Ich fordere die Landesregierung auf: Akzeptieren Sie die Lebenswirklichkeit junger Menschen. Akzeptieren Sie das Mobiltelefon als Teil der Lebenswirklichkeit junger Menschen.
Denn leider – und das ist traurig – haben viele Schulen in diesem Land eine andere Wirklichkeit. Da werden Handys verboten bzw. weggeschlossen. Da gibt es restriktive Nutzungsordnungen für Handys, in denen geregelt ist, wann ein Handy aus der Tasche darf und wann nicht.
Was es dort nicht gibt, sind pädagogische Konzepte. Es geht sogar so weit, dass Lehrer das Handy heimlich in den Unterricht einbinden müssen, weil es eigentlich an ihrer Schule verboten ist. Da frage ich mich: Wo sind wir denn da? Im 21. Jahrhundert sind diese Schulen auf gar keinen Fall.
Wenn das alles nicht stimmt, liebe Kollegen von den Grünen, dann frage ich Sie ganz ehrlich, warum uns die Schülergruppen davon berichten. Dann frage ich beim nächsten Mal nicht: „Wer von euch hat kein Handy?“, sondern ich sage: Die Grünen haben gesagt, dass ihr uns hier alle anlügt. Wer von euch lügt uns denn hier an?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Frage ist doch: Wer muss sich wem anpassen? Muss sich der Schüler der Schule anpassen, indem er auf dem Schulhof das Handy ausmachen und wegstecken muss und es erst am Nachmittag wieder rausholen darf? Oder muss sich die Schule – und das sagt Rot-Grün bei vielen anderen Themen immer wieder; zum Thema „Inklusion“ könnte ich jetzt einiges sagen – nicht den Schülern anpassen?
Wie soll denn sonst – das ist eine Frage an Frau Löhrmann; Sie können sie mir gerne gleich beantworten – Ihr Konzept von „Bring your own device“ eigentlich funktionieren? Wie sollen die Schüler ihre eigenen Geräte mitbringen dürfen, wenn Schulen sich jetzt immer noch so restriktiv verhalten?
Ich appelliere an Sie, und wir appellieren in unserem Antrag: Werben wir alle gemeinsam dafür, dass den Schulen, in denen es generelle Handyverbote gibt, klar wird: Ein Handyverbot ist kein guter Ansatz für einen guten Unterricht und für eine moderne Bildungspolitik in der heutigen Zeit.
Stattdessen müssen sich Lehrer, Schüler und Eltern gemeinsam die Möglichkeiten erarbeiten, die diese Geräte bringen, und müssen Chancen und Risiken
gemeinsam an- und absprechen. Da gibt es ganz viel Potenzial. Dieses Potenzial sollten wir heben. Wir sollten die Handys nicht verbieten und verteufeln. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich anfange, möchte ich eine Vorbemerkung zur Überschrift des Antrags der Piraten machen. Ich zitiere die ersten Wörter:
Herr Marsching hat natürlich recht, wenn er sagt, dass das Handy das meistverbreitete Medium unter Jugendlichen von 12 bis 19 Jahren ist. Ungefähr 96 % der Jugendlichen in dieser Altersklasse besitzen ein Handy oder ein Smartphone. Das wird für viele, viele Zwecke benutzt. Das Telefonieren ist heutzutage eigentlich nur noch mehr oder weniger eine Randerscheinung. Musik kann abgespielt werden. Es kann gesurft werden, fotografiert und gefilmt, und das Ganze kann über Bluetooth oder Internet dann online gestellt werden.
Vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Ich kann Ihnen durchaus Schulen nennen, an denen das Handy nicht aus der Tasche geholt werden darf und an denen es nicht angemacht werden darf. Was verstehen Sie denn unter einem „generellen Handyverbot“, wenn nicht genau das?
Das ist schon eine hervorragende Überleitung zum nächsten Punkt. Denn ich werde als Erstes Punkte nennen, die für ein Handyverbot sprechen können. Da gibt es vier Argumente, die ich kurz skizzieren möchte.
