Es gibt also sehr gute Gründe dafür, dass wir es nach der Beratung im Fachausschuss in Nordrhein-Westfalen genauso halten, wie die Kollegen in Niedersachsen das gemacht haben. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde: Ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss. – Danke schön.
Vielen Dank, Herr Kollege Meesters. – Für die Fraktion der CDU hat nun der Kollege Rainer Deppe das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit 1835 gilt der Wolf im Gebiet unseres Bundeslandes als ausgestorben. Damals lebten zwischen Rhein und Weser keine 2 Millionen Menschen. Anfang des 19. Jahrhunderts gab es noch große unbewohnte Gebiete. Es gab weder Strom noch Autos noch Eisenbahnen. Eingezäunte Weiden für Nutztiere waren nicht üblich. Die Nutztiere wurden tagsüber bewacht und nachts in die Ställe geholt.
Heute gelten weidende Pferde, Kühe, Schafe und Ziegen als erwünschte Form der Tierhaltung und geradezu als Musterbild einer intakten Kulturlandschaft. Da kann man nicht so tun, als ob der Wolf nur mal kurz weg war und Wölfe wieder unproblematisch in unsere zehn Mal so dicht besiedelte Kulturlandschaft passen.
(Beifall von der CDU und der FDP – Norbert Meesters [SPD]: Das machen wir ja auch Gott sei Dank nicht so!)
Die Tatsache, dass es wieder Wölfe in NordrheinWestfalen gibt, ist keineswegs ein Erfolg nordrheinwestfälischer Artenschutzpolitik, sondern zwangsläufige Folge einer wachsenden Wolfspopulation in Europa. Dass in kürzester Zeit die Wölfe bei uns in Nordrhein-Westfalen angekommen sind, zeugt vor allem vom rasanten Wachstum der Population. Heute haben wir nach Schätzungen des WWF 38 Rudel in Deutschland. Der ursprüngliche Lebensraum in Sachsen und Brandenburg mit unter 100 Menschen je Quadratkilometer ist zu eng geworden, die Nahrung zu knapp, und der Wolf ist gezwungen, sich über Niedersachsen bis in das am dichtesten besiedelte Bundesland auszudehnen.
Was heißt das? – Für die Betroffenen und Geschädigten hat er auf jeden Fall kein einziges Wort. Herr Remmel, warum sprechen Sie nicht einmal mit den Tierhalterfamilien, deren Schaf- und Ziegenlämmer, Fohlen und Kälber gefressen oder schwer verletzt wurden?
„Wölfe können nicht zwischen erlaubten und unerlaubten Beutetieren unterscheiden. Sie nehmen die Beute, die am einfachsten zu erreichen ist.“
Ausdrücklich schreiben Sie, dass Sie den Geschädigten keinen Rechtsanspruch auf Schadensausgleich gewähren wollen. Lediglich auf freiwilliger Basis und nur so lange, wie die Wölfe hier noch Einzelereignisse sind, wollen Sie für die vom Wolf gerissenen oder die vom Tierarzt notgetöteten Tiere entschädigen – mehr nicht.
Was ist denn mit den Behandlungskosten für verletzte Tiere? Was ist denn, wenn die verstörte Herde über Wochen im Stall gehalten werden muss? Was ist mit den Schafen, die verlammen? Was ist mit verschollenen Tieren? Was ist, wenn die Tiere in Panik ausbrechen und Unfälle auf Straßen und Schienen auslösen? – Darauf gibt es von Ihnen keine Antwort, bzw. es heißt: Löst eure Probleme selber.
Auch wenn wir aktuell nur über die ersten Einzeltiere sprechen, ist doch klar: Der Wolf wird sich kontinuierlich ausbreiten. Der NABU rechnet mit bald 80 Wölfen in Nordrhein-Westfalen. Die Frage der Begrenzung kommt also unweigerlich auf uns zu. Davor darf man die Augen nicht verschließen. Andere Länder in Europa haben bereits Regeln aufgestellt, mit denen sie die Zahl der Wölfe auch unter Beachtung des Anhangs IV begrenzen.
Die Landesregierung legt in ihrem sogenannten Wolfsmanagementplan für jedes ihr denkbar erscheinende Auftreten eines Wolfes bis ins Detail fest, wer zu benachrichtigen ist – und vor allem, dass nur das Ministerium befugt ist, die Öffentlichkeit zu informieren. Das hat mit Wolfsmanagement nichts zu tun.
Die Menschen in Nordrhein-Westfalen brauchen einen Wolfsmanagementplan, der seinem Titel auch gerecht wird. Die Menschen erwarten Aussagen, wie ihre Tiere vor dem Wolf geschützt werden sollen und wie die Landesregierung auf Dauer die mit dem Wolf neu auftretenden Probleme absichern will.
Herr Remmel, wer sich wie Sie zum Paten des Wolfes macht, kann sich vor den Schäden nicht drücken. Stehen Sie bitte zu Ihrer Verantwortung!
