf eines nicht verstellen: In den nächsten Dekaden kommt eine erhebliche Herausforderung auf uns zu: der demografische Wandel. Schrumpfung und Alterung der Bevölkerung werden uns in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zwangsläufig beschäftigen. Wir werden die gesellschaftliche Veränderung in allen Politikfeldern zu spüren bekommen. Der demografische Wandel ist ein langfristiger gesellschaftlicher Veränderungsprozess, der sich nicht kurzfristig aufhalten lässt. Weniger, bunter, älter, so hat es ein Demografieforscher

kurz und prägnant auf den Punkt gebracht, wie sich unsere Gesellschaft entwickeln wird.

Nach den Prognosen kann das für die Bundesrepublik insgesamt bedeuten, dass bis 2050 quasi jährlich eine Großstadt von rund 200.000 Menschen verschwindet. Stellen Sie sich das vor: Mülheim, Leverkusen, Paderborn – das sind die Größenordnungen, mit denen man rechnen kann. Prognosen für Nordrhein-Westfalen rechnen für 2040 mit nur noch 16 statt 18 Millionen Einwohnern.

Die demografische Veränderung hat auch erhebliche Auswirkungen auf die Haushalts- und Finanzpolitik. Dieser Tatsache müssen wir uns stellen. Haushalterisch werden wir bei den Einnahmen insbesondere zu spüren bekommen, dass die Zahl der Erwerbstätigen dramatisch sinken wird. Gleichzeitig steigt die Zahl der zu Versorgenden deutlich. Das dürfte Auswirkungen auf das Gesamtsteueraufkommen in Deutschland haben. Alle bekannten Simulationen gehen davon aus, dass die Steuereinnahmen nach 2020 deutlich langsamer zunehmen werden.

Eine Gesellschaft, die schrumpft und gleichzeitig immer älter wird, muss zwangsläufig mit steigenden Sozialausgaben rechnen. Die dadurch bedingten Mehrausgaben treffen zwar zunächst den Bund und nicht die Länder, aber die sozialsystembedingte Steigerung der impliziten Staatsverschuldung beim Bund wird sicherlich auch auf die Landeshaushalte durchschlagen. Dafür wird schon die bekanntermaßen kreative Bundespolitik sorgen.

Die Länder müssen sich aber auch auf erhebliche Mehrbelastungen für die Versorgung ihres Personals einstellen. Sie sind durch die Personalpolitik der Vergangenheit bestimmt. Einfluss darauf kann die gegenwärtige Politik nur bedingt nehmen. Bezogen auf Nordrhein-Westfalen kommt die aktuelle Modellrechnung Alterslast etwa zu folgendem Ergebnis: In 2007 belief sich die Zahl der Versorgungsempfängerinnen und -empfänger auf rund 152.000 Personen. Die Versorgungsausgaben lagen bei rund 4,5 Milliarden €. Für das Jahr 2030 gehen die Berechnungen von 252.000 Versorgungsempfängern aus. In Preisen von 2007 kalkuliert, bedeutet das für 2030 eine Belastung von 7,8 Milliarden € pro Jahr für die zu zahlenden Versorgungsbezüge. Dabei sind Besoldungserhöhungen für die Versorgungsempfänger noch nicht einmal berücksichtigt. Dann steigt die Zahl um Milliarden an.

Nicht zuletzt werden sich die Anforderungen an die konkrete Politik verändern. Das werden wir