Vielen Dank, Frau Kollegin Schulze Föcking. – Für die SPDFraktion spricht Frau Kollegin Watermann-Krass.
Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der CDU fordert: Jetzt kümmert euch mal endlich! Jetzt müssen Regeln auf den Tisch! – Es waren viele warme Worte, die Sie hier an die Milchbauern und bäuerinnen richten, Frau Schulze Föcking. An anderen Stelle hören wir wiederum immer nur: Der freie Markt wird es richten – und wir würden mit den ganzen Verboten im Land doch dazu beitragen, dass es alles so schwierig sei.
(Zuruf von Christina Schulze Föcking [CDU] – Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU] – Zuruf von der FDP: Anträge werden gestellt!)
Nein, in sieben anderen Bundesländern ist ein ähnlicher Antrag gestellt worden, aber dadurch wird das auch nicht besser. – Dass sich die CDU hier mit warmen Worten schützend vor den kleinbäuerlichen Betrieb stellt, das ist wirklich ein doppeltes Spiel, denn gerade Sie haben doch dem Motto „Wachsen oder Weichen“ das Wort geredet. Dieses Motto haben Sie viel zu lange
Sie sind gleich dran – … und der Gründung einer Vermarktungsplattform für verschiedene Milchprodukte, wie Sie das nennen, geht doch an dem eigentlichen Problem völlig vorbei. Das Problem, das wir haben, ist doch: Wir haben einfach zu viel Milch. Trotz Quote haben die Bauern zu viel gemolken und mussten Strafe dafür zahlen.
Ja, aber deswegen ist doch diese Schlussfolgerung: „Wir brauchen eine Vermarktungsplattform“ eine falsche.
Sie haben recht: Der Preis ist desaströs; er liegt unter 28 Cent. Bei jedem Liter Milch ergibt das eine Unterdeckung von 10 bis 15 Cent – für viele Milchbauern ist das existenzbedrohend –, und das scheint sich in absehbarer Zeit offenbar auch nicht zu ändern.
Wir haben hier im Haus ein Fachgespräch mit Milchbauern, aber auch Genossenschaften, also Leuten aus der Milchwirtschaft, geführt. Es gab in diesem Gespräch zwei interessante Hinweise:
Die Molkerei FrieslandCampina hat – das ist bekannt – über einen gewissen Zeitraum eine Bonuszahlung geleistet. Sie hat den Landwirten mehr Geld angeboten, wenn sie nicht mehr lieferten. 60 % der Lieferanten haben sich dem angeschlossen. Ein anderes gutes Beispiel kam von der Upländer Molkerei. Sie vermarktet überwiegend Biomilch, aber auch da wurde noch einmal klar dargestellt: Sie sind eng bei dem Erzeuger, und das führt dazu, dass diese einen Auszahlungspreis von 49 Cent behalten.
Ich wünsche mir in diesen Molkereigenossenschaften selbstbewusste Genossinnen und Genossen in den Aufsichtsräten, damit endlich zukunftsorientierte neue Wege beschritten werden und unsere bäuerlichen Familienbetriebe eine Zukunft in diesem Land haben. Wir müssen endlich festgefahrene Denkmuster überwinden und, wie es uns einige Molkereien auch vorleben, etwas Neues wagen.
Ein schlechtes Beispiel – auch Sie werden heute die Fachpresse gelesen haben – kommt aus dieser besonderen Veranstaltung vom Deutschen Milchkontor. Das ist eine Molkerei aus meinem Kreis, dem Kreis Warendorf, die ständig gewachsen ist. Sie von der CDU behaupten, wenn Marktmacht gebündelt würde, könnten wir ganz anders gegenüber den Verhandlern auftreten. Ja, was lehrt und denn dieses Beispiel? – Das Deutsche Milchkontor hat den niedrigsten Auszahlungspreis.
Wie man jetzt lesen kann, ist es auf einer außerordentlichen Genossenschaftsversammlung weder gelungen, eine Mengensteuerung noch eine Lockerung der Kündigungsfristen bei den Lieferverträgen für die Milchviehbetriebe zu erreichen.