Die Schulhöfe werden in den Pausen nicht mehr zum Spielen und zum direkten Kommunizieren genutzt, sondern die Schülerinnen und Schüler sehen dann auf ihr Display und gucken, was da los ist, welche Apps gerade on sind und welche Spiele gemacht werden können, und die direkte Kommunikation, die immer noch wichtiger ist als 24 Stunden online zu sein, geht verloren.
Zweiter Punkt: Cybermobbing spricht ebenfalls gegen eine generelle Freigabe der Handys und Smartphones in den Schulen. Die Fähigkeit, auf die Schnelle …
(Michele Marsching [PIRATEN]: Geht das nicht nach der Schulzeit? – Zuruf von den GRÜNEN: Das ist nicht nur akustisch so!)
(Michele Marsching [PIRATEN]: Kann man das nicht abends machen? Was hat Cyber- mobbing mit dem Handyverbot zu tun?)
Abends? Arturo Vidal ist gestern Abend „geflogen“ und hat einen Elfmeter für Bayern gekriegt. Das machen wir morgens in der Schule anders. Da erziehen wir die Schülerinnen zu Fairplay. Darum kann es einen Unterschied geben zwischen der Welt der Freizeit und der Welt der Schule.
Wir haben im Moment in Gütersloh ein Problem an den Schulen, wo eine videografierte Begegnung zwischen Jungen und Mädchen die Runde macht. Das ist wirklich relativ gefährlich. Daran ist eine 13-jährige Schülerin beteiligt. Dass da ein generelles Handyverbot zu dieser Zeit durchaus Sinn machen kann, ist für mich vorstellbar.
seien es die WhatsApp-Nachricht, eine SnapchatNachricht, Facebook-Statusabfragen, Candy Crush oder sonstige Dinge spielen.
Der vierte Punkt: Es gibt eine Untersuchung von zwei britischen Forschern, die die Leistung von Schülerinnen und Schülern vor und nach dem Handyverbot verglichen haben. In der Zeit, in der das Smartphone nicht benutzt werden durfte, stiegen die Leistungen um 6,4 %, und das nicht nur aktuell, sondern auch in der Testüberprüfung, in der Lernzielkontrolle bestätigten sich diese Ergebnisse.
Aber es gibt natürlich auch Argumente, die für den Einsatz von Handys in der Schule sprechen. Wie im Antrag der Piraten erwähnt, gehören die Smartphones und Handys zur Lebenswirklichkeit der Schülerinnen und Schüler und natürlich ist es die Aufgabe der Schule, die Lebenswirklichkeit der Schülerinnen und Schüler in die Schule zu holen und entsprechend pädagogisch zu thematisieren.
Mit der Nutzung der Smartphones bietet sich also eine riesige Chance, vor allen Dingen für Schulen, die eben nicht die Ausstattung haben an PCs, Laptops und Tablets. Smartphones können zur Recherche, sie können als Fotoapparat, sie können als Filmkamera etc. benutzt werden. Das wird teilweise in Schulen schon gemacht, wenn die Schulkonferenz darüber entschieden hat.
Fazit: Es geht nicht darum, Handy und Smartphone zu tabuisieren, sondern sinnvoll pädagogisch zu benutzen und zu thematisieren. Die Schule soll den Schülerinnen und Schülern den Umgang mit diesen Medien nahebringen.
Medienerziehung ist in der Lehreraus- und in der Lehrerfortbildung integraler wichtiger Bestandteil. Der Medienpass NRW ist ein geeignetes Mittel, um den Schülerinnen und Schülern die Medienkompetenz zu vermitteln. Wer auf der Internetseite der Medienberatung nachschaut, der findet sehr gute differenzierte Hinweise, Materialien und Links zum Thema „Handy- und Smartphone-Nutzung in Freizeit und Schule“.
Kurze Rede, langer Sinn: Der Antrag der Piraten greift ein wichtiges Thema auf, aber die Schulen brauchen keine Aufforderung der Landesregierung, um die Handy- und Smartphone-Nutzung im Unterricht zu thematisieren. In den Schulkonferenzen, die in den Schulen der Sek. I und Sek. II aus Lehrerinnen und Lehrern, Schülerinnen und Schülern und Eltern bestehen, wird darüber entschieden, ob und wie diese Medien, Handys und Smartphones in der Schule im Unterricht und darüber hinaus genutzt werden können.