... SGB-II-Bezug: 8,91 €, Armutsschwelle: 10,74 €. Die Europäische Sozialcharta spricht bereits 2011 von einem Mindestlohn von 12,24 € pro Stunde. Das ist fast 50 % über dem jetzigen gesetzlichen Mindestlohn. Hier besteht Handlungsbedarf. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Sommer. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Dr. Walter-Borjans in Vertretung für Herrn Minister Schmeltzer.
„Erwerbstätige sollen von ihren Löhnen leben können und gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit erhalten.“
Die Verhinderung von Lohndumping, die Sicherung fairer Löhne und die Gleichstellung von Frauen und Männern bleiben auch weiterhin wichtige Ziele der Landesregierung. Das kann Politik aber nicht allein sicherstellen, sondern das ist auch eine wichtige Aufgabe der Tarifvertragsparteien – und das ist auch gut so.
Aufgabe der Politik ist es allerdings, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass das auch gelingt. Da haben wir schon einiges getan. Die Feststellung, die hier getroffen worden ist, ist richtig: Da ist aber auch noch einiges zu tun. Deswegen war es uns so wichtig, dass es endlich einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland gibt.
Herr Preuß, wenn Sie sagen, das alles sei verbunden mit großem Misstrauen gegenüber der Wirtschaft, dann frage ich mich: Wie kann es denn dann sein, dass dieser Mindestlohn solche Auswirkungen hatte und dass über eine Million Menschen davon profitieren, wenn alles andere vorher ohne jedes Misstrauen von selbst auch so gekommen wäre?
Ich glaube, hier spielt wieder das eine Rolle, was wir immer wieder erleben: Wenn man eine Regelung schafft, die bislang wohl noch nicht freiwillig eingehalten worden ist, wird das gleich als ein Generalverdacht dargestellt. In Wirklichkeit geht es darum, den Freiraum zu behalten, das Ganze so zu gestalten, wie man es für richtig hält.
Ein gesetzlicher Mindestlohn – ich stelle das klar – ist noch lange kein fairer Lohn. Er ist lediglich eine Untergrenze, über die man im Laufe der Zeit auch noch reden kann und reden muss. Aber immerhin war es ein ganz wichtiger Meilenstein, diese Untergrenze von 8,50 € überhaupt hinbekommen zu haben.
Faire Löhne müssen in Tarifverträgen ausgehandelt werden. Auch wenn ich in Vertretung des Kollegen Schmeltzer spreche, möchte ich an dieser Stelle als Finanzminister sagen: Wir sind doch gemeinsam der Auffassung, dass die Menschen das Existenzminimum verdienen und in der Lage sein sollen, mit ihrem Geld auskommen zu können. Es gibt aber Wirtschaftsbranchen, die keinen Mindestlohn zahlen wollen oder das nicht für nötig halten.
Daraus muss man doch die Schlussfolgerung ziehen, dass diese Branchen der Meinung sind, jemand anders als sie solle dafür aufkommen, dass die Arbeitnehmer ihren Lebensunterhalt finanzieren können. Wenn das aber nicht innerfamiliär geklärt wird, können das doch nur die Steuerzahler sein. Gerade von denjenigen, die eigentlich wollen, dass die Steuern noch weiter gesenkt werden, wird also immer wieder gefordert, dass hier die Steuerzahler eintreten sollen.
Genauso intensiv, wie wir uns in der Vergangenheit für die Einführung des Mindestlohns eingesetzt haben, werden wir auch die Umsetzung des Mindestlohngesetzes begleiten. Ich habe es eben schon gesagt, und es ist heute schon häufiger erwähnt worden: Immerhin profitieren davon eine Million Menschen in Nordrhein-Westfalen.
Dass die Zahl der Minijobs zurückgegangen ist und parallel ein Anstieg an sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen verzeichnet wird, spricht dafür, dass durch die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns erfolgreich Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen umgewandelt worden sind.
Jetzt geht es darum, das Ganze konsequent umzusetzen und fortzusetzen. Hierzu informiert die Landesregierung seit Ende 2014 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie die Unternehmen in Ergänzung zu den Angeboten des Bundes und der Gewerkschaften im Internet über die Hotline „Faire Arbeit“, aber auch auf anderen öffentlichkeitswirksamen Wegen.
Wir werden auch weiterhin dafür sorgen, dass die Arbeitsschutzverwaltungen in Nordrhein-Westfalen im Rahmen ihres Überwachungsauftrags, insbesondere bei Arbeitszeitkontrollen, die für die Überwachung des Mindestlohns zuständigen Behörden – insbesondere die Finanzkontrolle Schwarzarbeit – unterstützen und die gute Zusammenarbeit intensivieren.
Wir werden uns auf Bundesebene auch weiterhin dafür einsetzen, dass wir im Gesetzgebungsverfahren weiterkommen und dass die Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag zum Wohle der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in unserem Lande umgesetzt werden kann. Insofern ist das ein sinnvoller Antrag, der Unterstützung verdient und der dieses Ziel, das wir gemeinsam haben sollten, voranbringt. – Ganz herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Finanzminister. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit kann ich die Aussprache zu Tagesordnungspunkt 4 schließen.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/11425 an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales. Dieser Ausschuss erhält die Federführung. Die Mitberatung soll an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk gehen. Die abschließende Abstimmung erfolgt dann im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung. Möchte jemand gegen die Überweisung stimmen oder sich enthalten? – Das ist beides nicht der Fall. Dann haben wir so überwiesen.
