(Beifall von Ralf Witzel [FDP] und Rudolf Henke [CDU] – Zuruf von der SPD: Schluss mit Pieper-von Heiden!)
Ich bitte die Abgeordneten, sich an die Redezeiten zu halten. Sie haben ja unter Umständen – nein, Sie jetzt nicht mehr – noch einmal Gelegenheit, sich hier zu äußern. Wir haben eine lange Tagesordnung und müssen die Zeiten ein bisschen einhalten. Ich habe die herzliche Bitte, das zu berücksichtigen. – Frau Löhrmann von den Grünen, bitte schön, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Debatte hat für mich eine Dimension, die jenseits des fachlichen Streits über die richtige Schulform und das Beste für die Kinder liegt.
Diese Debatte hat auch folgende Dimension: Nachdem wir vor der Sommerpause über Chaos und schlechtes Krisenmanagement beim Zentralabitur gesprochen haben und die Ministerin ziemlich „angerumpelt“ in die Sommerpause gegangen ist, hat sie die eine oder andere Stützmaßnahme erfahren. Ich würde gründlich auswerten, ob Sie die Aufgabenstellung nachjustieren müssen, Frau Sommer; denn ich habe nicht den Eindruck, dass diese Maßnahmen Sie für Ihr Amt qualifiziert haben.
Ich meine das gar nicht lustig. Wir haben in der Tat nicht diesen Eindruck. So, wie wir die Ministerin eben erlebt haben – mit der Mischung, wie sie aufgetreten ist –, fragen wir uns schon, ob das die Ministerin ist, die am richtigen Platz ist, um hier in Nordrhein-Westfalen die wichtigste Aufgabe in den Landesressorts zu übernehmen.
Ich wundere mich, dass der Ministerpräsident bei dieser Debatte nicht anwesend ist. Ich bin mir aber sicher, dass er sie nachlesen wird. Inzwischen finde ich es nämlich auch verantwortungslos, dass der Ministerpräsident Frau Sommer das zumutet, was er ihr hier zumutet. Ich finde das aus Sicht des Ministerpräsidenten verantwortungslos,
weil das nicht gut für sie ist und weil das natürlich vor allem nicht gut für die Kinder, für die Schulen und die Weiterentwicklung unseres Schulsystems in Nordrhein-Westfalen ist. Ich sage es noch einmal: Es ist das wichtigste Ressort der Landespolitik. Es ist die wichtigste Zukunftsaufgabe, die wir hier zu gestalten haben.
Die Beiträge der Regierungsfraktionen bei dieser Debatte waren reine Ablenkungsmanöver. Sie haben an den Themen vorbei gesprochen, denn Sie haben die alten Muster wiederholt.
Von der FDP spreche ich gar nicht, aber von Ihnen, Herr Kaiser. Sie haben Muster wiederholt, die Sie vor 20 Jahren geprägt haben. Wir sind aber weiter, und Sie sind stehen geblieben.
Dafür gibt es auch noch einen anderen Beleg. Während wir erwartet hatten, dass die Pressekonferenz zum Schuljahresauftakt stattfindet, hat Frau Ministerin zusammen mit Herrn Wüst mühsam Plakate geklebt. Von diesen Plakaten Ihrer „Super-Kampagne“, die ja im ganzen Land geklebt werden sollten, habe ich in ganz NordrheinWestfalen noch kein einziges Plakat gesehen.
Das ist ja die zweite Schulkampagne von der CDU, die vor Ort nicht geklebt wird; denn auch Ihre Leute vor Ort sind weiter. Auch Ihre Leute vor Ort wollen eine andere Schul- und Bildungspolitik
als die Politik, die Sie in Ihrem Vertrag aufgeschrieben haben – den die Ministerin ja so gar nicht wollte. Insofern muss sie etwas tun, was sie in der Sache noch nicht einmal richtig findet. Deswegen kann sie eigentlich auch nur scheitern. Daher tut sie mir ja auch leid.
Die Menschen sind aber weiter. Deswegen verfängt Ihre Kampagne nicht. Deswegen verfängt dieses absurde Ablenkungsmanöver gegen die Gesamtschulen nicht; denn die Gesamtschulen sind inzwischen in vielen Orten eine beliebte Schulform, die sich auf Augenhöhe unter den gleichen Bedingungen bewährt. Warum kämpfen Sie sich da ab? Die Menschen sind weiter!
Ich frage Sie auch: Lesen Sie die zahlreichen Leserbriefe, die aufgrund dieser Berichterstattung vorletzte Woche erschienen sind, eigentlich genauso intensiv wie die Überschriften?
Die Menschen sagen doch: Hört auf mit dem Streit! – Sie produzieren den Streit. Sie produzieren die Schulkämpfe – nicht mehr diese Seite des Hauses.
Deswegen sage ich in aller Deutlichkeit – der Ministerpräsident wird ja auch das nachlesen –: Solange Frau Ministerin Sommer das tut, was sie tut, und solange die CDU und die FDP sich in der Bildungspolitik nicht auf den Weg machen, um die gleiche Weichenstellung vorzunehmen, die die Menschen vor Ort wollen, so lange wird die Schulpolitik die Achillesferse dieser Landesregierung sein.
Das soll uns eigentlich recht sein. Für die Sache ist es aber schlecht, zwei wertvolle Jahre zu verlieren. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Löhrmann. – Für die Landesregierung erhält erneut Frau Schulministerin Barbara Sommer das Wort.
Zum zweiten Mal: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Löhrmann, ich danke Ihnen dafür, dass Sie so an meine Gesundheit denken, und für all das, was Sie mir gerade so persönlich gesagt haben.
Gestern habe ich Ihnen gesagt, dass es Sie wie ein Schatten verfolgen wird, Frau Schäfer. Sie sind es gewesen, Sie haben die Kluft vergrößert. Sie haben es zu verantworten, dass in NordrheinWestfalen die soziale Herkunft über den Bildungserfolg entschied. Das ist Ihre Bilanz.
Haben Sie nie ein schlechtes Gewissen gehabt, wenn junge Leute beim Vorstellungsgespräch hören mussten – und so ist es gesagt worden –: Du kommst ja nur von der Gesamtschule, das ist doch ein leichteres Abitur!?
Das hat es doch alles gegeben. Hören Sie doch einmal hin, Frau Kraft! Oder sind Sie inzwischen gefangen in Ihrem engen Korridor von lauter Schulstruktur? Hören Sie doch mal hin! Wenn Sie in diesem Land etwas werden wollen, dann hören Sie hin!
Sie wagen es, mir zu unterstellen, ich würde eine Schulform diskreditieren. Das Gegenteil ist der Fall. Ich lege meine Hände nicht in den Schoß. Ich will und ich werde den Gesamtschulen helfen.