Protokoll der Sitzung vom 27.01.2016

(Norbert Meesters [SPD]: Da fällt mir kein Zwischenruf mehr ein!)

Wir brauchen mehr Hochwasserschutz und mehr Umsetzung statt neuer Bürokratie!

(Beifall von der CDU)

Bei allen berechtigten Anliegen des Gewässerschutzes müssen die Kosten für Bürger, Wirtschaft und Staat im Rahmen bleiben. Sechs Seiten Ihres Einführungstextes widmen Sie den Kosten. Dabei gibt es da keine einzige Zahl, sondern nur unklare Aussagen. Entweder schreiben Sie: „Der Aufwand wird durch Gebühren abgedeckt“, oder: „Die Kosten können noch nicht abgeschätzt werden.“ Die Vermutung bleibt: Am Ende wird es für die Gebühren- und Steuerzahler wieder richtig teuer werden. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Deppe. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Markert. Bitte schön.

Lieber Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit Menschengedenken wird kulturübergreifend nicht daran gezweifelt, dass Wasser ein absolut bedeutendes Element ist. Es war der griechische Philosoph Thales von Milet – ich habe das hier schon einmal ge

sagt –, der Wasser als den „Ursprung aller Dinge“ bezeichnet hat.

Herr Deppe, Sie haben zumindest am Anfang Ihrer Rede darauf hingewiesen und damit im ersten Augenblick die Hoffnung genährt, dass wir uns da einig werden könnten. Ich komme darauf aber gleich zurück. Die Hoffnung wurde leider wieder einmal enttäuscht.

Wasser ist deswegen so bedeutend, weil es in unserem Leben eine Funktion hat, die unser Überleben sichert. Neben der Temperatur ist es der entscheidende Faktor, das wissen wir heute, für das Überleben der Menschheit.

Deswegen ist es so wichtig, dass wir dem Schutz des Wassers eine so hohe Bedeutung beimessen. Wasser ist nämlich zugleich gefährdet. Das ist bedauerlich, wenn wir uns vergegenwärtigen, dass wir jeden Tag anderthalb bis zwei Liter Trinkwasser zu uns nehmen sollten, um gesund zu leben. Wir brauchen also gesundes Trinkwasser.

Der Minister hat vorhin in seinen Ausführungen darauf hingewiesen: In Nordrhein-Westfalen gewinnen wir zum Teil aus Grundwasser, aber zu einem großen anderen Teil auch aus den Oberflächengewässern – nämlich zu 60 % – unser Trinkwasser.

Deswegen ist es aller Mühe wert, sich den Herausforderungen zu stellen. Das will dieser vorgelegte Gesetzentwurf. Er will sich den modernen Herausforderungen beim Gewässerschutz stellen. Er will zugleich allerdings auch darauf hinweisen und ermöglichen, die Handhabbarkeit der heutigen Gesetzgebung zu vereinfachen. Jeder, der einmal mit den Wassergesetzen – mit dem Landeswassergesetz, mit den Durchführungsverordnungen – zu tun gehabt hat, weiß, was für ein Wälzer das ist. Deswegen ist es für diejenigen, die damit tagtäglich umgehen müssen, gut, wenn die Lesbarkeit befördert wird.

Ich möchte aber ausdrücklich noch ein paar Stichworte nennen. Wir werden uns in den nächsten Wochen und Monaten in den Fachberatungen damit auseinandersetzen:

Auf den ersten Blick sind unsere Flüsse, unsere Gewässer ähnlich rein wie dieses Glas voll Wasser. Man kann durchschauen. Auf den zweiten Blick wissen wir aber, dass wir moderne, neue Herausforderungen zu bewältigen haben. Denken Sie an die Belastungen durch Mikroplastik. Der Film „Plastic Planet“ – ich habe gerade noch mit Sigrid Beer darüber gesprochen – veranschaulicht das ganz hervorragend: Mitten irgendwo auf dem Pazifik ein Segelschiff. Es wird eine Wasserprobe genommen. Das Meer sieht von oben betrachtet blau aus, so, wie wir unseren Planeten aus dem All gern sehen. Dann wird dieses Planktonnetz herausgezogen, und hinten können wir ein Glas voll Wasser mit ganz vielen Kunststoffabfällen sehen.

Unsere Kläranlagen sind nicht in der Lage, diese Plastikabfälle herauszufiltern. Sie müssen modernisiert werden. Am besten fangen wir nicht erst am Ende der Aufbereitung an zu schützen und zu klären, sondern wir müssen vermeiden. Wir müssen bei den Ursachen anfangen. Mir erschließt sich nicht, warum in vielen Kosmetika, in vielen Reinigungs- und Hygieneartikeln heute Plastikpartikel als Scheuermittel enthalten sein müssen. Sieben Bundesstaaten der Vereinigten Staaten von Amerika haben das übrigens inzwischen verboten.

