Protokoll der Sitzung vom 27.01.2016

(Beifall von der FDP und Hans-Willi Körfges [SPD])

Vielen Dank, Herr Kollege Lürbke. – Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Jäger das Wort.

Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Meine Damen und Herren! Ich sage eines direkt vorweg: Videobeobachtung im öffentlichen Raum ist kein Allheilmittel. Sie kann nur ein Baustein sein, um insbesonde

re in begrenzten Bereichen für zusätzliche Sicherheit zu sorgen.

Um auch das klar zu sagen, Herr Herrmann: Eine solche Videobeobachtung im öffentlichen Raum ist auch nur dann sinnvoll, wenn sie – das sagt § 15 Polizeigesetz mit aller Deutlichkeit – in Kriminalitätsschwerpunkten eingesetzt wird. Es sollte keine Verdrängung in andere Bereiche stattfinden. Wichtig ist außerdem: Die Polizeibeamtinnen und -beamten müssen das Geschehen vor Ort sozusagen live beobachten können. Man muss in der Lage sein, kurzfristig Polizeikräfte zuzuführen, um Straftaten zu unterbinden oder zumindest zu mildern.

Bevor es überhaupt so weit kommt, muss eine Kreispolizeibehörde in den engen Grenzen unseres Polizeigesetzes – das gut ist, weil es solche engen Grenzen setzt – prüfen, ob die Voraussetzungen für eine solche Videobeobachtung im öffentlichen Raum überhaupt gegeben sind. Ich sage noch einmal ganz deutlich: Es muss ein Raum sein, in dem regelmäßig Straftaten stattfinden.

Diese Entscheidung, ob eine Beobachtung im öffentlichen Raum stattfindet, trifft die Behördenleitung, also der Polizeipräsident, oder der Landrat bzw. die Landrätin vor Ort. Von dieser Möglichkeit des § 15a Polizeigesetz machen zurzeit nur zwei Behörden Gebrauch, nämlich in Düsseldorf und in Mönchengladbach. Frau Düker und Herr Bialas haben schon darauf aufmerksam gemacht, wie erfolgreich diese Videobeobachtung im öffentlichen Raum gerade hier an der Bolkerstraße in der Altstadt ist.

Herr Minister, entschuldigen Sie. Würden Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kollegen Herrmann zulassen?

Ja, gerne.

Vielen Dank, Herr Minister, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Sie betrifft exakt den Punkt; da geht es nämlich um die Düsseldorfer Altstadt. Frau Düker hat das eben ausgeführt, und Sie sagen auch, das sei erfolgreich.

Sicherlich kennen Sie Ihren eigenen Evaluationsbericht, in dem es heißt, dass die Zahl der Straftaten seit Jahren schwankend ist. Es ist aber kein Rückgang zu verzeichnen, sondern teilweise sogar eine Steigerung.

Insofern frage ich: Wo ist der Sinn der Videoüberwachung in Düsseldorf, wenn die Zahl der Taten in der Summe nicht zurückgeht?

Herr Herrmann, Sie müssen diesen Evaluierungsbericht ganz lesen.

(Frank Herrmann [PIRATEN]: Haben wir!)

Es geht nicht nur um die Quantität, sondern vor allem auch um die Qualität.

(Frank Herrmann [PIRATEN]: Leichter ge- worden! Anzahlmäßig gestiegen, aber leich- ter!)

Wir haben an der Bolkerstraße insbesondere an den Wochenenden die Situation, dass angetrunkene Personen zu Körperverletzungen neigen und das dann unter der Kamera ausüben bzw. ausleben. Natürlich ist es im Rahmen der Gefahrenabwehr Aufgabe der Polizei, dann unmittelbar einzuschreiten.

Unabhängig davon, ob Zahlen steigen oder nicht steigen – sie sind in der Tat schwankend –, geht es vor allem darum, Dritte vor größeren Verletzungen oder größeren Übergriffen zu schützen. Das geht nur dann, wenn beispielsweise durch eine Videobeobachtung, die nur ein Mosaikstein in einem solchen Raum ist, die Polizei Kenntnis von diesen Straftaten bekommt und dann unmittelbar einschreiten kann.