Vielen Dank, Herr Kollege Deppe. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt Herr Kollege Rüße.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es hat mich ein bisschen überrascht, Herr Busen, dass Sie diesen Antrag hier vorgelegt haben. Als ich noch einmal
in den Kalender geschaut habe, hat sich aber aufgeklärt, warum Sie diesen Antrag heute gestellt haben und warum wir morgen hier noch einen zweiten Antrag zur Jagd haben werden; denn heute Abend findet der alljährliche Parlamentarische Jägerabend statt. Offensichtlich haben Sie gedacht: Da muss ich mir noch irgendwie ein Empfehlungsschreiben zusammenbasteln.
Ich bin heute Abend verhindert und kann nicht kommen. Aber ich bin gespannt, ob es vielleicht dafür reicht, dass Sie heute Abend direkt an der Seite von Herrn Müller-Schallenberg sitzen dürfen.
Meine Damen und Herren, wenn man ein bisschen tiefer in die Materie schaut und Ihren Antrag etwas genauer liest, dann ist man sehr erstaunt über das, was Sie hier zusammengeschrieben haben; denn Ihr Antrag strotzt nur so vor Ahnungslosigkeit, finde ich.
Das beginnt bei der Frage, ob der Wolf ins Jagdrecht gehört. Wir haben das Jagdgesetz hier in NordrheinWestfalen intensiv diskutiert. Da habe ich nie gehört, dass der Wolf ins Jagdrecht aufgenommen werden soll. Das hat der Landesjagdverband nicht gefordert. Keiner hat das gesagt. Jetzt kommen Sie damit an. Weil man das in Sachsen gemacht hat und weil Ihre niedersächsischen Kollegen diesen Antrag gestellt haben, haben Sie gedacht: Das macht jetzt Sinn; dann machen wir das auch einmal. – Es ist nicht nachzuvollziehen, warum Sie das tun. Weil es selbst die Jäger nicht wollen, frage ich mich: Warum wollen Sie die Jäger an der Stelle so zwangsbeglücken, wie Sie das hier vorhaben?
Meine Damen und Herren, wir widersprechen Ihnen nicht, wenn Sie sagen, dass die Rückkehr des Wolfes ein großer Erfolg für den Artenschutz hier in Nordrhein-Westfalen ist. Das denke ich schon. An dieser Stelle können wir uns hier auch einmal einig sein.
Ich glaube, wir sind uns auch alle darin einig, dass der Wolf dann, wenn er in den Lebensraum hier zurückkehrt, auch seine Berechtigung hat und dass wir nicht wieder Methoden wie vor knapp 200 Jahren ergreifen sollten, um ihn wieder loszuwerden.
Genauso wie Herr Deppe und vielleicht auch Sie habe ich viele Gespräche mit Schafhaltern und mit Rinderhaltern geführt. Ich selbst habe auch Rinder, die draußen laufen. Natürlich sind das Probleme. Natürlich müssen wir darüber diskutieren. Wir müssen darüber diskutieren, wie man die Tiere sichert. Aber das ist doch möglich.
Herr Deppe, ich finde an der Stelle: Sie können doch nicht alles beim Minister abladen und sagen: Lieber Herr Minister, kümmere dich darum! Nein, es gibt
auch die Verantwortung der Tierhalter. Die wissen auch, dass sie ihre Tiere sichern müssen, dass sie die Zäune verbessern müssen und dass damit natürlich auch Tiere geschützt werden können.
Wenn Sie mit Schafhaltern diskutieren, dann sehen Sie doch eine große Offenheit. Ich habe bei den Schafhaltern noch nicht einen gehört, der gesagt hätte: Schießt die alle ab; weg mit den Wölfen; das wollen wir alles nicht!
Das gibt es überhaupt nicht. Die diskutieren intensiv darüber, wie sie ihre Herden schützen können. Und sie sind sehr froh, dass wir den Managementplan hier in Nordrhein-Westfalen haben,
weil er nämlich sehr gute, konkrete Handlungshinweise gibt, was zu tun ist und wie zu informieren ist. Wenn Sie den Wolfsmanagementplan schlechtreden und sagen, der schafft Doppelstrukturen
Sie schaffen mit der Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht eine Doppelstruktur. Sie wollen doch, dass neben dem Naturschutzrecht auch noch das Jagdrecht zuständig ist, ohne dass es tatsächlich etwas verändern würde. In der Praxis hätte das nichts zu sagen. Sie wissen ganz genau, dass Ihr Antrag überhaupt nichts an dem – wenn denn vorhandenen – Problemwolf ändern würde. Es wäre keine Lösung, es wäre mehr oder weniger Placebo an der Stelle.
Da sage ich Ihnen auch: Ich finde, wir sind am Anfang. Der Wolf ist jetzt hier in Nordrhein-Westfalen. Es wäre gut, wenn wir in Ruhe mit den Tieren umgehen würden, wenn wir gucken würden, wo Probleme sind. Sie haben gerade selbst mitbekommen: In Niedersachsen gas es den Abschuss eines Tieres, des Wolfes Kurti. Sie hätten gesagt: Das wird nie passieren, dass ein Wolf abgeschossen wird; das geht ja nur, wenn er im Jagdrecht ist.
Aber Sie sehen ja, Probleme lassen sich am Ende auch dann lösen, wenn nur Naturschutzrecht zuständig ist. Von daher ist das wieder ein Argument mehr zu sagen: Das, was Sie hier beantragen, brauchen wir nicht. An der Stelle verstehe ich Ihren Antrag auch überhaupt nicht.