Zum Schluss: Wir sind ja – zumindest einige – auf dieser schönen Busreise nach Österreich unterwegs gewesen und haben uns Regionen angesehen, in denen Genussangebote präsentiert wurden. Wir waren auch in einer Molkerei. Das Auffällige daran war, dass es eine Molkerei war, die 13 verschiedene Milchprodukte in ihrem Sortiment hatte. Sie hatten aber auch Klassifizierungen.
Da gab es etwa Heumilch. Es war für diese Molkerei überhaupt kein Problem, verschiedene Milch einzusammeln und gesondert zu klassifizieren.
Ich komme zum Schluss. – Wir lehnen Ihren Antrag natürlich ab. Auf jeder Agrarministerkonferenz sind mögliche Kriseninstrumente im Milchsektor übrigens auch Thema. Insofern kann ich nur sagen: Ich glaube, wir müssen über ganz andere Dinge nachdenken, als Sie in Ihrem Antrag beschrieben haben. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Situation der Milchbauern ist natürlich exemplarisch für die Probleme der Landwirte. Der Kostendruck, die völlig überzogenen Auflagen, die Regulierung durch die rot-grüne Landwirtschaftspolitik
in Nordrhein-Westfalen und die teils völlig unrealistischen Erwartungen der Verbraucher tragen erheblich zu der schlechten Situation bei.
Es ist schon bemerkenswert, wenn man von Familienbetrieben hören muss: Da uns die Politik durch Kontrollwahn, Auflagen und Förderung des Preiskriegs den KO gibt, werden wir unseren Betrieb aufgeben müssen.
Die Familien auf den Höfen in unserem Land sind Leid gewohnt, aber inzwischen ist das Rad deutlich überdreht. Besonders deutlich wird dieses Dilemma bei der Milch. Gerade die Standardwaren H-Milch, Trinkmilch, einfacher Goudakäse oder Butter und Magerquark sind einfach in der Herstellung, und die Hersteller sind austauschbar. Daher ist der Preis das einzige Verkaufsargument, solange die Zahl der potenziellen Anbieter viel größer ist als die der Abnehmer.
Wir haben im Lebensmitteleinzelhandel in den vergangenen Jahren eine nahezu beispiellose Konzentration erlebt. Frau Schulze Föcking hat es vorhin angeschnitten: Fünf Unternehmen vereinen 85 % des Milchmarktes. Die Molkereien haben kaum Ausweichmöglichkeiten. Auf der einen Seite stehen fünf große Handelsunternehmen, auf der anderen Seite stehen mehr als 7.000 Anbieter. Das führt natürlich zu einem großen Ungleichgewicht in der Verhandlungsposition.
Verschärft wird diese Situation zudem durch die Entscheidung von Sigmar Gabriel, eine weitere Konzentration auf dem Lebensmittelmarkt gegen den Willen des Bundeskartellamts per Ministererlass zuzulassen.
Gemeinsames Auftreten gegenüber dem Lebensmitteleinzelhandel, wie es in diesem Antrag von der CDU gefordert wird, löst allein nicht die strukturellen Probleme am Milchmarkt.
Zu überprüfen wäre auch, ob das Genossenschaftsrecht noch zeitgemäß ist. Die Rechte der Mitglieder gegenüber den Genossenschaftsvorständen müssen wieder gestärkt werden. Das würde den Landwirten bei Verhandlungen mit den Molkereigenossenschaften zugutekommen.
Aber wenn sich durch den Antrag der CDU für die Landwirte eine Chance bietet, bessere Erlöse für die Milchbauern abzusichern, dann wäre es sträflich, nicht wenigstens den Versuch zu unternehmen.
Das sagt übrigens auch der Präsident des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt. Daher können wir dem Antrag zumindest als Versuch zur Verbesserung der Situation unserer Bauern zustimmen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Busen. – Nun spricht für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Rüße.