Wären Sie vielleicht einmal Betroffener in der Bolkerstraße und würden angegangen – was ich Ihnen wirklich nicht gönne, Herr Herrmann –, dann wären Sie froh, dass durch diese Videobeobachtung unmittelbar Polizeikräfte zugeführt werden können.

Wenn es eine solche Entscheidung einer Polizeibehörde zur Videobeobachtung im öffentlichen Raum gibt, wird regelmäßig der oder die Landesbeauftragte für Datenschutz in die Entscheidungsfindung einbezogen.

Entscheidend ist darüber hinaus, dass eine solche Einrichtung nur für ein Jahr gilt; sie darf nur auf ein Jahr begrenzt sein. Die Behörde ist nach unserem Polizeigesetz dazu verpflichtet, diese Maßnahme zu dokumentieren, und sie muss jeweils eine Verlängerung um ein Jahr aussprechen. Herr Herrmann, ich finde, diese Befristung ist wichtig. Es ist erforderlich, dass in regelmäßigen Abständen die Erforderlichkeit und die Verhältnismäßigkeit sowie der Erfolg einer solchen Maßnahme evaluiert werden müssen.

Damit erfüllt diese Videobeobachtung tatsächlich ihren Zweck, nämlich die Gefahrenabwehr, dass die Polizei bei drohenden oder begangenen Straftaten unmittelbar einschreiten kann. Das ist im nordrheinwestfälischen Polizeigesetz mit klaren Kriterien und mit einem engen Korridor gut angelegt. Diesen Korridor wollen wir jetzt zusätzlich nutzen. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. – Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Die antragstellende Piratenfraktion hat direkte Abstimmung über den Inhalt des Antrags Drucksache 16/10785 beantragt. Dazu kommen wir jetzt. Wer stimmt für den Antrag der Piratenfraktion? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Ich stelle fest, dass der Antrag der Piratenfraktion Drucksache 16/10785 mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP gegen die Stimmen der Piratenfraktion mit großer Mehrheit abgelehnt worden ist.

Ich rufe auf:

7 Sofortprogramm Sicherheit in Bussen und

Bahnen – Die Landesregierung ist gefordert

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/10794

Entschließungsantrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/10886

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner für die antragstellende CDU-Fraktion Herrn Kollegen Rehbaum das Wort. Bitte, Herr Kollege.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

(Unruhe – Glocke)

Entschuldigen Sie, Herr Kollege. Ich darf die Kollegen der spontanen Gesprächsrunde dort vorne doch bitten! – Danke schön. – Bitte, Herr Kollege!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! „Pöbeleien gegen das Personal im Niers-Express“, heißt es in der „Rheinischen Post“ vom 24. Januar 2016. „Schaffner werden von Schwarzfahrern aufs Übelste beschimpft“ schreibt die „Rheinische Post“ vom 24. Januar 2016. „Versuchte Vergewaltigung im Regional-Express“ steht in der „Westdeutschen Zeitung“, ebenfalls vom 24. Januar 2016. Hinzu kommen diverse Berichte über Diebstähle in SBahnen.

Das sind Schlagzeilen der vergangenen Tage. Ich könnte noch weiter zurückgehen und Hunderte Schlagzeilen der letzten Monate über Kriminalität im Umfeld des ÖPNV zitieren. Aber dann würden die fünf Minuten Redezeit sicherlich nicht ausreichen.

Fakt ist, dass die Lage für Fahrgäste und Personal in nordrhein-westfälischen Bussen und Bahnen unsicherer geworden ist. Bereits 2014 hat die GDL, die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer, eine

Warnmeldung herausgegeben und von rund 1.000 Angriffen auf Zugbegleiter pro Jahr in NordrheinWestfalen gesprochen.

