Protokoll der Sitzung vom 27.08.2008

(Dr. Gerhard Papke [FDP]: Wann habe ich das denn gesagt?)

Herr Kollege, Sie können das ja gleich richtigstellen. Ich bin, ehrlich gesagt, sowieso auf Ihre Rede gespannt.

(Heiterkeit und Beifall von der SPD – Rainer Schmeltzer [SPD]: Darauf sind wir alle ge- spannt!)

Herr Kollege Papke, nachdem der Streit innerhalb der FDP offensichtlich geworden ist, haben Sie gestern eine interessante Pressekonferenz gegeben. Dort haben Sie gesagt, wir bräuchten jetzt strukturelle Veränderungen im Haushalt, und diese würden Sie jetzt herbeiführen.

(Dr. Gerhard Papke [FDP]: Wann habe ich denn das gesagt, was Sie davor vorgetragen haben?)

Das blieb ja wieder sehr unkonkret.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Auf Anordnung des Ministerpräsidenten! – Gisela Walsken [SPD]: Auf Weisung!)

In Ihrer Rede können Sie ja gleich beweisen, dass Sie es ernst meinen. Am besten legen Sie uns direkt einen Katalog mit solchen Vorschlägen vor. Bisher blasen Sie nur die Backen auf, ohne zu pfeifen, Herr Kollege Papke.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Ich freue mich auf Ihre Rede. Wie ich Sie kenne, werden Sie sich aber wahrscheinlich zur Ablenkung von Ihren eigenen Defiziten ausschließlich mit der Lage der SPD beschäftigen

(Dr. Gerhard Papke [FDP]: Das kann schon sein! Das kann schon passieren!)

statt mit Ihrer Rolle als – wie haben Sie das gestern genannt? – Motor der Erneuerung dieser Regierungskoalition.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Da sind wir noch sehr gespannt.

(Beifall von SPD und GRÜNEN – Dr. Ger- hard Papke [FDP]: Was sind denn Ihre Spar- vorschläge?)

Wir sind im Haushaltsverfahren. Die kommen alle. Ich nenne Ihnen einmal ein paar.

(Dr. Gerhard Papke [FDP]: Ja, bitte!)

Was haben wir denn da? Beispielsweise können wir die von Ihnen eingeführten 72 zusätzlichen Stellen – Sie erinnern sich: goldene Fallschirme – sofort einsparen. In 30 Jahren sind das 200 Millionen €. Ich kann Ihnen genau sagen, was ich damit machen würde: Diese Mittel in den Bereich Bildung und Betreuung zu stecken und dort die richtigen Signale zu setzen, wäre der richtige Weg.

(Beifall von der SPD)

Oder nehmen wir, Herr Kollege Papke, der Sie es so genau wissen wollen, einmal das Beispiel WestLB. Dort sind – der Finanzminister wird es bestätigen können – schon die ersten 21 Millionen € für den Risikoschirm geflossen. Mit 21 Millionen € könnte man locker die Kürzungen im Weiterbildungsbereich in Höhe von 13 Millionen € rückgängig machen. Das wäre doch einmal sinnvoll.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Ich könnte die Liste fortführen. In den weiteren Haushaltsberatungen werden wir das auch tun.

Beispielhaft zu nennen ist auch der Flughafen Münster/Osnabrück. Dort legen Sie noch einmal Geld drauf, obwohl wir doch eigentlich viel zu viele Flughäfen haben, die sich untereinander Konkurrenz machen. Sie aber geben noch einmal 6,46 Millionen €. – Herr Kollege, warten Sie es ab, Sie werden von uns alle die Vorschläge bekommen.

(Dr. Gerhard Papke [FDP]: Tolle Vorschläge! – Weitere Zurufe von der SPD)

Auf die WestLB komme ich noch. – Herr Kollege Papke, Sie brüsten sich immer mit Ihrer Wirtschaftskompetenz. Vielleicht sollten Sie auch einmal etwas zur Quote der eigenfinanzierten Investitionen sagen.

(Gisela Walsken [SPD]: Ja, das ist span- nend!)

Die fahren Sie in der mittelfristigen Finanzplanung von 7,1 % – das sind nur 3,7 Milliarden € – sogar auf 6,4 % im Jahr 2012 herunter. Meine Damen und Herren, an der Stelle müsste umgesteuert werden, mehr in die investiven und weniger in die

konsumtiven Ausgaben. Herr Kollege Papke, das haben Sie uns doch früher immer vorgehalten. Jetzt können Sie uns zeigen, wie es geht.

(Beifall von der SPD)

Gerade jetzt wäre es nötig und wichtig. Sie wollen doch die Konjunktur unterstützen. Das ist doch die neue Marschroute des Ministerpräsidenten. Warten wir einmal auf Ihre Vorschläge. Bisher habe ich nichts von Ihnen gehört. Auch dem Haushalt ist nichts zu entnehmen.