Die zweite große Herausforderung ist die Medikamentenbelastung. Übrigens, wenn wir allein an die 600 Tonnen pro Jahr an Antibiotika denken, die in unserem Wasser landen und die wir auch herausfiltern müssen, müssen wir uns auch vergegenwärtigen, dass diese 600 Tonnen Antibiotika aus der Humanmedizin noch um das Dreifache übertroffen werden durch die Einführungen und Einträge von Antibiose aus der industrialisierten Landwirtschaft. Annähernd 1.800 Tonnen pro Jahr prophylaktische Tierversorgung! Das hat eben auch seine Konsequenzen: die Nitrateinträge, die Düngereinträge aus der industrialisierten Landwirtschaft, auch aus den Biogasanlagen.

Wir haben gerade in diesen Tagen einen Skandal – Herr Deppe, wir haben das im Umweltausschuss behandelt – an der Emmer, in die tagelang Einträge über einen landwirtschaftlichen Abwasserkanal hineingeflossen sind. Die Emmer ist auf anderthalb bis zwei Kilometern biologisch einfach tot. Das können wir nicht ignorieren. Da müssen wir anpacken.

Deswegen ist es auch richtig, uns den Themen beim Landeswassergesetz zu stellen – ambitioniert zu stellen – und die Gewässerrandstreifen zu diskutieren. Das ist eine Chance für den ländlichen Raum. Die 130.000 Angler, die da auch leben, warten darauf, dass wir hier Lösungen finden. Die Menschen, die da Erholung suchen, warten darauf, und die Menschen, die jeden Tag einen guten Schluck Trinkwasser aus der Leitung trinken wollen, warten auch darauf. Stellen wir uns also diesen Herausforderungen.

Herr Deppe, weil Sie eben von Eigentum gesprochen haben – Herr Präsident, ich komme zum Ende –: Eigentum verpflichtet auch. Wer Landwirtschaft betreibt, sollte sie in Zukunft auch so betreiben, dass wir unser Trinkwasser weiterhin genießen können. – Herzlichen Dank und gute Beratungen im Ausschuss.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Markert. – Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Busen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Beim Wassergesetz ist etwas

gelungen, was bei anderen Gesetzen von Herrn Minister Remmel nicht gelungen ist. Der Druck von den Industrieverbänden, von den Gewerkschaften und auch von der FDP hat zu einem Einlenken der Landesregierung geführt.

(Zuruf von der FDP: Sehr gut! – Zuruf von der SPD: Was die FDP geleistet hat!)

Der Bestand der Rohstoffindustrie in NordrheinWestfalen konnte durch die Änderung von § 35 damit gesichert werden. Das ist ein kleiner, aber wichtiger Erfolg für den Wirtschaftsstandort in NordrheinWestfalen, der seit Jahren unter dem rot-grünen Verbots- und Regulierungswahn beim Klimaschutz, beim Naturschutz oder bei Infrastrukturmaßnahmen leidet.

Trotzdem wird das neue Landeswassergesetz auch nach dem vorliegenden Entwurf zu erheblichen Bewirtschaftungseinschränkungen führen, etwa bei der Ausweitung – das ist hier mehrmals angesprochen worden – der Gewässerrandstreifen, der Beschränkung des Eigentümer- und Anliegergebrauchs, der Schaffung von Vorkaufsrechten, einem grundsätzlichen Abgrabungsverbot in Wasserschutzgebieten sowie der grundsätzlichen Befristung von Genehmigungen. Das sind ein weiterer Ausbau an Bürokratie, Bevormundung und ein bereits seit längerem feststellbarer mangelnder Respekt vor dem Eigentum, zum Beispiel bei den Gewässerrandstreifen.

Die Gewässerrandstreifen sollen von 5 m auf 10 m ausgeweitet werden. Wen trifft diese Maßnahme am härtesten, Herr Minister? Das sind die kleinen Betriebe, die Familienbetriebe, die Sie angeblich immer besonders stützen und schützen wollen. Wenn bei einem kleinen Hof von ungefähr 20 Hektar dadurch nur ein Hektar wegfällt, kann das schon richtig wehtun. Damit bleiben Sie weiterhin leider der Totengräber der kleinen bäuerlichen Familienbetriebe.

(Beifall von der FDP – Zuruf: Oh!)

Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Busen. – Für die Piratenfraktion spricht Herr Kollege Rohwedder.