Meine eigenen Erfahrungen als Vorgesetzter einer Dienstgruppe von Zugbegleitern decken sich damit: Es gibt Beschimpfungen, das Bespucken von Zugbegleitern, auch Angriffe – das komplette Programm. An dieser Stelle ist es gut und richtig, dass wir den Zugbegleitern einmal dafür danken, dass sie trotz dieser Umstände ihren Dienst stets besonnen und professionell durchführen.

(Beifall von der CDU und Minister Michael Groschek)

Die Zugbegleiter stehen oft ziemlich alleine da. Deswegen fordern wir Verstärkung, Unterstützung und mehr Respekt für die Zugbegleiter in NordrheinWestfalen.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Etwa 6 Millionen Menschen nutzen jeden Tag Busse und Bahnen. Sie sind auf die Verlässlichkeit des Verkehrsangebotes ebenso angewiesen wie auf die Sicherheit während der Beförderung. Das bedeutet: Fahrgäste, Zugbegleiter und Fahrpersonal brauchen das gute Gefühl der Sicherheit in den Verkehrsmitteln. Dies zu gewährleisten, ist eine gemeinsame Aufgabe und grundsätzliche Verpflichtung des Staates und der Verkehrsunternehmen.

Ich betone: Es ist eine gemeinsame Aufgabe. Keine Seite darf sich hier zurücknehmen. Die Verkehrsunternehmen müssen jedoch finanziell in die Lage versetzt werden, für die Sicherheit in den Bahnen zu sorgen.

Laut Bundespolizei ist in vielen Fällen das Wissen der Täter, unbeobachtet und anonym zu sein, ein begünstigender Tatauslöser. Jeder weiß, dass Videoüberwachung in Bus und Bahn abschreckend wirkt und bei der Aufklärung von Straftaten hilft. Das kann im Grunde auch jeder Geschäftsführer eines Verkehrsunternehmens bestätigen, der Videoüberwachung in seinen Zügen und Bussen eingeführt hat. Wer also hier die Videoüberwachung ablehnt – wir hatte gerade die Debatte –, der sollte seine Meinung im Hinblick auf Bus und Bahn doch noch einmal sehr genau überdenken.

Außerdem muss die Videoüberwachung verstärkt an Haltestellen und Bahnhaltepunkten nachgerüstet werden, und zwar nicht nur an den großen Bahnhöfen, sondern auch an den kleinen Bahnhaltepunkten im ländlichen Raum. Dies dient nicht nur der Abschreckung und Aufklärung, sondern gibt den Fahrgästen ein subjektives Sicherheitsgefühl; denn auch hier liegt Nordrhein-Westfalen sehr weit hinten.

Es gab eine Untersuchung der „Allianz pro Schiene“. In dieser Untersuchung steht NordrheinWestfalen beim Punkt „Subjektives Sicherheitsempfinden an Bahn- und Bushaltepunkten“ auf dem 14. Platz von 16, und damit weit hinter den Stadt

staaten, bei denen man das eigentlich erwarten würde.

Darüber hinaus benötigen wir eine verstärkte persönliche Präsenz von Sicherheitskräften in Bussen, Bahnen und Bahnhöfen. Wichtig ist, dass uniformiertes Personal in den Verkehrsmitteln vorhanden ist, das den Fahrgästen auch nach Anbruch der Dunkelheit ein besonderes Gefühl der Sicherheit vermittelt. Wenn man die Zugbegleiter selbst fragt, sagen diese, das Wichtigste für sie wäre eine Doppelbesetzung während der Nachtstunden.

Leider haben in den letzten Jahren auch Busfahrer zunehmend mit Gewaltattacken zu tun. Auch hier muss dringend gehandelt werden. Wir schlagen ein Testprogramm mit Fahrerschutzkabinen in Schwerpunktgegenden vor. Ich weiß, das wird im Kreis Unna bereits ausprobiert.

Flankierend benötigen wir in Nordrhein-Westfalen ein Sicherheitskonzept für den ÖPNV in Gänze, welches auch die neuen Herausforderungen im Bereich der inneren Sicherheit abdeckt und ihnen gerecht wird. Ein solches Konzept sollte die Landesregierung zügig gemeinsam mit den Zweckverbänden erarbeiten.