Meine Damen und Herren, Herr Ministerpräsident, apropos „Anti-Rezessions-Programm“, das Sie sich doch auf die Fahnen geschrieben haben: Statt im Landeshaushalt umzusteuern, verkünden Sie ein Anti-Rezessions-Programm, bei dem Sie die politische Verantwortung vor allem nach Brüssel und Berlin delegieren. So stand es denn auch am Tag nach Ihrer Pressekonferenz in der Zeitung zu lesen.

(Wolfgang Jörg [SPD]: Lesen kann er auch nicht!)

Ich zitiere den „General-Anzeiger“, der in einer Überschrift urteilt: Aufträge an Steinbrück, Brüssel und die OECD. – Die „Neue Westfälische“ schreibt: Im Westen nichts Neues. – Meine Damen und Herren, das stimmt.

(Beifall von der SPD)

Aber in Wahrheit ist es noch schlimmer. Denn es ist nicht nur billig, etwas auf andere abzuschieben, sondern es ist auch noch schädlich. Denn jeder, der etwas von Wirtschaft versteht, weiß, dass es gefährlich ist, eine wirtschaftliche Krise herbeizureden. Kenner wissen, dass Wirtschaft mindestens zu 50 % von Psychologie abhängt. Da haben Sie ihr großen Schaden zugefügt, Herr Ministerpräsident.

(Beifall von der SPD)

Sie haben diese Botschaft in den letzten Tagen über mehrere Kanäle verbreitet. Ich habe alles sehr aufmerksam gelesen. Wie bei der Kollegin Sommer erschließt sich der Sinn mancher Ihrer Ausführungen nicht beim ersten Lesen. Aber wir haben ja die Presseschau, in der wir es noch einmal genau nachlesen können.

Mit Erlaubnis des Präsidenten darf ich aus Ihrem Interview im „Morgen-Echo“ auf WDR 5 vom 18. August zitieren: Wir wissen ja noch nicht, ob es eine Rezession gibt. Ich glaube übrigens nicht daran, dass es eine Rezession gibt.

Auf die Frage, warum Sie dennoch ein Programm fordern, antworten Sie im weiteren Verlauf: Es soll

verhindern, dass wir in eine Rezession hineinrutschen. Das Problem bei diesen Konjunkturabläufen ist, dass es teilweise sich selbst verstärkende Effekte gibt. Meine Aussage, dass ich nicht an eine Rezession glaube, hat damit zu tun, dass die Grunddaten der Wirtschaft sich ja weltweit nicht verändert haben.

Was denn nun? Sie müssen sich schon entscheiden, ob Sie unverändert eine gute Wirtschaftslage erwarten oder eine Rezession befürchten. Sie müssen sich schon entscheiden, Herr Ministerpräsident!

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Es kommt noch besser: Während Sie ein AntiRezessions-Programm fordern, habe ich noch einmal in die mittelfristige Finanzplanung geschaut, Herr Finanzminister. Sie sehen es sehr optimistisch. Jedes Jahr rechnen Sie mit deutlich steigenden Steuereinnahmen, und zwar pro Jahr bis 2012 mit durchschnittlich 4,1 % mehr Steuern. Der Finanzminister rechnet offensichtlich mit lang anhaltendem, stabilem wirtschaftlichem Aufschwung, Sie malen eine Rezession an die Wand. Stimmen Sie sich eigentlich im Kabinett irgendwann auch einmal ab?

(Beifall von der SPD)

Herr Ministerpräsident, auch wenn Sie sich nicht zwischen Rezession und Doch-Nicht-Rezession entscheiden können, könnte die Stimmung nach Ihrem Empfinden besser sein. Deshalb fänden Sie es auch – ich zitiere weiter wörtlich – ungeheuer befreiend, wenn man sich jetzt in der Großen Koalition auf ein gemeinsames Paket einigen könnte.

Herr Ministerpräsident, wie soll dieses Paket denn aussehen?

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Groß!)

Im Interview erfahren wir davon nichts. Dort geht es darum – ich zitiere –, dass Sie es ablehnen, ein Geld für irgendwelche Sachen auszugeben.

Das heißt, dass Sie auch die Vorschläge des DGB in Nordrhein-Westfalen für ein Konjunkturprogramm ablehnen. Statt dessen schlagen Sie drei Punkte vor, mit denen Sie offensichtlich kurzfristig die Stimmung verbessern wollen, damit wir nicht in die Rezession hineinrutschen:

Erstens eine preisgünstige, sichere, nachhaltige Energieversorgung.

(Gisela Walsken [SPD]: Wow! Das bringt uns nach vorne!)