Ich begrüße ganz herzlich Herrn Kollegen Ellerbrock von der FDP, der bereits am Rednerpult steht und jetzt auch das Wort erhält.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor welchen Herausforderungen stehen wir? Wir haben enorme Sozialtransfers zu bewältigen. Wir haben es mit einer maroden Infrastruktur zu tun: Straßen, Schiene, Wasserstraße, Breitband. Im Bildungsbereich haben wir enorme Investitionen zu tätigen: Schule, Hochschule, inklusive
Grundlagenforschung. Im Bereich der sozialen Verpflichtungen – zum Beispiel beim Wohnungsbau – liegt eine Menge an Aufgaben vor uns. Und die Punkte „Inklusion“ und „Flüchtlinge“ spielen in diesem finanziellen Zusammenhang noch nicht einmal die Hauptrolle.
Wie sollen wir das denn finanzieren? Einfach die Geldmaschine anzuwerfen funktioniert wegen der Schuldenbremse nicht mehr. Also sind wir auf eine florierende Wirtschaft mit Steuerzahlern angewiesen. Schwarze Zahlen für die Wirtschaft sind gute Zahlen; denn sie bedeuten Steuereinnahmen für den Staat, um die angesprochenen Dinge finanzieren zu können.
Warum jetzt ein Landesentwicklungsplan? – Der Landesentwicklungsplan soll erwünschte Entwicklungen fördern und unerwünschte Entwicklungen verhindern. Im Landesentwicklungsplan müssen wir allgemeinverständliche Formulierungen finden, um so deutlich Ja zur steuerzahlenden Wirtschaft, zum selbstständigen Handwerk usw. zu sagen. Es reicht nicht aus, dass das, was im Landesentwicklungsplan steht, richtig ist, sondern wir haben auch die Aufgabe, dass es von der anderen Seite richtig verstanden wird. Daran hakt es beim Landesentwicklungsplan aber immer noch in großem Umfang.
Ein Beispiel sind die Häfen und die Flughäfen. Die Rheinhäfen haben wir insgesamt als „landesbedeutsam“ definiert. Über die Häfen am Kanal wird jedoch gar nichts gesagt: weder über Nachbarschaftsschutz noch über Ziele.
Sicherlich ist das allgemeine Ziel „Nachbarschaftsschutz“ enthalten; das kann der Minister gleich darstellen. Nur wird das vor Ort nicht so verstanden. Wir haben die Aufgabe, das Ganze verständlich zu formulieren, auch wenn wir mit dem Landesentwicklungsplan eine Norm einführen. Daran müssen wir noch eine Menge tun.
Meine Damen und Herren, wir tun gut daran, unsere Wirtschaft zu fördern – Logistik ist ein wesentlicher Bestandteil davon – und Nachbarschaftsschutz zu gewährleisten. Das gilt gerade bei den Kanalhäfen; denn die Kanalhäfen leisten einen wichtigen Beitrag zur Mobilisierung von Brachflächen, die in den Büchern der Unternehmen der Umgebung mit hohen Werten fixiert sind. Diese Werte können aber nicht realisiert werden, also werden die Flächen gar nicht verkauft.
Wir müssen den Häfen – ebenso wie den Flughäfen – ihre Entwicklungschancen geben und planerisch sichern; wir müssen alles tun, damit andere konkurrierende Nutzungen die Hafennutzung nicht erschweren oder gar unmöglich machen.
Herr Minister, das wäre eventuell eine Formulierung, die wir laufend aufgreifen könnten. Das gilt für alle Häfen, nicht nur für die Rheinhäfen.
Schauen wir uns die Flughäfen an. Bei den Flughäfen ist klar: Es gibt drei ganz wichtige Flughäfen; das sind Düsseldorf, Köln und auch Münster mit der Vernetzung nach Frankfurt, München und in besonderem Maße nach Istanbul. Dieser Flughafen verzeichnet eine Größe von 800.000 Passagieren. Paderborn/Lippstadt hat eine ähnliche Größenordnung; Weeze und Dortmund haben 1,9 Millionen Passagiere.
Und denen wollen wir letztendlich Entwicklungschancen nehmen oder sie begrenzen? – Nein, das kann nicht richtig sein. Wer Ja zur steuerzahlenden Wirtschaft sagt, der wird auch sagen: Wir müssen weg von der einschränkenden Funktion, nach der das eine landesbedeutsam ist und das andere nicht. Vielmehr sind alle landesbedeutsam; alle sind wichtig. Deswegen müssen wir hier zu Änderungen kommen. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal: Der LEP ersetzt keine Konzepte im Bereich der Flughafen- und Hafenpolitik.
Deshalb gibt es die gute Nachricht vorneweg: Die Landesregierung bietet den Kommunen die Option, ihre Häfen und Flughäfen weiterzuentwickeln. Die Option ist da – es gibt keine Bremse, es gibt auch keinen Stopp. Die Landesregierung ermöglicht mit diesem LEP eine vernünftige Entwicklung.
Wir beschäftigen uns in diesen Tagen mit dem Hafenkonzept. Zur Veranstaltung wurde bereits eingeladen. Im Ausschuss sind schon erste Hinweise zum Hafenkonzept gegeben worden. Darin steht ausdrücklich, dass das Hafenkonzept mit diesem LEP synchronisiert ist. Das heißt, alles, was da drinsteht, bezieht sich auf das Hafenkonzept. Für alle in Nordrhein-Westfalen besteht die Möglichkeit, ihre Häfen zu entwickeln.
Beim Flughafenkonzept ist das anders. Der LEP bezieht sich auf das Luftverkehrskonzept, das leider nicht mehr so aktuell ist. Wir haben uns bisher darauf verständigt und halten es auch für richtig, dass ein