Hanns-Jörg Rohwedder (PIRATEN) : Vielen

Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit diesem neuen Landeswassergesetz haben wir jetzt eine lohnende Herausforderung vor uns. Die europäische Wasserrahmenrichtlinie vereinheitlicht das europäische Wasserrecht und setzt den Mitgliedstaaten ein klares Ziel. Die Gewässer sollen innerhalb festgelegter Fristen bestimmte Umweltziele und den guten ökologischen Zustand erreichen. Eine Verschlechterung des Zustands ist zu vermeiden. Dabei verfolgt die Richtlinie einen

ganzheitlichen Ansatz. Flüsse, Seen, Küsten, Gewässer und Grundwasser sind als zusammenhängende Gewässersysteme zu betrachten und sollen grenzüberschreitend geschützt werden.

Dabei soll der gute ökologische und chemische Zustand aller natürlichen Oberflächengewässer,

Grundwässer sowie der künstlichen und natürlichen, aber auch der erheblich veränderten Gewässer in der EU erreicht werden. In allen Gewässern sollen wieder möglichst naturnahe Strukturen herrschen, wenig Schadstoffe vorkommen und damit auch die typischen Tiere und Pflanzen dort wieder leben können.

Das Wasserrecht, das bundesdeutsche Wasserhaushaltsgesetz, wurde durch diverse Änderungen, zuletzt durch eine Verordnung 2015 geändert. Daher muss das Landeswassergesetz in NordrheinWestfalen an das neue Wasserhaushaltsgesetz angepasst werden. Und das enthält jetzt zahlreiche Regelungsoptionen und Öffnungsklauseln für die Länder. Dadurch ermöglicht es ergänzende oder abweichende Landesregelungen.

Diese Möglichkeiten müssen mit dem Landesgesetz zur Konkretisierung und Verbesserung zum nachhaltigen Gewässer- und Grundwasserschutz jetzt genutzt werden. Denn der gute ökologische Zustand wird bisher nur im einstelligen Prozentbereich erreicht. Der gute chemische Zustand wird flächendeckend verfehlt. Man betrachte die Nitratbelastung: Deutschland hat nach Malta die höchste Nitratverschmutzung des Grundwassers innerhalb der EU.

In Nordrhein-Westfalen können deshalb bereits aus rund 40 % aller Grundwasservorkommen ohne entsprechende Aufbereitung kein Trinkwasser mehr gewonnen werden. Auch mehrere Tausend Hausbrunnen in Nordrhein-Westfalen überschreiten den EU-Grenzwert von 50 mg Nitrat pro Liter und können deshalb nur eingeschränkt genutzt werden.

Ein weiteres Beispiel ist die flächendeckende Überschreitung der Quecksilber-Umweltqualitätsnorm. Die Hauptquelle ist bis heute die Kohleverbrennung. Da auch sämtliche anderen Technologien zur Gewinnung fossiler Energieträger, darunter Erdgas aus Fracking, mit schädlichen Einträgen ins Oberflächengewässer und in das Grundwasser verbunden sind – zwangsläufig und unvermeidlich –, muss ein eindeutiges gesetzliches Frackingverbot ins Landeswassergesetz. Und es braucht einen schnellen Kohleausstieg.

(Beifall von den PIRATEN)

Es ist unsere Pflicht als nordrhein-westfälischer Landesgesetzgeber, über gesetzliche Regelungen im Landeswassergesetz bestimmte Benutzungstatbestände, Erdaufschlüsse, unterirdische Anlagen und weitere entsprechende Aktivitäten zu untersagen. Da hilft es dann auch, dass durch die 7. Novelle des Wasserhaushaltsgesetzes der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung unter Berücksichtigung

der Erfordernisse der Ökologie und des Klimaschutzes ausdrücklich aufgenommen wurden.

Die größte Herausforderung ist die Integration der Umweltziele in die verschiedenen Politikbereiche – Landwirtschaft, Forst, Raum- und Bauleitplanung, Verkehr, Naturschutz usw. Denn nur dadurch kann der Schutz der Oberflächengewässer, des Grundwassers und der Flüsse und letzten Endes damit auch der Meere wirksam erreicht werden.

Wir stimmen dieser Überweisung zu und freuen uns auf die Diskussion im Ausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Danke, Herr Kollege Rohwedder. – Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 16/10799 an den Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz – federführend – sowie an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk. Inzwischen haben sich die Fraktionen darauf verständigt zu empfehlen, den Antrag auch mitberatend an den Ausschuss für Kommunalpolitik zu überweisen. Wer möchte dieser Überweisungsempfehlung zustimmen? – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.

Ich rufe auf:

17 Neunzehnter Staatsvertrag zur Änderung